Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2705 11.04.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 12.04.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Andreas Höppner (DIE LINKE) Kontrolle von Gefährdungsbeurteilungen Kleine Anfrage - KA 7/1555 Vorbemerkung des Fragestellenden: Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet jede/n Arbeitgeber/in zu einer Gefährdungsbeurteilung . Nach § 5 ArbSchG haben Arbeitgeber/innen durch eine Beurteilung die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen zu ermitteln und daraus abzuleiten, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Neben dem ArbSchG können in Abhängigkeit von dem Arbeitsplatz bzw. der Tätigkeit weitere Verordnungen bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung zu beachten sein. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Vorbemerkung der Landesregierung: Die rechtlichen Grundlagen im Arbeitsschutz werden durch Gesetze und Verordnungen auf Bundesebene getroffen. Nach § 21 Absatz 1 Satz 1 ArbSchG ist die Überwachung des Arbeitsschutzes eine staatliche Aufgabe. Die Länder führen gemäß Artikel 83 Grundgesetz (GG) die Bundesgesetze (in der Regel) als eigene Angelegenheit aus. Sie haben damit die umfassende Verwaltungszuständigkeit. Die Länder sind nach Artikel 84 GG zudem befugt, die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren als eigene Angelegenheit zu regeln. Die Unfallversicherungsträger überwachen die Einhaltung der von ihnen erlassenen Unfallverhütungsvorschriften als Teilaufgabe ihres unfallversicherungsrechtlichen Präventionsauftrags nach dem SGB VII. Dieser Präventionsauftrag entspricht weitgehend dem Auftrag der 2 staatlichen Arbeitsschutzbehörden im Bereich des betrieblichen Arbeitsschutzes. Er bezieht sich auf die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren (§§ 14 Absatz 1, 17 Absatz 1 SGB VII). Beide Aufsichtsdienste sind zur Zusammenarbeit verpflichtet. Die Antwort der Landesregierung auf die o. g. Kleine Anfrage beinhaltet die Daten der Arbeitsschutzverwaltung Sachsen -Anhalt und der Unfallkasse Sachsen-Anhalt. Die weiteren Unfallversicherungsträger sind länderübergreifend tätig und gegenüber der Landesregierung nicht berichtspflichtig . Daten über die Aktivitäten der Unfallversicherungsträger können den jährlichen Berichten der Bundesregierung über den Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und über das Unfall- und Berufskrankheitengeschehen in der Bundesrepublik Deutschland (aktuellste Veröffentlichung vom 15.12.2017, BT-Drs. 19/270) entnommen werden. 1. Wie viele Kontrollen wurden durch das Landesamt für Verbraucherschutz oder den zuständigen Berufsgenossenschaften in den Jahren 2007 bis heute pro Jahr durchgeführt? Bitte unterteilen in kleine, mittelgroße sowie große Unternehmen und differenzieren nach Landesamt für Verbraucherschutz und Berufsgenossenschaften. Die im Fachbereich Arbeitsschutz des Landesamtes für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt durchführten Dienstgeschäfte (überwiegend Kontrollen bzw. Besichtigungen vor Ort) in den Jahren von 2007 bis 2017 sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Eine gesonderte Erfassung allein der Kontrollen erfolgt nicht. Die statistischen Daten für das Jahr 2018 liegen noch nicht vor. Jahr Anzahl der Dienstgeschäfte insgesamt Anzahl der Dienstgeschäfte in Unternehmen mit mehr als 499 Beschäftigten Anzahl der Dienstgeschäfte in Unternehmen mit 20 bis 499 Beschäftigten Anzahl der Dienstgeschäfte in Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten Anzahl der Dienstgeschäfte außerhalb der Betriebstätten , z. B. auf Baustellen 2007 19075 231 3286 8184 7374 2008 15078 196 2757 6528 5597 2009 13433 216 2520 6127 4570 2010 12712 216 2588 5695 4213 2011 12402 192 2472 5650 4088 2012 11550 194 2331 5380 3645 2013 9545 124 1936 4100 3385 2014 9286 146 1923 3747 3470 2015 8249 104 1814 3354 2977 2016 7725 131 1659 3157 2778 2017 6425 84 1390 2301 2650 3 Die Anzahl der Besichtigungen der Unfallkasse Sachsen-Anhalt in den Jahren 2007 bis 2017 sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Eine differenzierte Darstellung nach Größenklassen kann nicht erfolgen, da diese Erhebung von der Unfallkasse Sachsen-Anhalt nicht vorgenommen wird. Die statistischen Daten für das Jahr 2018 liegen noch nicht vor. Jahr Anzahl der Besichtigungen 2007 550 2008 690 2009 470 2010 280 2011 340 2012 370 2013 325 2014 480 2015 490 2016 340 2017 450 2. Nach welchen Kriterien werden Gefährdungsbeurteilungen überprüft? Die derzeitigen Grundlagen für die Überwachung und Beratung der Betriebe hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilungen bildet die Leitlinie „Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation“ der Initiative „Gemeinsame deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA)“ (siehe https://www.gda-portal.de/de/pdf/Leitlinie- Gefaehrdungsbeurteilung.pdf? blob= publicationFile) sowie die Veröffentlichung 59 „Handlungsanleitung zur Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung“ des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (siehe http://lasiinfo .com/uploads/media/LV_59_2017_01_01.pdf). Zur Beurteilung der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung wird geprüft, ob - die betriebliche Gefährdungsbeurteilung im Wesentlichen durchgeführt und zutreffend bewertet wurde, - Maßnahmen des Arbeitgebers ausreichend und geeignet sind, - die Wirksamkeitskontrollen durchgeführt werden, - die Beurteilung aktuell ist und - die Dokumentation in Form und Inhalt angemessen vorliegt. 3. Werden die Kontrollen in allen Branchen gleichermaßen durchgeführt? Ja. 4 4. In wie vielen Fällen hat gar keine Gefährdungsbeurteilung vorgelegen? Bitte unterteilen in kleine, mittelgroße sowie große Unternehmen. Die Überwachung und Beratung der Betriebe durch den Fachbereich Arbeitsschutz des Landesamtes für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung wurde für die Jahre 2007 bis 2013 nicht differenziert statistisch erfasst. Für den Zeitraum von 2014 bis 2017 ist die Anzahl der Fälle, bei denen keine Gefährdungsbeurteilung vorgelegen hat, der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Unternehmen mit mehr als 499 Beschäftigten Unternehmen mit 20 bis 499 Beschäftigten Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten 0 169 845 Die Unfallkasse Sachsen-Anhalt hat diese Daten nicht erfasst. 5. Wie viele der kontrollierten Gefährdungsbeurteilungen berücksichtigten psychische Belastungen? Bitte für die Jahre 2007 bis jetzt einzeln aufführen und unterteilen in kleine, mittelgroße sowie große Unternehmen. Im Oktober 2013 wurde § 5 ArbSchG (Beurteilung der Arbeitsbedingungen) u. a. dahingehend ergänzt, dass sich eine Gefährdung auch insbesondere durch psychische Belastungen bei der Arbeit ergeben kann. Die statistische Erfassung zur o. g. Frage wurde im Fachbereich Arbeitsschutz des Landesamtes für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt mit dem Beginn des GDA-Programms „Psyche“ im Jahr 2015 eingeführt. Die Daten sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Die statistischen Daten für das Jahr 2018 liegen noch nicht vor. Jahr Unternehmen mit mehr als 499 Beschäftigten Unternehmen mit 20 bis 499 Beschäftigten Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten 2015 0 27 7 2016 0 52 8 2017 1 42 14 Die Unfallkasse Sachsen-Anhalt hat diese Daten nicht erfasst. 6. Welche Auswirkungen haben unzureichend angefertigte oder unvollständige bzw. nicht vorhandene Gefährdungsbeurteilungen? Die systematische Durchführung bzw. Ausgestaltung der Gefährdungsbeurteilung ist die Basis für eine wirksame Prävention arbeitsbedingter Unfall- und Gesundheitsgefahren . Erst aufgrund einer Beurteilung der Arbeitsbedingungen lässt sich erkennen, welche Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Dazu gehört, 5 dass eine Gefährdung als solche erkannt und hinsichtlich ihrer Schwere (Art und Umfang des möglichen Schadens) bewertet wird. Neben dem allgemeinen Ziel der Verringerung der Zahl der Arbeitsunfälle und der arbeitsbedingten Erkrankungen sowie der arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren ergeben sich für einen konsequent präventiven modernden Arbeitsschutz in den Betrieben spezielle Aufgabenfelder für betriebliche Präventionsmaßnahmen , z. B. hinsichtlich der Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, des Muskel-Skelett-Systems und des Atmungssystems. Überdies bringen neue Technologien häufig auch neue Gesundheitsgefahren mit sich, denen zu begegnen sein wird. Nicht zuletzt stellen Gefährdungen durch psychische Belastungen eine große Herausforderung für den Arbeitsschutz dar. Unzureichend angefertigte oder unvollständige bzw. nicht vorhandene Gefährdungsbeurteilungen können negative Auswirkungen auf die Erreichung dieser Ziele bzw. die Bekämpfung der genannten Gefahren haben und sind auch insoweit bei der Kontrolle und Überwachung der Betriebe von zentraler Bedeutung . 7. Wie oft wurden aufgrund mangelhafter bzw. nicht vorhandener Gefährdungsbeurteilungen Strafanzeigen, Bußgelder, Anordnungen, Verwarnungen verhängt bzw. angeordnet? Bitte unterteilen in kleine, mittelgroße sowie große Unternehmen. Eine gesonderte statistische Erfassung der erfragten Sachverhalte und Daten erfolgt nicht. Die vom Fachbereich Arbeitsschutz des Landesamtes für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt insgesamt ergangenen Strafanzeigen, Bußgelder, Anordnungen, Verwarnungen sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Jahr Strafanzeigen Bußgelder Verwarnungen Anordnungen 2007 9 921 458 195 2008 4 1531 619 113 2009 11 1277 561 145 2010 6 847 537 103 2011 1 764 421 95 2012 7 643 324 103 2013 1 517 278 115 2014 1 421 276 81 2015 3 351 269 84 2016 2 287 200 132 2017 2 256 225 127 Die Unfallkasse Sachsen-Anhalt hat die in der nachstehenden Tabelle aufgeführten Anordnungen erteilt. 6 Jahr Anordnungen 2007 470 2008 430 2009 85 2010 95 2011 160 2012 200 2013 120 2014 150 2015 160 2016 80 8. Wie hoch waren die durchschnittlich angeordneten Bußgelder? Bitte unterteilen in kleine, mittelgroße sowie große Unternehmen. Die Höhe der erlassenen Bußgelder wird statistisch nicht erfasst. Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 9. In welchen Branchen sind die meisten Mängel aufgetreten bzw. festgestellt worden? Die Kontrolle und Überwachung der Unternehmen erfolgt auf Grundlage eines risikoorientierten Aufsichtskonzepts. Danach werden Betriebsstätten mit einem hohen gesundheitlichen Risiko vorrangig kontrolliert und überwacht. Eine Erfassung nach Branchen erfolgt nicht. Von daher liegen zur o. g. Frage keine statistischen Daten vor; eine Benennung der Branchen mit den meisten Mängeln kann insoweit nicht erfolgen.