Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2744 17.04.2018 (Ausgegeben am 18.04.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Tobias Krull (CDU) Stärkung der Zahngesundheit bei Kindern Kleine Anfrage - KA 7/1567 Vorbemerkung des Fragestellenden: Bereits im Rahmen eines Selbstbefassungsantrages der CDU-Landtagsfraktion beschäftigte sich der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration mit dem Thema Frühkindliche Karies in Sachsen-Anhalt. Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass 4,7 % aller Kinder zwischen 0 und 3 Jahren 72,3 % aller Fälle kariöse Zähne auf sich vereinigen. Diese Polarisierung der Fälle frühkindlicher Karies gehen häufig mit weiteren sozialen Problemlagen bei den betroffenen Kindern bzw. Familien konform . Auch liegt das Land Sachsen-Anhalt beim WHO-Gesundheitsziel für das Jahr 2020 von 80 % naturgesunde Gebisse bei 6- bis 7-Jährigen mit 42,9 % (Stand 2015/2016) noch deutlich dahinter. Sowohl die Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt als auch die Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt unterstützen das Anliegen der Prävention gegen frühkindliche Karies ausdrücklich mit Wort und Tat. Aufgrund einer Entscheidung des Bundesversicherungsamtes wurde nun zum 31. März 2018 der Vertrag zum Programm „Mundgesundheit für junge Familien“ der DAK Gesundheit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt gekündigt. Dabei bezog sich die Kündigung auf rein formelle Gründe, denn die Zielsetzung des Programms, nämlich durch zahnärztliche Prävention frühkindliche Karies zu vermeiden , wird durch das Bundesversicherungsamt selbst als sehr sinnvoll bezeichnet. Dieses aktuelle Ereignis möchte ich zum Anlass nehmen, um der Landesregierung folgende Fragen zu stellen: 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration 1. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die zahnärztliche Prävention , insbesondere für Kinder, im Rahmen des Gesundheitszieles des Landes Sachsen-Anhalt stärker zu verankern? Aufgrund der schlechten Kinderzahngesundheit wurde 1998 das Gesundheitsziel „Verbesserung der Zahngesundheit bei der Bevölkerung auf Bundesdurchschnitt “ aufgenommen. Seitdem steht auch die Zielgruppe „Kinder“ im Fokus des „Arbeitskreises Zahngesundheit“. In den Jahren 2008 - 2012 wurde modellhaft das Projekt „Zähne auf Zack!“ an einer Dessauer Grundschule mit einem hohen Anteil an sozial benachteiligten Kindern durchgeführt. Ab 2012 wurde der Fokus auf die Zahngesundheit der 0- bis 3-Jährigen bzw. die Vermeidung frühkindlicher Karies gelegt. Die dahinter stehenden Maßnahmen des „Arbeitskreises Zahngesundheit“ konzentrierten sich auf die Sensibilisierung und Information von Multiplikatorengruppen. Dazu gehörten Zahnärzte, Kinderärzte, Frauenärzte , Hausärzte, Hebammen, Akteure der frühen Hilfen, Kinder- und Jugendzahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD), Erzieherinnen etc., die bis heute mit ca. 50 Veranstaltungen angesprochen wurden. Darüber hinaus wurden Ideen entwickelt, wie die schwer erreichbare Zielgruppe sozial benachteiligter Eltern sensibilisiert werden könnte. Ein Modellvorhaben - angekoppelt an Stadtteiltreffs oder Familienzentren - ließ sich aus Kapazitätsgründen (fehlende Finanzierung für ein strukturiertes, qualitätsgesichertes Projekt ) nicht umsetzen. Aktuell führt der Kinder- und Jugendzahnärztliche Dienst des Saalekreises das Projekt „Zahnteufel - bei uns nicht“ in einer KiTa mit einem hohen Anteil an sozial benachteiligten Kindern und Familien durch. Eine noch stärkere Verankerung der Thematik seitens des „Arbeitskreises Zahngesundheit “ ist aus Kapazitäts- und Finanzierungsgründen nicht möglich. Als flächendeckende Maßnahmen erfolgen die Reihenuntersuchungen und Gruppenprophylaxen des ÖGD sowie die Ausgabe des Zahngesundheitspasses (nach der Geburt). 2. Durch welche gesetzlichen Maßnahmen und/oder den Erlass von entsprechenden Verordnungen wären es aus Sicht der Landesregierung möglich, die Verankerung bzw. eine Verbesserung der Prävention gegen frühkindliche Karies und die Bekämpfung der daraus resultierenden negativen Folgewirkungen zu erreichen? Nach § 21 SGB V haben die Krankenkassen im Zusammenwirken mit den Zahnärzten und den für die Zahngesundheitspflege in den Ländern zuständigen Stellen Maßnahmen zur Erkennung und Verhütung von Zahnerkrankungen ihrer Versicherten, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zu fördern und sich an den Kosten zu beteiligen. Die Maßnahmen sollen vorrangig in Gruppen, insbesondere in Kindergärten und Schulen durchgeführt werden (Gruppenprophylaxe). In Sachsen-Anhalt besteht zur Umsetzung dieses gesetzlichen Auftrages seit 1992 eine Landesarbeitsgemeinschaft (LAG), die mittlerweile in einen eingetragenen Verein „Landesarbeitsgemeinschaft für Jugend- 3 zahnpflege Sachsen-Anhalt e. V.“ umgewandelt worden ist. Das Land stellt hierfür jährlich 70.600 € zur Verfügung. Darüber hinaus sieht die Landesregierung keine Notwendigkeit für weitere gesetzliche Maßnahmen und/oder den Erlass von entsprechenden Verordnungen. 3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, zusammen mit Dritten, wie der Landesvereinigung für Gesundheit Sachsen-Anhalt, der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt, entsprechende Maßnahmen zu entwickeln, um das genannte Ziel zu verwirklichen? Die in der Antwort zu Frage 2 genannte LAG setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen: den gesetzlichen Krankenkassen, der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt, dem Land Sachsen-Anhalt, den Kommunalen Spitzenverbänden und der Landesstelle Sachsen-Anhalt des Berufsverbandes der Zahnärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst. LAG‘s für Jugendzahnpflege existieren in allen Bundesländern. Sie sind Mitglieder in der „Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e. V.“ (DAJ). Diese hat im April 2016 zum Thema frühkindliche Karies eine erweiterte Empfehlung für die zentralen Inhalte der Gruppenprophylaxe für unter 3-jährige Kinder herausgegeben und über die LAG mit den Umsetzenden vor Ort (in erster Linie den ÖGD) kommuniziert. Die DAJ gibt alle vier Jahre eine epidemiologische Begleituntersuchung in Auftrag . Die letzte aus dem Jahre 2016 hat erstmals den Kariesbefall der Kleinkinder unter 3 Jahren erfasst (soweit sie in KiTas erfasst werden konnten). Die DAJ hat hierzu am 23.03.2018 ein Symposium mit den LAG‘s und dem Studienleiter , Herrn Prof. Splieth von der Universität Greifswald durchgeführt. Auf dem Symposium wurde auch das Gutachten präsentiert. Darüber hinaus steht das Zentrum „Frühe Hilfen für Familien“ seit dem Jahr 2015 in einer engen Kooperation mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt. Gemeinsam konnte die „Frühkindliche Karies“ auf einem landesweiten Fachtag im Jahr 2016 thematisiert werden, womit die Sensibilität für die Problematik bezüglich des Kinderschutzes deutlich erhöht wurde. Um Familien frühzeitig bezüglich der „Frühkindlichen Karies“ und deren Folgen anzusprechen , wurde die Problemlage auch in den lokalen Netzwerken „Kinderschutz und Frühe Hilfen“ thematisiert. Das Zentrum „Frühe Hilfen für Familien“ wird die Zusammenarbeit mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen- Anhalt für ein gesundes Aufwachsen der Kinder in Sachsen-Anhalt und zum Kinderschutz fortführen.