Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2786 24.04.2018 (Ausgegeben am 25.04.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Tobias Rausch (AfD) Informationen über Wohnungs- und Obdachlose in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/1587 Vorbemerkung des Fragestellenden: Zur Vermeidung bzw. Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Sachsen- Anhalt auf landes- und kommunalpolitischer Ebene bedarf es statistischer Daten um zu eruieren, ob alle landes- und kommunalpolitischen Möglichkeiten zur Vermeidung und Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit ausgeschöpft werden, und damit aus dem vorliegenden Zahlenmaterial adäquate landes- und kommunalpolitische Maßnahmen abgeleitet werden können. Eine bundesweite Wohnungs- und Obdachlosenstatistik existiert gegenwärtig nicht. Im Rahmen der Beantwortung einer im Jahre 2015 gestellten Kleinen Anfrage (Drs.18/5654) schreibt die Bundesregierung: „Aufgrund der den Ländern bzw. Kommunen obliegenden Zuständigkeit für die Unterbringung von Wohnungs- und Obdachlosen sowie für die soziale Wohnraumförderung läge es nach Auffassung der Bundesregierung vielmehr nahe, Erhebungen und Analysen zur Wohnungs- und Obdachlosigkeit auf kommunaler und Landesebene durchzuführen.“ Für das Land Nordrhein-Westfalen erstellt und veröffentlicht das Sozialministerium des Landes bereits seit Jahrzehnten eine offizielle landesweite Wohnungs- und Obdachlosenstatistik . Das zur Erstellung notwendige Datenmaterial wird jährlich von den Kommunen des Landes abgefragt. 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration 1. Warum erstellt und veröffentlicht die Landesregierung im Gegensatz zu anderen Bundesländern keine offizielle landesweite Wohnungs- und Obdachlosenstatistik ? In Sachsen-Anhalt sind für die Unterbringung der Wohnungs- und Obdachlosen die Gemeinden zuständig. Sie erfüllen diese Aufgabe im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung. Wohnungs- und Obdachlosigkeit sind häufig Ausdruck multipler Problemlagen der betroffenen Person. Eine rein numerische Erfassung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit auf Landesebene würde wenig Aussagekraft zur Behebung dieses Ursachenkomplexes beitragen. So ist auch Nordrhein-Westfalen bisher das einzige Flächenland, das eine für seine Bedürfnisse ausgereifte und mehrjährig etablierte Statistik führt. Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen weisen nach Größe und Bevölkerungszahl, der Siedlungsstruktur und hinsichtlich des Bestandes an Mietwohnungssubstanz im unteren Preissegment sowie in der demografischen Entwicklung, deutliche Unterschiede auf. Die Konferenz der Arbeits- und Sozialminister/innen hat im Dezember 2017 mehrheitlich einem von Sachsen-Anhalt mitgetragenen Beschlussvorschlag zugestimmt , der die Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Erarbeitung einer bundesweiten und einheitlichen Wohnungslosen-/Wohnungslosennotallstatistik begrüßt und die Unterstützung des Bundes durch die Länder bei der Umsetzung vorsieht. Eine bundesweit einheitliche Statistik könnte hilfreich sein, wenn sich daraus weitergehende Handlungsansätze ableiten lassen, die nur auf gesamtstaatlicher Ebene, etwa durch Gesetzesreformen, gelöst werden können. 2. Wie kann die Landesregierung sicherstellen, dass alle landespolitischen Möglichkeiten zur Vermeidung und Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit ausgeschöpft werden bzw. alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet werden, wenn sie keine offizielle landesweite Wohnungs- und Obdachlosenstatistik erstellt? Die Zuständigkeit für die Unterbringung wohnungs- und obdachloser Menschen obliegt den Gemeinden. Diese benötigen für ihre Aufgabenerledigung keine landesweite Statistik. Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu Frage 1 verwiesen . 3. Über welche Informationen verfügt die Landesregierung hinsichtlich der Entwicklung der Zahlen von Wohnungs- und Obdachlosen in Sachsen-Anhalt für die Jahre 2007 bis 2017 sowie für 2018 (aktueller Stand)? Gebeten wird um eine jährliche chronologische Auflistung des verfügbaren Datenmaterials aufgeschlüsselt nach Landkreisen und Kommunen unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund . 3 Die Landesregierung erhebt mangels eigener Zuständigkeit derartige Informationen nicht. Infolgedessen ist auch keine detaillierte Auflistung möglich. Der Landesregierung liegen in diesem Zusammenhang Informationen aus einer Abfrage bei den Kommunen anlässlich der Kleinen Anfrage KA 7/965 der Abgeordneten Christina Buchheim (DIE LINKE) vom 4. Juli 2017 vor, auf deren Beantwortung in der Drs. 7/1735 an dieser Stelle verwiesen wird. 4. Wie hoch sind die Finanzmittel, die die Landesregierung in den Jahren 2016, 2017 und 2018 jeweils zur Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit zur Verfügung stellte bzw. stellt? Die Landesregierung hat zur Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit in den genannten Jahren keine Finanzmittel bereitgestellt, die explizit zur Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit gewidmet sind. Die angemessene Wohnraumversorgung wird allerdings wesentlich mit Bundesmitteln unter Beteiligung des Landes unterstützt. Die Wohnraumförderung erfolgt sowohl als Objektförderung (Gebäude/Wohnung) als auch über die Subjektförderung (Mieter/Eigentümer). Im Rahmen der Objektförderung ist insbesondere die Förderung des sozialen Wohnungsbaus zu nennen. Die Förderung von Wohnraum ist hierbei verbunden mit einer Belegungs- und Mietpreisbindung. In Sachsen-Anhalt stehen in den Jahren 2016 bis 2019 dafür jährlich rund 23 Mio. Euro zur Verfügung. Es handelt sich dabei um Bundesmittel nach dem Entflechtungsgesetz, die der Bund an die Länder zahlt. Die Inanspruchnahme stellt sich wie folgt dar: 2016 wurden Zuschüsse in Höhe von 3.174.015,79 Euro für 464 Wohnungen und 2017 Zuschüsse in Höhe von 3.440.585,09 Euro für 481 Wohnungen gewährt . Bei der Subjektförderung können Bürger/innen mit geringem Einkommen einen Zuschuss zu ihren Wohnkosten vom Staat erhalten: das Wohngeld. Das Wohngeld dient der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens. Die Wohngeldausgaben werden vom Bund und den Ländern je zur Hälfte getragen. Es wird als Mietzuschuss für [Unter-]Mieter/innen einer Wohnung oder eines Zimmers oder für Heimbewohner/innen oder als Lastenzuschuss für Eigentümer/innen eines selbst genutzten Eigenheims oder einer selbst genutzten Eigentumswohnung gewährt. In Sachsen-Anhalt wurden: 2016: 34.452.590,29 Euro und 2017: 33.084.784,15 Euro an Wohngeld ausgezahlt. Für 2018 sind im Haushalt 40 Mio. Euro veranschlagt. 4 5. Welche räumlichen Kapazitäten bestanden bzw. bestehen gegenwärtig zur Unterstützung, Unterbringung und Verpflegung von Wohnungs- und Obdachlosen in Sachsen-Anhalt? Gebeten wird um eine jährliche chronologische Auflistung von vorhandenen Kapazitäten und um Zahlen zur Auslastung der entsprechenden Einrichtungen für die Jahre 2007 bis 2017 sowie für 2018 (aktueller Stand) aufgeschlüsselt nach Landkreisen und Kommunen. 6. Müssen Wohnungs- und Obdachlose für die Nutzung unter 5. gelisteter aktueller (Stand 2018) Unterstützungs-, Unterbringungs- und Verpflegungsangebote Gebühren entrichten? Gebeten wird um eine Auflistung entsprechender Einrichtungen/Angebote inklusive Gebührenhöhe aufgeschlüsselt nach Landkreisen und Kommunen. Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 7. Wie viele obdachlose Kältetote waren in Sachsen-Anhalt in den Jahren 2007 bis 2017 sowie im Jahre 2018 (aktueller Stand) insgesamt zu verzeichnen ? Gebeten wird zudem um eine Aufschlüsselung der Jahresangaben nach Landkreisen und Kommunen. Hierzu liegen der Landesregierung keine Angaben vor, da keine entsprechenden Statistiken geführt werden.