Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2818 04.05.2018 (Ausgegeben am 04.05.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Doreen Hildebrandt (DIE LINKE) Berufs- und Studienorientierung an Gymnasien in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/1563 Vorbemerkung der Fragestellenden: In einem Bericht des Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) vom 5. Januar 2018 äußerte sich Bildungsminister Tullner zur Berufsorientierung an Gymnasien. Der MDR berichtete wie folgt: „Sachsen-Anhalt will im kommenden Schuljahr eine Berufsorientierung stärker an Gymnasien verankern. CDU-Bildungsminister Marco Tullner sagte dem MDR, damit solle die im Koalitionsvertrag vereinbarte Berufsorientierung umgesetzt werden. Ein eigenständiges Fach wie in Sachsen, wo es an Gymnasien seit dem 1. August 2017 das Fach „Auf dem Weg ins Berufsleben“ (WiB) gibt, sei aber nicht geplant. Das teilte das Bildungsministerium MDR Sachsen-Anhalt auf Nachfrage mit. Derzeit wird im Landtag Sachsen-Anhalt die Änderung des Schulgesetzes verhandelt . Laut dem Bildungsminister ist die Berufsorientierung ein Bestandteil dessen.“ Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Bildung Frage 1: Welche konkreten Hindernisse sieht das Ministerium für Bildung derzeit bei der Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Berufsorientierung an Gymnasien ? Derzeit werden keine Problemlagen bei der Umsetzung der Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zur Berufs- und Studienorientierung an Gymnasien gesehen. 2 Ausgehend vom LT-Beschluss vom 15.10.2015 „Berufs- und Studienorientierung verbindlich verankern“ werden zahlreiche Zielsetzungen - so die Entwicklung einer Leitlinie - bereits umgesetzt. Die „Leitlinie zur Berufs- und Studienorientierung an den Gymnasien in Sachsen-Anhalt“ wurde den Schulen im Januar 2017 als Handlungsempfehlung zur Entwicklung u. a. von schulischen Konzepten zur Verfügung gestellt. Frage 2: Welche konkreten Pläne bestehen im Bildungsministerium, um die Berufsorientierung an den Gymnasien stärker zu verankern? Welche darauf ausgerichteten Änderungen sind im Rahmen der aktuellen Novelle des Schulgesetzes vorgesehen ? Mit der „Leitlinie zur Berufs- und Studienorientierung an den Gymnasien in Sachsen- Anhalt“ wurde die Linienführung im Prozess der Berufs- und Studienorientierung dargestellt . Die Gymnasien wurden aufgefordert, diese Grundsätze in ihren Schulprogrammen verbindlich zu verankern. Schülerinnen und Schüler am Gymnasium sind sowohl auf eine Ausbildung als auch auf ein Studium nach dem zunächst zu sichernden schulischen Abschluss vorzubereiten . Berufsorientierende Angebote am Gymnasium sollen frühzeitige Praxisbezüge herstellen und die individuelle Lebenswegplanung unterstützen. Hierbei sind die individuellen Qualifikationspotenziale und Tätigkeitsprofile zu berücksichtigen. Die verbindliche Umsetzung erfolgt abweichend von den Vorgaben für die Sekundarschulen ab dem 8. Schuljahrgang. Dies geschieht zum einen über die Umsetzung kompetenzorientierter Lehrpläne und zum anderen durch Entwicklung und Ausgestaltung der Schulprogramme. Die schulischen Konzepte werden nach der derzeit laufenden Entwicklungsphase evaluiert, um daraus weitere Unterstützungsmaßnahmen abzuleiten. Die Novelle zur Änderung des Schulgesetzes wird aktuell im parlamentarischen Raum abgestimmt. Diesen Abstimmungsprozess gilt es zunächst abzuwarten. Frage 3: Welche Planungen gibt es für: a) eine Einbeziehung der Partner aus der Kooperationsvereinbarung Übergang Schule-Beruf, zum Beispiel das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration und die Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit, b) den zeitlichen Rahmen für die Umsetzung, c) eine begleitende Fortbildung des Lehrpersonals? zu a) Zur koordinierten und abgestimmten Ausgestaltung des Übergangsmanagements (landesintern) und zur besseren Verzahnung mit den Zielstellungen und Maßnahmen des BMBF wurde im Dezember 2013 eine Kooperationsvereinbarung zwischen MS, MK und der RD (2015 aktualisiert) unterzeichnet, die u. a. eine inhaltliche Neuausrichtung von BRAFO (Berufsorientierung Rechtzeitig Angehen Frühzeitig Orientieren) in der Förderperiode 2014-2020 beinhaltet. Die darin enthaltenen Zielstellungen wer- 3 den gemäß den vereinbarten Zeitvorgaben durch die Kooperationspartner weitgehend umgesetzt. zu b) Die zeitliche Umsetzung ist entsprechend der Kooperationsvereinbarung bis zum Jahr 2020 geplant. zu c) Angebote zur Lehrerfortbildung werden durch das Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung (LISA) unterbreitet und im Fortbildungskatalog veröffentlicht. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, an Fortbildungsangeboten weiterer Träger teilzunehmen. Zur Unterstützung des Prozesses ist geplant, insbesondere für Lehrkräfte an Gymnasien modulare Weiterbildungsangebote zu entwickeln, die u. a. Themen wie Entwicklung eines Schulkonzepts, Persönlichkeitscoaching und Planung , Elternarbeit, Networking, Kooperationen mit Unternehmen, Wege nach der Schule (Schule-Ausbildung-Studium) zum Inhalt haben. Frage 4: Warum wurde vom Bildungsminister das Konzept „Studien- und Berufsorientierung wirksam begleiten“ der Bundesagentur für Arbeit abgelehnt? Eine Ablehnung des Konzepts ist nicht erfolgt. Am 19.09.2017 wurde von der Bundesagentur für Arbeit (BA) das Unterrichtsmaterial „Studien- und Berufsorientierung wirksam begleiten" im Ministerium für Bildung (MB) mit dem Ziel einer umgehenden Umsetzung mit einem Entscheidungszeitraum bis Dezember 2017 vorgestellt. Dieses Material für ein Fachangebot mit Unterrichtscharakter basiert auf einer curricularen Grundlage, die das Land Bayern mit der Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) für den Einsatz an bayerischen Schulen entwickelt hat. Die BA hat die Rechte an dem Unterrichtsmaterial (ohne Abstimmung mit dem MB zu diesem Zeitpunkt) erworben und durch die sdw eine Version in Abwandlung der Unterrichtseinheiten für die gymnasiale Oberstufe in Bayern als Prototyp für länderspezifische Anpassungsmöglichkeiten entwickeln lassen, die allen Bildungsministerien kostenfrei zur Verfügung gestellt werden sollte (Phase I). Der Prototyp wäre zunächst durch eine Expertengruppe (RD und MB) an die Landesspezifika anzupassen (Phase II). Die Phase III sollte nach den Vorstellungen der BA der Implementierung in Form eines landesspezifischen Einführungskonzepts und einer Kickoff Veranstaltung dienen. In Phase IV sind noch einmal Workshops zum Erfahrungsbericht bzw. -austausch vorgesehen. Der vorgesehene Zeitrahmen für die vier Phasen erstreckt sich vom 1. Quartal 2017 bis 1./2. Quartal 2020. Bereits bei der Vorstellung des Materials wurde der BA mitgeteilt, dass die vorgeschlagene Umsetzungsstrategie enorme personelle Ressourcen insbesondere unter den Lehrkräften erfordern und noch zu prüfen wäre, wie das Unterrichtsmaterial strukturell extracurricular eingebunden werden kann. Explizite Unterrichtseinheiten , wie in Bayern, sind in Sachsen-Anhalt nicht vorgesehen. 4 Der Vorschlag des Ministeriums für Bildung, das Material in einer abgeänderten Form aufzubereiten, um Ressourcen zu sparen, wurde von der BA nicht aufgegriffen . Durch das MB wird weiter begrüßt, Synergien zwischen dem Material und der Leitlinie zu ermöglichen und auszubauen.