Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2819 04.05.2018 (Ausgegeben am 04.05.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Wahrung der politischen Neutralität durch kommunale Hauptverwaltungsbeamte in amtlichen Verkündigungsblättern der Kommunen Kleine Anfrage - KA 7/1616 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Stadt Weißenfels ist Herausgeber des „Weißenfelser Amtsblatt - Amtliches Verkündigungsblatt der Stadt Weißenfels“. Verantwortlich für den amtlichen wie nichtamtlichen Teil zeichnet sich der Oberbürgermeister. In der Ausgabe 3 vom 21. März 2018 wurde auf Seiten 2 und 3 ein umfangreiches „Vorwort“ des Oberbürgermeisters abgedruckt. In dem „Vorwort“ greift er die „Parteien im Stadtrat“ der Stadt Weißenfels wegen mehrerer Entscheidungen, die er abgelehnt hatte, mit scharfen Worten an. In ähnlicher Weise greift er Mitglieder des Kreistages des Burgenlandkreises und des Landtages von Sachsen-Anhalt an. Weder den Mitgliedern des Stadtrates noch den anderen dort angegriffenen Personen wird Gelegenheit gegeben, sich gleichfalls über das Amtsblatt an die Einwohner der Stadt Weißenfels zu wenden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport 1. Sind die Äußerungen des Oberbürgermeisters der Stadt Weißenfels in dem „Vorwort“ mit der notwendigen politischen Neutralität als kommunaler Hauptverwaltungsbeamter bei Verlautbarungen in amtlichen Verkündigungsblättern vereinbar? Das Neutralitätsgebot folgt aus dem Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz [GG]). Deren Recht, gleichberechtigt am Prozess der Meinungs- und Willensbildung des Volkes teilzunehmen, wird verletzt, wenn Staatsorgane als solche parteiergreifend zugunsten oder zulasten einer politischen Partei oder von Wahlbewerbern auf die politische Willensbildung des Volkes einwirken. Das gilt nicht nur im Wahlkampf, sondern darüber hinaus 2 ferner für den politischen Meinungskampf und Wettbewerb im Allgemeinen sowie grundsätzlich auch für Amtsträger auf kommunaler Ebene. Jedoch ist das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit durch die in Rede stehenden Äußerungen des Oberbürgermeisters der Stadt Weißenfels nicht berührt, da nicht wertend oder einseitig parteiergreifend Stellung zugunsten oder zulasten einer einzelnen politischen Partei in der Vertretung genommen wurde. Damit ist ein Verstoß gegen die gebotene politische Neutralität nicht erkennbar. Die Ausführungen des Oberbürgermeisters beziehen sich nicht auf den politischen Wettbewerb , sondern sind vielmehr Beiträge zum Diskurs über umstrittene Sachentscheidungen , unter denen die Rechtfertigung der Klage gegen die Kreisumlage den größten Raum einnimmt. Einem Hauptverwaltungsbeamten als kommunalen Amtsträger steht im Rahmen der Aufgabenzuweisung gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 87 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt, § 1 in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 66 Abs. 1 Kommunalverfassungsgesetz (KVG LSA) eine prinzipielle Äußerungsbefugnis zu allen Themen zu, welche die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft betreffen. Der Hauptverwaltungsbeamte hat neben der Leitung der Verwaltung der Kommune auch eine originär politische Funktion wahrzunehmen. Aufgrund seiner politischen Funktion ist er befugt, sich als Amtsträger am politischen Diskurs über spezifisch örtliche Angelegenheiten zu beteiligen. 2. Sollten die Äußerungen des Oberbürgermeisters der Stadt Weißenfels in dem „Vorwort“ mit der notwendigen politischen Neutralität als kommunaler Hauptverwaltungsbeamter bei Verlautbarungen in amtlichen Verkündigungsblättern vereinbar sein, müssten dann anderen politischen Akteuren zur Wahrung der Chancengleichheit im politischen Wettbewerb auch Möglichkeiten zur Darstellung im Amtsblatt eingeräumt werden? Es besteht neben den allgemeinen Rechtsschutzmöglichkeiten gegen amtliche Äußerungen kein Anspruch anderer politischer Akteure auf einen eigenen Beitrag in amtlichen Verkündungsblättern.