Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2828 08.05.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 08.05.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Shisha-Bars in Sachsen-Anhalt (II) Kleine Anfrage - KA 7/1639 Vorbemerkung des Fragestellenden: Es wird Bezug genommen auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Shisha-Bars in Sachsen-Anhalt vom 13. Dezember 2017 (Drs. 7/2211). Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Vorbemerkung der Landesregierung: Zur Beantwortung der in dieser Kleinen Anfrage benannten Problematik wurden das Landesverwaltungsamt, die Landkreise und kreisfreien Städte sowie das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration und das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr befragt. Die hierzu eingegangenen Antworten werden wie folgt zusammengefasst : Frage 1: In ihrer Antwort auf Frage 1 der Kleinen Anfrage Shisha-Bars in Sachsen- Anhalt bestätigt die Landesregierung, dass eine Shisha-Bar den Vorschriften des Nichtraucherschutzgesetzes Sachsen-Anhalt (NRauchSchG LSA) unterfällt . Es liegt in der Natur der Sache, dass es sich bei einer Shisha-Bar folglich um eine „Rauchergaststätte“ handelt. Solche „Rauchergaststätten“ unterliegen jedoch den Beschränkungen des § 4 Abs. 3 NRauchSchG LSA, wonach diese von dem Inhaber betrieben werden müssen und deren Gastfläche einschließ- 2 lich des für den Gast zugänglichen Thekenbereiches weniger als 75 Quadratmeter betragen muss. Zudem haben Personen unter 18 Jahren keinen Zutritt. Welche Behörden sind für die Überwachung der vorgenannten Bestimmungen des NRauchSchG zuständig? Ist die Kontrolle nach Auffassung der Landesregierung in ausreichendem Maße gewährleistet, wenn die Behörden ausweislich der Antwort auf Frage 2 der Kleinen Anfrage Shisha-Bars in Sachsen-Anhalt über keine vollständigen Erkenntnisse verfügen, wo solche Shisha-Bars betrieben werden? Antwort zu Frage 1: Es ist zutreffend, dass das Rauchen von Wasserpfeifen anderen Formen des Tabakrauchens gleichzusetzen ist. Insoweit sind zwar die Bestimmungen des Nichtraucherschutzgesetzes Sachsen-Anhalt (NRauchSchG LSA) auch für Shisha-Bars anwendbar , jedoch kann einer Gefährdung durch Kohlenmonoxid mit den Regelungen des NRauchSchG LSA nicht begegnet werden. In Bezug auf die erste Frage sind gemäß § 8 Abs. 3 NRauchSchG LSA die Landkreise und die kreisfreien Städte oder Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Sinne dieser Vorschrift zuständig. Entsprechende Kontrollen finden eigenverantwortlich unabhängig vom Charakter der jeweiligen Gaststätte statt, sodass Shisha-Bars dabei eingeschlossen sind. Wie der Antwort der Landesregierung auf die Frage 1 der Kleinen Anfrage „Shisha- Bars in Sachsen-Anhalt“ (KA 7/1234) zu entnehmen ist, findet neben der Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 3 des NRauchSchG LSA zusätzlich die Ausnahme des § 4 Abs. 2 selbigen Gesetzes Anwendung. Danach dürfen in allen Gaststätten abgeschlossene Räume eingerichtet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, soweit eine räumlich wirksame Abtrennung eine Gefährdung durch passives Rauchen verhindert . Auch das Rauchen von Shishas ist damit in derartigen abgetrennten Räumen möglich. Unter diesen Voraussetzungen können vollständige Erkenntnisse der Vollzugsbehörden über den Betrieb von Shisha-Bars nicht erwartet werden. Zuständig für die Überwachung der Regelungen des Nichtraucherschutzgesetzes sind die kreisfreien Städte, Einheitsgemeinden und Verbandsgemeinden. Das NRauchSchG LSA enthält keine Vorgaben zur Häufigkeit und Intensität der Kontrollen . Dies obliegt den Behörden im eigenen Ermessen. Aussagen liefert z. B. der „Bericht über die Evaluierung des NRauchSchG LSA für den Zeitraum von 2008 bis 2010“ (LT-Drs. 5/3039) mit Angaben von insgesamt 203 Ordnungsämtern oder sonstigen für den Nichtraucherschutz zuständigen Behörden. Im Ergebnis konnte festgestellt werden, dass man von einer sehr heterogenen Verfahrensweise ausgehen kann. Die Ahndung und Verfolgung von Verstößen erfolgte entweder ausschließlich anlassbezogen, anlassbezogen und im Rahmen der Kontrolltätigkeit oder überwiegend im Rahmen der regelmäßigen Kontrolltätigkeit. Die äußerst unterschiedliche Handhabung in der Wahrnehmung und Ausübung des Entschließungsermessens spiegelte sich im Berichtszeitraum in der Umsetzung des Vollzuges in den einzelnen Kommunen wider. Als Hauptproblem des Vollzugs wurde die der allgemeinen finanziellen Situation geschuldete problematische Personalsitua- 3 tion in den Kommunen angesehen. Hinzu kommt, dass die zahlreichen Ausnahmevorschriften zum Rauchen in Gaststätten im Nichtraucherschutzgesetz einen höheren Aufwand für die Vollzugsbehörden darstellen, als dies beispielsweise bei den in Bayern oder Nordrhein-Westfalen geltenden generellen Rauchverboten im Gastronomiebereich der Fall ist. Da der Landesgesetzgeber auf konkrete Vorgaben zum Gesetzesvollzug, die dem Erfordernis der Konnexitätsregelung gemäß Art. 87 Abs. 3 Landesverfassung unterliegen würden, verzichtet hat, ist die Ausübung des Ermessens beim Vollzug des NRauchSchG LSA durch die Kommunen in Sachsen-Anhalt folgerichtig. Frage 2: Medienberichten zufolge kommt es immer wieder zu Kohlenmonoxid-Vergiftungserscheinungen bei Gästen von Shisha-Bars. Verfügt die Landesregierung über Erkenntnisse zur Anzahl der betroffenen Personen im Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt und waren unter diesen auch Personen unter 18 Jahren ? Bitte auf die Landkreise und kreisfreien Städte aufgliedern. Antwort zu Frage 2: Außer dem anlassgebenden Vorfall in der Stadt Halle (Saale), bei dem keine Personen unter 18 Jahren zu Schaden kamen, sind den hierzu befragten Ordnungsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte keine derartigen Vorkommnisse bekannt. Aus diesem Grund entfällt die gewünschte Aufgliederung. Ziel des NRauchSchG LSA ist der Schutz der Nichtraucher vor den gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch passives Rauchen, nicht jedoch der Schutz vor Kohlenmonoxid -Konzentrationen in Innenräumen. Frage 3: Kohlenmonoxid-Vergiftungen sind bei Gästen von Shisha-Bars weitgehend vermeidbar, wenn deren Räume ausreichend belüftet werden und mit Kohlenmonoxid -Warnmeldern überwacht werden. Welche Vorschriften bestehen in Sachsen-Anhalt, die Lüftung und/oder Warnmelder vorschreiben oder auf deren Grundlage angeordnet werden können? Sollten diese Rechtsvorschriften nicht bestehen, plant die Landesregierung solche Vorschriften für Shisha-Bars zu schaffen? Antwort zu Frage 3: Derartige spezifische Rechtsvorschriften bestehen im Land Sachsen-Anhalt nicht. Gemäß § 6 Gesundheitsdienstgesetz Sachsen-Anhalt können die Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten (ggf. in Abstimmung mit dem Landesamt für Verbraucherschutz und dem Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration) die zuständigen Behörden zur Innenraumluftqualität jedoch beraten, wären aber nicht für die Anordnung entsprechender Lüftungseinrichtungen zuständig. Möglich ist es zurzeit auch, auf Grundlage von § 10 Gaststättengesetz (GastG LSA) Anordnungen zum Schutz der Gäste oder der im Betrieb Beschäftigten oder gegen Gefahren für Leben und Gesundheit zu erlassen. Diese können z. B. die Installation mechanischer Gastraumbe- und -entlüftungen, von Kohlenmonoxid-Warnmeldern 4 sowie Rauchabzugsanlagen beinhalten. Derzeit wird diese Regelung vom Landkreis Stendal sowie den Städten Dessau-Roßlau und Halle (Saale) angewandt. Bauordnungsrechtlich wird nicht zwischen Raucher- und Nichtrauchergaststätten unterschieden . Verwendet wird der Begriff „Schank- und Speisegaststätten“. Schankund Speisegaststätten ab 40 Gastplätzen sind Sonderbauten gemäß § 2 Abs. 4 Nr. 8 Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt (BauO LSA), für den § 50 BauO LSA gilt. Für Schank- und Speisegaststätten ab 40 Gastplätzen sind mindestens die Vorschriften der BauO LSA zu Aufenthaltsräumen heranzuziehen. Gemäß § 46 Abs. 2 BauO LSA müssen diese Räume ausreichend belüftet werden können, auch dann, wenn von Bauherrnseite die Regelung des § 46 Abs. 3 BauO LSA genutzt wird und die Schank- und Speisegasstätte ohne Fenster hergestellt wird. Wie die ausreichende Lüftung erfüllt wird, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls. Soweit eine natürliche Belüftung über Fenster oder andere Gebäudeöffnungen nicht möglich ist, kann eine Belüftung auch über Lüftungsanlagen sichergestellt werden. Lüftungsanlagen werden entsprechend § 17 Abs. 2 Versammlungsstättenverordnung erst bei Versammlungsräumen und Aufenthaltsräumen von mehr als 200 m² Fläche (bei einer Gaststätte ein Raum mit bis zu 400 Besuchern) verlangt. Die Frage des Rauchens spielt bauordnungsrechtlich keine Rolle. Eine Verpflichtung, dass auch tatsächlich gelüftet wird, existiert bauordnungsrechtlich nicht. Das Bauordnungsrecht enthält somit keine Vorschrift, die zum Lüften oder zur Anbringung von Kohlenmonoxid -Warnmeldern in „Shisha-Bars“ verpflichtet. Das Bauordnungsrecht dient dazu, Gefährdungen, die von einer baulichen Anlage auf einen Nutzer ausgehen können, abzuwehren. Es ist jedoch nicht geeignet, Gefahren abzuwehren, denen sich Nutzer in baulichen Anlagen bewusst selbst aussetzen. Dazu gehört auch die Aufnahme von Kohlenmonoxid beim Rauchen. Die Stadt Halle hat angeregt, dass der Gesetzgeber Vorgaben hinsichtlich einer Informationspflicht für die Betreiber gegenüber der zuständigen Behörde über die Verwendung von Shishas trifft. Darüber hinaus sollten allgemeingültige einheitliche Grenzwerte zum Anteil an Kohlenmonoxid in der Luft, die nicht auf den Schutz der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschränkt sind, festgelegt werden. Schließlich sollten auch technische Anforderungen, insbesondere zu Kohlenmonoxid-Meldern, vorgegeben werden. Dieser Vorschlag der Stadt Halle (Saale) erscheint bedenkenswert. Das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt weist allerdings vorsorglich darauf hin, dass die Anordnung von Kohlenmonoxid- Meldern kein in der Bauordnung zu regelnder Gegenstand sein könne, da das Nutzerverhalten und das Betreiberverhalten vorliegend kein bauordnungsrechtlich zu regelnder Tatbestand sei. Vor diesem Hintergrund werde weder eine Möglichkeit noch ein Erfordernis für eine entsprechende Regelung in der Bauordnung gesehen. Frage 4: Inhaber und Mitarbeiter von Shisha-Bars sind den Gesundheitsgefahren durch hohe Kohlenmonoxid-Konzentrationen noch stärker ausgesetzt als deren Gäste . Wie wird der Schutz der in der Shisha-Bar beschäftigten Personen sichergestellt? Antwort zu Frage 4: Soweit in einer gastronomischen Einrichtung Mitarbeiter beschäftigt werden, gelten die Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes und die auf seiner Grundlage erlasse- 5 nen Verordnungen. Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) regelt, dass in Arbeitsräumen unter Berücksichtigung des spezifischen Nutzungszwecks, der Arbeitsverfahren , der physischen Belastungen und der Anzahl der Beschäftigten sowie der sonstigen anwesenden Personen während der Nutzungsdauer ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft vorhanden sein muss. Weitere rechtliche Regelungen zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen ihrer Gesundheit und Sicherheit durch Gefahrstoffe sind in der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) verankert. Für Kohlenmonoxid besteht ein Arbeitsplatzgrenzwert von 35 mg/m³ (bzw. 30 ppm). Bis zu dieser Kohlenmonoxid-Konzentration in der Luft am Arbeitsplatz sind akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht zu erwarten. Im Rahmen der zu erstellenden Gefährdungsbeurteilungen nach § 3 ArbStättV sowie § 6 GefStoffV hat der Arbeitgeber die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen und damit sicherzustellen, dass der Arbeitsplatzgrenzwert eingehalten wird. Weiterhin hat der Arbeitgeber nach § 7 Abs. 8 GefStoffV die Verpflichtung, die Einhaltung des Arbeitsplatzgrenzwerts durch Arbeitsplatzmessungen oder durch andere geeignete Methoden zur Ermittlung der Exposition zu überprüfen. Die Verantwortung für die Umsetzung des Rauchverbots liegt somit bei den Leitern, beziehungsweise Inhabern der entsprechenden Einrichtungen. Dies gilt auch für die Umsetzung und Einhaltung möglicher Auflagen, welche aufgrund des GastG LSA verfügt wurden. Auch der Schutz der in Shisha-Bars beschäftigten Personen kann durch die in der Antwort zu Frage 3 genannten Anordnungen gewährleistet werden.