Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2861 15.05.2018 (Ausgegeben am 16.05.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Gewässertouristische Nutzung der Wilden Saale an der Peißnitzinsel in Halle (Saale) Kleine Anfrage - KA 7/1646 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie 1. Ist geplant, am Beginn und Ende der Wilden Saale, das Schifffahrtszeichen A.1 (Sperrung der Schifffahrt) durch das Schifffahrtszeichen A.12 (Fahrverbot für Fahrzeuge mit Maschinenantrieb) zu ersetzen? Wenn ja, wann wird das umgesetzt? Wenn nein, warum nicht? Nach Auskunft der Stadt Halle (Gewässereigentümer) vom 23.04.2018 soll das vorhandene Schifffahrtszeichen nach Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung (BinSchStrO) Verbotsschild Nr. A1 (Durchfahrt verboten und Sperrung der Schifffahrt) durch das Verbotszeichen A1.a (Gesperrte Wasserflächen; jedoch für ein Kleinfahrzeug ohne Antriebsmaschine befahrbar) ersetzt werden. Die offizielle Öffnung der Wilden Saale für Kanufahrer und Ruderer soll am 08.06.2018 mit der Umschilderung erfolgen. 2. Welche wasserrechtlichen Verfahren begründen die angedachte Einschränkung des wasserrechtlichen Gemeingebrauchs? Die Wilde Saale ist bisher für jeglichen Wasserverkehr gesperrt (siehe Ausführungen zu Frage 1). Eine Ausübung des wasserrechtlichen Gemeingebrauchs gemäß § 29 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt (WG LSA) ist nicht möglich. Mit der Öffnung wird Kanufahrern und Ruderern künftig ein Befahren erlaubt. Dies ist gegenüber dem Ausgangszustand keine Einschränkung, sondern erweitert die Möglichkeiten für den Wassertourismus. 2 3. Wie werden die betroffenen Sportverbände Kanu und Rudern in das Verfahren einbezogen? Wie in der Beantwortung zu den Fragen 2 und 6 ausgeführt, ist die Freigabe der Wilden Saale für Ruderer und Kanuten im Rahmen der sanften wassertouristischen Nutzung geplant. Eine Beteiligung der Sportverbände ist nicht vorgesehen , da gegenüber dem Ausgangszustand keine Einschränkung erfolgt. Vielmehr wird die Ausübung der Wassersportarten Kanu und Rudern künftig nicht nur auf der Bundeswasserstraße Saale, sondern auch im Nebenarm Wilde Saale möglich sein. 4. Wie wird in Sachsen-Anhalt wasserrechtlich mit gewerblichem Bootsverleih umgegangen? Der gewerbliche Bootsverleih an sich ist nicht Gegenstand des Wasserrechts. Sofern der Bootsverleih mit der Errichtung von Anlagen am Gewässer verbunden ist (in der Regel Stege) unterliegt die Errichtung derartiger Anlagen einer wasserrechtlichen Genehmigung nach § 36 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) in Verbindung mit § 49 WG LSA. Im Geltungsbereich der Landesschifffahrts- und Hafenverordnung (LSchiffHVO) unterliegen gewerbliche Bootsvermietungen an Gewässern im Land Sachsen- Anhalt den in der Verordnung enthaltenen Regelungen. Diese umfassen insbesondere sicherheitsrelevante Anforderungen (z.B. die Notwendigkeit von Bootszeugnissen ) an den Vermieter. Eine gesonderte wasserverkehrsrechtliche Genehmigung im Sinne des § 5 Abs. 1 LSchiffHVO für den Betrieb einer Bootsvermietung ist gemäß derzeitiger Rechtslage nicht mehr erforderlich. Da in der Wilden Saale kein Schiffsverkehr stattfindet, ist die LSchiffHVO hier nicht anzuwenden . 5. Wenn vorhanden, wie viele wasserrechtliche Genehmigungen für gewerblichen Bootsverleih wurden bisher mit welchen Auflagen und in welchen Gewässer-/Oberflächengewässerkörpern erteilt? Es wird auf die Beantwortung zu Frage 4 verwiesen. Eine Übersicht über die Genehmigung zur Anlage von Bootsstegen liegt der Landesregierung nicht vor. Gemäß § 49 Abs. 2 WG LSA darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn keine schädlichen Gewässerveränderungen zu erwarten sind und die Unterhaltung nicht mehr erschwert wird, als es den Umständen nach unvermeidbar ist. Auf die der Schifffahrt dienenden Häfen und die Belange der Fischerei ist bei der Entscheidung Rücksicht zu nehmen. Derzeit bestandskräftige wasserverkehrsrechtliche Genehmigungen für gewerbliche Bootsvermietungen an Gewässern im Geltungsbereich der Landesschifffahrts - und Hafenverordnung existieren auf der Saale und der Unstrut (Anzahl 2), dem Geiseltalsee (9), dem Edderitzer See (1), der Goitzsche (3), dem Gröberner See (1) und Kühns Loch (1). Die in den Genehmigungsbescheiden festgesetzten Inhalts- und Nebenbestimmungen wurden unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls ermittelt und können insofern voneinander abweichen. 3 Im Wesentlichen handelt es sich jedoch um Mitteilungspflichten gegenüber der Behörde, Anforderungen an den Betrieb und teilweise auch zeitliche Befristungen . 6. Welche Maßnahmen sind der Landesregierung zum Ausgleich zwischen naturschutzrechtlichen, touristischen und sportlichen Anforderungen bekannt und wie bewertet die Landesregierung diese? Die gewässertouristische Nutzung der Wilden Saale an der Peißnitzinsel in Halle (Saale) ist Bestandteil von mehreren Maßnahmen zur Förderung des Tourismus und der Naherholung der Stadtverwaltung. Diese Maßnahme ist Bestandteil des im Jahr 2015 erstellten Wassertourismuskonzepts der Stadt Halle (Saale). Es ist vorgesehen, die beiden Nebenarme der Stromsaale für das Wasserwandern zu öffnen. Als Grundlage für die Öffnung der Wilden Saale für nicht motorisierte Boote wurde eine Machbarkeitsstudie zur Verträglichkeit und den Auswirkungen des Wasserwanderns erarbeitet. Diese Studie kommt zu dem Schluss, dass die wassertouristische Nutzung ökologisch vertretbar ist, wenn das Wasserwandern auf die Zeit zwischen Sonnenauf- und –untergang beschränkt bleibt und das Anlanden am Ufer verboten wird. Weiterhin soll wassergebundenes Totholz im Gewässer verbleiben und auf verkehrssichernde Maßnahmen an Gehölzen verzichtet werden. Zur Sicherung der ökologischen Kohärenz sollen die vorhandenen Greifvogelhorste gegen Prädation1 geschützt und an ungestörten Bereichen der Saale Steilwände als Alternativbrutplätze für den Eisvogel angelegt werden. Die einmalige Entnahme von Totholz vor der Öffnung erfolgt in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde nur in einem für die Nutzbarmachung und Herstellung einer grundlegenden Verkehrssicherheit notwendigen Maß. So wurden, um die Wilde Saale wassertouristisch nutzen zu können, beim Sturm Friederike in das Gewässer gefallene Bäume teilweise beseitigt oder ans Ufer gezogen, so dass die Passage bis zur Kiesbank im Südabschnitt der Wilden Saale möglich ist. Dauerhaft erfolgt die Nutzung auf eigene Gefahr ohne weitere Verkehrssicherungsmaßnahmen. Nach der Öffnung der Wilden Saale für Ruderer und Kanuten wird ein Einfahrtsverbot für Motorboote ausgeschildert. Das Befahren für Motor- und auch für Tretboote ist untersagt, weil dafür die Fahrrinne erweitert und die Wilde Saale stark beräumt werden müsste. Aus Artenschutzgründen ist die Nutzung der Wilden Saale vom 1. April bis 31. Oktober und täglich auf die Zeit von 7:00 bis 19:00 Uhr beschränkt. Das Betreten der Uferbereiche ist verboten. Eine entsprechende Beschilderung ist vorgesehen . 1 Als Prädator wird in der Ökologie ein Organismus bezeichnet, der sich von anderen, noch lebenden Organismen oder Teilen von diesen ernährt.