Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2872 16.05.2018 (Ausgegeben am 17.05.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dr. Verena Späthe (SPD) Träger der öffentlichen Jugendhilfe Kleine Anfrage - KA 7/1657 Vorbemerkung des Fragestellenden: Wie im Regionalteil Neuer Landbote der Mitteldeutschen Zeitung am 26. März 2018 berichtet wurde, ist der Bürgermeister der Stadt Merseburg der Auffassung, dass die Stadt die von ihr betriebenen Jugendclubs sowie alle weiteren Maßnahmen der Jugendsozialarbeit dem Landkreis Saalekreis übertragen kann, da die Stadt sich die Finanzierung nicht mehr leisten könne und der Landkreis laut SGB VIII als Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Jugendsozialarbeit zuständig sei. Der Landkreis lehnt diese Forderung mit der Begründung ab, dass er nur verpflichtet sei, die Kommunen bzw. Träger der freien Jugendhilfe bei der Jugendsozialarbeit finanziell zu unterstützen . Eine Pflicht, selbst Einrichtungen wie Jugendclubs vorzuhalten, bestehe nicht. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration 1. Sind kreisangehörige Kommunen verpflichtet, selbst als Träger von Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Jugendsozialarbeit zu fungieren ? Kreisangehörige Kommunen sind nur in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit nach § 4 Satz 2 des Kommunalverfassungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt v. 17. Juni 2014 (GVBl. LSA S. 288) verpflichtet, die für ihre Einwohner/innen erforderlichen sozialen öffentlichen Einrichtungen bereitzustellen. Eine Gesamtverantwortung und Gewährleistungsverpflichtung hinsichtlich der erforderlichen Einrichtungen für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII treffen sie nur, soweit diese gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (KJHG-LSA) auf ihren Antrag zum örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt wurden. 2 2. Sind die Landkreise und kreisfreien Städte verpflichtet, als Träger von Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Jugendsozialarbeit zu fungieren? Gemäß § 79 Abs. 1 und 2 SGB VIII i. V. m. § 1 Abs. 1 KJHG-LSA tragen die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Gesamtverantwortung für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII. Sie sollen gewährleisten , dass die zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlichen Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen. Diese Pflicht schließt die Notwendigkeit ein, erforderliche Angebote selbst zu schaffen, wenn sie durch kreisangehörige Kommunen oder Träger der freien Jugendhilfe nicht vorgehalten werden. 3. Inwieweit und in welchem Umfang sind die Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der Jugendhilfe für die Finanzierung von Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit und der Jugendhilfe, deren Träger kreisangehörige Gemeinden sind, zuständig? Die Finanzierungsverantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte ergibt sich aus der Gesamtverantwortung und Gewährleistungsverpflichtung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 79 SGB VIII. Sie ist daher beschränkt auf das erforderliche Maß. Sie besteht nicht, soweit notwendige Angebote von Trägern der freien Jugendhilfe vorgehalten oder geschaffen werden oder kreisangehörige Gemeinden in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit selbst zur Vorhaltung bzw. Finanzierung der erforderlichen Einrichtungen verpflichtet sind. 4. Sind Landkreise verpflichtet, Einrichtungen der kreisangehörigen Kommunen für Kinder- und Jugendarbeit sowie Jugendsozialarbeit als Träger zu übernehmen, wenn die kreisangehörigen Kommunen diese Einrichtungen nicht mehr finanzieren können? Aus der Gewährleistungsverpflichtung der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann eine konkrete Art der Aufgabenerledigung nicht geschlossen werden. Mit dem Ziel der Deckung des jugendhilferechtlichen Bedarfes kann je nach den Besonderheiten des Einzelfalls auch die Förderung von Angeboten freier Träger oder die Schaffung neuer Einrichtungen in eigener Trägerschaft in Betracht kommen.