Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2886 16.05.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Die Anlage ist in Word als Objekt beigefügt und öffnet durch Doppelklick den Acrobat Reader. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 17.05.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Gewalt gegen Rettungskräfte in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/1671 Vorbemerkung des Fragestellenden: Eine Studie der Ruhr-Universität Bochum (2018) zu „Gewalt gegen Einsatzkräfte der Feuerwehren und Rettungsdienste in Nordrhein-Westfalen“ kommt zu dem Ergebnis, dass Rettungskräfte einem immer höheren Risiko ausgesetzt sind, Opfer von verbaler , nonverbaler und körperlicher Gewalt zu werden. 12,7 Prozent der an der Studie teilnehmenden Einsatzkräfte wurden nach eigenen Angaben in den letzten zwölf Monaten Opfer von körperlicher Gewalt. Gewalt gegen Einsatzkräfte ist auch in Sachsen-Anhalt real. Am vergangenen Ostersonntag wurden zwei Feuerwehrleute in Bräunrode im Landkreis Mansfeld-Südharz von insgesamt vier Unbekannten angriffen, als sie das wieder aufgeflammte Osterfeuer löschen wollten. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Vorbemerkung: In Sachsen-Anhalt gibt es keine rechtlichen oder organisatorischen Grundlagen, die eine der Fragestellung entsprechende Erfassung vorgeben. Die Anzahl der Angriffe auf Rettungskräfte, die Art der Gewaltanwendung sowie die Dauer der Dienst- bzw. Arbeitsunfähigkeit werden statistisch nicht erfasst und können daher auch nicht empirisch unterlegt werden. Soweit Angehörige von Rettungsdiensten schädigende Ereignisse im Sinne der Fragestellung zur Anzeige gebracht haben, werden diese in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) abgebildet. 2 Für die Beantwortung der Frage 1 wurde daher die PKS des Landes Sachsen-Anhalt zugrunde gelegt. Sie enthält unter anderem die der Polizei bekannt gewordenen rechtswidrigen Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche sowie die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen und Opfer. Für die Antwort auf die Fragen 2 und 4 erfolgte eine Einzeldatensatzrecherche, deren Grundlage die Geschädigtenspezifik „Rettungsdienste“ bildete. Unter diese Begrifflichkeit werden neben Angehörigen der medizinischen Rettung (Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter, Malteser usw.) auch Angehörige der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks oder der Bundeswehr im Rettungseinsatz subsumiert. Die Berufsgruppe der Feuerwehr wird darüber hinaus in der PKS einzeln aufgeführt; eine Differenzierung weiterer Berufsgruppen ist nicht möglich. 1. Wie viele Angriffe auf Rettungskräfte wurden in den Jahren 2012 bis 2017 in Sachsen-Anhalt registriert? Bitte für die Jahre angeben, nach Art der Rettungskräfte (Feuerwehr, THW, medizinischer Notfalldienst, etc.) sowie nach Art der Gewalt (verbal, nonverbal, körperlich) differenzieren. Falls Angriffshandlungen als solche statistisch nicht erfasst werden, bitte Straftaten gegen die jeweilige Art der Rettungskräfte nach Jahren und differenziert nach Straftat angeben. Der Anlage 1 ist die Anzahl der Geschädigten zu entnehmen, bei denen es sich um Angehörige von Rettungsdiensten handelt, die während ihrer Berufsausübung im Einsatz Opfer einer Straftat im Sinne der Anfrage wurden. In der PKS werden keine Arten von Gewalt (verbal, nonverbal, körperlich) erfasst. 2. Wie viele Rettungskräfte wurden 2012 bis 2017 infolge dieser Angriffe verletzt ? Bitte für die Jahre 2012 bis 2017 angeben sowie nach Geschlecht differenzieren . Jahr Feuerwehr Sonstige Rettungsdienste Rettungsdienste gesamt 2012 männlich 0 7 7 weiblich 0 2 2 Gesamt 0 9 9 2013 männlich 0 7 7 weiblich 0 5 5 Gesamt 0 12 12 2014 männlich 4 9 13 weiblich 0 3 3 Gesamt 4 12 16 2015 männlich 1 6 7 weiblich 1 9 10 Gesamt 2 15 17 3 Jahr Feuerwehr Sonstige Rettungsdienste Rettungsdienste gesamt 2016 männlich 0 16 16 weiblich 0 7 7 Gesamt 0 23 23 2017 männlich 1 17 18 weiblich 1 12 13 Gesamt 2 29 31 3. Wie lange dauerte es, bis die verletzten Einsatzkräfte wieder in den Dienst zurückkehren konnten? Bitte für die Jahre 2012 bis 2017 sowie die kürzeste , die durchschnittliche und die längste Zeit der Wiederkehr in den Dienst angeben. Eine Beantwortung der Frage ist mangels Erfassung nicht möglich. 4. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu den Täterinnen und Tätern vor? Sofern Informationen hierzu vorliegen, bitte nach Geschlecht und Altersgruppen differenzieren. In der PKS werden bundeseinheitlich nur Angaben zu Altersgruppe, Geschlecht und Nationalität der Tatverdächtigen (TV) bzw. Opfer erfasst. Die Angaben zu TV bezogen auf die Fragestellung sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Jahr Geschlecht TV gesamt Kinder (< 14 Jahre) Jugendliche (14 - < 18 Jahre) Erwachsene ab 18 Jahre 2012 männlich 8 0 0 8 weiblich 1 0 0 1 gesamt 9 0 0 9 Staatsangehörigkeit: 9x deutsch 2013 männlich 8 0 1 7 weiblich 3 0 0 3 gesamt 11 0 1 10 Staatsangehörigkeit: 9x deutsch, 1x malisch, 1x armenisch 2014 männlich 10 0 0 10 weiblich 2 0 0 2 gesamt 12 0 0 12 Staatsangehörigkeit: 12x deutsch 4 Jahr Geschlecht TV gesamt Kinder (< 14 Jahre) Jugendliche (14 - < 18 Jahre) Erwachsene ab 18 Jahre 2015 männlich 18 0 3 15 weiblich 2 0 0 2 gesamt 20 0 3 17 Staatsangehörigkeit: 20x deutsch 2016 männlich 16 0 1 15 weiblich 4 0 0 4 gesamt 20 0 1 19 Staatsangehörigkeit: 19x deutsch, 1x polnisch 2017 männlich 22 0 1 21 weiblich 6 0 0 6 gesamt 28 0 1 27 Staatsangehörigkeit: 26x deutsch, 1x somalisch, 1x nigerianisch 5. Inwiefern werden Rettungskräfte im Land Sachsen-Anhalt auf eskalierende Einsatzsituationen vorbereitet? Welche Fortbildungsmöglichkeiten bestehen ? Welche Inhalte werden in der Ausbildung vermittelt? Die Aus- und Fortbildung im Umgang mit eskalierenden Einsatzsituationen obliegt den jeweiligen Arbeitgebern bzw. Dienstherren. In einigen Rettungsdienstbereichen wird ein Selbstverteidigungstraining für die im Rettungsdienst Tätigen durchgeführt. Die Mitarbeiter werden in Deeskalation, Gesprächsführung und Gefahrenmanagement geschult. Im Rahmen der Ausbildung zum/zur Notfallsanitäter/in erfolgt in der praktischen Ausbildung an den Lehrrettungswachen eine Sensibilisierung für dieses Thema. Handlungsmöglichkeiten sollen hier im Rahmen der Einsatznachbesprechung erörtert werden. Konkrete Maßnahmen sind in den Lehrplänen nicht verankert. Bei der Ausbildung der Rettungssanitäter wird aufgrund der sehr kurzen Qualifizierungsdauer das Thema „Eigensicherung“ bzw. „Gewalt im Dienst“ nur am Rande im theoretischen Unterricht abgebildet. Vorgaben hierzu finden sich in der Ausbildungs - und Prüfungsordnung für Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter im Land Sachsen-Anhalt nicht. 6. Welche Maßnahmen werden vonseiten der Landesregierung unternommen, um Rettungskräfte in Sachsen-Anhalt vor Gewalt zu schützen? Inwiefern sensibilisiert die Landesregierung die Einsatzkräfte im Land Sachsen- Anhalt, erfolgte Übergriffe zu melden und zur Anzeige zu bringen? Auf die Antwort auf Frage 5 wird verwiesen. 5 7. Wie bewertet die Landesregierung die in Frage 5 und 6 erfragten Maßnahmen ? Die geschilderten Maßnahmen sind ausgerichtet auf die auch in der Vergangenheit durchaus vorkommenden Übergriffe auf Rettungskräfte. Die steigende Anzahl der Übergriffe lässt es sinnvoll erscheinen, einen erhöhten Anteil der Ausund Fortbildung darauf auszurichten. Eine mögliche Anpassung der Ausbildungsund Prüfungsverordnung für Rettungssanitäter muss allerdings die kurze Ausbildungsdauer von 520 Stunden so berücksichtigen, dass wichtige fachliche Ausbildungsinhalte nicht gekürzt werden. Eine Änderung der dreijährigen Ausbildung für Notfallsanitäter kann nur auf Bundesebene erfolgen. Daher wird einer berufsbegleitenden Unterstützung in Zuständigkeit der Leistungserbringer im Rettungsdienst der Vorzug gegeben.