Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2898 18.05.2018 (Ausgegeben am 22.05.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Mario Lehmann (AfD) Drohende Personalkrise in der Justiz Kleine Anfrage - KA 7/1670 Vorbemerkung des Fragestellenden: Anstatt einem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion im Jahr 2017 stattzugeben1, die ersten und zweiten Einstiegsämter der Laufbahngruppe 1 der Besoldungsgruppe A 6 zuzuordnen, um damit die Attraktivität des Justizwachtmeisterdienstes zu erhöhen und dies zu einem ersten Schritt einer Attraktivitätsoffensive für den gesamten Justizdienst zu machen, verschärft sich die Personalsituation im Justizdienst von Sachsen -Anhalt in der Laufbahngruppe 1 Erstes und Zweites Einstiegsamt stetig. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Warum unterhält das Land keine eigene Ausbildungsstätte für die Laufbahngruppe 1, Erstes und Zweites Einstiegsamt im Justizdienst, obwohl ein erheblich erhöhter Ausbildungsbedarf ermittelt wurde, um die bevorstehenden Altersabgänge auszugleichen? Das Land Sachsen-Anhalt bildet seine Anwärterinnen und Anwärter seit Jahren mit gutem Erfolg aufgrund bestehender Verwaltungsvereinbarungen in Justizausbildungsstätten anderer Bundesländer aus. Die Einrichtung einer eigenen Ausbildungsstätte für die Laufbahngruppe 1, Erstes und Zweites Einstiegsamt im Justizdienst, würde einen erheblichen Aufwand hinsichtlich personeller und sächlicher Mittel sowie baulicher Voraussetzungen zur Folge haben. Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Kosten im Verhältnis zu den in Rechnung gestellten Kosten (siehe insoweit Frage 2. a) erscheint die Einrichtung einer eigenen Ausbildungsstelle wirtschaftlich nicht zweckmäßig. 1 Antrag AfD Drs. 7/1155 vom 21. März 2017 2 Die Ausbildung in einem Verbund mit mehreren Ländern bietet zudem den Vorteil , dass die Ausbildungskosten durch Synergieeffekte gering gehalten werden. Auch ist zu beachten, dass die eigene Ausbildungsstelle mit Lehrpersonal aus dem Landesdienst zu besetzen wäre, was ggf. bestehende Personalengpässe verstärken könnte. 2. a) Wie will das Land den steigenden Bedarf an Justizpersonal decken, wenn der Freistaat Sachsen für den laufenden Personalbedarf in der Laufbahngruppe 1 Zweites Einstiegsamt für Sachsen-Anhalt nicht mehr als 25 Ausbildungsplätze am Ausbildungszentrum Bobritzsch bereithält ? Sollte sich künftig ein steigender Ausbildungsbedarf ergeben, wird mit dem Freistaat Sachsen ein größeres Ausbildungskontingent zu verhandeln sein oder in Absprachen mit anderen Bundesländern auf deren Ausbildungsmöglichkeiten zurückgegriffen werden. Dies wird derzeit geprüft. b) In welcher Höhe stellt der Freistaat Sachsen dem Land Sachsen-Anhalt die Ausbildung seiner Anwärter für die Laufbahngruppe 1, Zweites Einstiegsamt in Rechnung? Bitte jährliche Aufschlüsselung seit 2015. Die Kosten für die fachtheoretische Ausbildung werden jeweils nach Abschluss eines fachtheoretischen Lehrgangs vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz abgerechnet. So wirken sich die Kosten eines Einstellungsjahrgangs in drei Haushaltsjahren aus. Dabei werden die Gesamtkosten der Ausbildung auf die Gesamtanzahl der Anwärter umgelegt und dem jeweiligen Partnerland für die entsprechende Anzahl der Lehrgangsteilnehmer in Rechnung gestellt. Schwankungen der Kosten sind durch Entlassungen während der Ausbildung, Nichtbestehen der Prüfungen und Wiederholungen von Ausbildungsabschnitten verursacht . Folgende Beträge wurden seit 2015 für die gesamte fachtheoretische Ausbildung in Sachsen pro Anwärter abgerechnet: 2015: 5.810,58 € 2016: 5.806,79 € 2017: 6.198,85 €. Insgesamt wurden folgende Beträge an Sachsen für die fachtheoretische Ausbildung gezahlt: 2015: 174.852 € 2016: 112.480 € 2017: 163.542 €. c) Plant die Landesregierung auf Ausbildungsstätten für den mittleren Justizdienst weiterer Bundesländer zur Bedarfsdeckung auszuweichen? Es wird auf die Antwort zu Frage 2.a) Bezug genommen. 3 3. a) Warum hat das Land Sachsen-Anhalt in den Vorjahren nicht alle von Sachsen-Anhalt in Berlin ausgebildeten Rechtspfleger übernommen? Der Rechtspfleger- und Justizverwaltungsdienst ist dank der seit Jahren stattfindenden kontinuierlichen Ausbildung und anschließenden Übernahme im Bedarfskontext trotz der jährlichen Altersabgänge und regelmäßig eintretenden unsicheren Fluktuationen bedarfsgerecht ausgestattet. Derzeit (Stand 31.12.2017) steht einem Personalbedarf von 505,29 AKA ein Personalbestand von 535,76 AKA gegenüber . Zusätzliche Einstellungen waren auch mit Blick auf die Bedarfe in anderen Bereichen und die haushaltswirtschaftlichen Rahmenbedingungen - insbesondere Einhaltung der VzÄ-Ziele für 2017 - nicht geboten. b) Warum wurden diese nicht explizit für Grundbuchumschreibungen (u. U. Mischdezernate) und danach zur Deckung der Altersabgänge eingestellt (wie Sachsen)? Es wird auf die Antwort zu Frage 3.a) Bezug genommen. 4. a) Verfolgt die Landesregierung das Ziel das Erste Einstiegsamt der Laufbahngruppe 1 der Besoldungsgruppe A 6 zuzuordnen und wann ist mit der Umsetzung dieser Absicht zu rechnen (wie Thüringen)? Die Landesregierung verfolgt derzeit nicht das Ziel, das erste Einstiegsamt der Laufbahngruppe 1 der Besoldungsgruppe A 6 zuzuordnen. b) Hat die Landesregierung Erkenntnisse, inwieweit Personalausgleich durch einen Laufbahnebenen gerechten Einsatz von Justizvollzugsbeamten im Justizverwaltungsdienst bzw. Justizwachtmeisterdienst erzielt werden kann, wenn eine Verwendung im Allgemeinen Vollzugsdienst aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist? Die Vermittlung und Qualifizierung vollzugsdienstunfähigen Personals ist für den Justizvollzug von besonderer praktischer Bedeutung. Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand ist Beamtinnen und Beamten gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BeamtStG die Möglichkeit einzuräumen, im Rahmen einer erfolgreich zu absolvierenden Qualifizierungsmaßnahme eine neue Laufbahnbefähigung zu erlangen, die eine anderweitige Verwendung zulässt. Vermittlungsversuche in den Bereich der allgemeinen Justiz waren bisher nicht erfolgreich, da die vollzugsdienstunfähigen AVD-Beamten nicht über die erforderliche Qualifikation für die Laufbahn des mittleren Justizdienstes verfügten. Darüber hinaus lässt der Grund für die Nichtverwendbarkeit häufig einen Einsatz im Verwaltungsbereich nicht zu. Die Versetzung aus dem Allgemeinen Justizvollzugsdienst (AVD) in den Justizwachtmeisterdienst ist aus grundsätzlichen laufbahnrechtlichen Erwägungen nicht umsetzbar. Von der Verwendung eines im Justizvollzugsdienst nicht mehr einsatzfähigen Beamten (Laufbahngruppe 1 zweites Einstiegsamt) im Justiz- 4 wachtmeisterdienst (lediglich Laufbahngruppe 1 erstes Einstiegsamt) ist aufgrund der fehlenden Gleichwertigkeit regelmäßig abzusehen (vgl. § 26 BeamtStG). Hinsichtlich eines „ebenengerechten“ Einsatzes von dienstunfähigen AVD-Beamten im Justizwachtmeisterdienst ist unabhängig von der Frage der zusätzlich erforderlichen Laufbahnbefähigung eine Versetzung in ein Amt mit geringerem Grundgehalt nur mit Zustimmung des Beamten möglich (§ 26 Abs. 2 BeamtStG). Auch eine „Abwertung“ des Eingangsamtes des AVD von BesGr. A 7 nach BesGr. A 6 würde die unterschiedliche Qualifikation der beiden Laufbahnen (Zugangsvoraussetzungen , Ausbildungsdauer und -inhalte, Wertigkeit und Verantwortung des Amtes) nicht mehr hinreichend berücksichtigen und eine Schlechterstellung der AVD-Beamten gegenüber der bisherigen Rechtslage bedeuten. Ein Laufbahnwechsel von dienstunfähigen AVD-Beamten in den Justizwachtmeisterdienst auf Grundlage des § 15 Abs. 2 LBG LSA entfällt schon deshalb, weil die Einstiegsämter beider Laufbahnen nicht vergleichbar sind (einerseits BesGr. A 7, andererseits BesGr. A 4). Eine generelle Feststellung der Gleichwertigkeit durch das Ministerium für Justiz und Gleichstellung ist daher nicht möglich .