Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2924 23.05.2018 (Ausgegeben am 24.05.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Ronald Mormann (SPD) Wirksamkeit von Anti-Terror-Sperren bei öffentlichen Veranstaltungen Kleine Anfrage - KA 7/1701 Vorbemerkung des Fragestellenden: An vielen Orten finden im Land regelmäßig große öffentliche Veranstaltungen statt, so auch in und um Köthen. Seitens der Polizei bzw. der Verwaltungen werden hier und auch an anderen Orten zum Schutz der Bevölkerung, Anti-Terror-Sperren aus Stahlbeton (sogenannte Nizzasperren) verlangt und den Veranstaltern auferlegt. Die DEKRA hat in einem Prüfverfahren diese Anti-Terror-Sperren getestet und ist zu dem Schluss gelangt, dass eine Wirksamkeit dieser Sperren, auch in Varianten, nicht gegeben ist. (vgl. https://www.zdf.de/nachrichten/drehscheibe/drehscheibe-vom-18-april-2018- 102.html - ausführlicher Bericht ZDF Drehscheibe vom 18.04.2018, bis Minute 05:39). In Ansehung des Interesses von Kommunen und anderen Veranstaltern derartiger Großveranstaltungen (Volks- und Stadtfeste, Weihnachtsmärkte, Umzüge u. v. a. m.) in Köthen und auch in anderen Regionen Sachsen-Anhalts frage ich die Landesregierung : Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport 1. Hat (wenn ja, seit wann) die Landesregierung Kenntnis von der Nichtwirksamkeit der beschriebenen Anti-Terror-Sperren? Die der Anfrage zugrunde liegenden Testversuche der DEKRA wurden durch die Prüfgesellschaft im Auftrag des MDR am 22. März 2017 in Neumünster durchgeführt . Getestet wurden zwei Szenarien mit unterschiedlichen Aufprallwinkeln mit je einem beladenen Lkw mit einem Gesamtgewicht von zehn Tonnen. Mit der 2 Veröffentlichung Anfang April 2017 gelangten die Testversuche allgemein zur Kenntnis. 2. Mit welcher Begründung werden bei Großveranstaltungen diese Sperren eingesetzt bzw. verpflichtend vorgeschrieben, wenn ein renommiertes Prüfinstitut wie die DEKRA gravierende Mängel in der Wirksamkeit attestiert ? 3. Auf welcher rechtlichen Grundlage müssen die Polizei und die zuständigen Verwaltungen diese Sicherungsform weiterhin bindend einfordern, obwohl deren Wirksamkeit nicht gegeben ist? Gibt es dazu bisher überhaupt Vorgaben vonseiten des Landes? Die Fragen 2 und 3 werden zusammenfassend beantwortet. Die Polizei- und Sicherheitsbehörden beraten und sensibilisieren Veranstalter in jedem Einzelfall auf der Grundlage einer Gefährdungsbeurteilung. Der Einsatz von mobilen oder festen technischen Sperren ist nicht verpflichtend vorgeschrieben . Die Sicherheitsbehörden berücksichtigen insbesondere auch die städtebaulichen Gegebenheiten und die Verkehrsführung. Schließlich stellt auch der Testaufbau die frontale Kollision eines Lkw mit einem Gewicht von zehn Tonnen und einer Aufprallgeschwindigkeit von 50 km/h in zwei unterschiedlichen Aufprallwinkeln als Szenario nach. Vor diesem Hintergrund sind die vielen auf dem Markt befindlichen unterschiedlichen Systeme in jedem Einzelfall zu bewerten. 4. Besitzt die Landesregierung Erkenntnisse, in welchem Maße die Veranstaltungsmehrkosten dieser Sperren bestimmte Veranstaltungssegmente in ihrer Finanzierbarkeit bedrohen? Sind Veranstaltungen in Städten und Gemeinden unseres Landes bekannt, welche aus diesem Grund von den veranstaltenden Kommunen, Vereinen oder Firmen bereits abgesagt werden mussten? Eine aktuelle Abfrage des Landesverwaltungsamtes bei den Landkreisen und kreisfreien Städten in Sachsen-Anhalt ergab, dass derzeit keine Erkenntnisse darüber vorliegen, dass Veranstaltungen wegen der voraussichtlichen Kosten für das Aufstellen von Anti-Terror-Sperren abgesagt wurden oder dass dadurch die Finanzierbarkeit für bestimmte Veranstaltungssegmente bedroht sei. Ergänzend wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage KA 7/830 des Abgeordneten Rüdiger Erben (SPD) vom 12.06.2017, LT-Drs. 7/1505 hingewiesen, die Auskünfte zu abgesagten Volksfesten in Sachsen-Anhalt im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 16. Mai 2017 betraf.