Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2928 24.05.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 24.05.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Eva von Angern (DIE LINKE) Vorkommnisse an der Grundschule Helbra im Zusammenhang mit einem Sorgerechtsstreit Kleine Anfrage - KA 7/1591 Vorbemerkung des Fragestellenden: In Helbra war am 12. März 2018 ein achtjähriges Mädchen unter heftiger Gegenwehr aus der Grundschule geholt und zu seiner Mutter gebracht worden. Der Vater hatte zuvor das Aufenthaltsbestimmungsrecht verloren, war aber dem Gerichtsbeschluss nicht nachgekommen. Ein Gerichtsvollzieher setzte das Urteil deswegen in Anwesenheit des Jugendamtes und mit Unterstützung der Polizei durch. Nach Darstellungen in der Mitteldeutschen Zeitung wollten die Beamten der Polizei den Einsatz abbrechen . Der Einsatz der Behörden vor Ort sorgte für erhebliche Kritik. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. In wie vielen Fällen wurden in den letzten drei Jahren Kinder und Jugendliche mittels Behördeneinsatz (Polizei, Gerichtsvollzieher, Jugendamt) aus der Schule beziehungsweise Kindertageseinrichtung geholt, um einen Gerichtsbeschluss hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts eines Kindes oder Jugendlichen umzusetzen? 2. In wie vielen Fällen kam es dabei zu einem polizeilichen Einsatz? Die Fragen 1 und 2 werden wegen Sachzusammenhanges zusammen beantwortet . 2 Nach Kenntnis der Landesregierung sind in den letzten drei Jahren in Sachsen- Anhalt Herausgabevollstreckungen von Kindern und Jugendlichen in drei Fällen in Schulen und Kindertagesstätten durchgeführt worden. Zu den drei Fällen gehört auch die Herausgabevollstreckung in der Grundschule Helbra. Polizeibeamte waren lediglich in diesem Fall durch den Gerichtsvollzieher zur Unterstützung bei der Vollstreckung der familiengerichtlichen Entscheidung und zum Schutz der vor Ort anwesenden Personen angefordert worden (§ 87 Abs. 3 Satz 1 FamFG; § 156 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher [GVGA]). 3. Aus welchen Gründen eskalierte an der Grundschule Helbra die Situation derartig? Sieht die Landesregierung das Kindeswohl im vorliegenden Fall als gewahrt an? Bitte die Antwort begründen. Welche Maßnahmen erfolgten vor diesem Eingriff, um den vorliegenden Beschluss umzusetzen? Die Vollstreckung der Entscheidung des Amtsgerichts - Familiengericht - Eisleben vom 8. August 2017, durch die das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind auf die Kindesmutter übertragen wurde, war erforderlich, weil sich der Kindesvater durchgängig weigerte, der vom Oberlandesgericht Naumburg mit Beschluss vom 25. September 2017 bestätigten und sonst in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung nachzukommen. Während der gesamten Dauer des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens von Ende 2015 bis zum 8. August 2017 ist es weder dem Jugendamt noch Beratungsstellen, der Verfahrensbeiständin, dem Amtsgericht und einer Mediatorin gelungen, mit dem Kindesvater ein Konzept für den Umgang der Kindesmutter mit dem betroffenen Kind zu erarbeiten. Auch der von den Kindeseltern Ende 2015 abgeschlossene Vergleich über den Umgang der Kindesmutter mit dem Kind konnte nicht umgesetzt werden. Nach der Entscheidung vom 8. August 2017 versuchte das Amtsgericht Eisleben unter Einschaltung der Verfahrensbeiständin des Kindes, dessen Übergabe vom Kindesvater zur Kindesmutter einvernehmlich zu gestalten. Diese Versuche blieben aufgrund der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft des Kindesvaters ausnahmslos ohne Erfolg. Nach dem endgültigen Scheitern dieser Versuche stellte die Kindesmutter einen Zwangsvollstreckungsantrag nach § 90 FamFG. Mit Beschluss vom 4. Januar 2018 wurde der Gerichtsvollzieher dann vom Amtsgericht mit der Herausgabevollstreckung beauftragt. Hierbei hatte er um die Mitwirkung des Jugendamtes bei der Vollstreckung nachzusuchen (§ 88 Abs. 2 FamFG). Er war befugt, die Herausgabe des Kindes notfalls unter Anwendung unmittelbaren Zwangs durchführen (§ 90 FamFG). Gegenüber dem Gerichtsvollzieher, der vor der Vollstreckung der Kindesherausgabe ebenfalls auf eine einvernehmliche Herausgabe hinzuwirken versuchte , erklärte der Kindesvater mehrfach und zuletzt am 15. Februar 2018 klar und eindeutig, dass er nicht bereit sei, die gerichtliche Entscheidung zu akzeptieren und auch nicht mit dem Gerichtsvollzieher kooperieren werde. 3 Nachdem feststand, dass sich die Durchsetzung des auf die Kindesmutter übertragenen Aufenthaltsbestimmungsrechtes nur zwangsweise erreichen lassen werde, hatte der Gerichtsvollzieher die Herausgabevollstreckung durchzuführen und zunächst darüber zu befinden, wo die Vollstreckung vollzogen werden sollte . In Betracht kamen dabei nur Orte, an denen das Kind mit Sicherheit anzutreffen ist. Bei Schulkindern sind dies die Wohnung und die von dem Kind besuchte Schule. Zur Vorbereitung besprach er die Einzelheiten der Zwangsvollstreckung mit der Kindesmutter, der Polizei, dem Jugendamt des Landkreises Mansfeld-Südharz und der Leiterin der Grundschule Helbra. Als neutraler und sicherer Ort für die Vollstreckung bot sich nach der Analyse der konkreten örtlichen und persönlichen Verhältnisse die von dem Kind besuchte Grundschule an. Insbesondere war es hier möglich, die unmittelbare Anwesenheit des Kindesvaters , von dem möglicherweise Widerstand zu erwarten war, auszuschließen . Ferner sprachen für das Schulgebäude verfahrensrechtliche Gründe, denn die Vollstreckung konnte nur bei gleichzeitiger Anwesenheit des Gerichtsvollziehers , der Kindesmutter, der Vertreter des Jugendamtes und der Polizeibeamten durchgeführt werden. Am 5. März 2018 wurde die Herausgabevollstreckung vollzogen. Gegen 10.30 Uhr wurde das Kind in einen neben seinem Klassenzimmer liegenden leeren Klassenraum gebracht. Von dort rannte es zunächst wieder weg, konnte aber zur freiwilligen Rückkehr bewegt werden. Gegen 10.50 Uhr begaben sich die Beteiligten über eine Nebentreppe auf den Schulhof, wo das Kind zum PKW gebracht werden sollte. Dieser konnte den Schulhof aber wegen eines vor dem Tor abgestellten Fahrzeuges zunächst nicht verlassen. Das Kind befand sich nachfolgend in einer Sitzecke auf dem Schulhof und hatte Vertrauen zu einer Polizeibeamtin und der Vertreterin des Jugendamtes gefasst. Gegen 11.30 Uhr war die Zufahrt zum Schulhof wieder frei. Das Kind wurde zum PKW getragen und dieser verließ dann den Schulhof. Die Herausgabevollstreckung war damit abgeschlossen. Die Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidung am 5. März 2018 war insbesondere durch die massive Störung durch den Kindesvater, dessen Lebensgefährtin und weitere Begleiter gekennzeichnet. Nach Auffassung der Landesregierung ist das Kindeswohl auch unter Berücksichtigung des tatsächlichen Verlaufs der Vollstreckung gewahrt geblieben, denn nach der Entscheidung des Amtsgerichts Eisleben erforderte gerade das Kindeswohl einen zeitnahen Wechsel aus dem Haushalt des Kindesvaters in den Haushalt der Kindesmutter. 4. Wie schätzt die Landesregierung im konkreten Fall in Helbra die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes bei der Umsetzung des Richterspruches ein? Nach dem Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit steht es der Landesregierung nicht zu, die gerichtlichen Entscheidungen, nach denen das Kindeswohl einen Wechsel vom Haushalt des Kindesvaters in den Haushalt der Kindesmutter erfordere, und die zur Durchsetzung dieser Entscheidungen getroffenen Anordnungen , zu kommentieren. 4 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war auch bei der Herausgabevollstreckung gewahrt. Der Gerichtsvollzieher hätte während der Vollstreckungsmaßnahme nur noch zu prüfen, ob die zur Durchsetzung des Beschlusses ergriffenen Maßnahmen geeignet sind und ob sie Schäden hervorrufen, die in keinem Verhältnis zu dem verfolgten Zweck stehen. Dagegen war die Prüfung, ob der Wegnahme des Kindes mittels unmittelbaren Zwanges das Kindeswohl entgegensteht , bereits durch das Amtsgericht im Beschluss vom 4. Januar 2018 erfolgt und entschieden worden. 5. Wie beurteilt die Landesregierung den Einsatz sowie die Nutzung von Kompetenzen seitens der Schulleitung, der Polizei, des Jugendamtes sowie des Gerichtsvollziehers am 12. März 2018 in Helbra? Das Jugendamt des Landkreises Mansfeld-Südharz war gemäß § 88 Abs. 2 FamFG im Vorfeld der Zwangsvollstreckung von dem Gerichtsvollzieher einbezogen worden. Während der Zwangsvollstreckung am 5. März 2018 waren zwei Mitarbeiter vor Ort in Helbra. Während der gesamten Dauer der Vorbereitung und der Maßnahme selbst waren die Mitarbeiter des Jugendamtes mithilfe ihrer sozialpädagogischen Kompetenzen um eine Deeskalation bemüht. Verantwortlich für den angespannten Verlauf der Zwangsvollstreckung war nach Einschätzung der Mitarbeiter das Verhalten des Kindesvaters und weiterer, ihn unterstützender Personen. 6. Wie kann künftig eine derartige Situation wie in Helbra verhindert beziehungsweise auf ein Mindestmaß reduziert werden? Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der hier in Rede stehenden Konstellation um einen seltenen Ausnahmefall handelt, der nicht das Bild der alltäglichen (familiengerichtlichen) Praxis widerspiegelt. Insoweit wird ergänzend auf die Beantwortung der Fragen 1 und 2 verwiesen. In der Praxis sind herausgabepflichtige Eltern spätestens in Ansehung einer tatsächlichen Vollstreckung soweit einsichtig und rechtstreu, dass es nicht zu einer Herausgabevollstreckung kommen muss, um dem betroffenen Kind eine solche (Stress-) Situation zu ersparen. Die gesetzlichen Regelungen sehen von der Herausgabeanordnung des materiellen Rechts über das Vollstreckungsverfahren nach den §§ 88 ff. FamFG bis hin zu der ausdrücklichen Anordnung der Vollstreckung mittels unmittelbaren Zwanges ein abgestuftes Instrumentarium vor, das sich der Umsetzung der Grundentscheidung mit einer verfeinerten Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit immer weiter annähert (siehe auch OLG Hamm FamRZ 2017, 1580). Die Anwendung von Gewalt bzw. unmittelbarem Zwang ist dabei das strengste Vollstreckungsmittel und darf nur als ultima ratio benutzt werden. Zur Durchsetzung der durch die staatlichen Organe getroffenen Entscheidungen und vorliegend ganz besonders der am Maßstab des Kindeswohls getroffenen Grundentscheidung des Familiengerichts ist dies in letzter Konsequenz jedoch erforderlich. Vor diesem Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden, dass es auch in der Zukunft Fälle geben wird, in denen vergleichbare Vollstreckungsmaßnahmen notwendig werden. 7. Welche Alternativen hätten aus Sicht der Landesregierung bestanden? Warum wurden diese nicht in Erwägung gezogen und fanden keine Anwendung ? 5 Vor der tatsächlichen Umsetzung der Vollstreckungsentscheidung des Familiengerichts hat es mehrere Versuche des Gerichts und des Gerichtsvollziehers gegeben, den herausgabepflichtigen Kindesvater zu einer freiwilligen Herausgabe des Kindes zu bewegen. Sämtliche Versuche waren gescheitert. Damit war eine Konstellation gegeben, für die von namhaften Vertretern der familienrechtlichen Kommentarliteratur ausdrücklich empfohlen wird, die Vollstreckung in Abwesenheit des Herausgabepflichtigen - und daher insbesondere im Bereich Kindergarten oder Schule - durchzuführen. Gerade bei gewaltbereiten herausgabepflichtigen Personen sollte zum Wohle des Kindes im Rahmen der Vollstreckung vermieden werden, dass unmittelbarer Zwang in Anwesenheit des Kindes zur Durchsetzung der gerichtlichen Entscheidung gegen einen Elternteil ausgeübt werden muss. Unter diesem Aspekt bieten sich Schulen und Kindertagesstätten als neutrale Orte an (vgl. Völker FPR 2012, 485 [489]; Völker /Clausius, Das familienrechtliche Mandat - Sorge- und Umgangsrecht, 7. Aufl., § 6 RdNr. 80; Carl/Heitland/Gallo DGVZ 2005, 145 [149] zu einem von dem Bundesministerium der Justiz, dem Justizministerium des Landes Nordrhein -Westfalen und dem Deutschen Gerichtsvollzieher Bund organisierten Seminar zur Zwangsvollstreckung nach dem Gewaltschutzgesetz sowie zur Herausnahme von Kindern aufgrund familienrechtlicher Vorschriften). Keine Alternative war es aus Sicht der Landesregierung, von vornherein von der Vollstreckung abzusehen. Zunächst sollte durch den Wechsel des Aufenthaltsortes des Kindes ein das Kindeswohl beeinträchtigender Zustand beendet werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass das staatliche Gewaltmonopol durch ein rechtlich missbilligtes Verweigerungsverhalten nicht unterlaufen werden darf. Für die Landesregierung wäre auch ein Abbruch der Vollstreckungsmaßnahme keine in Betracht zu ziehende Alternative gewesen. Das von der Vollstreckung betroffene Kind wäre im Gegenteil durch einen Abbruch deutlich stärker belastet worden, weil es der Ungewissheit weiterer Vollstreckungsmaßnahmen ausgesetzt worden wäre. In Anbetracht des Verhaltens des Kindesvaters und seiner Unterstützer war auch nicht damit zu rechnen, dass nach dem Abbruch der Vollstreckung günstigere Bedingungen für die Übergabe zu erreichen gewesen wären. Damit entsprach es gerade dem Kindeswohl, die Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidung in der kritischen und durch den Kindesvater provozierten Situation fortzusetzen. 8. Welche Optimierungsmöglichkeiten und Hilfestellungen könnte es künftig seitens der Landesregierung bei ähnlichen Szenarien a) für Schulen und Kindertageseinrichtungen, b) für die Polizei, c) für die Jugendämter, d) für Gerichtsvollzieher geben? Gegenwärtig hält es die Landesregierung für verfrüht, schon jetzt aus dem Ereignis in Helbra allgemein gültige Empfehlungen für die vier bezeichneten 6 Gruppen zu geben. Das Ereignis hat die Notwendigkeit einer Sensibilisierung der Akteure auch für dieses Szenario gezeigt. Positiv könnte sich auswirken, den Verfahrensbeistand als übergebende Person einzubeziehen, da diese durch die Teilnahme am Prozess des familiengerichtlichen Verfahrens über ausreichende Kenntnisse verfügen dürfte. Aus Sicht der Landesregierung ist zudem besonderes Augenmerk auf die Prävention bei hochstreitigen Trennungsfällen zu legen. Die Fähigkeit und Bereitschaft von Eltern, auch bei Trennungskonflikten im Interesse des Kindeswohls auf einvernehmliche Lösungen für die Regelung von Umgang und elterlicher Sorge hinzuarbeiten, ist zu fördern. Das gilt nicht erst im Rahmen der Trennungsberatung nach § 17 SGB VIII. Vielmehr ist die Bedeutung von Trennung und Scheidung für das Kindeswohl bereits in den Angeboten der Familienbildung nach § 16 SGB VIII umfänglich und breit zu thematisieren. Das Land leistet ungeachtet der primären Leistungsverantwortung der örtlichen Jugendhilfeträger durch Finanzierungsbeteiligung nach Maßgabe des FamBeFöG LSA (Familien- und Beratungsstellenfördergesetz Sachsen-Anhalt) sowie des Landeshaushaltes einen wesentlichen Beitrag, dass derartige Angebote in den Landkreisen und kreisfreien Städten bedarfsgerecht vorgehalten werden können . 9. Existieren Schulungsmaßnahmen für Gerichtsvollzieher hinsichtlich des Vollzugs von Entscheidungen des Familiengerichts? Falls ja, welche? Die Herausgabevollstreckung von Personen ist in der Ausbildung an der Bayerischen Justizakademie in Pegnitz, an der die Gerichtsvollzieher für Sachsen- Anhalt ausgebildet werden, ein gesonderter Gegenstand. In der fachtheoretischen Ausbildung des Lehrgangs A ist die Thematik unter „Vollstreckung in Familiensachen und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach dem Fam FG sowie nach dem Gewaltschutzgesetz“ Gegenstand der Ausbildung. In 12 Unterrichtsstunden wird gelehrt, wie gerichtliche Anordnungen in Familiensachen und in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach dem FamFG sowie nach dem Gewaltschutzgesetz vollstreckt werden. Dozent für die Unterrichtseinheit ist ein erfahrener Familienrichter. Hinzu kommt das Fach Sozialpsychologie im fachtheoretischen Lehrgang B. Dieser Unterrichtsteil wird von zwei Psychologen geschult. Die Gerichtsvollzieherbewerber und -bewerberinnen werden in Rollenspielen auf die besonderen Herausforderungen bei dieser Vollstreckungshandlung vorbereitet. Für die aktiven Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen finden in Sachsen -Anhalt regelmäßig Fortbildungen statt, zu deren Bestandteil auch die Herausgabevollstreckung von Personen gehört. Für ein darüber hinausgehendes Fortbildungsangebot für aktive Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen , das speziell auf die Durchsetzung familiengerichtlicher Entscheidungen gerichtet ist, besteht insbesondere wegen der geringen Zahl von Herausgabevollstreckungen minderjähriger Kinder bislang kein Bedarf. 7 10. Wie schätzt die Landesregierung die Rolle des Verfahrensbeistandes gemäß dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ein? Existieren bei der Landesregierung Überlegungen, künftig das Einsatzund Betätigungsfeld von Verfahrensbeiständen in solchen Fällen zu erweitern ? Wie schätzt die Landesregierung die derzeitige Qualifikation der Verfahrensbeistände ein? Wird hier ein Änderungsbedarf gesehen? Die Funktion des Verfahrensbeistandes besteht darin, die subjektiven Rechte des Kindes im familiengerichtlichen Verfahren als eigener Verfahrensbeteiligter wahrzunehmen. Dazu soll der Verfahrensbeistand gemäß § 158 Abs. 4 Satz 1 FamFG insbesondere die Interessen des Kindes feststellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung bringen. Nach Einschätzung der Landesregierung handelt es sich um ein geeignetes und sinnvolles Rechtsinstitut, um die Rechte und Interessen des Kindes im familiengerichtlichen Verfahren (hinreichend) sicherzustellen . Über den Vorschlag in der Antwort zu Frage 8 hinaus bestehen derzeit keine Überlegungen, das Einsatz- und Betätigungsfeld von Verfahrensbeiständen zukünftig zu erweitern. Bei den verfahrensrechtlichen Regelungen zur Bestellung und den Aufgaben eines Verfahrensbeistandes handelt es sich um bundesgesetzliche Vorschriften, für die eine Zuständigkeit des Landesgesetzgebers nicht gegeben ist. Nach dem im Januar 2018 vorgelegten Abschlussbericht des im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz durchgeführten Forschungsvorhabens zur „Evaluierung der FGG-Reform“ sind die von dem Gesetzgeber bezweckten Reformziele erreicht worden und es ist insgesamt ein positives Fazit der gesetzlichen Neuausrichtung durch das FamFG zu ziehen. Ein (weiterer) Reformbedarf ist außerhalb punktueller Nachjustierungen vor diesem Hintergrund derzeit nicht zu erkennen. Konkrete Anforderungen an die fachliche Qualifikation für die Tätigkeit als Verfahrensbeistand sieht das Gesetz nicht vor. Gleichwohl muss der Verfahrensbeistand zur Interessenwahrnehmung des Kindes persönlich und fachlich geeignet sein. Die Bandbreite der erforderlichen Kenntnisse richtet sich letztendlich nach den jeweiligen Anforderungen im konkreten Einzelfall. Aus der gerichtlichen Praxis gibt es keine Hinweise darauf, dass die Qualifikation der in Sachsen -Anhalt zur Verfügung stehenden Verfahrensbeistände unzureichend ist. Ein Änderungsbedarf wird insoweit und auch im Hinblick auf die Ergebnisse des vorstehend bezeichneten Forschungsvorhabens nicht gesehen. Ergänzend verweist die Landesregierung auf die Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Cornelia Lüddemann zu Verfahrensbeständen (LT-Drucks. 6/3469).