Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2942 28.05.2018 Hinweis: Eine Einsichtnahme des vertraulichen Teils o. g. Antwort ist für Mitglieder des Landtages in der Landtagsverwaltung - Akteneinsichtnahmeraum - nach Terminabsprache möglich. (Ausgegeben am 29.05.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Kristin Heiß (DIE LINKE) Landesbürgschaft/Landesgarantie für die in Insolvenz gefallene MIFA AG Kleine Anfrage - KA 7/1661 Vorbemerkung des Fragestellenden: Mit mehr als 500 Mitarbeitern und einer Jahresproduktion von 400.000 Fahrrädern galt die MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke AG 2013 als größter Arbeitgeber im Südharz . Das Unternehmen geriet jedoch 2014 in Schwierigkeiten, es folgte die Insolvenz . Trotz Einstiegs der Familie Nathusius im Dezember 2014 und nachfolgend umfangreicher Investitionen, war die inzwischen als MIFA-Bike Gesellschaft mbH eingetragene Firma im Januar 2017 erneut zahlungsunfähig. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium der Finanzen Vorbemerkung: Die Antworten zu den Fragen 1 - 5, 11 und 13 o. g. Kleine Anfrage beinhalten auch Informationen, die als schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einzustufen sind. Angaben zu den gewährten Finanzierungsinstrumenten und den damit verbundenen Auflagen können Rückschlüsse über die Finanzierungssituation der Unternehmen und ihrer Gesellschafter zulassen. Unternehmen und Gesellschafter haben daher ein berechtigtes Interesse daran, dass diese Daten nicht öffentlich zugänglich gemacht werden. Gemäß § 30 Verwaltungsverfahrensgesetz dürfen Geheimnisse , insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, von den Behörden nicht unbefugt offenbart werden. 2 Zudem enthält die Antwort zu Frage 2 hinsichtlich der Besprechungsteilnehmer personenbezogene Daten, die durch das Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger (Datenschutzgesetz Sachsen-Anhalt) geschützt sind. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Landesregierung hat jedoch auch eine Schutzpflicht gegenüber ihren Informationsquellen. Hierbei wird der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt gefolgt, nach der bei der Erfüllung der Auskunftsverpflichtung gegenüber dem Parlament unter Geheimhaltungsaspekten wirksame Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden von Geheimnissen mit einbezogen werden können. Hierzu zählt auch die GSO LT. Die Anwendung der §§ 33 und 34 GSO LT ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Wohl des Landes Sachsen-Anhalt und die schutzwürdigen Interessen Dritter geeignet, das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Landesregierung sowie Betroffener Dritter zu befriedigen. Mit der GSO LT wurde ein Instrument geschaffen, das es den Abgeordneten des Landtages ermöglicht, die entsprechend bewerteten oder eingestuften Informationen einzusehen. Dem parlamentarischen Kontrollrecht wird damit Rechnung getragen. Die Antworten zu den Fragen 1 - 5, 11 und 13 fallen nach Ansicht der vorlegenden Stelle jedenfalls teilweise unter den Schutz der §§ 33 und 34 der Geheimschutzordnung des Landtages von Sachsen-Anhalt. Dies betrifft insbesondere sämtliche Auskünfte zu Darlehensförderungen und Bürgschaften durch die Investitionsbank Sachsen -Anhalt und des Landes sowie Auskünfte zu Teilnehmern der Besprechungen zu Frage 2. Daher sollten der Fragestellerin diese Antworten in der Geheimschutzstelle des Landtages von Sachsen-Anhalt zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt werden . Die Landesregierung beantwortet die Einzelfragen wie folgt: 1. Welche Anstrengungen zum dauerhaften Erhalt der über 500 Arbeitsplätze bei MIFA hat die Landesregierung seit Bekanntwerden der Insolvenz der Mitteldeutschen Fahrradwerke AG im Jahr 2014 unternommen? Siehe Vorbemerkung. 2. Welche Kontakte gab es zwischen Mitgliedern der Landesregierung sowie weiteren Stellen der Landesverwaltung und der Familie Nathusius zur Vorbereitung des Einstiegs bei MIFA? Bitte Datum, Ort, Teilnehmer und getroffene Vereinbarungen auflisten. Siehe Vorbemerkung. 3. Ist die Landesregierung auch auf weitere potentielle Investoren zugegangen und hat Sie diesen ähnliche finanzielle Unterstützungsleistungen geboten ? Bitte begründen. Falls nicht, warum ist die Landesregierung auf Nathusius zugegangen? Siehe Vorbemerkung. 3 4. Auf eine Anfrage in der Fragestunde der Landtagssitzung am 2. Februar 2017 antwortete Wirtschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann, dass das Kabinett am 10. Dezember 2014 der Übernahme einer 80-prozentigen Landesgarantie für ein Darlehen der Investitionsbank (IB) an die Mifa-Bike GmbH zugestimmt hat. Der 10. Dezember 2014 war ein Mittwoch. Wer hat an der Sonderkabinettsitzung teilgenommen? Siehe Vorbemerkung. 5. Wer hat die von Wirtschaftminister Prof. Dr. Willingmann angeführte Kabinettvorlage verfasst und welche Ressorts haben mitgezeichnet? Siehe Vorbemerkung. 6. Das Instrument der Bürgschaft ist in § 765 ff. BGB definiert. Für das Instrument der Garantie findet sich keine Definition. Wie definiert die Landesregierung eine Landesgarantie? Für die Landesregierung ist die Definition in Nr. 2 der Verwaltungsvorschriften zu § 39 LHO maßgeblich: Garantien sind selbstständige Verträge, mit denen das Land ein vermögenswertes Interesse des Garantieempfängers dadurch sichert, dass es verspricht, für ein bestimmtes Ergebnis einzustehen, insbesondere die Gefahr eines künftigen, noch ungewissen Schadens ganz oder teilweise zu übernehmen. 7. Auf welcher Rechtsgrundlage konnte die Investitionsbank das mit einer Landesgarantie abgesicherte Darlehen geben? In welcher Form wurde das Darlehen gegeben und welchen Inhalt hat es? Die IB hat das Darlehen auf der Grundlage von § 4 der Verordnung über die Errichtung der Investitionsbank Sachsen-Anhalt  in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Juni 2012 (GVBl. LSA 2012, 235) gewährt. Gemäß § 4 Abs. 2 der Verordnung unterstützt die Investitionsbank das Land in verschiedenen Bereichen der Wirtschaftsförderung, die in Nr. 1 der Vorschrift genannt werden, sowie bei sonstigen Aufgaben, die im öffentlichen Interesse stehen (Nr. 6 der Vorschrift ). Gemäß § 4 Abs. 3 der Verordnung kann die IB zur Durchführung ihrer Aufgaben insbesondere Darlehen gewähren. Das Darlehen über ursprünglich 13,0 Mio. EUR wurde zur Finanzierung des Wareneinkaufs von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen insbesondere von Verwalterund Betriebskostenvorräten sowie zur Finanzierung von Betriebsmitteln/Working Capital mit einer Laufzeit bis zum 31. Mai 2015 ausgereicht (endfällig). 8. Warum hat die Landesregierung eine Landesgarantie gegeben und keine Landesbürgschaft? Absicherungen für Ausfallrisiken der IB bei der Gewährung von Darlehen werden vom Land in ständiger Praxis in Form von Garantien und nicht von Ausfallbürgschaften übernommen. 4 Hintergrund für diese Praxis ist, dass damit den Anforderungen der bankaufsichtsrechtlichen Vorschriften über die Ausstattung mit Eigenkapital Rechnung getragen werden soll, so dass die IB auf eine - bankaufsichtsrechtlich grundsätzlich erforderliche - Unterlegung der Darlehen mit Eigenkapital verzichten kann, soweit die Darlehensforderungen durch eine Garantie abgesichert sind. Seit dem Jahr 2014 gelten die diesbezüglichen bankaufsichtsrechtlichen Regelungen der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. EU Nr. L 176 S. 1 vom 27.06.2013), sog. CRR-Verordnung. Die CRR regelt insbesondere in Art. 213 und 215 die Bedingungen , die erfüllt sein müssen, damit Garantien als hinreichende Absicherung anerkannt werden können, um einen Verzicht auf die Unterlegung mit Eigenkapital zu rechtfertigen. Diese Vorschriften setzen ausdrücklich den Begriff „Garantie“ voraus, während der Begriff „Bürgschaft“ in Art. 214 der CRR in anderem Zusammenhang (hinter einer Erstgarantie stehende Rückbürgschaft) verwendet wird. Aufgrund der Ausgestaltung als Garantie, die den Anforderungen der Art. 213 und 215 der CRR entspricht, darf die IB also im unzweifelhaften Einklang mit diesen Vorschriften auf eine Unterlegung mit Eigenkapital verzichten, soweit die Garantie die Darlehensforderungen abdeckt. 9. Wann wurde die Landesgarantie erstmals erwogen und unter Einbeziehung welcher Stellen innerhalb der Landesverwaltung wurde die Entscheidung vorbereitet? Mitte November 2014 wurde erstmals eine Begleitung des Engagements MIFA zwischen dem Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung, dem Ministerium der Finanzen und der IB thematisiert. In den folgenden Wochen wurde auf Arbeitsebene die Übernahme einer Landesgarantie geprüft und am 10.12.2014 durch das Kabinett beschlossen. 10. Auf welcher Ebene liegt die Entscheidungsbefugnis für die Gewährung einer Landesgarantie grundsätzlich und wer trifft diese Entscheidungen (ggf. auch in Abgrenzung zu einer Bürgschaft)? Bitte begründen, falls der grundsätzliche Entscheidungsablauf abweicht von dem in Frage 4 geschilderten Vorgehen bei MIFA. Die Aufbereitung, Prüfung und Bewilligung von Landesgarantien erfolgt durch das jeweilige Fachressort und das Ministerium der Finanzen (Bewilligung auf Ministerebene - in Einzelfällen Kabinettsbefassung). 11. Nach o. g. Aussage des Ministers Willingmann hat die Landesregierung im Dezember 2014 ein Darlehen der IB mit einer Landesgarantie besichert, welches die IB wiederum selbst an die Mifa-Bike GmbH erteilt hat. Er führt außerdem aus, dass für das Darlehen bankübliche werthaltige Sicherheiten gestellt wurden. a. Wie definiert die Landesregierung „bankübliche werthaltige Sicherheiten “? Siehe Vorbemerkung. 5 b. Womit genau hat das Land die Garantie ausgestattet (Geld, Immobilien, Wertanlagen etc.)? Siehe Vorbemerkung. c. Inwiefern hat sich somit das Ausfallrisiko für die IB bei diesem Bankgeschäft minimiert? Siehe Vorbemerkung. d. Welchen Zinssatz hat die IB für das Darlehen verlangt? Siehe Vorbemerkung. 12. Falls der Bürgschaftsausschuss des Landes an der Vergabe der Landesgarantie beteiligt war: Wer waren die Teilnehmer der entsprechenden Sitzung ? Bitte begründen, falls der Bürgschaftsausschuss nicht beteiligt wurde. Der Bürgschaftsausschuss des Landes war an der Vergabe der Landesgarantie nicht beteiligt. Siehe auch Antwort zu Frage 10. 13. Laut der allgemeinen Bestimmungen für Landesbürgschaften zur Wirtschaftsförderung des Landes Sachsen-Anhalt setzt sich der Bürgschaftsausschuss aus Vertretern des Ministeriums der Finanzen, des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit, des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt, des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr als stimmberechtigte Mitglieder und der Industrie- und Handelskammern Magdeburg und Halle- Dessau, des Deutschen Gewerkschaftsbundes sowie des Mandatars des Landes als beratende Mitglieder zusammen. Wer wurde in den Jahren 2015 und 2016 von den benannten Stellen in den Bürgschaftsausschuss entsandt ? Wer wurde in den Jahren 2017 und 2018 entsandt? Siehe Vorbemerkung.