Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3117 29.06.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 02.07.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Hagen Kohl (AfD) „Kirchenasyl“ in Sachsen-Anhalt II Kleine Anfrage - KA 7/1755 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die nachfolgenden Fragen resultieren im Wesentlichen aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 7/1593, Drucksache 7/2800. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Im Jahr 2017 kam es in 46 Fällen zur Überschreitung der Frist nach Dublin -III-Verordnung. Wie viele Personen sind diesen Fällen zuzuordnen? Den 46 Fällen sind insgesamt 59 Personen zuzuordnen. 1.1 Wie setzt sich diese Personengruppe zusammen? Bitte nach Nationalität, Geschlecht und Minderjährige aufschlüsseln. Nationalität Geschlecht männlich / weiblich davon Minderjährige Eritrea (20 Personen) 15 / 5 0 Iran (15 Personen) 9 / 6 1 Syrien (9 Personen) 4 / 5 6 2 Nationalität Geschlecht männlich / weiblich davon Minderjährige Somalia (5 Personen) 3 / 2 0 Afghanistan (3 Personen) 0 / 3 1 Benin (2 Personen) 2 / 0 0 Burkina Faso (2 Personen) 1 / 1 0 Nigeria (1 Person) 1 / 0 0 Türkei (1 Person) 1 / 0 0 Äthiopien (1 Person) 1 / 0 0 1.2 In welche Mitgliedstaaten der Europäischen Union hätten im Rahmen der Dublin-III-Verordnung wie viele Personen überstellt werden müssen? EU-Mitgliedstaat Anzahl Personen Italien 28 Dänemark 9 Norwegen 6 Schweiz 4 Schweden 3 Bulgarien 2 Ungarn 1 Frankreich 1 Kroatien 1 Belgien 1 Griechenland 1 Slowenien 1 Finnland 1 2. Im Jahr 2018 kam es bisher in mindestens 15 Fällen zur Überschreitung der Frist nach Dublin-III-Verordnung. Wie viele Personen sind diesen Fällen zuzuordnen? Den 15 Fällen sind insgesamt 27 Personen zuzuordnen. 2.1 Wie setzt sich diese Personengruppe zusammen? Bitte nach Nationalität, Geschlecht und Minderjährige aufschlüsseln. 3 Nationalität Geschlecht männlich / weiblich davon minderjährig Iran (9 Personen) 7 / 2 2 Irak (5 Personen) 2 / 3 2 Syrien (5 Personen) 2 / 3 0 Eritrea (4 Personen) 4 / 0 1 Somalia (2 Personen) 0 / 2 0 Nigeria (1 Person) 1 / 0 0 Äthiopien (1 Person) 0 / 1 0 2.2 In welche Mitgliedstaaten der Europäischen Union hätten im Rahmen der Dublin-III-Verordnung wie viele Personen überstellt werden müssen? EU-Mitgliedstaat Anzahl Personen Italien 11 Schweden 5 Spanien 4 Norwegen 3 Dänemark 1 Griechenland 1 Schweiz 1 Frankreich 1 3. Sofern es zu Überschreitungen der Überstellungsfrist in den Jahren 2017 und 2018 kam, war das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dem Votum der Kirche in wie vielen Fällen mit wie vielen Kirchenasylanten nicht gefolgt? Zu dem erfragten Sachverhalt erhalten die Ausländerbehörden und das Zentrale Rückkehrmanagement des Landesverwaltungsamtes keine Informationen. Die Ausländerbehörden werden vom BAMF lediglich über die zukünftige Betreibung des nationalen Verfahrens unterrichtet. 3.1 Hätten die Ausländerbehörden im Land Sachsen-Anhalt nach einem ablehnenden Votum des BAMF die Überstellung der betreffenden Personen eigenverantwortlich veranlassen können oder besteht für Ausländerbehörden die Verpflichtung, die Überstellung aus dem Kirchenasyl heraus vorzunehmen, nur dann, wenn das BAMF die Ausländerbehörde hierzu ausdrücklich auffordert? Überstellungen der betreffenden Personen hätten durch die Ausländerbehörden und das Zentrale Rückkehrmanagement des Landesverwaltungsamtes eigen- 4 verantwortlich veranlasst werden können. Einer ausdrücklichen Aufforderung des BAMF bedarf es nicht. 3.2 Sofern für die Ausländerbehörden keine Hinderungsgründe für Überstellungen von Kirchenasylanten an Unterzeichnerstaaten der Dublin-III-Verordnung vorlagen, wird um eine Erklärung gebeten, weshalb die Überstellungen im Einzelfall nicht erfolgt sind. Das Land Sachsen-Anhalt respektiert die Tradition des Kirchenasyls. 4. In wie vielen Fällen hat das BAMF in den Jahren 2017 und 2018 aufgrund einer nochmaligen Überprüfung infolge des gewährten Kirchenasyls vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht? Wie viele Personen waren davon betroffen? 4.1 Wie setzt sich diese Personengruppe zusammen? Bitte nach Nationalität, Geschlecht und Minderjährige aufschlüsseln. 4.2 In welche Mitgliedstaaten der Europäischen Union hätten im Rahmen der Dublin-III-Verordnung wie viele dieser Personen ursprünglich überstellt werden müssen? 4.3 Welches waren jeweils die maßgeblichen Gründe für den Selbsteintritt? Zu den erfragten Sachverhalten erhalten die Ausländerbehörden und das Zentrale Rückkehrmanagement des Landesverwaltungsamtes keine Informationen. Die Ausländerbehörden werden vom BAMF lediglich über die zukünftige Betreibung des nationalen Verfahrens unterrichtet. 5. Laut Auskunft der Landesregierung wurde die Vereinbarung zwischen dem BAMF und den Kirchen seitens der Kirchen nicht in allen Fällen eingehalten . Welche konkreten Punkte der Vereinbarungen wurden von den Kirchen nicht eingehalten? Ist hierbei ein Muster erkennbar? Kern der Kommunikationsstruktur im Rahmen der Vereinbarung sind zentrale Ansprechpartner auf der Seite der Kirchen und des BAMF. Über die in Kirchenkreisen benannten Vertreter soll mittels eines Einzelfalldossiers über die kirchenasylrelevanten Gründe an das BAMF herangetreten werden. Vermieden werden soll die direkte und ungesteuerte Eingabe von Einzelfällen an das BAMF durch einzelne Kirchengemeinden. Tatsächlich werden in einer nicht unwesentlichen Anzahl der Fälle die in der Vereinbarung benannten Kirchenvertreter im Hinblick auf die Abstimmung mit dem BAMF nicht beteiligt. Kirchengemeinden nehmen stattdessen eigene Bewertungen der Sachlage vor und gewähren Kirchenasyl dann auf dieser Grundlage. 5 6. Wann und in welcher Form hat die Landesregierung die Ausländerbehörden im Land über den Leitfaden des BAMF zum Dublin-Verfahren informiert ? Wurden Leitlinien zur einheitlichen Handhabung und Auslegung des Leitfadens besonders im Hinblick auf das Kirchenasyl verfasst bzw. vorgegeben? Welchen Regelungsinhalt tragen diese? Der Leitfaden des BAMF zum Dublin-Verfahren wurde am 2. Juni 2017 über das Zentrale Rückkehrmanagement des Landesverwaltungsamtes an die Ausländerbehörden übermittelt. Der Leitfaden ist nicht bindend. Ziel des BAMF ist es vielmehr, den Ausländerbehörden mit dem Leitfaden einen Überblick über den Verfahrensablauf im Bundesamt zu geben. Leitlinien zur einheitlichen Handhabung und Auslegung des Leitfadens wurden seitens der Landesregierung vor diesem Hintergrund nicht vorgegeben. 7. Wie viele Personen sind derzeit in Sachsen-Anhalt aufhältig, die nach der Dublin-III-Verordnung in den Jahren 2017 und 2018 von Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Deutschland überstellt wurden? Statistische Erhebungen im Sinne der Fragestellung liegen der Landesregierung nicht vor. Hierzu müsste eine einzelfallbezogene Auswertung erfolgen, zu der sich die Ausländerbehörden innerhalb der für die Beantwortung von Kleinen Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit bei fortlaufender Aufgabenerledigung nicht in der Lage sahen.