Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3181 23.07.2018 (Ausgegeben am 24.07.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Gegen Hasskriminalität im Netz - Internetstreife in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/1816 Vorbemerkung des Fragestellenden: Der Kampf gegen Hasskriminalität im Netz muss engagiert geführt werden. Für Straftaten verantwortliche Personen sind zur Verantwortung zu ziehen, auch um generalpräventiv zu wirken. Das Bundeskriminalamt veranstaltet aus diesem Grund regelmäßig einen „Aktionstag zur Bekämpfung von Hasspostings“. Zuletzt wurden in diesem Zusammenhang am 14. Juni 2018 auch Objekte in Sachsen-Anhalt durchsucht. Seit Dezember 2017 ist zudem die Internetstreife des Landeskriminalamtes aktiv, um Straftaten im Netz zu erkennen und Strafverfolgung zu ermöglichen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport 1. Wie viele Objekte in welchen Gemeinden Sachsen-Anhalts wurden im Rahmen des „Aktionstags zur Bekämpfung von Hasspostings“ durchsucht? Im Rahmen des am 14. Juni 2018 durchgeführten bundesweiten „Aktionstages zur Bekämpfung von Hasspostings“ fanden in Sachsen-Anhalt zwei Durchsuchungen statt. Im Landkreis Harz wurde in den Gemeinden Blankenburg und Wernigerode jeweils ein Objekt durchsucht. 2. Gegen wie viele Personen wird in diesem Zusammenhang wegen welcher Straftatbestände ermittelt? Die laufenden Ermittlungsverfahren, welche im Sachgebiet 5 des Polizeireviers Harz geführt werden, richten sich dabei gegen einen Beschuldigten wegen des Verdachts der Volksverhetzung gemäß § 130 StGB sowie gegen einen anderen Beschuldigten wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 StGB. 2 3. Wie gestaltet sich die Arbeit der Internetstreife beim Cybercrime Competence Center des LKA seit Dezember 2017? Mit wie viel Stellen/ Stellenanteilen ist die Internetstreife aktuell besetzt? In welchem Umfang erfolgte die Streifentätigkeit im Netz seit Dezember 2017? Welche Bereiche des Internets werden konkret bestreift? Die Internetstreife im Land Sachsen-Anhalt ist organisatorisch dem Cybercrime Competence Center des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt (LKA) zugeordnet . Insgesamt sind zwölf Polizeivollzugsbeamte des LKA mit der Durchführung von Internetstreifen betraut. Sie werden hauptamtlich von einem Mitarbeiter des Cybercrime Competence Center koordiniert. Darüber hinaus versehen elf weitere Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte die Streifentätigkeit, zusätzlich zu ihren originären Aufgaben, im Rahmen intern festgelegter zeitlicher Vorgaben. Die Bestreifung erfolgt in den von der Abteilung Polizeilicher Staatsschutz des LKA definierten Prüfbereichen, die jede Form von Internetseiten, -foren sowie Domains und Subdomains umfassen können. Die Anzahl der schwerpunktmäßig zu überprüfenden Bereiche im Internet beläuft sich derzeit auf 135. Im Zeitraum von Dezember 2017 bis Juni 2018 wurden 117 Internetstreifen durchgeführt. Umfang und Dauer der Streifentätigkeit variieren und werden statistisch nicht erfasst. Die Beamtinnen und Beamten der Internetstreife handeln auf der Grundlage der „Konzeption zur Bekämpfung von Hasspostings; Durchführung von Internetstreifen “ des LKA. Bei Feststellung eines Hasspostings erfolgt zunächst eine gerichtsverwertbare Beweissicherung. Anschließend veranlasst der Sachbearbeiter eine Bestandsdatenauskunft gem. § 100j StPO sowie die Löschung des Hasspostings beim zuständigen Provider. Kann der Täter im Rahmen der Ermittlungen namentlich bekannt gemacht werden, wird die im LKA gefertigte Anzeige an die örtlich zuständige Polizeidienststelle abverfügt. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich primär aus der Feststellung des Tatortes und nachrangig des Wohn- bzw. Aufenthaltsortes des Tatverdächtigen, respektive auf Anordnung der Staatsanwaltschaft . 4. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen welcher Straftatbestände gegen wie viele Beschuldigte wurden seitdem eingeleitet? Wie viele Verfahren wurden gegen unbekannt geführt? Wie viele Verfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte? Seit Beginn des Wirkbetriebes der Internetstreife im Dezember 2017 wurden in diesem Kontext bis einschließlich Juni 2018 fünf Ermittlungsverfahren eingeleitet. Drei Ermittlungsverfahren richteten sich gegen namentlich bekannte Beschuldigte und zwei gegen bisher unbekannte Personen. Die Einleitung der Ermittlungsverfahren erfolgte aufgrund des Verdachts eines Verstoßes gegen nachfolgend aufgeführte Strafrechtsnormen: ‐ 1 x § 130 StGB Volksverhetzung, ‐ 1 x § 185 StGB Beleidigung, ‐ 1 x § 86a StGB Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen , ‐ 1 x § 90a StGB Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole sowie ‐ 1 x § 111 StGB Öffentliche Aufforderung zu Straftaten. 3 Darüber hinaus erfolgten in 13 Fällen Prüfungen zur strafrechtlichen Relevanz von Feststellungen im Rahmen der Internetstreife. Hervorzuheben ist, dass seit dem Inkrafttreten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) die Löschung einschlägiger Posts seitens der verantwortlichen Provider bzw. Betreiber sozialer Plattformen zeitnah veranlasst wird. 5. Wie verteilen sich die Strafverfahren ggf. auf die einzelnen Phänomenbereiche der Politisch motivierten Kriminalität? Alle eingeleiteten Ermittlungsverfahren sind dem Phänomenbereich der politisch motivierten Kriminalität - rechts - zuzuordnen. 6. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen welcher Straftatbestände gegen wie viele Beschuldigte wurden seitdem abgeschlossen? Von den insgesamt fünf eingeleiteten Ermittlungsverfahren wurde ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen § 130 StGB durch die Staatsanwaltschaft Magdeburg zuständigkeitshalber an die Staatsanwaltschaft Saarbrücken abgegeben. Bei einem weiteren Verfahren, eingeleitet wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen § 111 StGB, sind die polizeilichen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Das Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wurde gegen Unbekannt eingestellt. Ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung mehrerer Polizeibeamter stand im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz am 25. August 2016 in Reuden (Burgenlandkreis ) und resultiert aus einem die Beleidigung dokumentierenden Video. Bereits im September 2016 war jedoch wegen des identischen Sachverhalts der Beleidigung durch die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd von Amts wegen ermittelt worden. Das Verfahren endete mit Verurteilungen von zwei Erwachsenen jeweils zu Geldstrafen. Das wegen des Fertigens der Videoaufnahmen im Februar 2018 bei der Zweigstelle Naumburg eingeleitete Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die wegen §§ 90, 90a StGB geführten Ermittlungen gegen einen Beschuldigten sind aus rechtlichen Gründen eingestellt worden. 7. Wie bewertet die Landesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Arbeit der Internetstreife? Die anlassabhängige und -unabhängige Präsenz der Polizei in der virtuellen Welt ist, aufgrund der zunehmenden Verbreitung und Akzeptanz sozialer Netzwerke und der damit einhergehenden schnellen und zum Teil ungeprüften Verbreitung auch strafbarer Inhalte, beispielsweise in Form von Hetzkommentaren und -beiträgen im Internet, unabdingbar. Die Internetstreife wird insbesondere zur Stärkung der polizeilichen Strafverfolgung und Prävention als geeignetes rechtsstaatliches Mittel angesehen. Neben der zügigen Entdeckung der strafrechtlich relevanten Inhalte und Hasspostings und hieraus veranlasster zeitnaher Löschung kann eine effektive Strafverfolgung gewährleistet werden. Insbesondere durch die Etablierung der anlassunabhängigen - und damit verfahrensinitiierenden - Recherchen im Internet kann das konsequente Vorgehen der Polizei verdeutlicht und zudem betont werden, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist, der Schutz vor Strafverfolgung bietet. An dem durch das Bundeskriminalamt veranstalteten dritten „Aktionstag zur Bekämpfung von Hasspostings“ am 14. Juni 2018 beteiligte sich auch das Land Sachsen-Anhalt. Insgesamt wurde der Aktionstag als Erfolg bewertet.