Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3182 23.07.2018 (Ausgegeben am 24.07.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Lydia Funke (AfD) Nachfrage zur Antwort auf KA 7/1747 § 17 Abs. 3 und 4 der Fahrerlaubnis- Verordnung (FeV) - Praktische Führerscheinprüfung in Drucksache 7/3045 Kleine Anfrage - KA 7/1828 Vorbemerkung der Fragestellenden: Nach der Beantwortung der Kleinen Anfrage in der Drucksache 7/3045 ergeben sich folgende Nachfragen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Gemäß den Antworten der Fragen 4 bis 6 ist zu schließen, dass die praktische Führerscheinprüfung am Ort der Hauptwohnung oder am Ort der schulischen oder beruflichen Ausbildung, des Studiums oder der Arbeitsstelle abzulegen ist. Die Fahrerlaubnisbehörde kann zudem einen nahegelegenen anderen Prüfort bestimmen. Welche Möglichkeit besteht für den Fahrerlaubnisbewerber, wenn er die Prüfung an einem auswärtigen Prüfort (im angrenzenden Bundesland) ablegen möchte, weil sich dieser in unmittelbarer Nähe der Hauptwohnung oder am Ort der schulischen oder beruflichen Ausbildung, des Studiums oder der Arbeitsstelle befindet, oder muss er die Prüfung in dem für seinen Landkreis zuständigen Prüfort ablegen? Bitte mit Rechtsgrundlagen angeben . Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) hat der Bewerber grundsätzlich die praktische Prüfung am Ort seiner Hauptwohnung oder am Ort seiner schulischen oder beruflichen Ausbildung, seines Studiums oder seiner Arbeitsstelle abzulegen. Sind diese Orte keine anerkannten Prüforte, so ist die Prüfung nach Bestimmung durch die Fahrerlaubnisbehörde an einem nahe gelege- 2 nen Prüfort abzulegen (§ 17 Abs. 3 S. 2 FeV). Nach § 17 Abs. 3 S. 3 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde auch zulassen, dass die Prüfung an einem anderen Prüfort abgelegt wird. Aus dem Wortlaut der Norm ergibt sich damit, dass die einzelnen Sätze des Absatzes 3 nicht gleichrangig nebeneinander stehen, sondern vielmehr in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis. Dies folgt zudem aus dem Aufbau dieser Bestimmung , die in ihrem Satz 1 eine imperativische Aussage trifft und in Satz 3 die Behörde ermächtigt, Abweichungen hiervon im Ermessenswege ("kann") zuzulassen (Bay. VGH, Beschluss vom 27. September 2010 – 11 CE 10.2250 –, Rn. 23, juris ). Außerdem verdeutlicht auch die amtliche Begründung zum Entwurf der Fahrerlaubnis -Verordnung (BRDrucks. 443/98, S. 268) diesen Regelungswillen des Verordnungsgebers. Dort heißt es (Rd. 24): "Absatz 3 bestimmt, wo der Bewerber die praktische Prüfung abzulegen hat. Auch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland gilt der Grundsatz, dass ein Fahranfänger möglichst dort ausgebildet und geprüft werden soll, wo er nach dem Erwerb der Fahrerlaubnis hauptsächlich am Verkehr teilnimmt, nämlich an seinem Wohn-, Ausbildungs- oder Arbeitsort." Da es sich bei § 17 Abs. 3 S. 3 FeV um eine Ausnahmeregelung handelt, ist diese restriktiv auszulegen. Im Wege des pflichtgemäßen Ermessens ist dabei auch zu berücksichtigen, dass die Sicherheit des Straßenverkehrs nicht beeinträchtigt wird. So heißt es in der amtlichen Begründung dazu: "Bei der Ausübung des gewährten Ermessens wird zu erwägen sein, ob Sicherheitsbedenken entgegenstehen oder nicht. So wird eine auswärtige Prüfung dann nicht in Betracht kommen, wenn der Bewerber in einer Großstadt wohnt und auf einen dünn besiedelten Bereich ausweichen will, weil er glaubt, den Anforderungen in der Großstadt nicht gewachsen zu sein" (BRDrucks. 443/98, ebenda; vgl. Kommentar zu § 17 Abs. 3 FeV, Straßenverkehrsrecht, Hentschel/König/Dauer, 44. Auflage). Befindet sich ein zugelassener Prüfort in unmittelbarer Nähe der Hauptwohnung, so darf der Bewerber seine praktische Fahrerlaubnisprüfung dort ablegen, wenn o. g. Grundsätze beachtet werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Prüfort innerhalb des Landes Sachsen-Anhalt oder in einem angrenzenden Bundesland gelegen ist. Selbiges gilt, wenn der Ort der schulischen oder beruflichen Ausbildung , des Studiums oder der Arbeitsstelle ein zugelassener Prüfort eines angrenzenden Bundeslandes ist bzw. sich in unmittelbarer Nähe des Ortes der schulischen oder beruflichen Ausbildung, des Studiums oder der Arbeitsstelle ein zugelassener Prüfort eines angrenzenden Bundeslandes befindet. 2. In der Petition des Bundestages mit der Petitions-Nr. 1-18-12-9211-018535 vom 22. September 2016, räumt der Petitionsausschuss ein, „(…) dass eine ablehnende Entscheidung der Behörde von Betroffenen als „willkürlich“ empfunden werden kann. Er betont jedoch, dass diese Regelung der Sicherheit insbesondere von Fahranfängerinnen und Fahranfängern dient: Dadurch wird gewährleistet, dass sich diese in der Region, in der sie anfangs am Verkehr teilnehmen, auskennen und mit Besonderheiten vertraut sind.“ So würde eine auswärtige Prüfung unter anderem dann nicht in Betracht kommen, wenn sich die Verkehrsverhältnisse am gewünschten Prüfort von denen des Wohnortes unterscheiden, heißt es. Wie der Antwort der Frage 4 zu entnehmen ist, orientiere sich die Entscheidung zur Anerkennung von 3 Prüforten an den maßgeblichen materiellen Anforderungen der Fahrerlaubnis -Verordnung (§ 17 Abs. 3 bis 5, Anlage 7 Nr. 2.4 FeV) und der Neufassung der Richtlinie für die Prüfung der Bewerber um eine Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen (Prüfungsrichtlinie); VkBI 2014 S. 286. Wird dies in Nachbarbundesländern anders gehandhabt oder gelten diese Anforderungen an die Prüforte nicht länderübergreifend? Die Antwort zu Frage 4 bezog sich auf die rechtlichen Grundlagen zur Anerkennung und Änderung von Prüforten. Über die grundsätzliche Voraussetzung eines Ortes als geeigneter (anerkannter) Prüfort entscheidet die nach Landesrecht zuständige Stelle. Das Straßenverkehrsgesetz, die Fahrerlaubnis-Verordnung und die Richtlinie für die Prüfung der Bewerber um eine Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen sind Bundesrecht und gelten im gesamten Bundesgebiet. Die Anforderungen an den Prüfort und seine Umgebung legt der Ziff. 1.4 der Prüfungsrichtlinie fest. Auf der Grundlage dieser Anforderungen werden die Prüforte gemäß § 17 Abs. 4 Satz 4 FeV durch die zuständige oberste Landesbehörde, oder der von ihr bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stelle, festgelegt . Wie die Umsetzung des Bundesrechts in den Nachbarbundesländern vollzogen wird, entzieht sich hiesiger Kenntnis. Die in der Anfrage angeführte Petition des Deutschen Bundestages und die dort als „willkürlich“ empfundene Entscheidung, bezieht sich offenbar nicht auf die Zulassung und Anerkennung eines Prüfortes an sich, sondern vielmehr auf die nicht bestehende Wahlfreiheit zwischen bereits anerkannten Prüforten. Diesbezüglich ist auf das den zuständigen Fahrerlaubnisbehörden zustehende pflichtgemäße Ermessen zur Ausnahmeregelung zu verweisen (siehe Antwort zu Frage 1). Auch wenn Prüforte nach den bundesrechtlich vorgegebenen Anforderungen und durch die nach Landesrecht zuständige Behörde gleichermaßen festgelegt sind, soll dennoch aus Gründen der Verkehrssicherheit der Fahrschüler dort geprüft werden, wo er nach bestandener Prüfung seine ersten selbstständigen praktischen Erfahrungen im Verkehr macht. Nach der im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vorgesehenen Verteilung der staatlichen Aufgaben und Zuständigkeiten auf Bund und Länder obliegt die Durchführung des Straßenverkehrsgesetzes und der fahrerlaubnisrechtlichen Vorschriften im Einzelfall den Ländern.