Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3191 24.07.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung.. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 24.01.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Kerstin Eisenreich (DIE LINKE) Geplante Verbrennungsanlagen für Klärschlamm im Saalekreis Kleine Anfrage - KA 7/1808 Vorbemerkung der Fragestellenden: In der Mitteldeutschen Zeitung vom 28. Mai 2018 war zu lesen, dass die Firma Wiese bereits seit 2014 plant eine Klärschlammtrocknungs- und -verbrennungsanlage im Bereich Beuna und Frankleben zu bauen. In unmittelbarer Umgebung (Luftlinie unter 20 km) in Lochau plant die Firma sludge2energy GmbH ebenfalls eine solche Anlage und hat einen entsprechenden Antrag beim Landesverwaltungsamt eingereicht. Sowohl die sogenannte Monoverbrennungsanlage der Firma Wiese als auch die Anlage der Firma sludge2energy GmbH sind für die Verwertung von jeweils etwa 100.000 Tonnen Klärschlamm (Originalsubstanz (OS)) jährlich geplant. In Sachsen- Anhalt fallen jährlich ca. 60.000 Tonnen (Trockenmasse (TM)) Klärschlamm an. Dies entspricht bei einem mittleren Trockensubstanzgehalt des anfallenden Klärschlamms von angenommen 25 % 240.000 t OS. Beide geplanten Anlagen würden somit etwa 80 % des in Sachsen-Anhalt anfallenden Klärschlamms trocknen und verbrennen können sowie, wie dargestellt, aus der Asche den Phosphor zurückgewinnen können . Weitere Monoverbrennungsanlagen befinden sich in Planung. Allerdings geht die Firma Wiese bereits in ihrer Planung von 75 % Importen des zu verwertenden Klärschlamms für ihre Anlage aus. 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie 1. Mit welchen Mengen Klärschlamm (Originalsubstanz) jährlich rechnet die Landesregierung in den Jahren bis zum Ablauf des aktuellen Abfallwirtschaftsplanes ? 2. Wie sehen die Prognosen der anfallenden Klärschlammmenge für die Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplanes ab 2021 aus? Aufgrund des Sachzusammenhanges werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet . Das Aufkommen der Schlämme aus der Behandlung von kommunalem Abwasser (Klärschlämme) ist von der Anzahl der an die kommunale Abwasserentsorgung angeschlossenen Einwohner sowie Gewerbe- und Industriebetriebe abhängig und unterliegt jährlichen Schwankungen. Für die nächsten Jahre ist mit keiner wesentlichen Veränderung zu rechnen, sodass sich proportional zum Bevölkerungsrückgang auch die absolute Abfallmenge aus der kommunalen Abwasserbehandlung voraussichtlich verringern wird. Die Prognoseangaben des Abfallwirtschaftsplanes beziehen sich nur auf die Jahre 2020 und 2025. Für 2020 weist der Abfallwirtschaftsplan ein Klärschlammaufkommen von 55.000 Megagramm Trockenmasse aus, für das Jahr 2025 51.000 Megagramm . Unter der von der Fragestellerin getroffenen Annahme eines mittleren Trockensubstanzgehaltes von 25% ergäbe sich rechnerisch ein Aufkommen von 220.000 (2020) beziehungsweise 204.000 (2025) Megagramm Originalsubstanz. 3. Welche weiteren Vorhaben für die Errichtung von Klärschlammtrocknungsund / oder -verbrennungsanlagen in Sachsen-Anhalt sind der Landesregierung bzw. dem Landesverwaltungsamt bekannt? Wie hoch wird die Gesamt -Verbrennungskapazität im Land sein? Welche Standorte sind für die Lagerung und Verwertung von Klärschlamm in Sachsen-Anhalt zukünftig vorgesehen? 4. Inwieweit ergeben sich aus der Frage 3 Überkapazitäten, die den Import von Klärschlamm aus anderen Bundesländern nach sich ziehen? Aufgrund des Sachzusammenhanges werden die Fragen 3 und 4 gemeinsam beantwortet . 3 Klärschlammtrocknungs- und Klärschlammverbrennungsanlagen: a.) genehmigte und in Betrieb befindliche Anlagen: Betreiber Anlage Kapazität Standort SUEZ Energie und Verwertung GmbH Klärschlammtrocknungsanlage Zorbau SUEZ Sonderabfallgesellschaft mbH Klärschlammentwässerung und -verbrennung Schkopau GKW Bitterfeld-Wolfen GmbH Klärschlammtrocknung und -verbrennung Greppin b.) geplante Vorhaben für die ein Antrag auf Genehmigung/Vorbescheid* eingereicht ist: Antragsteller Anlage Kapazität Standort KSR Klärschlammrecycling Bitterfeld-Wolfen GmbH Klärschlammverbrennungsanlage Bitterfeld sludge2energy GmbH Klärschlammverbrennungsanlage und Klärschlammtrocknung und zeitweilige Lagerung (*Vorbescheid nach § 9 BImSchG) Schkopau OT Döllnitz Wiese Umwelt Service GmbH Klärschlammtrocknungs- und Verbrennungsanlage mit Phosphatdüngemittelherstellung Braunsbedra OT Frankleben Merseburg OT Beuna Die geplanten Vorhaben befinden sich im Genehmigungsverfahren. Eine Genehmigungserteilung und eine dann erst mögliche Realisierung sind noch nicht absehbar. Die belastbare Angabe einer künftigen Gesamt-Verbrennungskapazität und einer sich daraus möglicherweise ergebenen Überkapazität bei Klärschlammverbrennungsanlagen ist deshalb nicht möglich. 5. Welche Möglichkeiten sieht die Landesverwaltung, die Klärschlammverwertung der nächsten Jahre zentral zu koordinieren? 6. Wie will die Landesregierung verhindern, dass es zu einer Überdimensionierung von Klärschlammtrocknungs- und -verbrennungsanlagen in Sachsen -Anhalt kommt und somit unweigerlich Importe von Klärschlamm aus wirtschaftlichen Gründen für die Anlagenbetreiber notwendig werden? Aufgrund des Sachzusammenhanges werden die Fragen 5 und 6 gemeinsam beantwortet . Klärschlammverbrennungsanlagen bedürfen der Genehmigung nach BImSchG. Die Behörde ist verpflichtet, eingehende Genehmigungsanträge zu prüfen und die Ge- 4 nehmigung ist zu erteilen, wenn alle gesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt werden. Dabei ist die Wirtschaftlichkeit einer Anlage kein Prüfkriterium nach BImSchG. Die genehmigungsrechtlichen Vorschriften bieten keine Möglichkeit der Steuerung von Anlagenkapazitäten. Eine zentrale Koordinierung im Sinne von Festlegungen, welche konkreten Entsorgungsoptionen von Kläranlagenbetreibern zu nutzen und welche Anlageninvestitionen zulässig sind, ist nicht wirkungsvoll möglich. Besser geeignet ist aus Sicht der Landesregierung die gemeinsame Erarbeitung regionaler , technisch-wirtschaftlicher und darauf aufbauender Organisationskonzepte, so wie dies bereits von zahlreichen Kläranlagenbetreibern in Sachsen-Anhalt realisiert wird. Darauf aufbauende längerfristige Entsorgungsverträge tragen aus Sicht der Kläranlagenbetreiber zur angestrebten Entsorgungssicherheit und Preisstabilität bei. Zugleich bekommen potentielle Investoren die nötige Planungssicherheit, um an den tatsächlichen Bedarf angepasste Entsorgungskapazitäten zu schaffen. Dabei sind geeignete, Ländergrenzen übergreifende Konzepte nicht zwangsläufig als Überkapazitäten einzuordnen. 7. Welche Gründe sieht die Landesregierung für die Zulässigkeit der Errichtung von zwei Klärschlammtrocknungs- und -verbrennungsanlagen in derart räumlicher Nähe? Die Genehmigungsverfahren laufen noch, die Zulässigkeit für Errichtung und Betrieb der Anlagen ist derzeit noch nicht abschließend geprüft. Hinsichtlich der Gründe für eine Zulassung wird auf die Beantwortung der Fragen 5 und 6 wird verwiesen 8. Die Anlage der Firma Wiese soll in einem Gebiet entstehen, das kein ausgewiesenes Gewerbegebiet ist. Auf welchen Grundlagen kann eine Genehmigung erfolgen, obwohl die Städte Merseburg und Braunsbedra ihre Zustimmung zu diesem Projekt verweigern? Wesentliche Voraussetzungen für eine Genehmigungserteilung (siehe auch Antwort zu den Fragen 5 und 6) sind insbesondere die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit und das gemeindliche Einvernehmen. Das gemeindliche Einvernehmen darf dabei nur aus bauplanungsrechtlichen Gründen versagt werden. Eine Versagung des erforderlichen Einvernehmens durch die Städte Merseburg und Braunsbedra zum Vorhaben der Fa. Wiese Umwelt Service GmbH wird durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde des Saalekreises somit auf Rechtmäßigkeit zu prüfen sein. Wurde das gemeindliche Einvernehmen rechtswidrig versagt, so hat die Bauaufsichtsbehörde das Einvernehmen nach Maßgabe des § 70 BauO LSA zu ersetzen. Bei rechtmäßiger Versagung des gemeindlichen Einvernehmens kann die beantragte Genehmigung nach BImSchG nicht erteilt werden. 5 9. Aktuell gibt es in Sachsen-Anhalt keine Monoverbrennungsanlagen und die Kläranlagenbetreiber haben große Schwierigkeiten die anfallenden Klärschlämme einer Verwertung zuzuführen. Welche Überlegungen hat die Landesregierung zur Lösung dieses Problems, bis die geplanten Verbrennungskapazitäten betriebsbereit sind? Von sich ändernden Bedingungen am Entsorgungsmarkt sind tendenziell eher Kläranlagenbetreiber betroffen, die relativ kurz laufende Entsorgungsverträge abgeschlossen haben oder dies beabsichtigen. Die Empfehlung an die Kläranlagenbetreiber , zur Sicherstellung der Entsorgung möglichst gemeinsame Konzepte zu verfolgen und längerfristige Verträge anzustreben, gilt auch im aktuellen Marktumfeld und unabhängig von der Inbetriebnahme von Verbrennungsanlagen. Alternativ müssen im Einzelfall verbleibende Entsorgungsoptionen genutzt werden, notfalls unter Inkaufnahme gewisser Preissteigerungen.