Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3193 24.07.2018 (Ausgegeben am 25.07.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Kerstin Eisenreich (DIE LINKE) Abgeordneter Guido Henke (DIE LINKE) Erhebliche Ernteausfälle in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/1821 Vorbemerkung der Fragestellenden: Am 20. Juni 2018 berichtete MDR Sachsen-Anhalt, dass aufgrund langer Trockenheit und somit einhergehendem Hitzestress für die Ackerpflanzen die Bauern in Sachsen-Anhalt mit dramatischen Ernteausfällen rechnen. Darüber hatte auch die Mitteldeut-sche Zeitung bereits am 15. Juni 2018 berichtet. Vor allem betroffen sind die Bauern in der Börde, der Altmark, Wittenberg, im Jerichower Land und in Teilen des Salzlandkreises. Die Landwirtschaftsministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert kündigte daraufhin bereits vergangene Woche in der Mitteldeutschen Zeitung an, alle Möglichkeiten zu ergreifen , um zu helfen. Sie wolle prüfen lassen, ob das Land Steuerstundungen und andere Steuererleichterungen für betroffene Bauern erlassen könne. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie 1. Was bedeutet die Formulierung „alle Möglichkeiten zu ergreifen“? Wann können die betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe mit verlässlichen Aussagen rechnen? Zunächst war es wichtig, kurzfristige Angebote darzustellen, die die Liquiditätslage der Landwirte ohne großen Verwaltungsaufwand verbessern helfen. Die Ministerin Frau Prof. Dr. Dalbert hat sich an die BVVG und die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH gewandt. Sie bat darum, die schwierige Lage aufgrund der Trockenheit bei Entscheidungen zu Pachtstundungen zu berücksichtigen. Beide Ge- 2 sellschaften haben zugestimmt, Pachtstundungen entsprechend der wirtschaftlichen Lage der landwirtschaftlichen Unternehmen zu gewähren. Darüber hinaus bat die Ministerin um die Öffnung des bestehenden Liquiditätshilfeprogramms bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank für Fälle, die mit der Trockenheit 2018 in Verbindung stehen. Diese bietet inzwischen zinsgünstige Darlehen zur Liquiditätssicherung für betroffene landwirtschaftliche Betriebe an. Zur Prüfung von steuerlichen Erleichterungen erfolgte ein Schreiben der Ministerin an das Ministerium für Finanzen in Sachsen-Anhalt. Inzwischen hat Minister André Schröder die Finanzämter auf die besondere Situation der landwirtschaftlichen Unternehmen hingewiesen. Über Anträge der Landwirte, unter anderem auf Stundung fälliger Steuern oder Anpassung der Vorauszahlungen, soll nach pflichtgemäßem Ermessen schnell entschieden werden. Darüber hinaus können die Landwirte die bestehende Bürgschaftsregelung des Landes „Land und Forst“ nutzen. 2. Das Hochwasser 2013 war ein anderes Wetterextrem in Sachsen-Anhalt. Damals hatte man sich auf Soforthilfen für die landwirtschaftlichen Betriebe bis zu 5.000 € entschieden. Wird die Landesregierung dies als Möglichkeit ebenfalls in Betracht ziehen? Wenn nein, warum nicht? Das Hochwasser 2013 war nach Definition der Europäischen Kommission eine Naturkatastrophe . Dürre kann, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind, als ein der „Naturkatastrophen gleichzusetzendes widriges Witterungsverhältnis“ gelten. Damit sind bei einem Dürreereignis aus beihilferechtlicher Sicht andere Kriterien und Hilfsmaßnahmen anzusetzen. Es sind zunächst alle die Liquidität sichernden Maßnahmen zu ergreifen. Dies gilt auch und insbesondere unter dem Aspekt eines verantwortungsvollen Umgangs mit öffentlichen Mitteln. Derzeit liegen uns erste Einschätzungen der Ernte vor. Diese sind für eine endgültige Schadensbeurteilung noch nicht ausreichend. 3. Gibt es andere Überlegungen und Pläne, wie die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe bei Teil- oder Totalausfällen der Ernten in Sachsen-Anhalt unterstützt werden können? Wenn ja, welche sind das? Wenn nein, was spricht dagegen? Das MULE wird alle Möglichkeiten prüfen, die der Liquiditätssicherung dienen. Seit dem ersten Juli dürfen auf Antrag ökologische Vorrangflächen in allen Regionen Sachsen-Anhalts für Futterzwecke genutzt werden. Damit soll tierhaltenden Unternehmen geholfen werden. Auf der Sonder-Amtschefkonferenz der Agrarministerkonferenz am 3. Juli 2018 in Berlin wurde das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf Initiative 3 Sachsen-Anhalts gebeten, Hilfen für geschädigte landwirtschaftliche Unternehmen auf Bundes- und EU-Ebene zu prüfen. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass für nationale Stützungsprogramme weitere Voraussetzungen, insbesondere aus beihilferechtlichen Gründen, zu erfüllen sind. Danach müsste die Dürre als ein einer Naturkatastrophe gleichgestelltes widriges Witterungsverhältnis eingestuft werden. Widrige Witterungsverhältnisse, wie die Dürre , können Naturkatastrophen gleichgestellt werden, wenn dadurch mehr als 30 % der durchschnittlichen Jahreserzeugung des betreffenden landwirtschaftlichen Unternehmens zerstört wurde. 4. Anbauflächen werden auch zukünftig immer mehr vor Witterungseinflüssen und Schädlingen geschützt werden müssen. Eine Möglichkeit des langfristigen Schutzes wären sogenannte Mehrfachversicherungen (gegen Elementarschäden , wie Hochwasser, Hagel, Tornados oder Frost) für die Landwirtschaft , um sich gegen Naturgewalten entsprechend abzusichern. Diese Möglichkeit gibt es in Deutschland jedoch bislang nicht. Zieht die Landesregierung eine Bundesratsinitiative diesbezüglich in Betracht? Wird die zuständige Ministerin diese Möglichkeit auf der nächsten Agrarministerkonferenz thematisieren? Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wurde bereits im September 2017 gebeten, einen Bericht zum Risiko- und Krisenmanagement gegenüber der Agrarministerkonferenz abzugeben. Der Bericht wird der Herbst-Agrarministerkonferenz 2018 vorgelegt. Danach soll eine umfassende Bewertung und gegebenenfalls Neujustierung der bisherigen Haltung Deutschlands zum Risikomanagement erfolgen . 5. Welche Konzepte und Planungen, insbesondere die Teilaspekte Aufklären - Beraten - Vorbeugen - Entschädigen in ihrem Zusammenspiel, zieht die Landesregierung in Betracht, um derartigen Ereignissen langfristig zu begegnen und die landwirtschaftlichen Betriebe für die Herausforderungen sich ändernder klimatischer Bedingungen fit zu machen und damit die Versorgungssicherheit zu gewährleisten? Grundsätzlich ist festzustellen, dass das Risiko- und Krisenmanagement ein wesentlicher Baustein im landwirtschaftlichen Unternehmen sein muss, wie dies auch in anderen Sektoren betrieben wird. Die landwirtschaftlichen Unternehmen haben hier zum Teil noch großen Nachholebedarf , da der Sektor erst mit Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik auf den Markt auch in dem Bereich des Risiko- und Krisenmanagements verstärkt gefordert ist. Aufgrund der mit der Landwirtschaft verbundenen sensiblen Aufgaben wie Ernährungssicherung , der Schutz der natürlichen Ressourcen und die besondere Abhängigkeit von Klimaeinflüssen, trägt auch die Gesellschaft eine gewisse Mitverantwortung . 4 Daher werden beispielsweise Maßnahmen geprüft, wie Anpassungen an die Auswirkungen des Klimawandels auch mittels Fördermaßnahmen flankiert werden können. Sachsen-Anhalt hat seit 2010 eine Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels , in der auch der Sektor Landwirtschaft analysiert wird und Anpassungsmaßnahmen definiert werden. Diese Strategie wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert . Die nächste Fortschreibung wird voraussichtlich im 4. Quartal 2018 veröffentlicht . Die jeweils aktuelle Fassung ist zu finden unter: www.klimawandel.sachsenanhalt .de.