Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3228 09.08.2018 Hinweis: Eine Einsichtnahme des vertraulichen Teils o. g. Antwort ist für Mitglieder des Landtages in der Landtagsverwaltung - Akteneinsichtnahmeraum - nach Terminabsprache möglich. (Ausgegeben am 09.08.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Einsatz von Sprengmitteln Kleine Anfrage - KA 7/1835 Vorbemerkung des Fragestellenden: Das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) regelt in § 58 den unmittelbaren Zwang als eine Form der Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, durch ihre Hilfsmittel und durch Waffen. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel). In § 68 SOG LSA wird ferner geregelt, dass Sprengmittel nicht gegen Personen angewandt werden dürfen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Vorbemerkung: Der parlamentarische Informationsanspruch ist grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Landesregierung hat allerdings alle Handlungen zu unterlassen, die dazu geeignet sein können, die Wirksamkeit polizeilicher Maßnahmen einzuschränken oder deren Erfolg zu gefährden. Die Antwort der Landesregierung muss insoweit teilweise als „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft werden. Hierbei wird der Rechtsprechung des Landesverfassungsgerichts Sachsen-Anhalt (LVerfG LSA) gefolgt, nach der bei der Erfül- 2 lung der Auskunftsverpflichtung gegenüber dem Parlament unter Geheimhaltungsaspekten wirksame Vorkehrungen gegen das Bekanntwerden von Dienstgeheimnissen mit einbezogen werden können (vgl. LVerfG LSA, Urteil vom 17. September 2013, Az.: LVG 14/12; Urteil vom 25. Januar 2016, Az.: LVG 6/15). Hierzu zählt auch die Geheimschutzordnung des Landtages (GSO-LT). Die Einstufung als Verschlusssache ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Wohl des Landes Sachsen-Anhalt und die schutzwürdigen Interessen Dritter geeignet, das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Landesregierung zu befriedigen (vgl. Artikel 53 Absatz 3 und 4 Verfassung des Landes Sachsen- Anhalt). In dem für die Öffentlichkeit einsehbaren Teil der Antwort können keine Informationen zu Ausrüstung und taktischem Vorgehen des Spezialeinsatzkommandos mitgeteilt werden. Die als „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch“ eingestufte Antwort der Landesregierung steht den Abgeordneten des Landtages deshalb in der Geheimschutzstelle (Akteneinsichtnahmeraum) des Landtages von Sachsen-Anhalt zur Einsichtnahme zur Verfügung. 1. Wie definiert die Landesregierung den Begriff „Sprengmittel“ im Allgemeinen ? Gemäß § 58 Abs. 3 SOG LSA sind Sprengmittel zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe. 2. Welche Sprengmittel werden von den Regelungen des SOG LSA explizit erfasst ? Die Vorschrift des § 58 Abs. 3 SOG LSA differenziert nicht nach einzelnen Arten von Sprengmitteln. 3. Mit welchen Sprengmitteln ist die Polizei in Sachsen-Anhalt ausgerüstet und in welcher Größenordnung? Die Landespolizei verfügt über Plastiksprengstoff, Sprengschnüre, Sprengfolien, Hohlladungen und Schneidladungen in Klein- bzw. Kleinstmengen. 3.1 Impliziert diese Regelung auch die Ausstattung der Polizei in Sachsen- Anhalt mit Handgranaten? Nein. 3.2 Für den Fall, dass die Frage unter Ziffer 3.1 mit ja beantwortet wird, wie groß ist die Anzahl der in Sachsen-Anhalt bei der Polizei befindlichen Handgranaten? Welche Einheiten beziehungsweise Spezialkräfte bei der Polizei in Sachsen-Anhalt sind damit ausgerüstet? Entfällt. 3 3.3 Für den Fall, dass die Polizei Sachsen-Anhalt derzeitig nicht mit Handgranaten ausgerüstet ist, plant die Landesregierung eine solche Ausstattung in Zukunft? Eine diesbezügliche Ausrüstung ist derzeit nicht geplant. 4. Unter welchen Voraussetzungen, gegen wen und in welcher Art und Weise dürfen Sprengmittel durch die Polizei Sachsen-Anhalt eingesetzt werden? Bitte nach Art des Sprengmittels - insbesondere auch, was den Einsatz von Handgranaten betrifft - differenzieren. Gegen Personen dürfen Sprengmittel gemäß § 68 SOG LSA nicht angewandt werden. Der Einsatz von Sprengmitteln gegen Sachen ist in §§ 58 ff. SOG LSA geregelt. Die Verwendung der Sprengmittel erfolgt in der USBV-Gruppe (USBV: unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen) des Landeskriminalamtes (LKA) im Einsatz, je nach Gefahrenlage zur Phlegmatisierung, Delaborierung und Vernichtung von USBV sowie in der Ausbildung, zur Erlangung von Fähigkeiten und Fertigkeiten der Entschärfer im Umgang und Transport unter Beachtung der einschlägigen Sicherheitsbestimmungen und darüber hinaus bei der Rekonstruktion von Tatmitteln im Rahmen von Begutachtungen zur Einschätzung der Gefährlichkeit und des vermutlichen Aufbaus. Im Spezialeinsatzkommando sind nur speziell ausgebildete Beamte mit einem Sprengbefähigungsschein berechtigt, im Rahmen dienstlicher Aufträge Sprengungen gegen Sachen durchzuführen. Im Technischen Polizeiamt (TPA) verfügt nur der Kampfmittelbeseitigungsdienst (KBD) über Sprengmittel, und zwar ausschließlich in Form von Plastiksprengstoff, Hohlladungen und Schneidladungen. Sie werden vom KBD je nach Erfordernis des Einzelfalls ausschließlich gegen Sachen (Kampfmittel im Sinne von § 1 Abs. 1 der Gefahrenabwehrverordnung zur Verhütung von Schäden durch Kampfmittel [KampfM-GAVO]) eingesetzt, indem sie nach Räumung/Evakuierung eines im Einzelfall festgelegten Sicherheitsbereichs an den Kampfmitteln angebracht und aus sicherer Entfernung gezündet werden (kontrollierte Sprengung der Kampfmittel). Voraussetzung ist entweder eine von den Kampfmitteln ausgehende gegenwärtige erhebliche Gefahr, insbesondere eine Gefahr für Leib oder Leben, die auf andere Art und Weise als durch eine kontrollierte Sprengung nicht abgewehrt werden kann (Vernichtungssprengung), oder dass innerer Aufbau und Füllstoffe von nicht eindeutig identifizierbaren Kampfmitteln verifiziert werden müssen und aus Sicherheitsgründen die Verifikation nur nach Öffnung durch Sprengen möglich ist (Verifikationssprengung). 5. Wozu dient der Einsatz von Sprengmitteln, welcher Zweck beziehungsweise welche Ziele werden damit verfolgt? Bitte nach Art des Sprengmittels - insbesondere auch, was den Einsatz von Handgranaten betrifft - differenzieren . Im Bestand der USBV-Gruppe des LKA befinden sich elektrische Sprengzünder, Sprengschnüre, gewerblicher Sprengstoff und Spezialladungen, z. B. Schneidund Hohlladungen. Diese werden eingesetzt zur sprengtechnischen Delaborierung von USBV, zu Ausbildungs- und Übungszwecken und bei Rekonstruktions- 4 sprengungen im Rahmen der Erarbeitung von Behördengutachten im Zusammenhang mit der notwendigen Feststellung von Aufbau und Wirkung von Tatmitteln . Im Bestand des Spezialeinsatzkommandos (SEK) befinden sich verschiedene Sprengmittel, die in Abhängigkeit des Einsatzauftrages verwandt werden; im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. Der Einsatz von Sprengmitteln durch den KBD dient bei Vernichtungssprengungen dazu, zu verhindern, dass Kampfmittel ihre bestimmungsgemäße Wirkung als Kriegswaffe entfalten. Bei Verifikationssprengungen dient er dazu, ohne Gefahr für die Angehörigen des KBD inneren Aufbau und Füllstoffe von Kampfmitteln zu verifizieren, um Entscheidungen über einen sicheren Umgang bei der Beseitigung gleichartiger Kampfmittel treffen zu können. 6. Wie oft, aus welchem Anlass und zu welchem Zweck kamen in den Jahren 2016, 2017 und im I. Halbjahr 2018 Sprengmittel seitens der Polizei zum Einsatz? Im Aufgabenbereich des TPA wurden folgende Sprengungen durchgeführt: Jahr Anlass/Zweck Anzahl der Sprengungen 2016 Vernichtungssprengung 39 Verifikationssprengung 23 2017 Vernichtungssprengung 22 Verifikationssprengung 11 2018 Vernichtungssprengung 9 Verifikationssprengung 5 Im Aufgabenbereich der USBV-Gruppe des LKA werden hierzu keine belastbaren Statistiken geführt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. 7. Gab es in den letzten drei Jahren Polizeieinsätze in Sachsen-Anhalt, bei denen Handgranaten zum Einsatz kamen? Wenn ja, wann, aus welchem Grund und mit welchem Ziel? Nein. 8. Kam es beim Einsatz von Sprengmitteln in den letzten 3 Jahren zur Gefährdung und Verletzung von Personen? Nein.