Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3233 09.08.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 10.08.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Flächenverbrauch in Sachsen-Anhalt verringern - Lebensqualität der Menschen steigern Kleine Anfrage - KA 7/1868 Vorbemerkung des Fragestellenden: Flächenverbrauch gefährdet Zukunft. Er kostet wertvolles kaum wiederherstellbares Ackerland und zerstört Naturraum. Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, bis 2020 den täglichen Flächenverbrauch auf den immer noch viel zu hohen Wert von 30 Hektar pro Tag zu reduzieren. Laut NABU liegt der durchschnittliche Wert aktuell bei rund 66 Hektar pro Tag. Um die Lebensqualität der Menschen zu steigern, muss der Flächenverbrauch reduziert werden und müssen versiegelte aber nicht mehr notwendige Flächen entsiegelt werden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie 1. Wie ist der Flächenanteil von Ackerland, Grünland, Wald und Wasserflächen in Sachsen-Anhalt und wie hat sich dieser in den letzten 20 Jahren entwickelt? Bitte pro Jahr angeben. Die nachgefragten Daten liegen weder im Landesamt für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt noch im Statistischen Landesamt Sachsen-Anhalt in der angeforderten Weise und Detailschärfe vor. Angaben zu Flächenanteilen in Sachsen -Anhalt lassen sich lediglich aus der Statistik „Flächenerhebung nach Art der tatsächlichen Nutzung“ nach dem Agrarstatistikgesetz entnehmen. 2 Die im Rahmen der vorgenannten Statistik vorhandenen Daten enthalten neben den Angaben zu den Wald- und Wasserflächen nur die Angaben zur Landwirtschaftsfläche insgesamt. Die Angabe zur Landwirtschaftsfläche umfasst Grünland und Ackerland , unterteilt diese jedoch nicht. Die beim Statistischen Landesamt Sachsen-Anhalt vorliegenden Daten zu den Flächen nach der Art der tatsächlichen Nutzung für den Zeitraum von 1998 bis 2017 sind nachfolgend tabellarisch dargestellt. Die vorgenannten Daten sind nur bedingt vergleichbar. Diesbezüglich wird auf die methodischen Anmerkungen in den Fußnoten verwiesen. Jahr Landwirtschaftsfläche, ab 2016: Landwirtschaft Waldfläche, ab 2016: Wald Wasserfläche, ab 2016: Gewässer Hektar 1998 1 286 724 434 698 34 646 1999 1 284 313 435 127 34 769 2000 1 281 915 435 631 34 750 2001 1 278 024 436 960 34 953 2002 1 276 426 437 105 35 525 2003 1) keine Angabe keine Angabe keine Angabe 2004 1 281 208 487 690 38 168 2005 1 277 162 485 723 40 679 2006 2) 1 271 867 490 765 41 718 2007 1 271 766 490 715 43 093 2008 1 269 293 492 718 43 297 2009 1 266 938 495 358 43 951 2010 1 264 220 498 477 44 785 2011 1 261 821 500 980 45 259 2012 1 260 436 502 767 46 786 2013 1 257 883 504 519 47 426 2014 1 255 518 505 783 47 957 2015 1 254 667 506 923 47 898 2016 3) 1 237 688 456 545 44 518 2017 1 236 799 456 717 44 627 Erläuterungen zur Tabelle: 1) Für das Jahr 2003 stand für Auswertungen nur die Bodenfläche insgesamt ohne Untergliederungen zur Verfügung. 2) Im Zeitverlauf sind die Angaben ab 2006 bis 2015 inhaltlich vergleichbar. Im Zeitraum der Jahre 2003 bis 2006 wurde das gesamte Landesgebiet erstmalig hinsichtlich der tatsächlichen Nutzung überprüft und im Liegenschaftskataster aktualisiert . Wesentlich früher eingetretene Nutzungsveränderungen sind ggf. erst zu dieser ersten zyklischen Überprüfung erkannt und erfasst worden. Für diesen Zeitraum besteht keine zeitliche Aussagekraft. 3) Bis zum Erhebungsjahr 2015 basierte die Datengewinnung auf der Nomenklatur der Automatisierten Liegenschaftsbücher. Ab dem Berichtsjahr 2016 werden die 3 Daten durch Auswertung nach dem ALKIS-Nutzenartenkatalog gewonnen. Durch die Änderung der Erfassungsgrundlage sowie deren Auswertung ist die Vergleichbarkeit der Daten ab dem Jahr 2016 mit den Vorjahren aus methodischen Gründen erheblich eingeschränkt. 2. Welche Ziele gibt es seitens des Bundes und des Landes zur Reduzierung des Flächenverbrauches und welche Aktivitäten ergreift die Landesregierung , um diese zu erreichen? Die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie von 2002 gibt das Ziel vor, bis zum Jahr 2020 das Wachstum der Siedlungs- und Verkehrsflächen auf 30 Hektar pro Tag zu begrenzen . Im Zuge der Neuauflage der Nachhaltigkeitsstrategie 2016 hat die Bundesregierung das Ziel formuliert, das Wachstum der Siedlungs- und Verkehrsfläche bis zum Jahr 2030 auf weniger als 30 Hektar (30 minus X) zu verringern. Das integrierte Umweltprogramm des BMU setzt für das Jahr 2030 ein Ziel von 20 Hektar pro Tag. Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung avisiert für das Jahr 2050 den Übergang zur Flächenkreislaufwirtschaft, sodass der Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche im Jahr 2050 „Netto-Null“ betragen soll. Gemäß Koalitionsvertrag 2016-2021 ist es Ziel Sachsen-Anhalts, die Flächeninanspruchnahme in Anlehnung an das bundesweite Ziel auf maximal 1,3 ha pro Tag zu begrenzen. Dabei geht es insbesondere auch um die Thematik Innenentwicklung vor Außenentwicklung, wodurch eine Verringerung des Flächenentzugs erreicht werden soll. Rein statistisch wird dieses Ziel seit 2008 im jeweiligen 4-Jahresdurchschnitt eingehalten bzw. unterschritten. Im Landesentwicklungsplan 2010 (LEP), zuletzt veröffentlicht im GVBl. LSA 2011 S. 160 (Nr.6), ist das Thema Flächensparen kapitelübergreifend als Querschnittsaufgabe in Festlegungen mittelbar und unmittelbar verankert. So ist beispielsweise in Grundsatz G 13 der Vorrang der Innenentwicklung formuliert, wonach zur Verringerung der Inanspruchnahme von Grund und Boden vorrangig vorhandene Potenziale wie Baulandreserven, Brachflächen und leer stehende Bausubstanz genutzt sowie flächensparende Siedlungs- und Erschließungsformen angewendet werden sollen. In G 110 ist festgelegt, dass die Neuinanspruchnahme von Fläche für Siedlungs- und Verkehrszwecke auf das notwendige Maß beschränkt werden soll. Als fördernder Faktor des Flächensparens und der vorrangigen Innenentwicklung sind aus Sicht der Landesentwicklungsplanung auch die Festlegungen zu den Zentralen Orten und insbesondere die Beschränkung auf die Eigenentwicklung für Orte ohne zentralörtliche Funktion zu benennen. Die Gemeinden haben die Bauleitpläne gem. §§ 1 bis 4c Baugesetzbuch aufzustellen . Hierbei haben sie unter anderem auch die Grundsätze zum sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden und zum Vorrang der Innenentwicklung zu berücksichtigen und die Belange der Landwirtschaft und Agrarstruktur zu beachten . Um die unvermeidlichen Inanspruchnahme auf Flächen mit vergleichsweise niedrigem Konfliktpotenzial zu lenken und besonders hochwertige Böden zu schützen , bringen die unteren Bodenschutzbehörden die vom Landesamt für Umwelt- 4 schutz bereitgestellte Bodenfunktionsbewertung in die Verfahren ein. Die Ämter für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (ÄLFF) werden bei Planungen die den ländlichen Raum betreffen, insbesondere bei der Aufstellung von Flächennutzungsund Bebauungsplänen als Träger öffentlicher Belange beteiligt. Die Hinweise der ÄLFF sind von den Gemeinden in ihrem Abwägungsprozess zu berücksichtigen, ein „Veto-Mandat“ haben die Hinweise der ÄLFF hierbei aber nicht. Als Träger öffentlicher Belange Landwirtschaft und Agrarstruktur ist es das Ziel, die landwirtschaftlichen Nutzflächen vor Inanspruchnahme/Umnutzung bzw. vor Beeinträchtigung der Nutzung zu schützen. Nach §§ 15 und 16 Landwirtschaftsgesetz LSA vom 28.10.1997 (GVBl. LSA S. 919) zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.12.2010 (GVBl. LSA S. 567) darf landwirtschaftliche Nutzfläche nur in begründeten Ausnahmefällen der Nutzung entzogen oder in der landwirtschaftlichen Nutzung beschränkt werden. Wird durch behördliche Maßnahmen in landwirtschaftliche Nutzungsrechte eingegriffen , so richtet sich eine Ausgleichs- und Entschädigungsleistung nach den Vorschriften , auf denen diese Maßnahmen beruhen. Ein Instrument zur Steuerung des Flächenverbrauches für Industrie- und Gewerbegebiete sowie wirtschaftsnahe und touristische Infrastrukturen ist der LEP. Die Standortvoraussetzungen für die Wirtschaft des Landes werden durch eine bedarfsorientierte Neuerschließung ausschließlich an Vorrangstandorten sowie zentralen Orten sowie einer bedarfsorientierten Modernisierung/Revitalisierung alter Industriestandorte entwickelt und sichergestellt. Weiterhin erfolgt über die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", RdErl. des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung vom 11. Februar 2017 - 21-3231002 (Landesregelungen) eine Steuerung des Flächenverbrauches wie folgt: Neue Industrie- oder Gewerbegebiete, Qualitätsverbesserungen an bestehenden Gebieten wie z. B. Nacherschließung mit Medien, Verbesserung der Erreichbarkeit oder des Zuschnitts bestimmter Areale innerhalb des Gebietes sowie neue Gewerbezentren werden nur gefördert, wenn diese mindestens zu zwei Dritteln mit Betrieben besiedelt werden. Bei Qualitätsverbesserungen bezieht sich die vorgenannte Belegungsanforderung auf die in der Qualität zu verbessernden Flächengrößen. Eine Erweiterung bestehender Ansiedlungs- und Gewerbeflächen (Industrie- und Gewerbegebiete, Gewerbezentren) wird nur dann gefördert, wenn mindestens 80 v. H. der vorhandenen Ansiedlungs- und Gewerbeflächen belegt sind und mit der Erweiterung zugleich eine Neuansiedlung oder Erweiterung von Gewerbebetrieben mit einem unmittelbaren Aufwuchs von Dauerarbeitsplätzen verbunden ist. Eine reine Vorratserschließung neuer Ansiedlungs- und Gewerbeflächen, auch wenn es sich um Revitalisierung von Altstandorten handelt, ist nicht förderfähig. Fördervoraussetzung ist die Vorlage einer mittelfristigen Planung und Priorisierung der Gewerbeflächenentwicklung auf regionaler Ebene (z. B. gemeinschaftlich durch 5 mehrere gegebenenfalls benachbarte Kommunen, innerhalb des Landkreises oder auch mehrerer Landkreise oder Planungsregionen umfassend). Eine Förderung von Vorhaben und Projekten der touristischen Infrastruktur erfolgt nur bei Vorliegen eines touristischen Konzeptes, in welches das Vorhaben sinnvoll eingepasst werden kann und nur in Gebieten mit touristischer Bevorzugung. Einen wesentlichen Anteil an der Verminderung der Flächeninanspruchnahme hat die sogenannte freistellungsfinanzierte Altlastensanierung. Mit diesem Instrument konnten bisher ca. 2.500 ha Altindustrie und -gewerbeflächen nachgenutzt werden. Das Land wird auch zukünftig an dieser Strategie festhalten und vorgenutzte Standorte , die überwiegend auch infrastrukturell erschlossen sind, Investoren anbieten. Weiterhin wird das Flächenrecycling durch das Land mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert. Von 2007 – 2015 konnten mit 14 Mio. EUR Fördermitteln Flächen auf 480 ha für neue Nutzungen hergerichtet oder natürliche Bodenfunktionen wiederhergestellt werden. Bis 2020 (+3 Jahre) sind weitere 6 Mio. EUR Fördermittel vorgesehen. 3. Wie werden Vorrang- und Vorsorgegebiete der Landwirtschaft in der Landes - und Regionalplanung in Sachsen-Anhalt berücksichtigt? Grundsätzlich werden in Sachsen-Anhalt im LEP Vorbehaltsgebiete für die Landwirtschaft und in den Regionalen Entwicklungsplänen (REP) Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für die Landwirtschaft festgelegt. Vorbehaltsgebiete für die Landwirtschaft sind Gebiete, in denen die Landwirtschaft als Nahrungs- und Futtermittelproduzent, als Produzent nachwachsender Rohstoffe sowie als Bewahrer und Entwickler der Kulturlandschaft den wesentlichen Wirtschaftsfaktor darstellt. Der landwirtschaftlichen Bodennutzung ist bei der Abwägung mit entgegenstehenden Belangen ein erhöhtes Gewicht beizumessen. Der LEP definiert in Ziel Z 128 Vorranggebiete für die Landwirtschaft als Gebiete, in denen Grund und Boden ausschließlich für die landwirtschaftliche Bodennutzung in Anspruch genommen werden darf. Damit entfalten diese eine sehr weitreichende Bindungswirkung dahingehend, dass hier raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen , die Grund und Boden in Anspruch nehmen mit diesem Vorrang nicht vereinbar und damit nicht genehmigungsfähig sind. Wegen dieser strikten Bindungswirkung in Verbindung mit der Maßstäblichkeit des LEP werden im LEP keine Vorranggebiete für die Landwirtschaft festgelegt. Vorranggebiete für die Landwirtschaft können durch die Regionalplanung aus den im LEP festgelegten Vorbehaltsgebieten für Landwirtschaft und dem Agraratlas Sachsen -Anhalt entwickelt werden. Alle Regionalen Planungsgemeinschaften haben in ihren REP Vorranggebiete für Landwirtschaft festgelegt. 4. Wie könnten die Landesregelungen zu Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen geändert werden, um stärker zu Rückbau und Entsiegelung eingesetzt zu werden? 6 Eine Mobilisierung von Kompensationspotentialen durch „Flächeninventuren“ unter der Beteiligung der betroffenen Akteure wie Landwirte, Kommunen, Verwaltung sowie der „Eingreifer“ bis hin zu Partnerschaften zur Erschließung von Synergieeffekten wären ein Schritt, die Maßnahmen zu lenken, die Qualität zu verbessern und naturschutzfachlich sinnvoll zu gestalten. Konsens und Kooperation sind gefragt. Die Instrumente Ökokonto und Flächenpools sollen stärker genutzt werden. Die Anbieter von Kompensationsmaßnahmen sollen ihre Ökokonto-Maßnahmen wie bspw. Rückbau und Entsiegelung stärker und zielgerichteter auf Umsetzbarkeit durch potentielle Planungsträger/Investoren überprüfen. Zeitliche Flexibilität und größere Handlungsspielräume sind hierbei zu berücksichtigen. Ziel ist es hier, dass Kompensationsmaßnahmen von Vorhabenträgern der öffentlichen Hand gezielt gelenkt werden . Die Nachhaltigkeit der Kompensation muss durch naturschutzfachlich sinnvolle Maßnahmen hoher Qualität, die lagerichtig, flächenmäßig effizient und den übergeordneten Planzielstellungen genügen, erzielt werden. Es ist vorgesehen, das Bewertungsmodell hinsichtlich der Biotoptypen, der Kompensationsmaßnahmen und der Punktwerte zu überprüfen. Hierbei wird auch das Thema Entsiegelung analysiert und geprüft. Rückbau oder Entsiegelung können mehrere Schutzgüter positiv beeinflussen, sind jedoch oftmals im Verhältnis zum Nutzen zu teuer und damit unverhältnismäßig. Nicht jede Maßnahme dieser Art macht naturschutzfachlich einen Sinn, da in vielen Fällen auch eine Verschlechterung des vorgefundenen Zustandes als Ergebnis entstehen kann. Hier ist jeder Fall gesondert zu betrachten. Es gilt der Grundsatz, dass der Ausgleich in einem sachlich-funktionellen und naturraumbezogenen Zusammenhang mit dem Eingriff stehen muss; die beeinträchtigten Funktionen müssen gleichartig wiederhergestellt werden. Eine punktemäßige Höherbewertung der Entsiegelung widerspricht dem Grundsatz der Kompensation, das Verhältnis Eingriff zu Ausgleich von 1 : 1 einzuhalten. 5. Strebt die Landesregierung eine Überarbeitung dieser Landesregelungen an? Wenn ja, in welchem Zeitrahmen? Die aufgeworfenen Problemstellungen bezüglich Bewertungsmodell, Ökokontoverordnung , Kompensationsverzeichnis und Übertragung von Kompensationspflichten werden im Rahmen einer komplexen Aufarbeitung aufeinander abgestimmt und den aktuellen Anforderungen an die Umsetzung der Eingriffsregelung angepasst. Unter Beachtung zu erwartender bundesweiter Regelungen wird die Erarbeitung einer Kompensationsverordnung Sachsen-Anhalt mit den Schwerpunkten Ermittlung von Eingriff und Kompensation, Kompensationsverzeichnis, Ökokonto, Flächenagenturen und Ersatzzahlungen ins Auge gefasst. In diesem Zusammenhang werden alle bestehenden Regelungen rechtlich und fachlich inhaltlich evaluiert, überarbeitet und angepasst. Angestrebt sind Überarbeitungen im Zeitraum von zwei Jahren. 7 6. Welche produktionsintegrierten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen wurden in den letzten 5 Jahren in Sachsen-Anhalt realisiert? Nach § 15 Abs. 3 BNatSchG ist bei der Inanspruchnahme von land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen. Insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden können; Flächen sollen weitestgehend nicht aus der Nutzung genommen werden . Hiernach kommt auch die „Produktionsintegrierte Kompensation" (PIK) in Betracht. PIK- Maßnahmen können beispielsweise sein: Extensivierung von Acker (z. B. Ackerwildkrautschutz, Feldvogelschutz, Hamsterfreundliche Bewirtschaftung), Blüh-/Acker-Gewässerrandstreifen, Biotopherstellung und Pflege wertvoller Grünlandbiotoptypen, Extensive Nutzung von Dauergrünland. Der Überblick über die von den unteren Naturschutzbehörden (UNB) der Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen der PIK übermittelten Maßnahmen ist sehr lückenhaft . Einigen UNB war es in der Kürze der Zeit nicht möglich, eine umfassende Recherche zu betreiben, sodass eine Vollständigkeit der Angaben nicht gegeben ist. Seitens der Oberen Naturschutzbehörde erfolgt bezüglich der PIK keine Datenhaltung . Rückmeldungen zu den rechtsverbindlich festgelegten Maßnahmen durch die jeweiligen Genehmigungsbehörden erfolgen nur sporadisch und sind daher lückenhaft . Als Beispiel seien hier lediglich Ausgleichsmaßnahmen genannt, welche in den letzten 5-Jahres-Zeitraum fallen: Anlage von Blühstreifen oder Luzerneflächen auf Ackerland, Extensive Bewirtschaftung von Ackerfläche mit dem Ziel der Ausbildung von Segetalvegetation , Anlage von extensivem Grünland, Umwandlung von Acker in Grünland, Umwandlung von Acker und Intensiv-Grünland in Halbtrockenrasen bzw. Wildkrautreservaten mit Beweidung, Umwandlung von Acker in Hutewiesennutzung, Beweidung von Sukzessionsflächen an den Gewässerrandstreifen, Umwandlung von Nadelwald in Mischwald, Hamsterfreundliche Bewirtschaftung von Ackerflächen, Umwandlung von Extensiv-Feuchtwiesen in Nasswiesen, Nutzungsverzicht an Altbäumen. 8 7. Welche Ökopoolprojekte konnten in den letzten 5 Jahren durch Ausgleichsund Ersatzmaßnahmen durch die Ökokonto-Verordnung in Sachsen-Anhalt realisiert werden? In Sachsen-Anhalt sind acht Einrichtungen für die Übernahme von Kompensationsverpflichtungen nach § 7 Abs. 3 NatSchG LSA anerkannt. Von den Ökopoolprojekten, die in den letzten fünf Jahren realisiert wurden, sind vorrangig Maßnahmen im Forst-, Naturschutz- und im Agrarbereich zu verzeichnen. Ein Großteil der Maßnahmen, die landwirtschaftliche Flächen betreffen, können produktionsintegriert umgesetzt werden. Es handelt sich hier zusammenfassend um folgende Schwerpunkte: - Lückenschluss im Biotopverbund, - Fledermausgerechte Innenraumgestaltung von Altgebäuden, - Anlage bzw. Umbau von Feldgehölzen und Laub- oder Nadelwaldbeständen, - Entsiegelung von ehemalig militärisch genutzten Arealen bzw. stillgelegten wasserwirtschaftlichen Anlagen, - Bekämpfung von Neophyten, - Renaturierung von Gewässern und Mooren, - Wiedervernässung von Erlenbeständen im Auwald und Schaffung artenreicher Hochstaudenflure, - hamsterfreundliche Bewirtschaftung, - Förderung der Ackerwildkrautflora durch Bewirtschaftungsänderungen, - extensive Bewirtschaftung von artenreichen Feucht- und Nasswiesen, - Entwicklung von reich gestuften Waldrändern und vorgelagerten Krautsäumen, - Rückverlegung von Gewässern in ihre angestammte Niederung und naturnahe Gestaltung von Gewässerabschnitten mit Rückbau von Sohlabsturzen, - Artenschutzmaßnahme für den Rotmilan (streifenweiser Anbau von Luzerne und Getreide unter speziellen Bewirtschaftungsauflagen, um die Reproduktionsbedingungen für Kleinsäuger nachhaltig zu verbessern), - Umwandlung von Acker in extensives Grünland, - Anlage von Gehölzstrukturen, wie Heckenstrukturen und Solitärbäume im Auenbereich , - Umwandlung von Acker in Grünland trockener Standorte, Erhaltung der Offenlandschaft durch die Etablierung eines nachhaltigen Bewirtschaftungssystems durch Schafbeweidung. 8. Wie wird eine mehrgeschossige Bauweise zur Verringerung der Flächenintensität bei Industrie- und Gewerbebauten in Sachsen-Anhalt gefördert? Bei der Ausweisung von Bauflächen und Baugebieten findet die Bodenschutzklausel des § 1a Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) Anwendung. Das damit vorgegebene Ziel eines sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden hat die Gemeinde im Rahmen ihrer bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigen und kann ihm u. a. im Rahmen ihrer Planungshoheit durch entsprechende Festsetzungen einer flächensparenden Bauweise entsprechend den Regelungen der Baunutzungsverordnung Rechnung tragen. Die in Sachsen-Anhalt für mehrgeschossige Industrie- und Gewerbebauten geltenden bauordnungsrechtlichen Anforderungen bestimmen sich nach der Industriebau- 9 richtlinie als eingeführter Technischer Baubestimmung. Diese Technische Baubestimmung entspricht den von den Gremien der Bauministerkonferenz beschlossenen Musterbestimmungen. Eine Reduzierung von Anforderungen zur Förderung von mehrgeschossiger Bauweise ist aus Gründen der Gefahrenabwehr nicht möglich. Die Förderung von Industrie- und Gewerbebauten im Rahmen des Koordinierungsrahmens der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur “ ab 1. Juli 2014 (Bekanntmachung des Koordinierungsausschusses der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ vom 4. August 2016, BAnz. AT vom 17. August 2016 B1) in der jeweils geltenden Fassung richtet sich ausschließlich nach der förderfähigen Nutzung sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen . Die Beschaffenheit des Industrie- und Gewerbebaus (einstöckig oder mehrstöckig) ist kein Förderkriterium. Es ist davon auszugehen, dass ein Investor im Interesse der Minimierung seiner Investitionskosten nur die Flächen bebaut, die für die beabsichtigte betriebliche Nutzung unmittelbar benötigt werden. 9. Welche Förderprogramme, zur Umnutzung ehemals landwirtschaftlich genutzter Gebäude zur Wohnbebauung, insbesondere in Ortskernen, um eine Flächeninanspruchnahme weiterer landwirtschaftlicher Flächen für Wohnbebauung zu reduzieren, gibt es in Sachsen-Anhalt? Wohnraumförderung des Landes Sachsen-Anhalt „Sachsen-Anhalt MODERN“: Das Förderprogramm zur energieeffizienten und altersgerechten Wohnraummodernisierung richtet sich an Träger von Investitionen an selbstgenutzten und vermieteten Wohngebäuden sowie an bisher nicht wohnungswirtschaftlich genutzten Gebäuden, die zu Wohnraum umgenutzt werden (Umnutzung). Unter den Aspekten des altersgerechten Umbauens, insbesondere des Mehrgenerationenwohnens und der Barrierefreiheit sowie des Klimaschutzes, speziell der Energieeinsparung und der Minderung des CO2-Ausstoßes, bietet die Investitionsbank Sachsen-Anhalt zinsgünstige Darlehen zur langfristigen Finanzierung von Maßnahmen an selbstgenutzten oder vermieteten Wohngebäuden an. Ansprechpartner ist die Investitionsbank Sachsen-Anhalt: https://www.ib-sachsenanhalt .de/privatkunden/modernisieren-umruesten/sachsen-anhaltmodern .html?L=226 Nach den Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der regionalen ländlichen Entwicklung des Landes Sachsen-Anhalt in der EU- Förderperiode 2014-2020 (Richtlinien RELE 2014-2020) vom 1.11.2017 (MBl. LSA 2018 S. 86), Teil D Dorferneuerung und -entwicklung einschließlich touristischer Infrastruktur kann unter anderem die Umnutzung dörflicher Bausubstanz gefördert werden . Die dörfliche Bausubstanz umfasst auch ehemals landwirtschaftlich genutzte Gebäude. Voraussetzung für eine Förderung ist, dass das Vorhaben auf der Grundlage eines aktuellen Entwicklungskonzeptes in einem ländlich geprägten Ort mit weniger als 10.000 Einwohnern durchgeführt werden soll. Zweck der Förderung, deren Hauptanliegen die Förderung der dörflichen Infrastruktur ist, ist die Verbesserung der Agrarstruktur im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union durch 10 die Erhaltung und Gestaltung ländlich geprägter Orte zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der ländlichen Bevölkerung. Der Förderung ist grundsätzlich ein Stichtags- und Auswahlverfahren vorgeschaltet. Dabei stehen die Vorhaben in Konkurrenz zu anderen nach der RELE 2014-2020 förderfähigen Vorhaben. Im Auswahlverfahren ist die Umnutzung von Gebäuden ein Auswahlkriterium, für das bei der Bewertung der Anträge ausdrücklich Punkte vergeben werden. 10. In welchem Umfang werden devastierte Böden nach Bergbau bzw. Verfüllungen mit dem Ziel der landwirtschaftlichen Nutzung in Sachsen-Anhalt rekultiviert? Die für naturschutzrechtliche Abbaugenehmigungen nach §§ 11 ff. NatSchG zuständigen unteren Naturschutzbehörden konnten in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht oder nicht umfassend berichten. Die dem Landesverwaltungsamt vorliegenden Angaben aus fünf Landkreisen bzw. kreisfreien Städten lassen die Hochrechnung zu, dass ca. 78 % der rekultivierten Fläche wieder landwirtschaftlich nutzbar sind. Der verbleibende Teil wird für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen genutzt oder wird der Sukzession überlassen. Von den im Zuständigkeitsbereich des Landesamtes für Geologie und Bergwesen zu bergbaulichen Zwecken devastierten Böden werden zwischen 23 % (Steine/Erden- Bergbau) und 35 % (Braunkohlenbergbau) wieder für eine landwirtschaftliche Folgenutzung nutzbar gemacht.