Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3316 29.08.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Die Anlage ist in Word als Objekt beigefügt und öffnet durch Doppelklick den Acrobat Reader. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 30.08.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Hendrik Lange (DIE LINKE) Lehrstühle für Wirtschafts- und Unternehmensethik Kleine Anfrage - KA 7/1865 Vorbemerkung des Fragestellenden: Würde man eine Rangliste der meistgenutzten Wörter in den Wirtschaftsnachrichten der letzten Jahre erstellen, so würde das Wort „Betrug“ sicher einen der vorderen Plätze einnehmen. Nahezu täglich gibt es neue Veröffentlichungen zum Abgas-Betrug in der Autobranche, zu den Steuertricks großer Konzerne sowie zu anderen Beispielen , in denen Unternehmen gegen Gesetze oder zumindest Regeln der Ethik verstoßen, um ihre Gewinne zu maximieren. Der universitären Bildung, insbesondere den wirtschaftswissenschaftlich geprägten Studiengängen kommt eine bedeutende Rolle bei der Prävention solcher Vorfälle durch eine verantwortungsvolle Managementbildung zu. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Frage 1: Wie viele Studienprogramme/-fächer, die sich mit den Wirtschaftswissenschaften befassen, gibt es an den Hochschulen in Sachsen-Anhalt? Bitte nach Hochschulen aufschlüsseln, die Namen der Studienprogramme und das Jahr der Einrichtung angeben. Frage 2: Gibt es an den Hochschulen, die wirtschaftswissenschaftliche Studienprogramme anbieten, Lehrstühle für Wirtschafts- oder Unternehmensethik? Wenn 2 ja, wie viele Lehrstühle sind es und wie ist die genaue Denomination? Bitte nach Hochschulen aufschlüsseln. Frage 3: In welchen Studienprogrammen gehören wirtschafts- oder unternehmensethische Lehrangebote zum Curriculum? Bitte jeweils angeben, ob die Lehrveranstaltung verpflichtend oder freiwillig ist. Antworten zu den Fragen 1 bis 3: Die Antworten zu den Fragen 1, 2 und 3 sind den beigefügten Tabellen zu entnehmen . Erfasst wurden nur Spezialveranstaltungen, die ausdrücklich auf ethische Themen hinweisen. Daneben gibt es jedoch in großem Umfang Lehrveranstaltungen, bei denen ethische Fragestellungen integraler Bestandteil sind. Sie machen einen großen Anteil des Angebots wirtschafts-wissenschaftlicher Lehrveranstaltungen aus. Dies trifft z. B. auf die Otto-von-Guericke-Universität zu. Zwar verfügt sie über keine Professur, die schon in ihrer Denomination auf ethische Gesichtspunkte verweist. Dennoch integriert die Fakultät in Pflicht- und Wahlpflichtkursen wie „Wirtschaftspolitik “ oder „Umweltökonomie“ ethische Aspekte. Frage 4: Welche Bedeutung haben die Lehrstühle für Wirtschafts- und Unternehmensethik nach Ansicht der Landesregierung für die wirtschaftswissenschaftlichen Studienprogramme? Antwort zu Frage 4: Zur Lehre der wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge gehören ethische Themen . Sie vervollständigen die betriebs- und volkswirtschaftlichen Betrachtungen. Durch eigenständige Professuren ist eine vertiefte Befassung mit ethischen Problemstellungen möglich. Hier wäre die Martin-Luther-Universität (MLU) Halle-Wittenberg zu nennen, die eine Professur für Wirtschaftsethik und eine Professur für Unternehmensethik und Controlling eingerichtet hat. Das bedeutet jedoch nicht, dass andere Hochschulen ethische Themen vernachlässigen. Vielmehr sind diese in Professuren wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge umfassend in die Lehrveranstaltungen integriert. Sie alle geben den Studierenden die Möglichkeit, aktuelle politische und wirtschaftliche Entwicklungen vor dem Hintergrund ethischer Fragestellungen zu reflektieren. Die Antworten der Hochschulen geben den Spannungsbogen wieder. Die Martin- Luther-Universität verfügt über Professuren, deren Denominationen „Ethik“ umfassen . Andere Hochschulen geben allgemeine Professuren der Betriebswirtschaftslehre an. Beides sind mögliche Wege, ethische Themen zu behandeln. Darüber hinaus existiert in Sachsen-Anhalt ein deutschlandweit einzigartiges Doktorandenprogramm im Bereich Wirtschafts- und Unternehmensethik: www.ethicsinbusiness.de. Es ist zwar privat finanziert, wäre aber ohne Beteiligung der Professuren der MLU (und anderer Universitäten) nicht möglich. Insofern reicht die Bedeutung der Lehrstühle über die reinen Studienprogramme hinaus und deutlich in die Gesamtausbildung akademischen Nachwuchses hinein. 3 Frage 5: Sieht die Landesregierung einen Bedarf, die wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung gemeinsam mit den Universitätsleitungen zu reformieren und wirtschafts - bzw. unternehmensethische Kompetenzen bei den Studierenden sowie Dozenten zu stärken? Bitte begründen. Antwort zu Frage 5: Wichtig ist, dass ethische Fragen im Rahmen der wirtschaftswissenschaftlichen Ausbildung an Hochschulen aufgegriffen werden. Der Umfang von Lehrveranstaltungen, die sich ethischen Themen widmen, sollte dabei im Kontext mit der fachlichen Ausbildung betrachtet werden. Der Auftrag, in wirtschaftswissenschaftlichen Fächern auszubilden , bedeutet zunächst, für den Erwerb wirtschaftswissenschaftlich-inhaltlichen Wissens und grundlegende Theorie- und Methodenkompetenz der Wirtschaftswissenschaften zu sorgen. Dieses Wissen wird auch unter ethischen Gesichtspunkten reflektiert. Wie die Hochschulen hier Veranstaltungen inhaltlich ausgestalten, liegt in ihrem Aufgabenbereich. Das verbürgt das Grundrecht auf freie Wissenschaft und Lehre nach Artikel 5 Abs. 3 GG, Artikel 10 Abs. 3 S. 1 Verf LSA. Frage 6: Welche Bedeutung misst die Landesregierung der Wirtschafts- und Unternehmensethik im Allgemeinen bei? Antwort zu Frage 6: Im Allgemeinen sollten Unternehmen ethische Grundsätze in ihrem Handeln anwenden . Die gegenwärtige Komplexität wirtschafts- und unternehmensethischer Probleme besteht darin, dass sich Volkswirtschaften und Unternehmen nicht mehr auf den Bereich ihres Sitz- oder Ursprungslandes beschränken können. Das unternehmerische Handeln und der Wettbewerb erfolgen global, die Anforderungen auch. Der jeweilige Staat kann auf seiner Ebene Rahmenbedingungen schaffen, die es Unternehmen erleichtern, ethische Grundsätze anzuwenden. Dies lässt zwar keinen Rückschluss auf Professuren und den Inhalt von Curricula zu, doch zeigen die Antworten, dass sich die Wissenschaftler der Relevanz ethischer Fragen bewusst sind. Anlage Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Einführung, Zeitpunkt Wirtschafts- oder Unternehmensethisches Lehrangebot Professur für Wirtschafts- oder Unternehmensethik Bachelorstudiengänge und -programme Betriebswirtschaftslehre erstmalig WS 2006/07 Ja, freiwillig Professur für Wirtschaftsethik Professur für Unternehmensethik und Controlling Volkswirtschaftslehre erstmalig WS 2006/07 Ja, freiwillig Professur für Wirtschaftsethik Professur für Unternehmensethik und Controlling Wirtschaftsinformatik erstmalig WS 2006/07 Ja, freiwillig Professur für Unternehmensethik und Controlling Business Economics erstmalig WS 2006/07 Ja, freiwillig Professur für Wirtschaftsethik Professur für Unternehmensethik und Controlling Bachelorstudienprogramm Wirtschaftswissenschaften erstmalig WS 2006/07 Ja, freiwillig Professur für Wirtschaftsethik Professur für Unternehmensethik und Controlling Bachelorstudienprogramm Wirtschaftswissenschaften erstmalig WS 2006/07 Ja, freiwillig Professur für Wirtschaftsethik Professur für Unternehmensethik und Controlling Masterstudiengänge Betriebswirtschaftslehre erstmalig WS 2006/07 Ja, freiwillig Professur für Wirtschaftsethik Professur für Unternehmensethik und Controlling Accounting, Taxation and Finance erstmalig WS 2006/07 Ja, freiwillig Professur für Unternehmensethik und Controlling Human Resources Management erstmalig WS 2006/07 Ja, freiwillig Professur für Unternehmensethik und Controlling Internationales Finanzmanagement erstmalig WS 2008/09 Nein Empirische Ökonomik und Politikberatung erstmalig WS 2006/07 Ja, freiwillig Professur für Wirtschaftsethik Professur für Unternehmensethik und Controlling Europäische und Internationale Wirtschaft erstmalig WS 2010/11 Ja, freiwillig Professur für Wirtschaftsethik Wirtschaftsinformatik erstmalig WS 2006/07 Nein Wirtschaftsrecht / Business Law and Economic Law (Aufbaustudiengang) erstmalig WS 1998/99 Ja, freiwillig Professur für Wirtschaftsethik Professur für Unternehmensethik und Controlling Management von Bildungseinrichtungen (berufsbegleitend, weiterbildend, gebührenfinanziert) erstmalig WS 2014/15 Nein Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Einführung, Zeitpunkt Wirtschafts- oder Unternehmens-ethisches Lehrangebot Professur für Wirtschafts- oder Unternehmensethik Bachelorstudiengänge Betriebswirtschaftslehre 05.04.2006 Nein Nein Volkswirtschaftslehre 05.04.2006 Nein Nein Internationales Management 05.04.2006 Nein Nein International Business and Economics 06.05.2015 Nein Nein Business Administration (berufsbegleitend BBA) 10.01.2007 Nein Nein Masterstudiengänge Betriebswirtschaftslehre/ Business Economics 02.07.2008 Nein Nein Volkswirtschaftliche Politikanalyse/ Economic Policy Analysis 07.02.2007 Nein Nein International Management, Marketing, Entrepreneurship 01.03.2017 Nein Nein Financial Economics 01.03.2017 Nein Nein Operations Research and Business Analytics 01.03.2017 Nein Nein Business Administration (berufsbegleitend MBA) 03.02.2010 Nein Nein Hochschule Magdeburg- Stendal Einführung, Zeitpunkt Wirtschafts- oder Unternehmensethisches Lehrangebot Professur für Wirtschafts- oder Unternehmensethik Bachelorstudiengänge Betriebswirtschaftslehre (Direktstudium) WS 2016/2017 Ja, verpflichtend Professur ABWL / Dienstleistungswirtschaft und Servicemanagement Betriebswirtschaftslehre im dualen Studium WS 2016/2017 Ja, verpflichtend Wie oben Betriebswirtschaftslehre (berufsbegleitend) SoSe 2012 Nein Nein Wirtschaftsingenieurwesen WS 2016/2017 Ja, verpflichtend Nein Care Business Management- Betriebswirtschaft in ambulanten und stationären Kranken- und Pflegeeinrichtungen (Weiterbildung) WS 2015/2016 Ja, Pflichtmodule Nein Masterstudiengänge Risikomanagement-Management von Unternehmerischen Risiken WS 2013/2014 Ja Nein Innovatives Management mit Vertiefung Betriebswirtschaft / Sozialversicherungsmanagement / Gesundheitsökonomik SoSe 2013 Ja, Pflichtmodul VWL mit Schwerpunkt Gesundheitsökonomik Hochschule Anhalt Einführung, Zeitpunkt Wirtschafts- oder Unternehmensethisches Lehrangebot Professur für Wirtschafts- oder Unternehmensethik Bachelorstudiengänge Betriebswirtschaft 2004 Ja, freiwillig keine Professur für Wirtschaftsoder Unternehmensethik International Business 2004 Ja, freiwillig Immobilienwirtschaft 2004 Nein Wirtschaftsingenieurwesen 2004 Nein Masterstudiengänge Logistik- und Luftverkehrsmanagement 2012 Ja, freiwillig Online-Kommunikation 2012 Ja, freiwillig Betriebswirtschaft/ Unternehmensführung 2008 Ja, freiwillig und verpflichtend Human Resource Management 2012 Ja, freiwillig und verpflichtend Steuer- und Rechnungswesen (dual) 2017 Nein Immobilienbewertung 2005 Nein Wirtschaftsingenieurwesen (berufsbegleitend) 2004 Nein Hochschule Harz Einführung, Zeitpunkt Wirtschafts- oder Unternehmensethisches Lehrangebot Professur für Wirtschafts- oder Unternehmensethik Masterstudiengänge Business Consulting WS 2008/09 Ja, verpflichtend keine Professur für Wirtschaftsoder Unternehmensethik Konsumentenpsychologie und Marktforschung WS 2015/16 Ja, verpflichtend alle Studiengänge Nachhaltigkeitswoche der Hochschule Harz im Sommersemester diverse Veranstaltungen zu Ethikthemen Hochschule Merseburg Einführung, Zeitpunkt Wirtschafts- oder Unternehmensethisches Lehrangebot Professur für Wirtschafts- oder Unternehmensethik Bachelorstudiengänge Betriebswirtschaftslehre (Präsenz und berufsbegleitend) Seit vielen Jahren Ja, verpflichtend - Allgemeine BWL und Personalwesen, - Allg. BWL Organisations- und Personalpsychologie Technische BWL Seit vielen Jahren Ja, verpflichtend Wie oben Wirtschaftsinformatik Seit vielen Jahren Ja, verpflichtend Wie oben Masterstudiengänge Projektmanagement Seit vielen Jahren Ja, verpflichtend - Wirtschaftsrecht und Unternehmensfinanzierg - Allg. BWL und Wirtschaftsinformatik - Wirtschaftsrecht