Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3346 11.09.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 12.09.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Lydia Funke (AfD) Fördergelder für Digitalisierung an Schulen Kleine Anfrage - KA 7/1908 Vorbemerkung des Fragestellenden: Vermehrt werden Fördergelder aus Bund und Ländern in den Aufbau der digitalen Infrastruktur an Schulen investiert. Allein dem „DigitalPakt Schule“ sollen künftig fünf Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Bildung Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie hoch ist die Fördermittelsumme insgesamt und aus welchen Fördermitteltöpfen stammen die jeweiligen Mittel, die für „Digitalisierung“ an Schulen vorgesehen sind? Bitte nach Landes- und Bundesmitteln aufschlüsseln. Bund Umfang Land Umfang DigitalPakt Schule in Verhandlung, fünf Mrd. Euro verteilt auf alle Bundesländer über fünf Jahre, voraussichtlich verteilt nach dem Königsteiner Schlüssel IKT- Schulausstattungs - förderung 10 Mio. Euro EU E- LER- Mittel (für den ländlichen Raum) und 3,3 Mio. Euro Landesmittel (für die Oberzentren) Digitale Dividende 3 Mio. Euro (aktuell für den Glasfaserausbau in vier Landkreisen und zwei kreisfreien Städten, von dem auch die Schulen profitieren 2 Frage 2: Was versteht die Landesregierung unter „Digitalisierung an Schulen“ und welche Ziele hat sie sich hinsichtlich der IT-Infrastruktur (Hard- und Software) sowie im Hinblick auf die Aus- und Weiterbildung von (Informatik-)Lehrern gesetzt ? Im Strategiepapier der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“ (Dezember 2016, aktualisiert im Dezember 2017), auf das sich alle Bundesländer verständigt haben, wird Digitalisierung „im weiteren Sinne verstanden als Prozess, in dem digitale Medien und digitale Werkzeuge zunehmend an die Stelle analoger Verfahren treten und diese nicht nur ablösen, sondern neue Perspektiven in allen gesellschaftlichen , wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Bereichen erschließen, aber auch neue Fragestellungen z. B. zum Schutz der Privatsphäre mit sich bringen.“ Im Landeskonzept zur Umsetzung des KMK-Strategiepapiers werden weitere Ziele genannt, mit Blick auf die Fragestellung der Abgeordneten Funke seien genannt: • die Schaffung der weiteren infrastrukturellen Voraussetzungen für die Nutzung digitaler Medien, Technologien und Werkzeuge in Schule und Unterricht (Schulhausvernetzung einschließlich WLAN, Zugang zu einer digitalen Lernplattform, Verfügbarkeit zeitgemäßer Präsentationstechnik und die Nutzung digitaler Endgeräte ), • die Erarbeitung von Medienbildungskonzepten an den einzelnen Schulen bzw. die Verankerung der Medienbildung im Schulprogramm, • die verbindliche Integration von Medienbildung in die 1. Phase der Lehrerbildung und von „Mediendidaktischen Tage“ mit fächerübergreifenden Inhalten in allen Lehrämtern in der zweiten Phase der Lehrerbildung, • die Ausweitung des Angebots von Fortbildungen sowohl zum fachübergreifen-den als auch fachintegrativen Einsatz von digitalen Medien, Technologien und Werkzeugen (siehe dazu bereits die Übersicht auf dem Bildungsserver Sachsen-Anhalt (www.bildung-lsa.de/medienberatung.html) und • die verstärkte Nutzung von Services auf dem Bildungsserver, das sind z. B. - die Lernplattform Moodle - aktuell 13.000 kostenlose und rechtlich einwandfrei geklärten Medien via - emuTUBE, - kostenloser Online-Speicherplatz in der Landescloud (emuCLOUD), - die Möglichkeit zur Simulation von sozialen Netzwerken und Blogging (emuCLASS, geplant zum Schuljahr 2018/19). Frage 3: Inwieweit wird sich der Aspekt der „Digitalisierung“ im tatsächlichen Unterrichtsgeschehen widerspiegeln und welchen Mehrwert sollen Schüler und Lehrer daraus ziehen? Sind diese Vorteile durch wissenschaftliche Studien nachgewiesen ? Falls ja, um welche Studien handelt es sich? 3 Der Einsatz digitaler Medien alleine ergibt erst dann einen pädagogischen Mehrwert für den Unterricht, wenn er in mediendidaktisch durchdachte Arrangements eingebettet ist. In der Fachliteratur wurden aus lernpsychologischer und didaktischer Perspektive vor allem folgende Potentiale von digitalen Medien (im Unterschied zu anderen Medien) identifiziert: • die Darbietung vernetzter, multimedial und interaktiv aufbereiteter Information • die Möglichkeit zur computervermittelten Kommunikation und • die Möglichkeit, digitale Produkte mittels netzbasierter Arbeitsumgebungen gemeinsam zu entwickeln und zu gestalten (bei Bedarf unabhängig von Zeit und Ort). Aus einer Metastudie des Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB), Technische Universität München (TUM) zum Thema „Digitale Medien im mathematisch -naturwissen-schaftlichen Unterricht der Sekundarstufe, Einsatzmöglichkeiten, Umsetzung und Wirksamkeit“, die 79 Einzeluntersuchungen berücksichtigt, geht hervor , dass der Einsatz digitaler Unterrichtsmedien über alle untersuchten Unterrichtsfächer Mathematik, Physik, Biologie und Chemie hinweg insgesamt als gewinnbringend bezeichnet werden kann: Im direkten Vergleich mit Klassen, die traditionell unterrichtet wurden, zeigten Schülerinnen und Schüler aus Klassen, in denen mit digitalen Unterrichtsmedien gearbeitet wurde, durchweg bessere Ergebnisse in den durchgeführten Leistungstests. Die Studie „Schule digital - der Länderindikator 2017“ lässt einige Rückschlüsse darauf zu, wie „sich der Aspekt der „Digitalisierung“ im tatsächlichen Unterrichtsgeschehen widerspiegelt“: Es gibt einen verhaltenen Trend zu häufigerer Nutzung von digitalen Medien im Unterricht, auch befördert durch Investitionen der Schulträger in die Ausstattung der Schulen. Schulen haben immer häufiger ein Medienkonzept, in Sachsen-Anhalt sind dies 34,5 %. Das lässt auf vermehrte Schulentwicklungsprozesse im Rahmen der Medienbildung hoffen. Lehrkräfte schätzen ihre Fähigkeiten, digitale Medien sinnvoll mit Lehrmethoden und Fachinhalten zu verknüpfen, weiterhin überwiegend positiv ein. Immer mehr Lehrkräfte fördern grundlegende computer- und informationsbezogene Kompetenzen; der Anteil liegt mittlerweile bei rund 60 %. Die komplexen Kompetenzen aber haben weniger Lehrkräfte als noch 2015 im Blick angesichts des notwendigen kritischen Umgangs mit Informationen in der digitalen Welt eine durchaus bedenkliche Entwicklung. Die Potenziale digitaler Medien für den Unterricht sehen die Lehrkräfte in didaktischer Hinsicht oder mit Blick auf die Förderung eines kompetenten Umgangs mit digitalen Medien, wie er auch von den Schülerinnen und Schülern und den Sorgeberechtigten gefordert wird. Vorteile für die Vermittlung fachlicher Kompetenzen nehmen die Lehrkräfte bislang weniger wahr. Nur annähernd 1/10 der Lehrkräfte 4 erarbeitet mindestens einmal im Monat zusammen mit Kollegen computergestützte Unterrichtsstunden oder führt gegenseitige Hospitationen durch, um Rückmeldungen zum Einsatz digitaler Medien in ihrem Unterricht zu erhalten. Die Vorteile, aber auch die Risiken bei der Nutzung digitaler Medien und Werkzeuge werden mittlerweile in zahlreichen wissenschaftlichen Studien beleuchtet. Verwiesen sei an dieser Stelle auf die Studien von Prof. Dr. Birgit Eickelmann (https://kw.unipaderborn .de/institut-fuer-erziehungswissen-schaft/arbeitsbereiche/schulpaedagogik /forschung/publikationen/publikationen-prof-dr-birgit-eickelmann/), ferner: Delia Hillmayr u. a. (Hrsg.): Digitale Medien im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht der Sekundarstufe. Einsatzmöglichkeiten, Umsetzung und Wirksamkeit, Waxmann-Verlag, Münster/New York 2017, Download: https://www.waxmann.com/?eID=texte&pdf=3766Volltext.pdf&typ=zusatztext Ramona Lorenz u. a. (Hrsg.): Schule digital - der Länderindikator 2017. Schulische Medienbildung in der Sekundarstufe I mit besonderem Fokus auf MINT- Fächer im Bundesländervergleich und Trends von 2015 bis 2017, Waxmann-Verlag, Münster/New York 2017, Download: https://www.waxmann.com/?eID=texte&pdf=3699Volltext.pdf&typ=zusatztext. Nele McElvany u. a (Hrsg.): Digitalisierung in der schulischen Bildung. Chancen und Herausforderungen, Waxmann-Verlag, Münster/New York 2018. Heike Schaumburg: Chancen und Risiken digitaler Medien in der Schule. Medienpädagogische und -didaktische Perspektiven, Bertelsmann-Stiftung, Gütersloh 2015, Download: https://www.bertelsmann-stif-tung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen /Studie_IB_Chancen_Risiken_digitale_Medien_2015.pdf. Frage 4: Welche auf Digitalisierung beruhenden Inhalte sollen künftig in den Unterricht des Landes Sachsen-Anhalt implementiert werden? Im KMK-Strategiepapier „Bildung in der digitalen Welt“, das 2016 veröffentlicht, 2017 erweitert wurde, formuliert die Kultusministerkonferenz (KMK) verbindliche Anforderungen an den Bildungsbereich, die in den Bundesländern umzusetzen sind. Es werden keine „auf Digitalisierung beruhenden Inhalte“, sondern ein Kompetenzrahmen mit sechs Bereichen festgelegt. Dieser beschreibt das Niveau am Ende der Pflichtschulzeit , das die Schülerinnen und Schüler zu einem selbstständigen und mündigen Leben in einer digitalen Welt befähigt. Die sechs Kompetenzbereiche sind: Kompetenzbereich 1: Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren Kompetenzbereich 2: Kommunizieren und Kooperieren Kompetenzbereich 3: Produzieren und Präsentieren Kompetenzbereich 4: Schützen und sicher Agieren Kompetenzbereich 5: Problemlösen und Handeln Kompetenzbereich 6: Analysieren und Reflektieren Der Kompetenzrahmen der KMK ist die Grundlage für die künftige Überarbeitung von Bildungs-, Lehr- und Rahmenplänen der Unterrichtsfächer in allen Bundesländern. Dabei soll nicht ein einzelnes Fach (z. B. Informatik), sondern „jedes einzelne Fach mit seinen spezifischen Zugängen zur digitalen Welt seinen Beitrag für die Entwick- 5 lung der in dem … Kompetenzrahmen formulierten Anforderungen leisten“ (Sekretariat der Kultusministerkonferenz, Hrsg. (2016): Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusministerkonferenz. Berlin, S. 9). Die Lehrkräfte in jedem Fach sind aufgefordert, für die fachbezogenen Kompetenzen inhaltliche Bezüge und Anknüpfungspunkte zum Kompetenzrahmen zu definieren. In der Summe aller fachspezifischen Ausprägungen müssen dann alle Kompetenzen des Rahmens berücksichtigt worden sein. Den Lehrkräften hilft in Sachsen-Anhalt die Veröffentlichung „Kompetenzanforderungen in der Primarstufe und Sekundarstufe I auf Grundlage der KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“. Orientierungen für die Fortschreibung der Lehrpläne und die schulinterne Planung in Sachsen- Anhalt“ (PDF, https://www.bildung-lsa.de/medienberatung.html). Sachsen-Anhalt ist das erste Bundesland, das eine solche Orientierung herausgegeben hat. Sie spezifiziert die Kompetenzanforderungen der KMK für die Schuljahrgänge 4, 6, 8 und 10, ist Grundlage für die Fortschreibung der Lehrpläne, für schulinterne Planungsprozesse und dient als öffentliches Diskussionspapier für die Weiterentwicklung mediendidaktischer und -planerischer Überlegungen. Frage 5: Bundesweit klagen Schulen über mangelhafte Sanierungsinvestitionen in elementaren Bereichen des Schulalltags - seien es marode Sanitär- und Heizungsanlagen , bröckelnde Außenfassaden, undichte Dächer oder unsichere Treppengeländer . a) Könnten die zur Verfügung stehenden Fördergelder aus dem Topf „Digitalisierung “ theoretisch auch für anderweitige Sanierungsmaßnahmen verwendet werden? Nein. b) Räumt die Landesregierung der „Digitalisierung“ einen höheren Stellenwert als grundhaften Sanierungsmaßnahmen ein? Wenn ja, warum? Nein.