Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3366 19.09.2018 (Ausgegeben am 20.09.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Interne Polizeiliche Informationssysteme Kleine Anfrage - KA 7/1914 Vorbemerkung des Fragestellenden: Nach dem Tod eines Polizeianwärters bei einem Einbruch in Halle (Saale) hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) deutlich strengere Aufnahmeverfahren an der Fachhochschule der Polizei Sachsen-Anhalt in Aschersleben gefordert. „Offensichtlich haben wir Polizisten im System, die nicht dem Anforderungsprofil entsprechen“, sagte Uwe Petermann, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei Sachsen-Anhalt, der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 2. Mai 2018. „Die Vergangenheit der potenziellen Bewerber müsse genauer überprüft werden. Dazu sei das Führungszeugnis, welches bei der Bewerbung vorgelegt werden muss und mögliche Vorstrafen ausweist, nicht ausreichend.“ Die Gewerkschaft der Polizei forderte deshalb eine Prüfung der Bewerber *innen über die internen Polizei-Informationssysteme. Diese Forderung wiederholte die GdP im Zusammenhang mit einem Vorfall, bei dem ein wegen eines mutmaßlichen Sexualdelikts von der Polizeifachhochschule Aschersleben entlassener Schüler bereits in der Vergangenheit mit dem Gesetz in Konflikt u. a. wegen Körperverletzung, Alkohol am Steuer und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz geraten war, und diese Gesetzesvorstöße nicht zu einem Eintrag ins Führungszeugnis geführt haben. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 2 Vorbemerkung der Landesregierung: Der parlamentarische Informationsanspruch ist grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Bei der Beantwortung dieser Kleinen Anfrage sind schutzwürdige Daten betroffen, welche nicht ohne Weiteres veröffentlicht werden können. Das Bekanntwerden der verwaltungsinternen Anweisungen zur Führung polizeilicher Informationssysteme zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung durch öffentlichen Abdruck im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage durch die Landesregierung ließe befürchten, dass die Gefahrenabwehr (insbesondere Verhütung von Straftaten) bzw. Strafverfolgung beeinträchtigt würde und hierdurch dem Wohl des Landes Sachsen-Anhalt Nachteile zugefügt würden. Zudem gilt das sogenannte „Jedermanns-Einsichtsrecht für Verfahrensverzeichnisse“ bei automatisierten Verfahren der Polizei zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung (vgl. § 14 Abs. 5 Satz 4 Datenschutzgesetz Sachsen-Anhalt, DSG LSA) nicht uneingeschränkt. Auch sind Angaben zu zugriffsberechtigten Personengruppen (vgl. § 14 Abs. 3 Nr. 8 DSG LSA) nach § 14 Abs. 5 Satz 3 DSG LSA von der Einsichtnahme ausgeschlossen. Die Zusammenstellung aller Verfahrensverzeichnisse des Landeskriminalamtes der ganz oder teilweise Zwecken der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung dienenden Verfahren zur programmgesteuerten Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten mit landesweiter Bedeutung sind bereits im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage (KA 7/1105) der Abgeordneten Henriette Quade und des Abgeordneten Matthias Höhn „Einträge in landesweite Datensammlungen des Landeskriminalamtes“ (vgl. LT-Drs. 7/1980) an die Geheimschutzstelle des Landtages übersandt worden und können nach Maßgabe der Geheimschutzordnung des Landtages dort noch eingesehen werden. Die in den Verfahrensverzeichnissen enthaltenen Angaben entsprechen dem aktuellen Stand. In den Verfahrensverzeichnissen (vgl. § 14 Abs. 3 DSG LSA) für ganz oder teilweise Zwecken der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung dienende Verfahren zur programmgesteuerten Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten mit landesweiter Bedeutung (sogenanntes landesinternes polizeiliches Informationssystem ) sind dokumentiert: - die Bezeichnung des Verfahrens, - die Zweckbestimmung und die Rechtsgrundlage der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung, - der Kreis der Betroffenen, - die Art der Daten, - die vorgesehenen Übermittlungen, - die vorgesehene Weitergabe personenbezogener Daten innerhalb der verantwortlichen Stelle zu Zwecken außerhalb des Speicherungszwecks sowie an Stellen, die personenbezogene Daten im Auftrag verarbeiten oder nutzen, - Regelfristen für die Löschung oder für die Prüfung, ob die weitere Speicherung der Daten noch erforderlich ist sowie - die zugriffsberechtigten Personengruppen oder Personen, die allein zugriffsberechtigt sind. Angaben zu strafgerichtlichen Verurteilungen, bestimmten Entscheidungen von Verwaltungsbehörden und Gerichten, gerichtlichen Entscheidungen und Verfügungen von Strafverfolgungsbehörden wegen Schuldunfähigkeit usw. werden nach Maßgabe 3 des Bundeszentralregistergesetzes (BZRG) bei der Registerbehörde nach diesem Gesetz (Bundesamt für Justiz) verarbeitet. Auskünfte aus dem Bundeszentralregister werden u. a. in Form eines Führungszeugnisses (vgl. § 30 ff. BZRG) erteilt. 1. Welche internen polizeilichen Informationssysteme werden über das polizeiliche Führungszeugnis hinaus in Sachsen-Anhalt wo geführt? 1.1 Was bildet die rechtliche Grundlage für die Erhebung und Speicherung von (personenbezogenen) Daten in diesen internen polizeilichen Informationssystemen ? Die Fragen 1 und 1.1 werden zusammenhängend beantwortet. Die erfragten Angaben sind den mit der Beantwortung der Kleinen Anfrage LT- Drs. 7/1980 übersandten Verfahrensverzeichnissen zu entnehmen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. 1.2 In welchem Rahmen und Umfang arbeiten Bund und Länder diesbezüglich zusammen? Nach § 2 Abs. 1 Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) unterstützt das Bundeskriminalamt als Zentralstelle für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen und für die Kriminalpolizei die Polizeien des Bundes und der Länder bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung. Das Bundeskriminalamt stellt zu diesem Zweck ein einheitliches Verbundsystem zu Verfügung (vgl. Abschnitt 3 [§§ 29 bis 33] des BKAG). In dem Verbundsystem werden ausschließlich personenbezogene Daten verarbeitet, die eine Verbundrelevanz nach § 30 BKAG aufweisen . Nach § 32 BKAG übermittelt das Landeskriminalamt dem Bundeskriminalamt nach Maßgabe der BKA-Daten-Verordnung die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Zentralstelle erforderlichen Informationen. 2. Welche Informationen und (personenbezogenen) Daten werden in den internen polizeilichen Informationssystemen erhoben und gespeichert? 3. Zu welchen Zwecken werden diese internen polizeilichen Informationssysteme geführt und genutzt? 4. Wer hat Zugang zu diesen internen polizeilichen Informationssystemen? 4.1 Wer kann unter welchen Voraussetzungen Einsicht in die polizeilichen Informationssysteme nehmen? 5. Wie lange werden die Daten in den internen polizeilichen Informationssystemen gespeichert? Die Fragen 2, 3, 4, 4.1 und 5 werden zusammenhängend beantwortet. Die erfragten Angaben sind den mit der Beantwortung der Kleinen Anfrage LT- Drs. 7/1980 übersandten Verfahrensverzeichnissen zu entnehmen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. 4 6. Wie schätzt die Landesregierung die gegenwärtige Forderung der Gewerkschaft der Polizei nach einer Lockerung des polizeiinternen Datenschutzes ein? Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 und zur Anpassung von bereichsspezifischen Datenschutzvorschriften an die Richtlinie (EU) 2016/680 sowie zur Regelung der Datenschutzaufsicht im Bereich des Verfassungsschutzes (LT-Drs. 7/3207) hat die Landesregierung einen Vorschlag für eine ausdrückliche gesetzliche Befugnis für Datenübermittlungen zum Zweck von Zuverlässigkeitsüberprüfungen auch anlässlich der Einstellung in den Polizeivollzugsdienst in den Landtag eingebracht (vgl. Nr. 26 des Artikels 2 des Gesetzentwurfs). Danach kann die Polizei auf der Grundlage der Einwilligung einer betroffenen Person ihre nach § 23 Abs. 1 (neu) des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (SOG LSA) im Informationssystem der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt gespeicherten oder im polizeilichen Informationsverbund zwischen Bund und Ländern zum Abruf durch die Polizei bereitstehenden personenbezogenen Daten zum Zweck der Durchführung einer Zuverlässigkeitsüberprüfung weiterverarbeiten. Das Ergebnis der Zuverlässigkeitsüberprüfung kann der Einstellungsbehörde übermittelt werden. In den Datenabgleich dürfen nur solche personenbezogenen Daten einbezogen werden, die von der Polizei auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 (neu) SOG LSA im polizeilichen Informationssystem weiterverarbeitet werden. Bei den nach § 23 Abs. 1 (neu) SOG LSA betroffenen Personenkategorien liegen regelmäßig spezifische personenbezogene Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vor, die Zweifel an der Zuverlässigkeit begründen können. Die Übermittlung personenbezogener Daten darf nicht zu einer Erweiterung des Kreises der Stellen nach § 41 BZRG führen, die von Eintragungen, die in ein Führungszeugnis nicht aufgenommen werden, Kenntnis erhalten, und muss das Verwertungsverbot im Bundeszentralregister getilgter oder zu tilgender Eintragungen nach §§ 51 und 52 BZRG berücksichtigen. Eine solche ausdrückliche gesetzliche Regelung entspricht den Zielen der Richtlinie (EU) 2016/680 und sichert den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten. 7. Mit welchen Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung künftig solchen Vorfällen, wie im Eingangstext der Kleinen Anfrage beschrieben, entgegenzuwirken, um insbesondere mehr über die charakterliche Eignung der Bewerber*innen zu erfahren? Auf die Antwort auf Frage 6 verwiesen.