Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3396 25.09.2018 (Ausgegeben am 25.09.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Verkehrslärmbelastung der Ortsteile Kleinhelmsdorf, Weickelsdorf und Roda der Stadt Osterfeld (Burgenlandkreis) durch die Bundesautobahn A 9 Kleine Anfrage - KA 7/1943 Vorbemerkung des Fragestellenden: Kleinhelmsdorf, Weickelsdorf und Roda sind Ortsteile der Stadt Osterfeld, die sich kurz vor der Landesgrenze zu Thüringen westlich bzw. östlich der A 9 befinden. Zum Schutz der in Kleinhelmsdorf lebenden Menschen vor dem Lärm der BAB 9 wurde vor Jahren eine Lärmschutzwand errichtet. Für die Ortslagen Weickelsdorf und Roda existiert ein solcher Schutz nicht. Die Lärmbelastung in Weickelsdorf und Roda wird von den Einwohnern generell als extrem stark wahrgenommen. Die Situation in den beiden vorgenannten Orten ist einfach zu erklären, denn es fehlt gänzlich an Lärmschutzmaßnahmen für diese Orte. Lediglich Lärmschutzfenster wurden in einzelnen besonders belasteten Wohngebäuden eingebaut. In Kleinhelmsdorf ist die Situation, je nach Standort, sehr unterschiedlich . Für Teile der Ortslage scheint der Lärmschutz gegeben zu sein, während an anderen Stellen eine starke Lärmbelastung herrschte. Dies scheint daran zu liegen , dass die Lärmschutzwand in Richtung Süden kurz nach der Ortslage endet und der Lärm von südlich der BAB 9 so in die Ortslage Kleinhelmsdorf, quasi durch die Hintertür, hineindringt. Diese These wird durch die Berichte von Einwohnern genährt, wonach bei Südwind die Lärmbelastung besonders hoch sei. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) steht auf dem Standpunkt, dass der von der A 9 ausgehende Verkehrslärm für die genannten Orte bereits im Zuge des Planfeststellungsverfahrens zum Ausbau der A 9 im Jahr 1999 untersucht worden sei. Damals sei man für 2010 von 83.000 Fahrzeugen am Tag bei einem Schwerverkehrsanteil von 25 % pro Tag und 45 % in der Nacht ausgegangen. Ein ergänzender Lärmschutz sei nur zulässig, wenn die tatsächlichen Verkehrszahlen von den prognostizierten Verkehrszahlen erheblich abweichen und die Abweichung eine Erhöhung des Beurteilungspegels von 3 dB(A) bewirken würde. Das sei 2 jedoch nicht der Fall. Die heutigen Verkehrsmengen liegen nach Aussage des BMVI erheblich unter den prognostizierten Verkehrsaufkommen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Grundlage für den Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau der A 9 im Jahr 1999 war eine Lärmberechnung. Grundlage für die Berechnung war eine Prognose für 2010 von 83.000 Fahrzeugen am Tag bei einem Schwerverkehrsanteil von 25 % pro Tag und 45 % in der Nacht (siehe Vorbemerkungen ). Trifft es zu, dass die Lärmberechnung auf Basis einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h für PKW bzw. von 80 km/h für LKW errechnet wurde? Wenn nein, von welchen Höchstgeschwindigkeiten geht die Lärmberechnung aus? Es trifft zu, dass die Lärmberechnung auf Grundlage der benannten Höchstgeschwindigkeit ermittelt wurde. Gemäß § 3 der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV) sind die Beurteilungspegel zu berechnen. Diese Berechnung erfolgt bundeseinheitlich nach den Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen, Ausgabe 1990 (RLS-90). An die Anwendung der RLS-90 besteht eine gesetzliche Bindung. Eingangsgrößen der Berechnung sind die prognostizierte Verkehrsmenge in Kfz/24h (durchschnittlicher täglicher Verkehr über alle Tage des Jahres), der Lkw-Anteil, die zulässige Höchstgeschwindigkeit (bei Autobahnen maximal 130 km/h für PKW und 80 km/h für LKW), die Straßenoberfläche und die Steigung der Straße. Die Berechnung erfolgt „zur sicheren Seite“ für die Anlieger, d. h. mit leichtem Wind (etwa 3 m/s) von der Straße zum Gebäude. Die in der RLS-90 in Ansatz gebrachte Höchstgeschwindigkeit für PKW auf Autobahnen beruht auf Durchschnittswerten. Spitzenbelastungen, die durch schnellere Kraftfahrzeuge verursacht werden, bleiben bei der auf Durchschnittswerte ausgerichteten Pegelberechnung unberücksichtigt - gleiches gilt aber auch für Minderbelastungen durch zähflüssigen Verkehr oder Staus. 2. Für den Fall, dass die Lärmberechnung auf Basis einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h für PKW erfolgt sein sollte: Hält die Landesregierung diese Höchstgeschwindigkeit für realistisch? Verfügt die Landesregierung über Erkenntnisse dazu, wie hoch der Anteil der PKW ist, die mit einer Geschwindigkeit von mehr als 130 km/h in dem Abschnitt unterwegs sind? Die Bundesautobahn 9 unterliegt in dem in Rede stehenden Abschnitt hinsichtlich der zulässigen Höchstgeschwindigkeit grundsätzlich keinen Beschränkungen . Die Landesregierung geht deshalb davon aus, dass die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h nicht von allen PKW eingehalten wird. In Bereichen, die keiner grundsätzlichen Geschwindigkeitsbeschränkung unterliegen , kommt die Polizei nicht zur Geschwindigkeitsüberwachung zum Einsatz. 3 Auch seitens der Straßenbauverwaltung werden keine statistisch aussagefähigen Geschwindigkeitsmessungen für PKW durchgeführt. Daher können zur Fragestellung, wie hoch der Anteil der Pkw ist, die mit einer Geschwindigkeit von mehr als 130 km/h in dem in Rede stehenden Abschnitt unterwegs sind, keine Aussagen getroffen werden. 3. Für den Fall, dass die Lärmberechnung auf Basis einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h für LKW erfolgt sein sollte: Hält die Landesregierung diese Höchstgeschwindigkeit für realistisch? Verfügt die Landesregierung über Erkenntnisse dazu, wie hoch der Anteil der LKW ist, die unzulässigerweise mit einer Geschwindigkeit von mehr als 80 km/h in dem Abschnitt unterwegs sind? Die Landesregierung hält es für realistisch, dass Verstöße gegen die zulässige Höchstgeschwindigkeit für LKW von 80 km/h auftreten. Erkenntnisse, wie hoch der Anteil der LKW ist, die unzulässiger Weise mit einer Geschwindigkeit von mehr als 80 km/h in dem in Rede stehenden Abschnitt unterwegs sind, liegen der Landesregierung nicht vor. Eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten bei LKW wird in der Regel durch Auswertung des in den Kraftfahrzeugen befindlichen Kontrollgerätes - des sogenannten Fahrtenschreibers oder Tachographen - im Rahmen von Anhaltekontrollen der Polizei überprüft. Eine Zuordnung, in welchem örtlichen Bereich die dann ggf. festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung erfolgte, ist im Zuge der Auswertung dieser Informationen jedoch nur sehr selten möglich. Auch seitens der Straßenbauverwaltung werden keine statistisch belastbaren Geschwindigkeitsmessungen für LKW durchgeführt.