Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3406 26.09.2018 (Ausgegeben am 26.09.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Beschlagnahmungen von „Feindeslisten“ bei Rechtsterroristen, Neonazis und Rechtsextremisten Kleine Anfrage - KA 7/1927 Vorbemerkung des Fragestellenden: In den letzten Jahren wurden bei Durchsuchungen im Rahmen von Ermittlungen wegen Rechtsterrorismus gegen Angehörige der extrem rechten Szene mehrfach sogenannte „Feindeslisten“ mit Namen und Räumlichkeiten politischer Gegnerinnen und Gegner gefunden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Landesregierung: In Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwaltes im Phänomenbereich der politisch motivierten Kriminalität (PMK) -rechts- wurden verschiedene Listen sichergestellt , die Adress-, Personen- und Telefondaten enthielten. Bisher haben sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es sich um so genannte „Feindeslisten “ handelt. 1. Wie viele Personen in Sachsen-Anhalt waren als mutmaßliche politische Gegnerinnen und -gegner sowie potentielle Anschlagsziele/-orte nach Kenntnis der Landesregierung insgesamt auf allen Namenslisten und Stadtplänen verzeichnet, die bisher im Rahmen von Ermittlungen im Zusammenhang mit dem rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrund “ (NSU) beschlagnahmt worden? 2 Die dem hiesigen Landeskriminalamt (LKA) vom Bundeskriminalamt (BKA) im Jahr 2011 übersandte Liste enthielt 222 Einträge zu Personen des öffentlichen Lebens, Adressen von Bürgerbüros, Wahlkreisbüros verschiedener Parteien, Bundeswehreinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber und Waffengeschäften. Davon waren 58 Personeneinträge. Zudem ist in einem Verfahrenskomplex ein Notizzettel mit dem Namen einer Person des öffentlichen Lebens gefunden worden. Die verzeichneten 58 Personen, die Verantwortlichen der vermerkten Institutionen und Unternehmen sowie die Person, deren Personalien auf dem Notizzettel vermerkt waren, sind seinerzeit persönlich, in Ausnahmefällen postalisch, über die vom BKA getroffene Gefährdungsbewertung informiert worden. Konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung waren nach Einschätzung des BKA nicht ersichtlich. 2. Wie viele Personen in Sachsen-Anhalt waren als mutmaßliche politische Gegnerinnen und -gegner sowie potentielle Anschlagsziele/-orte nach Kenntnis der Landesregierung insgesamt auf allen Namenslisten und Stadtplänen verzeichnet, die bisher im Rahmen von Ermittlungen gegen die Rechtsextremisten Franco A., Maximilian T. und Mathias F. beschlagnahmt wurden? Keine. 3. Wie viele Personen in Sachsen-Anhalt waren als mutmaßliche politische Gegnerinnen und -gegner sowie potentielle Anschlagsziele/orte nach Kenntnis der Landesregierung insgesamt auf allen Namenslisten und Stadtplänen verzeichnet, die bisher im Rahmen von Ermittlungen gegen Mitglieder der extrem rechten Prepper-Gruppierung „Nordkreuz“ beschlagnahmt wurden? Im Zuge der Prüfungshandlungen wurden Hinweise zu einer Person festgestellt. Die vom BKA erstellte Gefährdungsbewertung ist der zuständigen Polizeidienststelle übersandt worden. Weitergehende gefahrenerhöhende Aspekte haben sich im Zuge der Prüfungshandlungen nicht ergeben. 4. Bei wie vielen und welchen weiteren Ermittlungsverfahren gegen extrem rechte bzw. neonazistische Gruppierungen hat die Generalbundesanwaltschaft nach Kenntnis der Landesregierung seit 2011 wie viele Listen mit Namen von Politikerinnen und Politikern in Sachsen-Anhalt gefunden? Bitte auflisten. 5. Wie viele Personen in Sachsen-Anhalt waren nach Kenntnis der Landesregierung auf den unter 4. genannten „Feindeslisten“ jeweils verzeichnet und aus welchen Bereichen kommen diese? Bitte aufschlüsseln nach Parteien , Gewerkschaften, Kirchen, Vereine, antirassistische/antifaschistische Initiativen etc.. Die Fragen 4 und 5 werden im Zusammenhang beantwortet. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 3 6. Wie viele auf den sogenannten „Feindeslisten“ (Fragen 1. bis 3., 5.) aufgeführte Personen in Sachsen-Anhalt wurden nach Kenntnis der Landesregierung von den Bundes- oder Landesbehörden vollständig darüber in Kenntnis gesetzt, dass ihre Namen auf einer oder mehreren solcher Listen verzeichnet waren, und wenn ja, auf welchem Weg und wann ist diese Meldung erfolgt? Der Landesregierung liegen keine Informationen darüber vor, ob Personen aus Sachsen-Anhalt von Bundesbehörden eine Benachrichtigung im Sinne der Fragestellung erhalten haben. a) In wie vielen Fällen erfolgte keine Meldung und aus welchen Gründen wurden die Personen nicht über diesen Sachverhalt in Kenntnis gesetzt? Auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3 wird verwiesen. b) In wie vielen Fällen erhielten die betroffenen Personen besonderen polizeilichen Schutz („Personenschutz“)? In keinem Fall. c) Wie schätzt die Landesregierung die Gefährdung von Personen ein, die auf solchen Listen aufgeführt sind? Zum jeweiligen Zeitpunkt der vom BKA durchgeführten Gefährdungsbewertung waren keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung für Personen aus Sachsen-Anhalt ersichtlich. 7. Existieren nach Kenntnis der Landesregierung Richtlinien zur Information von Betroffenen, die auf solchen Listen aufgeführt sind? Falls ja, welche Verfahrensweisen beinhalten diese Richtlinien? Falls nein, warum existieren keine solchen Richtlinien und auf welcher anderweitigen formalen Grundlage erfolgt die Information der Betroffenen? Derartige Richtlinien existieren mit Blick auf die bislang geringen Fallzahlen nicht. Die Information der Betroffenen erfolgt auf der Grundlage der gefahrenabwehrrechtlichen Regelungen des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt. 8. Werden das Auffinden und/oder die Veröffentlichung von „Feindeslisten“ nach Kenntnis der Landesregierung zentral erfasst? Falls ja, welche Bundesbehörden erfassen solche Listen in welchen Statistiken bzw. Datenbanken ? Falls nein, wie bewertet die Landesregierung das Fehlen einer solchen zentralen Erfassung? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse über die zentrale Erfassung im Sinne der Fragestellung durch Bundesbehörden vor. Die Notwendigkeit einer zentralen Erfassung wird von der Landesregierung nicht gesehen. Der phäno- 4 menorientierte Informationsaustausch von BKA und den jeweiligen LKÄ ist sichergestellt. 9. Wie oft haben sich nach Kenntnis der Landesregierung Bundesbehörden /stellen (Bundeskriminalamt, Bundesamt für Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst, „Gemeinsames Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum zur Bekämpfung des Rechtsextremismus/-terrorismus“, Generalbundesanwaltschaft etc.) mit sogenannten „Feindeslisten“ befasst , die bei extrem rechten bzw. neonazistischen Personen aufgefunden oder von diesen selbst veröffentlicht wurden? Der Landesregierung ist nicht bekannt, wie häufig sich Bundesbehörden mit den Listen befasst haben. 10. Wie oft und ggf. wann haben sich welche Landesbehörden und/oder - stellen mit sogenannten „Feindeslisten“ befasst, die bei extrem rechten bzw. neonazistischen Personen aufgefunden oder von diesen selbst veröffentlicht wurden? Aufzeichnungen, die im Zuge des landesinternen oder bundesweiten Informationsaustausches , aber auch im Wege verschiedenster Ermittlungsverfahren bekannt werden, stellen keine Besonderheit dar. Vielmehr ist diese Sammlung von Informationen über vermeintliche politische Gegner phänomenübergreifend zu beobachten. Eine statistische Erfassung dieser Vorgänge erfolgt nicht.