Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3456 15.10..2018 (Ausgegeben am 16.10..2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dagmar Zoschke (DIE LINKE) Verwaltung des „Dolmetschertopfes“ Kleine Anfrage - KA 7/1977 Vorbemerkung der Fragestellenden: Das Land Sachsen-Anhalt hält als freiwillige Leistung Mittel für Honorare von Gebärdensprachdolmetscher *innen-Leistungen vor, die zu gleichen Teilen den beiden Landesberatungsstellen für Menschen mit einer Hörbehinderung zur Verfügung stehen , der Landesstelle Nord in Magdeburg und der Landesstelle Süd in Halle. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Vorbemerkung der Landesregierung: Im Land Sachsen-Anhalt werden zwei Träger mit dem Zuwendungszweck gefördert, Gebärdensprachdolmetscherleistungen außerhalb von Verwaltungsverfahren zu erbringen . Die Förderung erfolgt gem. §§ 23, 44 LHO als Vollfinanzierung für die Finanzierung von Honorar- und Fahrtkosten. Für diesen Zuwendungszweck erhalten beide Zuwendungsempfänger seit 2012 Fördermittel. Die Beratungsstelle für Hörbehinderte e. V. in Magdeburg erhält eine jährliche Zuwendung von bis zu 19.952,00 EUR, die Landesarbeitsgemeinschaft der Gebärdensprachdolmetscher Sachsen-Anhalt e. V. in Halle erhält eine jährliche Zuwendung von bis zu 15.690,00 EUR. Seit 2018 findet § 5 der Kommunikationshilfenverordnung (KHV) in der jeweils geltenden Fassung bei der Vergütung der Dolmetscherleistungen im Zuwendungsbereich Anwendung. Ziel der Änderung ist die Implementierung einer landesweit einheitlichen Verfahrensweise in allen Bereichen. 2 1. Gibt es in den Landesstellen eine Prioritätenliste, nach der über die Ausreichung der Zuwendungen entscheiden wird? Wenn ja, wie sieht diese aus? Wenn nein, nach welchen Kriterien entscheiden die Landesstellen über die Dringlichkeit gestellter Anträge? Bei beiden Trägern gibt es keine festgeschriebene Prioritätenliste. Die Zuwendungsmittel sollen für alle privaten Termine/Themen, dem Bedarf entsprechend, und für jeden hörbehinderten Menschen gleichberechtigt genutzt werden. Bei der Bewertung der Dringlichkeit erhalten Themen wie z. B. Rechtsanwaltstermine , Notartermine, Bestattungsformalitäten, KiTa-, Hort- oder Schulelternabende und -gespräche von der Landesarbeitsgemeinschaft der Gebärdensprachdolmetscher Sachsen-Anhalt e. V. Vorrang gegenüber wiederkehrenden selbstverschuldeten Terminen. Von der Beratungsstelle für Hörbehinderte e. V. wurde bis 2017 keine Priorisierung der Einsätze vorgenommen. Erstmalig im Jahr 2018 wurde jedoch entschieden , dass Termine für Elternversammlungen, Hochzeiten und Termine für Bestattungsformalitäten Vorrang haben. Die gehörlosen Menschen wurden darüber entsprechend informiert. Die Entscheidung wird damit begründet, dass die Fördermittel 2018 aufgrund der Anwendung von § 5 KHV voraussichtlich nicht ausreichen werden. 2. Für die Unterstützung der Teilhabe an welchen gesellschaftlichen Bereichen werden am häufigsten Leistungen aus dem „Dolmetschertopf“ beantragt? Die Beratungsstelle für Hörbehinderte e. V. und die Landesarbeitsgemeinschaft der Gebärdensprachdolmetscher Sachsen-Anhalt e. V. gaben an, dass die häufigsten Leistungen zu nachstehenden Themen beantragt werden: KiTa-, Hort- und Schul-Elternabende und -gespräche, Einschulungen, Schulabschlussfeierlichkeiten ; Rechtsanwalts- und Notariatstermine; Mietangelegenheiten und individuelle Absprachen mit Baufirmen im Zuge von Sanierungen oder Renovierungen; Lohnsteuerangelegenheiten und Gespräche zu Bank-, Versicherungs-, Darlehensverträgen ; Anbahnung privater Insolvenzverfahren (1. + 2. Termin); Sterbefallangelegenheiten; Versammlungen des Kleingartenvereins und der Garagen-Interessengemeinschaft (einmal jährlich); Angehörigen- und Familien-Gespräche (u. a. zu Erziehungsfragen oder Auseinandersetzungen ), wenn keine innerfamiliäre Gebärdensprachkompetenz vorliegt. 3 3. Wie viele Fälle von Ablehnungen gab es in den letzten Jahren 2016, 2017 und 2018? Mit welcher Begründung wurden die Anträge abgelehnt? Die Landesarbeitsgemeinschaft der Gebärdensprachdolmetscher Sachsen- Anhalt e. V. berichtet von ca. 5 bis 10 Ablehnungen jährlich. Die Ablehnungen werden z. B. damit begründet, dass der Antrag nicht dem Zuwendungszweck „außerhalb eines Verwaltungsverfahrens“ entspricht, wiederkehrendes Selbstverschulden vorliegt oder ggf. die An- und Abfahrtsstrecke zu weit ist (zu hohe Kosten nach Hochrechnung der noch vorhandenen Fördermittel). Die Beratungsstelle für Hörbehinderte e. V. lehnte bisher keine Anfragen ab. Im Jahr 2018 stehen zum Berichtszeitpunkt aufgrund der Anwendung von § 5 KHV nur noch sehr geringe Fördermittel zur Verfügung, was gegebenenfalls zu Absagen von Anfragen zum Jahresende nach sich ziehen wird.