Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3458 15.10.2018 (Ausgegeben am 16.10.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Roi (AfD) Abgeordneter Hannes Loth (AfD) Behauptungen zu Chemnitz Kleine Anfrage - KA 7/1981 Vorbemerkung des Fragestellenden: Innenminister Holger Stahlknecht sprach in seiner Regierungserklärung am 30. August 2018: „Aufgrund der Vorkommnisse in Chemnitz, die wir, glaube ich, nicht unerwähnt lassen dürfen, was ich auch nicht will, will ich den starken Staat an den Anfang meiner Regierungserklärung stellen.“ Weiter behauptet Herr Innenminister bezogen auf seine Erwähnung der Chemnitzer Vorkommnisse: „Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen in Deutschland keine Selbstjustiz. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir brauchen in Deutschland keine Pogromstimmung.“ Auch die Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende der SPD Frau Dr. Pähle behauptet in ihrem Redebeitrag vom 31. August 2018 unter dem Tagesordnungspunkt 10: „Zu Beginn dieser Woche haben in Chemnitz 6 000 Menschen demonstriert, davon mehrere Tausend Rechtsextreme.“ Weiter zitiert Frau Dr. Pähle, Frau Dr. Angela Merkel, deren Aussagen sie sich widerspruchslos anschloss: „Wir haben Videoaufnahmen darüber, dass es Hetzjagden gab, dass es Zusammenrottungen gab, dass es Hass auf der Straße gab.“ Letztlich unterstellt Frau Dr. Pähle der AfD: „Der Trauermarsch der AfD das ist Provokation und der Versuch, die Muskeln spielen zu lassen, um zu sehen, ob der Staat noch in der Lage ist, dem etwas entgegenzusetzen.“ Im selben Rahmen, dem TOP 10 des 31. August 2018, behauptet Frau Lüddemann, Fraktionsvorsitzende BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Werte Abgeordnete! Der Mob von Chemnitz hat uns sehr drastisch vor Augen geführt, was passiert, wenn Politik auf dem rechten Auge blind ist [..].“ Auch Frau Quade von der Fraktion DIE LINKE behauptete am 31. August 2018 in ihrem Redebeitrag zur Diskussion um die Große Anfrage, mit der sie sich an dieser Stelle, laut eigener Aussagen, nicht beschäftigt hatte: „Wir sehen es, wenn AfD- 2 Abgeordnete Lynchjustiz fordern und die Jagd von Hooligans und Neonazis auf Migrantinnen in Chemnitz als Protest verkaufen wollen.“ Herr Dr. Grube, Mitglied der SPD-Fraktion, unterstellte in einem Zwischenruf: „Sie haben das in Chemnitz begrüßt, dass dort Rechtsextreme, Rechtsradikale aufgeschlagen sind!“ Vor Beginn der Aussprache zur Großen Anfrage ermahnte der Vizepräsident Herr Gallert: „Ob Chemnitz, Wismar oder Mattstedt - jeden Tag erleben wir, wie dünn die Decke der Zivilisation in unserer Gesellschaft inzwischen geworden ist. Lassen Sie uns gemeinsam dazu beitragen, hier ein Zeichen von zivilisierter politischer Auseinandersetzung zu setzen.“ Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung vor, die die Äußerungen des Abgeordneten Dr. Grube (SPD), wonach die AfD es begrüßt hätte, dass in Chemnitz Rechtsextreme und Rechtsradiale aufgeschlagen sind, untermauern? Wie bewertet die Landesregierung diese Aussage in Bezug auf ihren Wahrheitsgehalt? Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 2. Welche Abgeordneten der AfD haben - wie von Frau Quade behauptet - zur Lynchjustiz aufgerufen? Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 3. Welche Abgeordneten der AfD haben eine vermeintliche Jagd von Neonazis und Hooligans auf Migranten in Chemnitz als Protest verkauft? Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, inwieweit es Jagden auf Migranten in Chemnitz gab? Welche Erkenntnisse sind das? Zu der Frage, ob und welche Abgeordneten der AfD „eine vermeintliche Jagd von Neonazis und Hooligans auf Migranten in Chemnitz als Protest verkauft“ haben, liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. In Bezug auf die Frage, ob es „Jagden auf Migranten“ in Chemnitz gegeben hat, liegen der Landesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor, die über die Berichterstattung in der Presse hinausgehen. 4. Gab es in Chemnitz einen Mob? Wie bewertet die Landesregierung die Aussage der Fraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass die Politik auf dem rechten Auge blind wäre? Welche Position bezieht die Landesregierung, dass Politik oder Polizei in Chemnitz politisch motivierte Gewalt relativieren oder decken? 3 Die Bewertung über die Zusammensetzung der versammlungsrechtlichen Aktionen in Chemnitz sowie der Aussage, dass die Politik oder die Polizei in Chemnitz politisch motivierte Gewalt relativiert oder gedeckt habe, obliegt den Behörden in Sachsen. 5. Liegen der Landesregierung Informationen über die Zusammensetzung der politischen Meinungen im Trauerzug in Chemnitz vor, speziell über Anzahl von rechtsextremen Teilnehmern des Trauerzuges? Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. 6. In welcher Weise hat die AfD in Chemnitz die Muskeln spielen lassen, um den Staat zu gefährden, wie von Frau Dr. Pähle behauptet? Hierzu liegen der Landesregierung keine Informationen vor. 7. Auf welche Erkenntnisse stützt sich Herr Innenminister Stahlknecht in seiner Regierungserklärung am 30. August 2018, wenn er behauptet „Vorkommnisse in Chemnitz erwähnen zu müssen“? 8. Welche aktuellen Erkenntnisse liegen der Landesregierung vor, die in Bezug auf Demonstrationen in Chemnitz die vom Innenminister verwendeten Begriffe „Selbstjustiz“ und „Pogromstimmung“ rechtfertigen? Die Fragen 7 und 8 werden zusammenhängend beantwortet. Über den gewaltsamen Tod eines Deutschen, die Festnahme von Tatverdächtigen und sich daran anschließende Versammlungen ist national und international berichtet worden. In der Regierungserklärung auf diese aktuellen Ereignisse einzugehen, die auch in der Öffentlichkeit breit diskutiert wurden, ist allgemein üblich. In der öffentlichen Diskussion und der Presseberichterstattung wurden die genannten Begriffe häufig verwendet und daher auch in der Regierungserklärung reflektiert. 9. Welche Position hat die Landesregierung zu angeblichen Hetzjagden in Chemnitz? Wie bewertet die Landesregierung die Aussagen des Regierungssprechers Seibert und der Bundeskanzlerin Merkel, die sich nach eigenen Angaben vorwiegend auf Informationen aus den sozialen Medien gründen und die Aussagen der Bundespolizei, des Ministerpräsidenten von Sachsen sowie dem Bundesinnenminister, die augenscheinlich konträr zu den Äußerungen Merkels sind? Die Landesregierung verurteilt jedwede Form von Angriffen auf Personen die aus einer rassistischen oder anderweitigen politischen Motivationslage heraus durchgeführt werden ausdrücklich. Die Aussagen der Bundesregierung werden seitens der Landesregierung nicht bewertet.