Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3474 17.10.2018 (Ausgegeben am 17.10.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Stefan Gebhardt (DIE LINKE) Abgeordnete Kristin Heiß (DIE LINKE) Dienstwagen für Staatssekretär Dr. Schellenberger - Teil II Kleine Anfrage - KA 7/2012 Vorbemerkung des Fragestellenden: Bezugnehmend auf die Antwort der Landesregierung in der Drucksache 7/3372 ergeben sich folgende Nachfragen. Antwort der Landesregierung erstellt von der Staatskanzlei und Ministerium für Kultur 1. Mit Verweis auf die Fürsorgepflicht rechtfertigt die Landesregierung die Anschaffung des BMW 730d xDrive mit Executive Lounge Seating für Herrn Staatssekretär Dr. Schellenberger. Landesbediensteten mit einem Grad der Behinderung ab 50 wird auf Dienstfahrten nur die billigste Fahrkarte in der niedrigsten Beförderungsklasse erstattet (§ 4 Abs. 1 BesVersEG LSA). Vergleichbaren Bediensteten des Bundes und anderer Bundesländer wird ein höherer Komfort auf Dienstreisen zugestanden (§ 4 Abs. 3 BRKG). Wie rechtfertigt die Landesregierung die Beibehaltung dieser Schlechterstellung für Landesbedienstete im Lichte ihrer Fürsorgepflicht und der Anschaffung des Luxusdienstwagens für Herrn Dr. Schellenberger? Die fehlende Möglichkeit, Bediensteten mit einem Grad der Schwerbehinderung von mindestens 50 die Kosten der ersten Klasse bei Bahnfahrten zu erstatten (§ 4 Abs. 3 BRKG), ist gerechtfertigt. Die Deutsche Bahn befördert orthopädische Hilfsmittel wie z. B. Rollstuhl, Rollator oder Gehhilfen ohne Aufpreis (https://www.bahn.de/p/view/ service/barrierefrei/barrierefreies_reisen_handicap .shtml). Dieses Angebot besteht unabhängig von der Beförderungsklasse. 2 Bedienstete mit einem Grad der Schwerbehinderung können demnach auch in der zweiten Beförderungsklasse angemessen reisen. Im vorliegenden Falle geht es nicht um Bahnfahrten, sondern um die Nutzung des Dienstkraftwagens. Grundsätzlich erfordert das Amt eines Staatssekretärs eine größere Mobilität im Vergleich zu Bediensteten anderer Besoldungsgruppen / Entgeltgruppen, weil Repräsentationsaufgaben wahrgenommen werden und an Sitzungen außerhalb des Dienstortes teilgenommen wird. Daher steht ihnen ein Dienstkraftfahrzeug zur Verfügung. Aus Fürsorgegründen wurde in diesem Einzelfall vom Ministerium der Finanzen eine Ausnahme gemäß Nr. 24.2 der Kraftfahrzeugrichtlinien zugelassen, um die Dienstfähigkeit des Beamten nicht zu beeinträchtigen. 2. Erfüllt Staatssekretär Dr. Schellenberger die laut Bundesreisekostengesetz (§ 4 Abs. 3) erforderlichen Voraussetzungen für ein Upgrade in eine nächsthöhere Klasse? Die Frage stellt sich nicht. Für ihn gelten die allgemeinen Regelungen. 3. Laut fachärztlichem Gutachten ist ein „Autositz, angepasst an den Körper“ erforderlich. a. Wurde die Anschaffung eines ergonomischen Nachrüstsitzes für den bisherigen Dienstwagen (5er BMW) geprüft? Falls nein, warum nicht? Falls ja, mit welchem Ergebnis? b. Wurde die Anschaffung eines orthopädischen Sitzkissens oder einer individuell angepassten orthopädischen Sitzschale für Herrn Staatssekretär Dr. Schellenberger geprüft? Falls nein, warum nicht? Falls ja, mit welchem Ergebnis? c. Der Verein „Aktion Gesunder Rücken e. V.“ vergibt seit vielen Jahren das AGR-Gütesiegel für Autositze, die höchsten ergonomischen Anforderungen entsprechen. Trägt die Executive Lounge Seating Option (Aufpreis 2.200 Euro laut aktueller BMW-Preisliste) des neuen Dienstwagens (7er BMW) das AGR-Gütesiegel? Falls nein, warum wurde kein Modell eines Autoherstellers in Betracht gezogen, dessen Sitze das AGR-Gütesiegel tragen? Der Hersteller bietet für die 5er Baureihe keine ergonomischen Nachrüstsitze, orthopädische Sitzkissen oder angepasste orthopädische Sitzschalen an. Die technischen Richtlinien des Herstellers geben keine Gütesiegel vor. Technische Sonderlösungen wären im konkreten Falle offensichtlich unwirtschaftlich gewesen . 4. Wo liegen die derzeitigen vom MF per Runderlass gemäß Kraftfahrzeugrichtlinie festgelegten Kaufpreishöchstgrenzen für Dienstwagen? Auf Anlage 6 der Haushaltstechnischen Richtlinien des Landes Sachsen-Anhalt wird verwiesen. 3 5. Wie definiert die Landesregierung eine „angemessene Ausstattung“ (Nr. 5.1 der Kraftfahrzeugrichtlinie)? Der Begriff der „angemessenen Ausstattung“ kann nicht pauschal für alle Dienstfahrzeuge definiert werden. Dabei handelt es sich um einen unbestimmten Begriff, der für die jeweiligen Fahrzeugklassen entsprechend auszulegen ist. Die Ausstattung bei Ober- und Mittelklassefahrzeugen unterscheidet sich daher in einigen Punkten, vor allem auch im Grundmodell. Komponenten wie beispielsweise Klimaanlage, Einparkhilfe, Navigationsgerät und Sitzheizung können als Teil einer "angemessenen Ausstattung" angesehen werden. 6. Die Landesregierung führt aus, dass die elektronische Einstellmöglichkeit des Autositzes sowie die Verstellbarkeit des Bürodrehstuhls den Anforderungen des Staatssekretärs genügt. Das Sitzungsmobiliar des Landtages für die mehrstündigen Haushaltsberatungen verfügt weder über die elektronischen Einstellmöglichkeiten des Executive Lounge Sitzes eines 7er BMW, noch über mehrfache Verstellmöglichkeiten eines Bürodrehstuhls . Auch das zwischen-zeitliche Aufstehen und Bewegen ist während einer Ausschussberatung eher unüblich. Warum ist Staatssekretär Dr. Schellenberger noch nicht an die Verwaltung der Staatskanzlei herangetreten , um auf eine, seinem Hüftleiden entsprechende ergonomische Sitzmöglichkeit für die mehrstündigen Haushaltsberatungen im Landtag hinzuwirken? Mehrstündige Haushaltsberatungen im Finanzausschuss finden je nach Plan (Einzel- oder Doppelhaushalt) nur alle ein bis zwei Jahre statt. Damit handelt es sich also nicht um eine Dauerbelastung, die eine grundsätzliche Vorsorge erfordert . Sollte im Einzelfall die Belastung zu stark sein, so hat der Staatssekretär bisher zu einem Schmerzmittel gegriffen, um seine Dienstfähigkeit aufrechtzuerhalten. 7. Laut Medienberichten übernimmt Staatssekretär Dr. Schellenberger die Differenz der Leasingkosten zwischen einem 5er BMW und einem 7er BMW in Höhe von 30 Euro monatlich selbst. Welche zusätzlichen Kosten entstehen dem Land durch den Wechsel auf einen höherwertigen Dienstwagen (Spritverbrauch, Versicherungskosten, o. Ä.)? Zu den Leasingraten wird auf die Antwort auf die Kleine Anfrage KA 7/1972 verwiesen. Kostenposition 5er BMW 7er BMW Spritverbrauch 7,1 l/100 km (WLTP) 1 7,1 l/100 km (WLTP) 1 Versicherung Grundsatz der Selbstversicherung gemäß VV Nr. 11 zu § 34 LHO Kfz-Steuer 467 Euro 469 Euro 1 WLTP – Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure, Testverfahren zur Kraftstoffverbrauchs- und Emissionswertermittlung ab 1. September 2018, nach Herstellerangaben 4 8. Zu Frage 13 führte die Landesregierung aus, dass die Ressorts Dienstkraftfahrzeuge in eigener Verantwortung beschaffen und ggf. persönliche Indispositionen berücksichtigen. In wie vielen Fällen und in welchen Ressorts wurden seit 2016 besondere Sitze für Dienstkraftfahrzeuge aufgrund persönlicher Indispositionen Landesbediensteter beschafft ? Der Landesregierung liegen dazu keine Daten vor.