Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3522 24.10.2018 (Ausgegeben am 25.10.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Monika Hohmann (DIE LINKE) Neue Kita-Software Kleine Anfrage - KA 7/2005 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der Sitzung des Landesjugendhilfeausschusses vom 3. September 2018 berichteten Vertreter des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration, dass die Einführung einer Software für Kindertageseinrichtungen angedacht sei. Im Landeshaushalt sind entsprechende Mittel veranschlagt. Die neue Software soll das bisherige System LaJu ablösen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Vorbemerkung der Landesregierung: Mit der im Land Sachsen-Anhalt im Bereich Kindertagesbetreuung/KiFöG eingesetzten Software „LaJu“ wird vornehmlich die Umsetzung der Aufgaben nach § 20 KiFöG unterstützt. Es handelt sich um die sog. Fachaufsicht, die 2010 den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (öTrJH) im Rahmen des Zweiten Funktionalreformgesetzes übertragen wurde. Es ist beabsichtigt, zur Erfüllung der Aufgaben nach § 20 KiFöG ein einheitliches webbasiertes E-Governmentverfahren zur Abbildung der benötigten Daten und Prozesse anzuschaffen. Dabei soll das E-Governmentverfahren so konstruiert werden, dass eine modulhafte Erweiterung für verschiedene Nutzerkreise und Bedarfe möglich ist, sodass auch weitere Prozesse im Kontext der Jugendhilfeleistung Kindertagesbetreuung modulhaft angedockt werden können. Zur Umsetzung des Vorhabens ist beabsichtigt, das strukturverwandte Verfahren „KiBiz.web“ aus Nordrhein-Westfalen (NRW) im Rahmen der Kieler Beschlüsse kostenfrei zu übernehmen und (kos- 2 tenpflichtig) an die individuellen Gegebenheiten und Bedürfnisse des Landes Sachsen -Anhalt anzupassen. 1. Welche Schwächen waren bzw. sind mit der derzeitigen Softwarelösung LaJu verbunden, aus welchen weiteren Gründen ergibt sich für die Landesregierung hier Aktualisierungsbedarf und welche Ziele verfolgt die Landesregierung mit der Einführung einer neuen Software? Seit Beginn der Übertragung der Aufgabe im Jahre 2010 wird von den Nutzer /innen von „LaJu“ signalisiert, dass das Programm den (neuen) Anforderungen nicht gerecht wird, weshalb seitdem mehrere Versuche unternommen worden sind, die Software abzulösen und durch ein geeignetes Portal zu ersetzen. Es konnten und können sowohl die Aufgaben der Fachaufsichtsbehörden als auch die Steuerungsfunktionen der oberen und obersten Landesjugendbehörde teilweise nur unzureichend wahrgenommen werden, da mit dem „händischen Auswerten von Einzelvorgängen“ ein erhöhter Verwaltungsaufwand verbunden ist. Technisch handelt es sich bei „LaJu“ um eine MicroSoft(MS)-Access-Datenbankanwendung . Die Datenbank wurde bis 2010 vom Landesjugendamt als überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe gepflegt. Aufgrund der Übertragung der Aufgabe an die öTrJH war es notwendig, die Masken des Programms mit Hilfsmitteln in ein webfähiges Programm zu portieren. Dabei handelt es sich aber um eine Interimslösung. Die dazu benötigten Komponentendienste laufen nicht mehr unter dem aktuellen Betriebssystem MS Server 2016, weshalb im Landesverwaltungsamt extra für das Programm „LaJu“ noch Server mit dem Betriebssystem MS Server 2012 laufen müssen. Der Mainstream Support für dieses Betriebssystem endete am 9. Januar 2018, der Extended Support wird am 10. Januar 2023 eingestellt werden, sodass spätestens ab 2023 keine Sicherheitsupdates mehr bereitgestellt werden. Mithin wäre der Betrieb des Programms schon aus Aspekten der Datensicherheit einzustellen. Die Bereitstellung eines einheitlichen, webbasierten E-Governmentverfahrens ist zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung der Fachaufsicht gem. § 20 KiFöG i. V. m. § 45 SGB VIII zwingend erforderlich und dringend geboten. Die Beschaffung einer geeigneten, landesweit einsetzbaren, einheitlichen Software ist nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern vereinfacht auch die Kommunikation und beseitigt Fehlerquellen durch händisches Übertragen von Einzelergebnissen /-daten. Überdies kann der zeitnahen Implementierung eines E-Governmentverfahrens im Bereich der Kindertagesbetreuung im Kontext des Bundesgesetzes zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung (KiQuTG) eine besondere Bedeutung zukommen, da Voraussetzung der finanziellen Beteiligung des Bundes im Rahmen des Gesetzentwurfes umfassende Analysen und ein kontinuierliches Monitoring sind, was ohne EDVgestützte Datenbasis undenkbar ist. Fernziel ist darüber hinaus, eine Plattform zu schaffen, welche (zukünftig bei Bedarf) die effiziente Abwicklung der zahlreichen KiTa-Verwaltungsprozesse ermöglicht und unterschiedlichen Informations- und Steuerungsbedarfen sowie Auskunftsinteressen gerecht wird. Durch die Etablierung einer neuen, technisch zukunftssicheren Softwarelösung wäre es möglich, modulhaft und zeitlich abge- 3 stuft aktuelle sowie zukünftige Aufgaben im Kontext der Leistung Kindertagesbetreuung mit nur einer Software abzubilden. Im Idealfall könnte mithilfe dieser neuen Software gewährleistet werden, dass der Aufwand der Datenpflege wie auch der Aufwand für die Deckung verschiedener Erkenntnisinteressen auf allen Ebenen minimiert wird. Datenabfragen des parlamentarischen Raums könnten - auf der Basis abgestimmter Zugriffsrechte und Rollenkonzepte - von der Landesverwaltung elektronisch generiert und ausgewertet werden, ohne dass es des zeitaufwendigen Prozesses der Einzelabfragen bei den öTrJH, Trägern von Einrichtungen etc. bedürfte. Ebenso müssten die Daten nur noch einmal eingegeben und nicht für jede Anfrage neu zusammengestellt werden. Es eröffnen sich somit erhebliche Möglichkeiten der Prozessoptimierung und „Mehrwertgenerierung “. 2. Welche Institutionen (Land, örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, Einrichtungsträger, Kindertageseinrichtungen etc.) sollen Zugriff auf die neue Softwarelösung haben und wie soll sich der Workflow mit dieser Software gestalten? Auf der Basis abgestimmter Zugriffsrechte und Rollenkonzepte müssen zwingend das Landesjugendamt sowie die Jugendämter Sachsen-Anhalts Zugriff auf das Webportal haben. Zur Optimierung der Prozessabläufe ist es darüber hinaus sinnvoll, wenn alle Träger von Tageseinrichtungen Zugriff auf definierte Teildaten haben. Das Hinzufügen weiterer Nutzer/innen ist möglich. Der Workflow, der hier als Prozessablauf der Software verstanden wird, variiert von Teilaufgabe/-prozess zu Teilaufgabe/-prozess (bspw. Stammdatenverwaltung , Personaldaten, Personaländerungsmeldung, Kinderdaten, Monatsmeldung etc.). Eine detaillierte Darstellung ist derzeit nicht möglich. 3. Werden für die vernetzten Institutionen Kosten bei der Nutzung/der Anschaffung der neuen Software anfallen? Falls ja, in welcher Höhe? Die Kosten für die Anschaffung und Wartung des Grundmoduls zur Unterstützung der Aufgaben nach § 20 KiFöG fallen ausschließlich landesseitig an. Die „vernetzten Institutionen“ benötigen die übliche hardwareseitige Ausstattung. 4. Bereits für das Haushaltsjahr 2017 waren für die Entwicklung des Nachfolgesystems und die Anpassung von Schnittstellen Mittel von insgesamt 325.000 Euro eingestellt. Wie gestaltet sich der Abfluss dieser Mittel, welche notwendigen Arbeiten wurden bisher geleistet? In den Jahren 2017 und 2018 wurden durch die Landesregierung und ausgewählte öTrJH notwendige Vorarbeiten durchgeführt. So wurde bspw. abgeglichen , ob die Neuausrichtung der Software mit der Digitalisierungsstrategie des Landes in Einklang steht. Ein Grobkonzept (Pflichtenheft) für die fachlichen Anforderungen an das IT-Programm wurde erarbeitet, die Details für die Aufgaben der Fachaufsicht nach § 20 KiFöG sind definiert worden. Neben diesen fachlichen Anforderungen mussten sowohl die technischen Gesichtspunkte einer Migration von Altdatenbeständen als auch die Definition einer Schnittstelle zum Im- und Export von benötigten Datenerhebungen lt. KiFöG, SGB VIII, Bundesstatistikgesetz sowie weiterer Normen berücksichtigt werden, ebenso die 4 Kompatibilität zu anderer auf den verschiedenen Verwaltungsebenen im Einsatz befindlicher Software. Mit der Firma BMS Consulting GmbH als Entwickler und Betreiber der Software wurden unter Beteiligung ausgewählter öTrJH zwei Workshops durchgeführt. Dabei wurden die individuellen Bedarfe der verschiedenen Verwaltungsebenen eruiert und abgeglichen, ob eine Anpassung von „KiBiZ.web“ an die sachsenanhaltischen Bedarfe möglich ist. Ferner wurde die Bereitschaft seitens NRW als Rechteinhaber abgefragt, mit Sachsen-Anhalt eine entsprechende Gegenseitigkeitserklärung zur kostenfreien Überlassung der Software zu unterzeichnen . Letztlich wurde geprüft, ob die Anwendung der Kieler Beschlüsse zur Übernahme und Modifikation der Software „KiBiZ.web“ im Vergabeverfahren zulässig ist. Dies ist der Fall. Die Mittel zur Programmablösung konnten 2017 und 2018 nicht abfließen. Haushaltsmittel sind für das Jahr 2019 bisher nicht veranschlagt. 5. Wer ist Hersteller/Anbieter der neuen Softwarelösung? Erfolgte eine Ausschreibung ? Entwickler und Betreiber der Software „KiBiz.web“ ist die BMS Consulting GmbH mit Sitz in Düsseldorf. Sie hat das Verfahren bereits für die Bundesländer Bayern und Niedersachsen bearbeitet und an die individuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen angepasst und um weitere Module ergänzt. Auch mit den landesspezifischen Anpassungen basieren die Verfahren dort jedoch weiterhin auf den gleichen technologischen Grundlagen wie „KiBiz.web“, sodass wechselseitige Synergien im Sinne der Kieler Beschlüsse genutzt werden konnten. Die Erfahrungen der BMS Consulting GmbH aus der Aufwandskalkulation dieser Projekte zeigen, dass die jeweiligen Bundesländer durch die Anwendung der Kieler Beschlüsse und damit durch Nutzung der technischen und konzeptionellen Vorleistungen ca. 30 % der initialen Gesamtkosten im Vergleich zu einer unabhängigen individuellen Neuentwicklung einsparen konnten. Auf eine Ausschreibung kann unter Rückgriff auf die Kieler Beschlüsse im Vergabeverfahren verzichtet werden.