Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3549 05.11.2018 (Ausgegeben am 05.11.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Mario Lehmann (AfD) Kriterien für die Erteilung von Waffenscheinen nach § 10 Abs. 4 in Verbindung mit § 19 WaffG in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/2027 Vorbemerkung des Fragestellenden: Presseberichten zufolge sind derzeit rund 50 Waffenscheine von den Waffenbehörden in Sachsen-Anhalt ausgestellt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Behörde entscheidet abschließend über den Antrag auf Erteilung eines Waffenscheins nach § 10 Abs. 4 WaffG? Die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Waffenscheins nach § 10 Abs. 4 Waffengesetz (WaffG) an Personen, die im Geltungsbereich des WaffG ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Hauptwohnsitz) haben , liegt grundsätzlich gemäß § 1 Abs. 1 Waffen- und Beschussrechts- Verordnung (WaffBeschR-VO) bei den unteren Waffenbehörden, hier den Landkreisen, der kreisfreien Stadt Dessau-Roßlau und den jeweiligen Polizeidirektionen anstelle der kreisfreien Städte Halle und Magdeburg, soweit nicht durch Bundesrecht oder in der WaffBeschR-VO etwas anderes bestimmt ist. Die abschließende Entscheidung über Anträge auf Erteilung eines Waffenscheins nach § 10 Abs. 4 WaffG i. V. m. § 19 Abs. 2 WaffG unterliegt dem Zustimmungsvorbehalt des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt als oberer Waffenbehörde. 2 2. Welches sind, bei Vorliegen aller subjektiven Voraussetzungen des Antragstellers die Kriterien zur Einschätzung des Bedürfnisses bzw. der individuellen Bedrohungslage der Antragsteller nach § 19 WaffG? a) Ab wann werden Angriffe auf Leib und Leben nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG als gefährdend angesehen? Bitte Beispiele benennen, die über die Regelbeispiele des § 19 Abs. 2 WaffG hinausgehen. In § 19 Abs. 1 WaffG sind durch den Gesetzgeber die Voraussetzungen zusammengefasst, nach denen das Bedürfnis besonders gefährdeter Personen zum Erwerb und Besitz einer Schusswaffe und der zugehörigen Munition anerkannt werden kann. Hierzu muss der Antragsteller seine Beweggründe für die Antragstellung vollständig und glaubhaft darlegen. Maßgebend für die Beurteilung der Gefährdung ist nicht die subjektive Einschätzung des Antragstellers, sondern ein objektiver Maßstab. Die vom Antragsteller vorgetragenen Gründe bedürfen der Einholung einer Gefährdungsanalyse der Polizei durch die unteren Waffenbehörden. Diese Prüfung des Einzelfalls muss bestätigen, dass die Gefahr eines Angriffs auf Leib oder Leben gerade für diesen Antragsteller wesentlich größer ist als für die Allgemeinheit . Das Vorliegen einer bloßen abstrakten Gefahr, wie z. B. für besondere Berufsgruppen (Juweliere) ist nicht ausreichend. Es muss eine konkrete Gefährdung für die Person des Antragstellers vorliegen. Wenn die Voraussetzungen nach § 19 Abs. 1 WaffG im Einzelfall vorliegen, ist nach Absatz 2 der Vorschrift zu prüfen, ob die Voraussetzungen nach Absatz 1 auch außerhalb der dort aufgezählten Örtlichkeiten des eigenen Bereichs des Antragstellers bestehen. b) Ab wann wird die Erteilung eines Waffenscheins als erforderlich nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG angesehen? Kann hier auf kommerziellen Personenschutz verwiesen werden, um die Erforderlichkeit zu verneinen? Ab wann bzw. ob die Erteilung eines Waffenscheins nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG als geeignet und erforderlich angesehen werden kann, bedarf immer einer Einzelfallprüfung und kann somit nicht pauschal beantwortet werden. Ein Waffenschein ist nicht erforderlich, wenn die besondere Gefährdung des Antragstellers auf andere zumutbare Weise durch entsprechendes persönliches Verhalten des Antragstellers oder durch die Aufwendung für technische oder organisatorische Maßnahmen verhindert werden kann. Unter Umständen kann dafür auch ein kommerzieller Personenschutz infrage kommen. Zur Beurteilung, ob andere Maßnahmen die Gefährdung in vergleichbarer Weise wie eine Bewaffnung vermindern können, wird in jedem Einzelfall eine polizeiliche Einschätzung beigezogen. 3 3. Gibt es Berufe und Berufsgruppen, bei denen die Voraussetzungen nach § 19 WaffG regelmäßig angenommen werden (z. B. Geldtransporteure, Juweliere)? Es gibt keine Berufe oder Berufsgruppen, bei denen die Voraussetzungen nach § 19 WaffG regelmäßig angenommen werden, da es sich bei der Erteilung von Waffenscheinen nach § 10 Abs. 4 i. V. m. § 19 WaffG immer um Einzelfallentscheidungen handelt, bei denen ein strenger Maßstab anzulegen ist.