Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3556 05.11.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Die Anlage ist in Word als Objekt beigefügt und öffnet durch Doppelklick den Acrobat Reader. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 07.11.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Hagen Kohl (AfD) Zuordnung von politisch motivierten Straftaten Kleine Anfrage - KA 7/2045 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der polizeilichen Kriminalstatistik werden auch antisemitische Straftaten registriert, darunter auch Volksverhetzungen und Propagandadelikte. Davon wurde in den letzten Jahren ein Großteil als politisch rechts motiviert eingeschätzt. An dieser Zuordnung der Tätermotivationen, die früher ausschließlich auf deutsche Rechtsradikale und neonazistische-antisemitische Kreise angewendet wurde, bestehen aber erhebliche Zweifel. So befasste sich sowohl der Baden-Württembergische Landtag, (Drucksache 16/3031, 16/3346, 16/3804) als auch der Rheinland-Pfälzische Landtag (Drucksache 17/6734) auf parlamentarische Anfragen hin mehrfach mit diesem Thema. Im Ergebnis wurde zugegeben, dass die Statistik nur bedingt aussagefähig ist, weil bei der Festlegung der PMK-rechts alle antisemitischen Straftaten, definiert durch eine antijüdische Motivation, Eingang finden, auch dann, wenn die Verursacher nicht ermittelt werden konnten. Hingegen scheinen in die Kategorien PMK-links, PMK-ausländische Ideologie und PMK-religiöse Ideologie nur solche Straftaten aufgenommen zu werden, in denen die Verursacher und deren Motivation feststeht, ansonsten werden diese Straftaten der „PMK - nicht zuzuordnen“ zugeschlagen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 2 1. Wie viele Straftaten (unterschieden nach Gewalttaten und sonstigen Straftaten ) der Phänomenbereiche PMK-rechts, PMK-links, PMK-ausländische Ideologie und PMK-religiöse Ideologie wurden in den Jahren 2015 bis 2017 sowie im Zeitraum 1. Januar 2018 bis 30. Juni 2018 in Sachsen- Anhalt erfasst? Wie hoch war in diesen Jahren die Kriminalitätsbelastung bzw. die Anzahl der politisch motivierten Straftaten bezogen auf 100.000 Einwohner? Bitte nach Phänomenbereichen aufschlüsseln. In den Jahren 2015 bis 2018 (Stand 30. Juni 2018) wurden in Sachsen-Anhalt 7.728 politisch motivierte Straftaten registriert. Die nach Phänomenbereichen aufgeschlüsselte Fallzahlen sowie die Kriminalitätsbelastungszahlen sind der Anlage 1 zu entnehmen. 2. Wie viele antisemitische Straftaten (bitte aufschlüsseln nach Terrorismus, Gewalttaten, Propagandadelikten und sonstigen Straftaten unter Angabe des Paragraphen nach Strafgesetzbuch) wurden jeweils in den Jahren 2015 bis 2017 sowie im Zeitraum 1. Januar 2018 bis 30. Juni 2018 insgesamt erfasst und jeweils welcher der vier Kategorien zugeordnet? Die Abbildung antisemitischer Tatmotivation erfolgt im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen politisch motivierter Kriminalität (PMK) anhand von Themenfeldern. Diese ermöglichen die Zuordnung der Straftaten zu verschiedenen Themengebieten, unter anderem dem des Antisemitismus. In den Jahren 2014 bis 2018 wurden in Sachsen-Anhalt insgesamt 234 politisch motivierte Straftaten mit antisemitischer Tatmotivation registriert. Die nach den Kategorien Terrorismus, Gewalt, Propaganda sowie sonstige PMK aufgeschlüsselten Fallzahlen sind der Anlage 2 zu entnehmen. 3. Wie viele dieser Straftaten wurden in jeder der vier Kategorien in den Jahren 2015 bis 2017 und im Zeitraum 1. Januar 2018 bis 30. Juni 2018 aufgeklärt in dem Sinne, dass zumindest ein Tatverdächtiger ermittelt wurde? Bitte in absoluten und prozentualen Zahlen angeben. 3.1. Wie viele der Tatverdächtigen jeder Kategorie besaßen ausschließlich die deutsche, ausschließlich eine ausländische Staatsangehörigkeit und wie viele besaßen neben der deutschen noch eine weitere Staatsangehörigkeit? Um welche ausländischen Staatsangehörigkeiten handelte es sich hierbei? Es wird zudem um Angabe von Alter und Geschlecht der Tatverdächtigen gebeten. 3.2. Sofern im Zusammenhang mit den Straftaten geschädigte Personen festzustellen waren, wird um Angabe von deren Alter, Geschlecht und Nationalität gebeten. Die Fragen 3, 3.1. und 3.2. werden zusammenhängend beantwortet. Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen zu den genannten antisemitischen Straftaten wurden insgesamt 167 Tatverdächtige ermittelt. Die Tatverdächtigen besitzen ausnahmslos die deutsche Staatsangehörigkeit. Es sind 93 geschädig- 3 te Personen registriert worden. Detaillierte Übersichten zu den erfragten Angaben sind den Anlagen 3 bis 6 zu entnehmen. 4. Im Bundesland Rheinland-Pfalz werden Straftaten von den zuständigen Polizeibehörden in jedem Einzelfall geprüft, bewertet und einem Phänomenbereich „Rechts“, „Links“, „ausländische Ideologie“ oder „religiöse Ideologie“ zugeordnet. Ist das konkrete Delikt anhand der bekannten Tatumstände nicht eindeutig einem Phänomenbereich zuzuordnen, erfasst die Polizei es grundsätzlich unter dem Phänomenbereich „Nicht zuzuordnen “. Von diesem Grundsatz abweichend werden fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten jedoch dem Phänomenbereich PMK-Rechts zugeordnet , wenn keine gegenteiligen Tatumstände erkennbar sind (siehe dortige Landtags-Drucksache 17/6734). Erfolgt die Zuordnung von politisch motivierten Straftaten in Sachsen-Anhalt in gleicher Weise? Falls abweichend, wird in Sachsen-Anhalt wie folgt verfahren? Grundlage für die Bewertung politisch motivierter Straftaten ist das Definitionssystem PMK. Dieses regelt verbindlich eine bundeseinheitliche Zuordnung von Straftaten und damit auch von Straftaten mit antisemitischer Tatmotivation. In Sachsen-Anhalt wird jede politisch motivierte Straftat nach den Regeln dieses Definitionssystems bewertet. Gemäß der Ausfüllanleitung zur Kriminaltaktischen Anfrage in Fällen Politisch motivierter Kriminalität sind sowohl fremdenfeindliche als auch antisemitische Straftaten dem Phänomenbereich PMK - rechts - zuzuordnen, wenn keine gegenteiligen Tatsachen zur Tätermotivation vorliegen.