Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3617 19.11.2018 (Ausgegeben am 20.11.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Straßenbeleuchtung und Haushaltskonsolidierung Kleine Anfrage - KA 7/2051 Vorbemerkung des Fragestellenden: Unter Punkt 2.1.1.1.4.3 (Auszahlungs- und Aufwandsreduzierungen), Buchstabe d) (Freiwillige Leistungen) des Runderlasses vom 21. März 2018 (Zuweisungen aus dem Ausgleichsstock nach § 17 des Finanzausgleichsgesetzes) macht das Ministerium der Finanzen die Vorgabe, dass im Zeitraum der Haushaltskonsolidierung grundsätzlich solcher Aufwand zu minimieren ist, der nicht unmittelbar der Durchführung von kommunalen Pflichtaufgaben dient. Als freiwillig sind danach alle Aufgaben anzusehen , deren Wahrnehmung der jeweiligen Kommune nicht durch Gesetz konkret vorgeschrieben ist. Weiter führt das Ministerium der Finanzen unter dem vorgenannten Punkt des Erlasses aus, dass die Straßenbeleuchtung grundsätzlich zu den freiwilligen Aufgaben zähle. Pflichtig sei sie nur, soweit sie zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 StrG LSA). Dies sei wiederum nur in besonderen Gefahrenbereichen der Fall. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium der Finanzen Vorbemerkung der Landesregierung: Das ausdrückliche Bekenntnis der Landesregierung zur kommunalen Selbstverwaltung schließt ein, dass den Kommunen in allen Bereichen, in denen nicht zwingende Belange des Allgemeinwohls eine landeseinheitliche Regelung erfordern, ein möglichst weiter eigener Gestaltungsfreiraum zugestanden wird. Dies gilt auch für die Fragen der Straßenbeleuchtung. 2 Außerhalb der Reichweite der Regelungen des § 45 Abs. 5 StVO sind die Anlagen der Straßenbeleuchtung straßenfremde Einrichtungen. Soweit die Verkehrssicherungspflichten im Rahmen von § 2 Abs. 2 Nr. 3 StrG LSA reichen, handelt es sich um eine kommunale Pflichtaufgabe. Die Funktion der Straßenbeleuchtung geht heute indessen über die der Gefahrenabwehr hinaus. Insoweit werden die Gemeinden bei der Straßenbeleuchtung im Rahmen der freiwilligen Daseinsvorsorge für ihre Einwohner tätig, sodass es sich hierbei um eine Selbstverwaltungsangelegenheit handelt . Die Entscheidung über das „ob und wie“ dieses gesetzlich nicht vorgeschrieben Teils der Straßenbeleuchtung treffen die Gemeinden in einem Spannungsverhältnis zwischen Kosten, Umwelt (Energieverbrauch, „Lichtverschmutzung“), Verkehrssicherheit und tatsächlichen und gefühlten Sicherheitsaspekten sowie des Komforts der Bürger. Bei dieser Abwägung müssen stets die jeweiligen örtlichen Verhältnisse gewürdigt werden. Es handelt sich um eine jener Angelegenheiten, deren Regelung in eigener Verantwortung der örtlichen Gemeinschaft verfassungsrechtlich gewährleistet ist (Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz). Bei der Ermittlung des Umfangs der freiwilligen Leistungen einer Gemeinde im Rahmen der Prüfung von Anträgen auf Mittel aus dem Ausgleichsstock ergibt sich das Problem, dass allein aus der Buchführung einer Gemeinde nicht ersehen werden kann, welcher Teil der Straßenbeleuchtung auf den pflichtigen und welcher auf den freiwilligen Bereich entfällt. Auch wenn in der Regel der pflichtige Teil der Straßenbeleuchtung von untergeordneter Bedeutung sein dürfte, sieht daher der Runderlass des Ministeriums der Finanzen vom 21. März 2018 über Zuweisungen aus dem Ausgleichsstock nach § 17 des Finanzausgleichsgesetzes großzügige Möglichkeiten vor, von der Anrechnung der Straßenbeleuchtung auf die freiwilligen Leistungen abzusehen . Dies vorausgeschickt, beantwortet die Landesregierung die Einzelfragen wie folgt: 1. Die Pflicht zur Straßenbeleuchtung ist in § 2 Abs. 2 Nr. 3 StrG LSA darauf beschränkt, dass diese zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht erforderlich ist. Bei dieser Verkehrssicherungspflicht geht es um die von der Straße ausgehenden Gefahren. Gibt es außerhalb des Straßenrechts weitere (gesetzliche) Verpflichtungen der Gemeinden zur Straßenbeleuchtung ? Die allgemeine Beleuchtung der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze (außerhalb der Verkehrssicherungspflicht) ist Gegenstand der allgemeinen Daseinsvorsorge der Kommunen und als solche nicht gesondert gesetzlich reglementiert . 2. Über welche (allgemeinen) Erkenntnisse verfügt die Landesregierung zum Einfluss der Straßenbeleuchtung auf die Verkehrssicherheit? Belastbare statistische Untersuchungsergebnisse zum Einfluss der Straßenbeleuchtung auf die Verkehrssicherheit liegen der Landesregierung nicht vor. 3 3. Über welche (allgemeinen) Erkenntnisse verfügt die Landesregierung zum Einfluss der Straßenbeleuchtung auf die Kriminalitätsentwicklung? 4. Über welche (allgemeinen) Erkenntnisse verfügt die Landesregierung zum Einfluss der Straßenbeleuchtung auf das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung, insbesondere bei Frauen und älteren Menschen? Die Fragen 3 und 4 werden zusammenhängend beantwortet. Die kriminalpräventive Wirkung von Beleuchtung ist nicht eingehend erforscht. Jedoch kann eine gute Beleuchtung auf Straßen, Wegen und Plätzen eine derartige Wirkung erzielen und das subjektive Sicherheitsgefühl der Nutzer des öffentlichen Raumes, unabhängig von Alter und Geschlecht erhöhen. Es ist evident , dass gerade Eigentumsdelikte häufiger im Dunkeln passieren, wenn Täter sich bessere Chancen ausrechnen, nicht erkannt zu werden. Umgekehrt sind Menschen, die sich im Dunkeln unsicher bewegen, die vermeintlich leichteren Opfer für Straftaten. Eine Verbesserung der Straßenbeleuchtung geht oft einher mit der Annahme, dass sich damit die Kriminalität und somit auch die Angst vor kriminellen Übergriffen reduzieren. Zwangsläufig führt aber nicht mehr Licht automatisch zu mehr Sicherheit. Bekannt ist, dass Dunkelheit bzw. das Fehlen einer ausreichenden Beleuchtung bei den meisten Menschen unmittelbar Angstzustände und ein Gefühl von Unsicherheit hervorrufen. Diese Angst- bzw. Unsicherheitsgefühle, die von einer Reihe höchst individueller Einflussfaktoren abhängen, resultieren aus einer subjektiv verminderten Fähigkeit zur Kontrolle des Umfeldes bzw. der Möglichkeit, rechtzeitig auf Gefahrensituationen reagieren zu können. Dunkle Bereiche, sowohl im öffentlichen Raum als auch im Inneren von Gebäuden, erzeugen bei vielen Menschen ein Gefühl des Unwohlseins, und werden dadurch bedingt gemieden. Unter diesen Aspekten kann eine intelligente Planung der Beleuchtung von Straßen, Wegen und Plätzen auch eine kriminalpräventive Wirkung erzielen. Die Beleuchtung ist aber aus kriminalpräventiver Sicht nicht das Mittel der ersten Wahl zur Verringerung von Kriminalität. Nur im Zusammenspiel mit anderen Faktoren, wie der Optimierung der Einsehbarkeit von möglichen Tatorten, der Steigerung der sozialen Kontrolle sowie geeigneten, ganzheitlichen städtebaulichen Maßnahmen, kann eine gute Beleuchtung auf Straßen, Wegen und Plätzen dazu beitragen, eine kriminalpräventive Wirkung zu erzielen. 5. In der Regel haben Eigentümer der Anliegergrundstücke, die erstmalige Erstellung der Straßenbeleuchtung über Erschließungsbeiträge nach § 127 BauGB bzw. der Erneuerung über Beiträge nach §§ 6, 6a KAG-LSA mitfinanziert. Wie beurteilt es die Landesregierung, wenn die Straßenbeleuchtung , deren Erstellung von den Beitragspflichtigen mitfinanziert wurde, anschließend aus Gründen der Haushaltskonsolidierung ganz oder teilweise außer Betrieb genommen wird? Das Recht zur Erhebung von Beiträgen nach dem Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KAG-LSA) ist abhängig von einer Leistung der 4 Gemeinde. Die insoweit in Betracht kommenden Leistungen sind abschließend in § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG-LSA aufgezählt. Den Grundstückseigentümern oder Erbbauberechtigten erwachsen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer ausgebauten öffentlichen Anlage im Verhältnis zur Allgemeinheit besondere Vorteile, die durch die Zahlung eines Beitrages ausgeglichen werden sollen. Der Beitrag ist demnach eine Gegenleistung für durch die Leistung der Gemeinde vermittelte Vorteile, er dient also dem Vorteilsausgleich. Ein Anspruch auf einen dauerhaften Betrieb der Teileinrichtung Straßenbeleuchtung erwächst den Grundstückseigentümern oder Erbbauberechtigten aus der Beitragserhebung nicht.