Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3620 19.11.2018 (Ausgegeben am 20.11.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Lydia Funke (AfD) Demografie in Sachsen-Anhalt - Statusfeststellung von Wohngemeinschaften zwischen Senioren Kleine Anfrage - KA 7/2068 Vorbemerkung des Fragestellenden: Im Alter wohnen vermehrt Senioren zusammen, weil sie gegenseitige Vorteile nutzen möchten. Ob im Zuge des „Betreuten Wohnens“ oder in eigenen kleinen Wohngemeinschaften , Senioren zieht es vermehrt in eine WG, weil sie in ihrer gewohnten Umgebung und Umwelt bleiben möchten und - oftmals trotz Krankheit o. a. Gebrechen - das Leben in einem Pflegeheim ablehnen. Häufig werden sie von mobilen Pflegediensten betreut, leben aber weitgehend eigenverantwortlich. Wie bei den üblichen Studenten-WGs unterstützen sich die Senioren in vielen Dingen gegenseitig, u. a. bei sozialer Bedürftigkeit, Arztbesuchen, Einkäufen oder den Gang zu Behörden. Häufig sind sich die Senioren, die sich für eine Wohngemeinschaft entscheiden, nicht unbekannt. Sie möchten genauso weiterhin Teil der Gesellschaft und des Lebens sein, wie es an anderer Stelle bei Integration und Inklusion das Ziel ist und gefordert wird. Die Frage, die sich allerdings stellt, ist, ob eine WG größer sein muss als zwei Personen und ob Wohngemeinschaften auch für getrenntlebende Paare gelten können bzw. welche Anforderungen erfüllt sein müssen, nicht als Bedarfsgemeinschaft zu gelten? Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration 1. Wer stellt fest oder bestimmt innerhalb einer Wohngemeinschaft zwischen Senioren, ob es sich um eine Wohn- oder eine Bedarfsgemeinschaft handelt ? 2 Grundsätzlich kann jede volljährige Person, unabhängig von ihrer jeweiligen persönlichen Situation, in eigener Selbstbestimmungskompetenz handeln, wie, wo und mit wem sie ihren Lebensalltag gestalten will. Das Sozialhilferecht geht davon aus, dass zur Bedarfsdeckung eigene Kräfte und Mittel eingesetzt werden. Besondere gesetzliche Tatbestände sehen eine Einstands- bzw. Einsatzgemeinschaft mit anderen Personen vor, mit der Folge, dass deren Einkommen und Vermögen bei der Bedarfsdeckung der Betroffenen berücksichtigt wird. Einkommen und Vermögen sind insbesondere von nicht getrennt lebenden Ehegatten und Lebenspartnern sowie des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft zu berücksichtigen . Eine Wohngemeinschaft bilden in der Regel erwachsene Menschen, die zusammen wohnen, aber nicht miteinander verheiratet, verwandt oder verschwägert sind oder eine eheähnliche Gemeinschaft oder Lebenspartnerschaft bilden. In reinen Wohngemeinschaften fehlt darüber hinaus regelmäßig der Wille für einander einzustehen. Hiervon abzugrenzen ist eine im sozialhilferechtlichen Sinne geführte Haushaltsgemeinschaft . Nach dem Gesetz wird nach § 39 SGB XII vermutet, dass eine nachfragende Person, die mit anderen Personen in einer Wohnung oder in einer entsprechenden anderen Unterkunft lebt und gemeinsam mit diesen wirtschaftet , Leistungen zum Lebensunterhalt von den anderen Personen erhält, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Dies gilt allerdings nicht für Personen, die im Sinne des § 53 SGB XII behindert oder im Sinne des § 61 SGB XII pflegebedürftig sind und von Personen der Haushaltsgemeinschaft betreut werden, auch wenn das gemeinsame Wohnen im Wesentlichen zum Zwecke der Sicherstellung der Hilfe und Versorgung erfolgt. Werden sozialhilferechtliche Leistungen geltend gemacht, so hat der zuständige Sozialhilfeträger in jedem Einzelfall die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse zu prüfen und entsprechend dem geltenden Gesetz zu entscheiden. a. Inwiefern muss eine Wohngemeinschaft amtlich gemeldet werden? Eine Wohngemeinschaft muss nicht amtlich gemeldet werden. b. Anhand welcher Sachverhalte wird dies im Allgemeinen bestimmt? Mangels bestehender Meldepflichten entfällt eine Antwort. 2. Zu Frage 1: Welche Unterschiede in den Anforderungen werden bei getrenntlebenden Senioren gemacht, die eine Wohngemeinschaft geltend machen wollen bzw. in einer WG leben möchten? Lebt eine getrennt lebende Person mit anderen Personen, von denen keine der getrenntlebende Ehepartner ist, in einer Wohngemeinschaft, die keine Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 39 SGB XII ist, so hat sie ihr Einkommen und Vermögen entsprechend der Regelungen des SGB XII einzusetzen, wenn So- 3 zialhilfeleistungen geltend gemacht werden. Zu berücksichtigendes Einkommen ist ggf. auch der zu realisierende Trennungsunterhalt vom Ehegatten. 3. Wird qua Amt entschieden, dass es WGs unter getrennt Lebenden nicht geben darf? Werden sozialhilferechtliche Leistungen geltend gemacht, ist es möglich, für einen begrenzten Zeitraum auch innerhalb der ehelichen Wohnung voneinander getrennt zu leben. a. Wenn ja, weshalb und auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht dies? Eine Antwort hierzu entfällt. b. Wenn nein, welche Lösungsvorschläge bietet das Sozialamt in solchen spezifischen Fällen an? Die häusliche Gemeinschaft muss soweit wie möglich aufgehoben sein. Die eheliche Lebensgemeinschaft kennzeichnende Gemeinsamkeiten müssen erkennbar nach außen beendet sein und die persönlichen Beziehungen der Eheleute sollten auf ein Mindestmaß reduziert sein. Gemeinsam eingenommene Mahlzeiten sprechen ebenso gegen ein objektives Getrenntleben wie Pflege und Fürsorge im Krankheitsfall oder Teilnahme an Familienfeiern oder ähnlichen öffentlichen Anlässen. Die Bildung einer Wohngemeinschaft zwischen getrenntlebenden Eheleuten zum Zwecke einer gegenseitigen Vorteilsnutzung, insbesondere wenn es sich um eine Zwei-Personen Wohngemeinschaft handeln soll, entspricht nicht der Lebenswirklichkeit eines Getrenntlebens und lässt zumindest ein objektives Getrenntleben anzweifeln. Es obliegt der nachfragenden Person für klare persönliche Verhältnisse zu sorgen. 4. Wie und durch wen werden die Fragen 1 bis 2 überprüft bzw. nachgewiesen ? Werden sozialhilferechtliche Leistungen geltend gemacht, so hat der zuständige Sozialhilfeträger in jedem Einzelfall die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse zu prüfen und entsprechend dem geltenden Gesetz zu entscheiden. Die zuständige Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen und bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßen Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält (§§ 20,21 SGB X). Nach den Vorschriften der §§ 60 ff. SGB I sind Leistungsberechtigte zur Mitwirkung verpflichtet. Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erforderlich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte zuzustimmen, 4 Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. 5. Wie sollen und können die Senioren eine Trennung nach dem Zusammenleben bzw. das nicht eheliche Verhältnis innerhalb einer Wohngemeinschaft nachweisen und welche Anforderungen müssen hier erfüllt sein? Siehe Antwort zur Frage 3 b.