Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3639 23.11.2018 (Ausgegeben am 23.11.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Andreas Steppuhn (SPD) DRK-Unfallhilfsstation der Bergwacht im Thumkuhlental in Wernigerode Kleine Anfrage - KA 7/2055 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Unfallhilfsstation der Bergwacht des Deutschen Roten Kreuzes (Kreisverband Wernigerode e. V.) im Thumkuhlental, unterhalb des Ottofelsens, wird seit mehr als 60 Jahren von der Bergwacht als Rettungsstandort und Bildungsstätte von Angehörigen der Bergwacht genutzt. Die Unfallhilfsstation wurde 1985 ehrenamtlich durch die Mitglieder der Bergwacht in Eigenregie komplett neu errichtet. Die Nutzung als Standort für Rettungseinsätze erfolgte unabhängig von den jeweiligen Eigentumsverhältnissen . Im Jahr 2001 wurde der Landeswald, auf dem sich das Grundstück mit der Unfallhilfsstation befindet, an Herrn Phillipp Constantin Fürst zu Stolberg- Wernigerode verkauft. Nach einer ersten Kündigung im September 2017 hat Herr zu Stolberg-Wernigerode am 9. August 2018 den Nutzungsvertrag vom 15. November 1990 wiederholt - dieses Mal außerordentlich - gekündigt und jegliche Aktivitäten auf der Unfallhilfsstation und das Benutzen des Fahrwegs zur Unfallhilfsstation untersagt . Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist der Landesregierung dieser Vorgang bekannt? Ja. 2 2. Wie ist die Nutzung der Unfallhilfsstation der Bergwacht Wernigerode seinerzeit beim Verkauf des Landeswaldes vertraglich geregelt worden? Der damalige Käufer hatte nach einer Prüfung durch die Bodenverwertungsund -verwaltungs GmbH (BVVG) einen Restitutionsanspruch in Geld (Bestätigungsschreiben vom 9. April 1998, Geschäftsführer BVVG Franz Graf Stauffenberg ). Damit bestand die Berechtigung, in Höhe der aus dem Ausgleichsleistungsbescheid resultierenden Geldsumme, von der BVVG wertgleich Wald zu kaufen. Aufgrund der Nationalparkausweisung im Harz und der anschließenden Erweiterung des Nationalparks standen der BVVG jedoch keine geeigneten Flächen im Suchraum für die Restitution zur Verfügung. Dies war Anlass für einen Ringtausch von Waldflächen zwischen der BVVG, dem Land Sachsen- Anhalt sowie der Stadt Wernigerode. Am Ende dieses Tauschverfahrens konnte die BVVG mit geeigneten Flächen die Restitutionsansprüche im Suchraum erfüllen . Das Land Sachsen-Anhalt konnte wiederum die Erweiterung des Nationalparks sicherstellen und die Stadt Wernigerode ihr Kommunalwaldeigentum arrondieren. Im Rahmen dieses Tauschverfahrens wechselten die Besitzverhältnisse des Flurgrundstücks, auf dem die Bergwachthütte steht, aus dem Landeseigentum in das Eigentum der BVVG. Die BVVG erfüllte die bestehenden Kaufansprüche auf der Grundlage eines gültigen Ausgleichsleistungsbescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Sachsen-Anhalt (LaRoV) mit Datum vom 19. Dezember 2002. Der Kaufanspruch des Käufers war damit voll ausgeglichen. Im Kaufvertrag zwischen BVVG als Verkäuferin und dem Käufer wurde letzterer explizit darauf hingewiesen, dass sich in der Gemarkung Wernigerode, Flur 38, Flurstück 35 eine im Eigentum des DRK-Kreisverbandes Wernigerode e. V. stehende Bergwachthütte befindet. Diese wurde explizit nicht mitverkauft. Für den Grund und Boden, auf dem die Hofstelle der Bergwachthütte sich befindet, bestand ein Nutzungsvertrag mit dem Land, welcher im Rahmen des Tausches und anschließenden Verkaufs auf den Käufer überging. Der Besitz- und Eigentumsübergang u. a. des betreffenden Grundstücks muss dem DRK Kreisverband Wernigerode e. V. bekannt geworden sein, da es kurze Zeit später hierzu eine Presseinformation vonseiten des damaligen Landwirtschaftsministeriums gab. Es ist jedoch der Landesregierung nicht bekannt, inwieweit der DRK Kreisverband Wernigerode e. V. seit 2003 bis 2011 verjährungshemmende Versuche unternommen hat, um eine Bereinigung der Eigentums- und Besitzverhältnisse zu seinen Gunsten herbeizuführen. Soweit verjährungshemmende Maßnahmen also nicht ergriffen wurden, ist die Verjährung mit Ablauf des Jahres 2011 eingetreten , sind Bereinigungsansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) bei Erhebung der Einrede der Verjährung nicht mehr durchsetzbar. 3 3. Wurde sichergestellt, dass die Bergwacht die auf Grundlage des Nutzungsvertrages vom 15. November 1990 zugeordneten Pflichten, wie schadlose Beseitigung von Fäkalien, Unterhaltung von Baulichkeiten und Durchführung der Hüttendienste, den zur Unfallhilfsstation führenden Fahrweg durch das Thumkuhlental nutzen kann? Bis Ende 2016 war dies uneingeschränkt möglich. Danach gab es zunehmend Schwierigkeiten mit dem Eigentümer. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2017 hat der Anwalt des Eigentümers die Einziehung der Fahrgenehmigungen eingefordert und das Befahren der Wege untersagt. Mit Schreiben des Anwalts vom 12. Juni 2018 wurde die Untersagung nochmals bekräftigt und bei Zuwiderhandlung die Unterlassungsklage angedroht. Seit diesem Zeitpunkt halten sich die Mitglieder der Bergwacht daran. 4. Die Unfallhilfsstation wurde mit Billigung staatlicher Stellen und Bauabnahme durch die staatliche Bauaufsicht am 21. Mai 1987 auf dem Standort der alten Hütte zwischen 1985 und 1987 neu errichtet. Ist die Unfallhilfsstation als Sondervermögen zu betrachten? Nein. 5. Sollte es seitens des Landes Sachsen-Anhalt Auflagen gegeben haben, wie sehen diese aus? Nein. Das Land Sachsen-Anhalt hatte im Tauschverfahren auf den Bestand und das Eigentum der Bergwachthütte hingewiesen, sodass dieser Sachverhalt (Bergwachthütte im Eigentum des DRK Kreisverbandes Wernigerode e. V.) auch im Kaufvertrag aufgeführt wurde. 6. Wie wird die Tatsache bewertet, dass durch die repressiven Maßnahmen des Herrn zu Stolberg-Wernigerode regelmäßige Hüttendienste quasi unmöglich wurden, eine gesetzlich vorgeschriebene Dichtigkeitsprüfung der abflusslosen Grube und die Instandhaltung der Unfallhilfsstation verhindert wird, die Einbindung der Unfallhilfsstation in das System der medizinischen Versorgung, z. B. beim Harzgebirgslauf, unterbunden wird und letztlich der Mittelpunkt der Gemeinschaft der Wernigeröder Bergwacht verloren zu gehen droht? Die Landesregierung bewertet keine privatrechtlichen Auseinandersetzungen. 7. Wie wird die Tatsache bewertet, dass die Unfallhilfsstation von ehrenamtlichen Mitgliedern der Bergwacht Wernigerode über Jahrzehnte hinweg aufgebaut und instandgehalten wurde, um eine medizinische Versorgung vor Ort gewährleisten zu können? Für das DRK und die Bergwacht im Allgemeinen ist die Hütte ein idealer Ausgangspunkt , um im Notfall schnellstmöglich im Bereich um den Hohnekamm medizinisch und rettungstechnisch aktiv zu werden. In der Linie zwischen dem Hauptlager in Wernigerode und der Station auf dem Brocken bildet die Hütte einen wichtigen Standort in Mitten des Einsatzgebietes, um schnell reagieren zu 4 können. Die Landesregierung erkennt das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder der Bergwacht ausdrücklich an. 8. Wird das Anliegen, die Unfallhilfsstation weiterhin durch ehrenamtliche Mitglieder der Bergwacht zu nutzen, durch die Landesregierung unterstützt ? Ja. Allerdings kann und wird die Landesregierung sich nicht in privatrechtliche Streitigkeiten und mögliche gerichtliche Auseinandersetzungen einbringen. Da die Bergwacht einen Fachdienst im Katastrophenschutz des Landkreises Harz bildet, hat dieser für ein Ausweichquartier im neuen Feuerwehrhaus in Schierke ab dem Jahr 2019 gesorgt.