Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3647 23.11.2018 Hinweis: Eine Einsichtnahme des vertraulichen Teils o. g. Antwort ist für Mitglieder des Landtages in der Landtagsverwaltung - Akteneinsichtnahmeraum - nach Terminabsprache möglich. Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 26.11.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Wald (AfD) Probleme an der Gemeinschaftsschule Kastanienallee Kleine Anfrage - KA 7/2074 Vorbemerkung des Fragestellenden: Ein an Ministerpräsident Haseloff gerichteter Brandbrief des Kollegiums der Gemeinschaftsschule Kastanienallee vom Juni 2018 hat eine öffentliche Debatte über die an der Schule herrschenden Zustände sowie die „krankmachende“ Tätigkeit der Lehrer angestoßen. Ende September berichtete ein anonymer „Insider“ gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung, dass es an der Schule Klassen mit einem Ausländeranteil von bis zu 100 % gebe; in vielen Klassen sei an einen geregelten Unterricht, geschweige denn an wirkliche Integrationsleistungen wie z. B. Sprachförderung nicht mehr zu denken; es gebe laufend Gewalteskalationen zwischen den Schülern. Sollten diese Schilderungen der Wahrheit entsprechen, handelt es sich um einen handfesten Skandal. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Bildung Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Landesregierung: Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Schutzwürdige Interessen Dritter 2 dürfen dabei aber nicht verletzt werden. Mit der Kleinen Anfrage werden entweder unmittelbar oder mittelbar, jedoch untrennbar mit einer sinnvollen Beantwortung der Kleinen Anfrage insgesamt verwoben, personenbezogene Daten i. S. von Art. 4 Nr. 1 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) abgefragt. Zwar sind die personenbezogenen Daten einer Pseudonymisierung unterzogen worden (Namen und Adressen sind nicht enthalten), sodass die personenbezogenen Daten ohne Hinzuziehung zusätzlicher Informationen nicht unmittelbar einer spezifischen Person zugeordnet werden können (vgl. Art. 4 Nr. 5 DS-GVO). Mittelbar ist diese aber wegen des jeweiligen Bezugs zu einer einzelnen Schule sehr wohl möglich . Nach dem Erwägungsgrund 26 DSG-VO sollten einer Pseudonymisierung unterzogene personenbezogene Daten, die durch Heranziehung zusätzlicher Informationen einer natürlichen Person zugeordnet werden könnten, als Informationen über eine identifizierbare natürliche Person betrachtet werden. Dies ist vorliegend aufgrund der Details der zur Veröffentlichung vorgesehenen Informationen der Fall, da in einigen Fällen bereits die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schule, Zeugen der Tat oder Bekannte der Geschädigten über die für eine Identifizierung der natürlichen Personen notwendigen Informationen verfügen. Die in der Antwort auf die Kleine Anfrage gemachten Angaben stehen damit in einem Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen und dem verfassungsrechtlich verbürgten Informationsanspruch der Abgeordneten . Eine öffentliche Bekanntgabe der personenbezogenen Daten und deren anschließende Veröffentlichung würden die Rechte der Betroffenen verletzen. In dem für die Öffentlichkeit einsehbaren Teil der Antwort können daher keine Informationen mitgeteilt werden, die personenbezogene Daten offenlegen oder Rückschlüsse auf solche zulassen. Die vollständige Antwort der Landesregierung steht den Abgeordneten des Landtages deshalb in der Geheimschutzstelle (Akteneinsichtnahmeraum ) des Landtages von Sachsen-Anhalt zur Einsichtnahme zur Verfügung. Daten im Sinne der Fragestellung werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik (Ausgangsstatistik ) nicht erhoben. Die zur Beantwortung der Fragen herangezogenen Daten wurden im Polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem (IVOPOL) der Landespolizei Sachsen-Anhalt recherchiert. Die Daten aus dem Vorgangsbearbeitungssystem bilden jedoch keine valide Datengrundlage im Sinne einer polizeilichen Kriminalstatistik . Es handelt sich hierbei um eine Eingangsstatistik. Die Bezugnahme der Anfrage auf einen anonymen „Insider“ wurde bei der Beantwortung nicht berücksichtigt. 1. Migrationshintergrund an der Gemeinschaftsschule Kastanienallee (im Folgenden GS Kastanienallee) in Halle (Saale) innerhalb der letzten fünf Jahre (Stand Oktober 2018) entwickelt? Nach Möglichkeit halbjährlich und ggf. nach Aufenthaltstitel aufgeschlüsselt beantworten. 3 Anteil von ausländischen Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund an der Gemeinschaftsschule Kastanienallee Halle Schuljahr Sc hu lja hr ga ng Gemeinschaftsschule Kastanienallee Halle Anzahl Schüler Innen gesamt an der Schule (Quelle : Statistisches Landesamt) Ausländische Schüler Innen (Quelle: Statistisches Landesamt ) Anteil ausländische SchülerInnen In v.H. 2018/19 1* 5 62 45 72,58 6 62 46 74,19 7 83 72 86,75 8 90 72 80,00 9 71 42 59,15 10 35 19 54,29 ∑ 403 296 73,45 2017/18 5 46 34 73,91 6 67 46 68,66 7 81 59 72,84 8 75 43 57,33 9 61 42 68,85 10 40 19 47,50 ∑ 370 243 65,68 2016/17 5 43 23 53,49 6 60 39 65,00 7 65 31 47,69 8 42 17 40,48 9 43 14 32,56 10 25 6 24,00 Förderklassen 2* 37 37 ∑ 315 167 53,02 2015/16 5 46 17 36,96 6 51 19 37,25 7 38 10 26,32 8 53 9 16,98 9 39 15 38,46 10 24 6 25,00 Förderklassen 2* 37 37 ∑ 288 113 39,24 2014/15 5 45 11 24,44 6 33 8 24,24 7 52 10 19,23 8 36 12 33,33 9 39 14 35,90 10 25 9 36,00 Förderklassen 2* 19 19 ∑ 249 83 33,33 4 1* Quelle: Erhebung Landesschulamt vom 22.8.2018 (Anzahl der gemeldeten zu fördernden ausländischen Schülerinnen und Schüler) 2* Quelle: Statistisches Landesamt -> Förderklassen sind die zur besonderen Sprachförderung Deutsch gebildeten Klassen, in denen Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund unterrichtet werden. Anmerkung: Der Klassenteiler ist durch schülerzahlbezogene Zuweisung aufgehoben - daher keine Erhebung von "Anzahl Klassen". a) Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, wonach in einzelnen Klassen der GS Kastanienallee der Anteil von ausländischen Personen bzw. Schülern mit Migrationshintergrund über 70 Prozent liegt? Gibt es Klassen , in denen der Anteil 100 Prozent beträgt? Klasse SchülerInnen mit Migrationshintergrund in v.H. 5a 78 5b 52 5c Vorbereitungsklasse 100 6a 57 6b 64 6c Vorbereitungsklasse 100 7a 64 7b 59 7c Vorbereitungsklasse 100 Willkommensklasse 100 8a 59 8b 91 8c 73 PL 100 9a 71 9b 44 9c 63 10a 56 10b 53 Der prozentuale Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund variiert leicht in den einzelnen Klassen. Bei den Klassen mit 100 % handelt es sich um die bewusst temporär gebildeten Vorbereitungsklassen bzw. Klasse im Produktiven Lernen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten in diesen Klassen noch Sprachförderung und werden gleichzeitig altersgerecht auf den Fachunterricht vorbereitet. Jeweils zum 1. und zum 2. Schuljahreshalbjahr werden die Schülerinnen und Schüler aus diesen Klassen je nach Lernfortschritt in die Regelklassen integriert. Die Klasse im Produktiven Lernen bleibt bestehen. Innerhalb von zwei Schuljahren haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit den Hauptschulabschluss zu erwerben. b) Wie hat sich der Anteil von Schülern der GS Kastanienallee, die als sogenannte „DaZ-Schüler“ (Deutsch als Zweitsprache) lernen, innerhalb der vergangenen zwölf Jahre (Stand Oktober 2018) entwickelt? Bitte halbjährlich aufschlüsseln. 5 Anteil von ausländischen Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund an der Gemeinschaftsschule Kastanienallee Halle - Deutsch als Zielsprache Schuljahr Gemeinschaftsschule Kastanienallee Halle (seit 01.08.2014), vorher Sekundarschule Kastanienallee Halle Anzahl SchülerInnen gesamt an der Schule (Quelle: Statistisches Landesamt) Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund und intensiver Sprachförderung (Quelle: Landesschulamt) Anteil ausländische SchülerInnen mit intensiver Sprachförderung 2018/19 403 161 39,95 2017/18 370 74 20,00 2016/17 315 37 11,75 2015/16 288 36 12,50 2014/15 249 19 7,63 2013/14 229 13 5,68 2012/13 213 5 2,35 2011/12 224 4 1,79 2010/11 201 2 1,00 2009/10 218 2 0,92 2008/09 253 3 1,19 2007/08 245 4 1,63 bis Schuljahr 2017/18 - Sprachförderung Deutsch in Fördergruppen/Förderklassen oder integrativ; Dauer von 1 - 2 Jahre (gem. 3.1 RdErl. Aufnahme von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund an allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen des Landes Sachsen-Anhalt, RdErl. des MK vom 1.8.2012 – 34-8313 (SVBl. LSA 2012, S. 226). ab Schuljahr 2018/19 DaZ - Sprachförderung in Gruppen oder integrativ; Dauer umfasst in der Regel 1,5 Jahre (gem. 4.1 RdErl. Aufnahme und Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund an allgemeinbildenden Schulen des Landes Sachsen-Anhalt, RdErl. des MB vom 20. 7. 2016 – 25-8313 (SVBI. LSA 2016, S. 141), geändert durch RdErl. des MB vom 15.05.2017 (SVBl. LSA 2017, S. 81). 6 c) Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung der schulischen Leistungen der Schüler der GS Kastanienallee im Vergleich zu anderen Gesamtschulen in Sachsen-Anhalt innerhalb der vergangenen fünf Jahre? Zur Bewertung der Leistungen der Schülerinnen und Schüler wird auf die Durchschnitte der Prüfungsergebnisse im Vergleich zum jeweiligen Landesdurchschnitt Bezug genommen. Schuljahr Deutsch Schule Deutsch Land Englisch Schule Englisch Land Mathematik Schule Mathematik Land 2013/14 3,4 3,1 3,7 3,3 4,2 3,6 2014/15 3,2 3,1 3,4 3,2 4,4 3,7 2015/16 3,0 3,1 3,5 3,4 3,6 3,5 2016/17 3,3 3,1 3,5 3,2 4,8 3,6 2017/18 4,0 3,3 3,6 3,1 4,5 3,4 Die Prüfungsergebnisse der Gemeinschaftsschule Kastanienallee liegen in Englisch nahe dem Landesdurchschnitt. Auch für Deutsch war das bis zum Schuljahr 2017/18 so. Abweichungen gibt es mit Ausnahme des Schuljahres 2015/2016 in Mathematik. 2. Welche Straftaten mit Tatort GS Kastanienallee oder unmittelbarem Bezug zur besagten Schule innerhalb der letzten fünf Jahre (Stand Oktober 2018) sind der Landesregierung bekannt? Nach Möglichkeit halbjährlich aufgeschlüsselt nach Datum, Straftatbestand, aufgeklärt ja/nein. Antwort: Im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 25.10.2018 wurden insgesamt 60 Straftaten mit Tatort bzw. Tatortbezug „Gemeinschaftsschule (GS) Kastanienallee“ registriert. Von diesen 60 Straftaten wurden 49 aufgeklärt. Bezogen auf die einzelnen angefragten Zeitabschnitte wird auf die Anlage 1, aufgeschlüsselt nach Datum, Straftatbestand und Aufklärungsstatus, verwiesen. Die Anlage 1 steht den Abgeordneten des Landtages in der Geheimschutzstelle (Akteneinsichtnahmeraum ) des Landtages von Sachsen-Anhalt zur Einsichtnahme zur Verfügung . a) Wie viele dieser Straftaten wurden von ausländischen Personen sowie Deutschen mit Migrationshintergrund begangen? Bitte aufschlüsseln nach Datum, Straftatbestand, ggf. Aufenthaltstitel des/der Täter bzw. Tatverdächtigen , ggf. Herkunftsland des/der Täter bzw. Tatverdächtigen und Aufklärungsstatus. Antwort: 25 Straftaten wurden von 27 nicht deutschen Tatverdächtigen begangen. Die Einzeldelikte sind nach Datum, Straftatbestand, Nationalität und Aufklärungsstatus in der Anlage 2 aufgeschlüsselt. Die Anlage 2 steht den Abgeordneten des Landtages in der Geheimschutzstelle (Akteneinsichtnahmeraum) des Landtages von Sachsen- Anhalt zur Einsichtnahme zur Verfügung. 7 Recherchen nach „Deutschen mit Migrationshintergrund“ sowie nach Angaben zum „Aufenthaltstitel“ sind nicht möglich. b) In wie vielen Fällen handelte es sich bei dem/den Täter(n) bzw. Tatverdächtigen um ausländische Personen, oder Deutsche mit Migrationshintergrund und bei dem/den Opfer(n) um Deutsche ohne Migrationshintergrund ? Antwort: In 25 Straftaten wurden 27 nicht deutsche Tatverdächtige ermittelt. Von diesen Tatverdächtigen haben 5 jeweils 2 Handlungen begangen, sodass die Echttäterzahl 22 beträgt. Bei diesen 25 Straftaten wurden 10 Personen mit deutscher Nationalität als Geschädigte erfasst. Insgesamt wurden 24 Personen mit deutscher Nationalität als Geschädigte zu den 60 registrierten Delikten erfasst. Recherchen nach „Deutschen mit Migrationshintergrund" sind nicht möglich. c) Wie bewertet die Landesregierung im Hinblick auf diese Zahlen die Aussage der o. g. anonymen Quelle, wonach es „fast täglich Schlägereien“ und „Streit zwischen kurdischen und arabischen Syrern“ gebe? Die Aussage ist nicht belegt. 3. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse darüber vor, dass Lehrkräfte der GS Kastanienallee aus Gründen der physischen und/oder psychischen Gesundheit zeitweise oder dauerhaft freigestellt oder beurlaubt wurden? Wenn ja, in wie vielen Fällen? Es liegen grundsätzlich keine Erkenntnisse zu der Art von Erkrankungen bei Lehrkräften vor, da die Gründe durch den Nachweis der Arbeitsunfähigkeits- bzw. Dienstunfähigkeitsbescheinigungen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht mitgeteilt werden. Eine unabhängig vom Einzelfall durchgeführte Erhebung von allgemeinen statistischen Angaben im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung zur psychischen Belastung von Lehrkräften an Schulen des Landes Sachsen-Anhalt lässt keine Rückschlüsse auf die genannte Gemeinschaftsschule zu. Es ist zudem nicht feststellbar, dass der Krankenstand an der Gemeinschaftsschule Kastanienallee signifikant höher wäre, als an anderen Schulen des Landes. a) Wie viele regulär vorgesehene Unterrichtsstunden konnten an der GS Kastanienallee innerhalb der vergangenen fünf Jahre wegen der Abwesenheit von Lehrkräften durch Krankheit (inkl. Kur, Therapie o. Ä.) nicht erteilt werden? Bitte halbjährlich aufschlüsseln. 8 Zeitweilig nicht planmäßig erteilter Unterricht an der Gemeinschaftsschule Kastanienallee Halle* hier: Krankheit oder Kur der Lehrkraft Schuljahr Anzahl der Erhebungsmonate (a/b) a) Aug/Sep bis Jan (in Stunden) b) Feb bis Jun (in Stunden) Insgesamt (in Stunden) 2017/18 11 (6/5) 1.044 699 1.743 2016/17 10 (5/5) 942 874 1.816 2015/16 10 (5/5) 549 406 955 2014/15 10 (5/5) 1.100 1.212 2.312 2013/14 10 (5/5) 545 396 941 *2013/14 Sekundarschule Kastanienallee Halle b) Schätzt die Landesregierung die Arbeitsumstände für Lehrkräfte und andere Beschäftigte an der GS Kastanienallee als zumutbar ein? Ja. 4. Sieht die Landesregierung in Bezug auf die im o. g. Artikel geschilderte Gesamtsituation an der GS Kastanienallee Handlungsbedarf? Wenn nein: Warum nicht? Wenn ja: Welche Maßnahmen sollen ergriffen werden? Mit der Einführung des Produktiven Lernens für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund soll den Bedürfnissen dieser Schülerinnen und Schüler in besonderer Weise Rechnung getragen werden. Zudem werden die Chancen, später erfolgreich in die duale Ausbildung integriert zu werden, erhöht.