Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3650 23.11.2018 (Ausgegeben am 27.11.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Schienenpersonennahverkehr zwischen Halle (Saale) Hbf. und Weißenfels Kleine Anfrage - KA 7/2078 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Abellio Rail Mitteldeutschland GmbH bedient im Auftrag des Landes Sachsen- Anhalt u. a. die Linien RB 20 sowie RE 16 und RE 18, die auf dem Streckenabschnitt Halle (Saale) Hbf. und Weißenfels verkehren. Am 20. September 2018 gab Abellio bekannt, dass vom 22. September bis 8. Dezember 2018 die RB 20, im Abschnitt Halle (Saale) Hbf. - Weißenfels bzw. Gegenrichtung : montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr sowie samstags und sonntags ganztägig ausfällt. Die ausfallenden Züge würden durch Schienenersatzverkehr ersetzt. Fahrgäste können zudem die parallel fahrenden Regionalexpresszüge RE 16 und RE 18 nutzen, die allerdings nicht auf allen Zwischenstationen halten. Während diese (nur) bei Bedarf in Leuna-Werke Nord und Leuna-Werke Süd halten, wird der Bahnhof Großkorbetha in der Zeit bis zum 8. Dezember 2018 überhaupt nicht bedient . Als Begründung für die Zugausfälle trägt Abellio vor, dass man so „einen stabilen und planbaren Verkehr“ gewährleisten kann, obwohl derzeit nicht alle für den Linienbetrieb benötigten Triebfahrzeugführer verfügbar seien. Grund hierfür seien die Vorbereitungen auf die Betriebsaufnahme im Dieselnetz Sachsen-Anhalt, das Abellio am 9. Dezember 2018 übernimmt. Dafür müssten die Abellio-Triebfahrzeugführer auf den neuen Fahrzeugen geschult werden und Streckenkenntnis erlangen. Die Schulungen übernehmen ebenfalls Abellio-Mitarbeiter, die dafür freigestellt werden müssten . 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Seit wann waren der Landesregierung die oben geschilderten (planmäßigen ) Zugausfälle auf der Linie RB 20 und deren Begründung bekannt? Was führte zu der Entscheidung, die Bedienung des besonders stark genutzten Abschnitts zwischen Halle (Saale) Hbf. und Weißenfels stark einzuschränken ? Die oben geschilderten (planmäßigen) Zugausfälle auf der Linie RB 20 und deren Begründung sind der von der Landesregierung mit der Planung, Bestellung und Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) beauftragten NASA GmbH seit dem 13.09.2018 bekannt. Zu der Entscheidung, die Bedienung des Abschnitts der Linie RB 20 zwischen Halle (Saale) Hbf und Weißenfels stark einzuschränken, führte die Erwägung, dass die RB 20 aktuell ohnehin baubedingt nur eingekürzt zwischen Halle (Saale ) Hbf und Weißenfels verkehrt und daher bereits deutlich geringer nachgefragt wird. In diesem Zusammenhang ist der in der Frage genannte Zeitraum richtig zu stellen. Die Einschränkungen für den konkret hinterfragten Abschnitt Halle (Saale) Hbf - Weißenfels sind für den 22.09. bis 23.11.2018 angekündigt und nicht bis zum 08.12.2018. 2. Welche vom Land Sachsen-Anhalt bestellte Verkehrsleistung wird in dem genannten Zeitraum von Abellio nicht erbracht? Im genannten Zeitraum werden von Abellio im Land Sachsen-Anhalt 30.264,130 Zugkm auf den Linien des Verkehrsvertrags „Saale-Thüringen-Südharz “ nicht erbracht. 3. War die Fähigkeit von Abellio, rechtzeitig eine ausreichende Zahl von Triebfahrzeugführern mit Streckenkenntnis zu rekrutieren, Gegenstand des Vergabeverfahrens für das Dieselnetz Sachsen-Anhalt? Nein. Die Fähigkeit von Abellio, rechtzeitig eine ausreichende Zahl von Triebfahrzeugführern mit Streckenkenntnissen zu rekrutieren, war nicht ausdrücklich Gegenstand des Vergabeverfahrens für das Dieselnetz Sachsen-Anhalt, weil die Gestellung von Triebfahrzeugführern elementare und selbstverständliche Grundlage eines jeden Verkehrsvertrages ist. Allerdings war im Rahmen des Vergabeverfahrens durch das Eisenbahnverkehrsunternehmen darzulegen, mit welchen Maßnahmen die erforderliche Anzahl an Mitarbeitern bis zur Betriebsaufnahme erreicht werden soll. Zudem waren Aussagen zu Ausbildung, Weiterbildung und Sozialstandards erforderlich. Die dazu gemachten Aussagen Abellios waren nachvollziehbar. Es gab und gibt auch keinen Zweifel an den Erklärungen, weil die bisherigen Erfahrungen mit Abellio im Branchenvergleich gut sind und die aktuellen Probleme der Personalgewinnung branchen- und länderübergreifend bestehen. Auch alle weiteren im SPNV-Markt tätigen Eisenbahnunternehmen einschließlich der DB Regio AG haben mit vergleichbaren Problemen zu kämpfen. 3 4. Wäre die Nutzung von Triebfahrzeugsimulatoren zur Schulung der Abellio -Triebfahrzeugführer auf den neuen Fahrzeugen und zur Erlangung von Streckenkenntnis eine zulässige Alternative gewesen? Die Art und Weise der Schulung der Triebfahrzeugführer ist nicht Gegenstand des Verkehrsvertrages, weil sie genehmigungsrechtlich geregelt ist und ansonsten in der Verantwortung des Eisenbahnbetriebsleiters liegt. Seitens des Eisenbahnbetriebsleiters von Abellio wird zur Frage folgende Auskunft gegeben: Im Rahmen der Schulung erfolgt die Ausbildung für die neue Fahrzeugbaureihe des Dieselnetzes Sachsen-Anhalt. Für die Erlangung dieser Baureihenkenntnis ist die praktische Ausbildung direkt am Fahrzeug zwingend erforderlich. Streckenkenntnis kann auf dem Simulator nur erworben werden, wenn auf diesem das betreffende Netz vollständig hinterlegt ist. Auf marktüblichen Simulatoren sind jedoch keine realen Streckenverläufe abgebildet, sondern künstliche, damit man in kurzer Zeit wesentlich mehr betriebliche Ausnahmesituationen üben oder schulen kann, als es bei realen Streckenverläufen der Fall wäre. Weiterhin wesentlich ist die notwendige Schulung für spezielle Betriebsverfahren (Fahrdienstvorschrift für Nichtbundeseigene Eisenbahnen, Zugleitbetrieb) auf einigen Nebenbahnen im betreffenden Netz, die ebenfalls nur auf dem Fahrzeug erfolgen kann. Der Landesregierung liegen keine davon abweichenden Erkenntnisse vor. Sie geht daher davon aus, dass die Schulung auf Simulatoren keine vertretbare Alternative darstellt. 5. Hält es die Landesregierung für sachgerecht, dass in Leuna-Werke Nord und Leuna-Werke Süd lediglich Bedarfshalte eingerichtet werden? Ja. Die Landesregierung hält es für sachgerecht, dass in Leuna-Werke Nord und Leuna-Werke Süd lediglich Bedarfshalte eingerichtet werden. Denn beide Stationen werden aktuell zusammen in Summe von lediglich ca. 80 - 100 Einund Aussteigern je Werktag vergleichsweise sehr gering nachgefragt. Zudem ist zu beachten, dass zu den pendlerstarken Zeiten weiterhin eine Bedienung im Bahnverkehr gewährleistet ist. Die montags bis freitags zwischen ca. 8 Uhr und 15 Uhr sowie am Wochenende in der Zeit von ca. 8 Uhr bis 21 Uhr eingesetzten Busse bedienen mit einer Ausnahme (SEV 74835 Weißenfels - Halle (Saale) Hbf am Samstag und Sonntag ) auch die Ersatzhaltestellen Leuna Werke Nord und Süd sowie den Bahnhof Großkorbetha. RE 16 und 18 können keine weiteren Halte bedienen (auch nicht bei Bedarf), da ansonsten Trassenkonflikte (u. a. im eingleisigen Streckenabschnitt der Saalebrückenbaustelle zwischen Weißenfels und Naumburg) und Anschlussverluste entlang dieser Linien auftreten würden. 4 Unabhängig von der aktuellen Situation sind für ausgewählte RE-Fahrten im Jahresfahrplan Regelhalte bestellt, so z. B. am Nachmittag an der Station Leuna Werke Nord um 15.23 Uhr und 17.23 Uhr in Fahrtrichtung Weißenfels. 6. Ist der Landesregierung bekannt, dass Berufspendler aus den Weißenfelser Ortsteilen Großkorbetha, Schkortleben und Wengelsdorf über den Bahnhof Großkorbetha nach Leuna-Werke Nord und Leuna-Werke Süd fahren, um dort ihre Arbeitsplätze zu erreichen? Hält es die Landesregierung unter den vorgenannten Umständen für sachgerecht, dass der Bahnhof Großkorbetha (im Unterschied zu den Bedarfshalten in Leuna- Werke Nord und Leuna-Werke Süd) auch von den Linien RE 16 und RE 18 nicht bedient wird? Ja, der Landesregierung ist bekannt, dass aus Richtung Süden werktäglich ca. 20 Reisende zu den Leuna-Werken Nord und Süd reisen und ein Teil dieser Reisenden u. a. auch aus den Weißenfelser Ortsteilen Großkorbetha, Schkortleben und Wengelsdorf über den Bahnhof Großkorbetha anreist. Ja, die Landesregierung hält es unter den vorgenannten Umständen und mit Verweis auf die Beantwortung der Frage 1 für vertretbar, dass der Bahnhof Großkorbetha (im Unterschied zu den Bedarfshalten in Leuna-Werke Nord und Leuna-Werke Süd) auch von den Linien RE 16 und RE 18 im Zeitraum von ca. 8 bis 15 Uhr nicht und damit aus/in Fahrtrichtung Halle/Merseburg in dieser Zeit nur durch den Schienenersatzverkehr bedient wird. Die für einen Halt oder Bedarfshalt notwendige Haltezeit (bestehend aus Bremszeit, Haltezeit und Anfahrzeit ) würde unter Beachtung von Fahrstraßenausschlüssen in den Knoten Halle (Saale) Hbf und Erfurt Hbf sowie in Abstimmung mit den weiteren zwischen Großkorbetha und Abzw. Saaleck/Großheringen verkehrenden Züge zu Anschlussverlusten führen. Davon wären deutlich mehr Reisende betroffen, denen nicht die Alternative eines Schienenersatzverkehrs zur Verfügung steht.