Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3662 26.11.2018 (Ausgegeben am 27.11.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Abgeordnete Christina Buchheim (DIE LINKE) Schutz personenbezogener Daten an Klingelschildern Kleine Anfrage - KA 7/2072 Vorbemerkung des Fragestellenden: Vergangene Woche hatte in Wien ein Mieter Beschwerde wegen mangelnden Datenschutzes eingelegt. Der Mann, der in einer Gemeindewohnung lebt, erklärte mit Verweis auf die DSGVO, seine Privatsphäre sei nicht genügend geschützt, wenn sein Name auf dem Klingelschild stehe. In diesem Zusammenhang hat der Thüringer Datenschutzbeauftragte Lutz Hasse bei MDR AKTUELL darauf hingewiesen, dass Klingelschilder nicht ohne Zustimmung der Betroffenen mit einem Namen versehen werden dürfen. Er sagte, dass dies vom Datenschutz nicht gedeckt sei. Namen auf dem Klingelschild seien personenbezogene Angaben. Diese würden vom Vermieter an eine unbekannte Zahl Dritter übermittelt. Deshalb sei dafür eine Vereinbarung zwischen Vermieter und Mieter nötig. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie schätzt die Landesregierung die im Eingangstext beschriebene Situation ein? Teilt die Landesregierung die Auffassung des Thüringer Datenschutzbeauftragten ? Liegt im konkreten Fall ein Verstoß gegen die DSG- VO vor? Grundsätzlich obliegt es in Sachsen-Anhalt ausschließlich dem Landesbeauftragten für den Datenschutz als zuständiger Aufsichtsbehörde nach der Daten- 2 schutz-Grundverordnung (DSGVO) zu der im Eingangstext beschriebenen Situation eine rechtlich verbindliche Einordnung vorzunehmen. Die rechtliche Einschätzung des für Sachsen-Anhalt zuständigen Landesbeauftragten für den Datenschutz wurde im Artikel der MZ vom 18. Oktober 2018 „Diskussion um Datenschutz: Verwirrung um Namen auf Klingelschildern von Mietern“ wiedergegeben. Danach wird weder ein Handlungsbedarf für Wohnungsunternehmen in Sachsen-Anhalt noch Bedarf für eine klarstellende Regelung des Gesetzgebers gesehen. Wenn bereits im Mietvertrag geregelt ist, dass der Vermieter die namentliche Beschilderung vornimmt, wäre die Rechtsgrundlage nach Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b DSGVO zu beurteilen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten wäre demnach rechtmäßig, weil sie in Erfüllung eines Vertrages erfolgen würde. Sofern die Beschilderung der Klingel nicht Gegenstand des Mietvertrages ist, könnte sie allerdings auch über die Interessenabwägungsklausel des Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. f DSGVO gerechtfertigt sein. Hier wären die berechtigten Interessen des Vermieters, aber auch von Dritten, gegenüber den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der Mieter abzuwägen. Dabei dürfte es regelmäßig im Interesse des Vermieters, aber auch im Interesse Dritter sein, dass eine Klingel eindeutig einem bestimmten Mieter zugeordnet werden kann, beispielsweise bei (auch vom Vermieter beauftragten) Handwerkern, bei privaten Besuchern der Mieter, bei Post- und Paketzustellungen, aber auch in Notfällen, wie bei Einsätzen von Rettungsdiensten. Auch könnte der Hausfrieden durch versuchsweises oder irrtümliches Klingeln bei den falschen Wohnungen und damit auch die Privatsphäre aller Mieter beeinträchtigt werden. Dies dürfte letztlich nicht im Interesse der Mieter selbst liegen, weshalb die Interessenabwägung regelmäßig zugunsten der namentlichen Beschilderung durch den Vermieter ausfallen wird. Trägt ein Mieter entgegenstehende berechtigte Interessen vor oder legt nach Artikel 21 Abs. 1 DSGVO Widerspruch ein aus Gründen, die sich aus seiner besonderen Situation ergeben, wären die Interessen in diesem Einzelfall erneut abzuwägen. Dies könnte dazu führen, dass nur für diesen Mieter eine andere Form der Beschilderung gefunden werden muss. Die Landesregierung schließt sich dieser Rechtsauffassung des für Sachsen- Anhalt zuständigen Landesbeauftragten für den Datenschutz an. 2. Gab es in Sachsen-Anhalt bereits Beschwerden wegen mangelnden Datenschutzes hinsichtlich der Nennung von Namen auf Klingelschildern? Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Zuständige Aufsichtsbehörde , deren Aufgabe es wäre, sich nach Artikel 57 Abs. 1 Buchst. f DSGVO mit Beschwerden betroffener Personen zu befassen, ist der für Sachsen -Anhalt zuständige Landesbeauftragte für den Datenschutz. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz ist nach Artikel 63 Abs. 3 Satz 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen und damit der Rechts- und Fachaufsicht staatlicher Stellen entzogen . Er ist gegenüber der Landesregierung weder berichts- noch auskunfts- 3 pflichtig. Nach Artikel 63 Abs. 3 Satz 2 der Verfassung des Landes Sachsen- Anhalt hat der Landesbeauftragte für den Datenschutz jedoch dem Landtag, an den er sich jederzeit wenden kann, über seine Tätigkeit und deren Ergebnisse zu berichten. Des Weiteren kann der Landesbeauftragte für den Datenschutz nach § 22 Abs. 4 und 5 des Datenschutzgesetzes Sachsen-Anhalt den Landtag in Fragen des Datenschutzes beraten und auf Ersuchen des Landtages und seiner Ausschüsse Hinweisen auf Angelegenheiten und Vorgänge, die seinen Aufgabenbereich unmittelbar betreffen, nachgehen. Die Regelungen zu parlamentarischen Rechten stehen nach wie vor im Einklang mit dem europäischen Datenschutzrecht. Daher ist die Landesregierung der Auffassung, dass dem Landtag - anders als der Landesregierung - das Recht zusteht, die erbetenen Angaben bei Bedarf unmittelbar beim Landesbeauftragten für den Datenschutz zu erfragen. 3. Welche Sanktionsmöglichkeiten könnten bei Nichteinhaltung des Datenschutzes durch die Namensnennung auf Klingelschildern ohne Zustimmung des Mieters auf die Vermieter zu kommen? Grundsätzlich stehen dem Landesbeauftragten für den Datenschutz als unabhängiger Aufsichtsbehörde umfangreiche Abhilfebefugnisse nach Artikel 58 Absatz 2 DSGVO zur Verfügung, die sich nach den Umständen des Einzelfalls richten. 4. Wie kann aus Sicht der Landesregierung künftig Rechtssicherheit hergestellt werden? Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden? Auf die Antwort auf Frage 1 wird verwiesen. 5. Sollte aus Sicht der Landesregierung bereits bei Vertragsabschluss über ein Mietverhältnis eine entsprechende Vereinbarung über die Nennung bzw. Nichtnennung des Namens auf dem Klingelschild zwischen Vermieter und Mieter getroffen werden? Auf die Antwort auf Frage 1 wird verwiesen. 6. Empfiehlt die Landesregierung, in Zukunft Namen an Klingelschildern grundsätzlich durch Nummern zu ersetzen? Der Landesregierung obliegt es nicht, Empfehlungen zu erteilen. Nach Artikel 57 Abs. 1 Buchst. a und b DSGVO muss der Landesbeauftragte für den Datenschutz die Anwendung der DSGVO überwachen und die Öffentlichkeit für die Risiken, Vorschriften, Garantien und Rechte im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten sensibilisieren. Im Übrigen wird auf die Antwort auf Frage 1 verwiesen. 4 7. Wie verhält es sich hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten bei Namen auf Briefkästen, insbesondere, wenn diese sich außerhalb des Wohnhauses befinden? Auf die Antwort auf Frage 1 wird verwiesen.