Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3735 17.12.2018 (Ausgegeben am 17.12.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Monika Hohmann (DIE LINKE) Abgeordneter Hendrik Lange (DIE LINKE) Stellplätze an der Rappbode-Talsperre Kleine Anfrage - KA 7/2128 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der Mitteldeutschen Zeitung vom 24. Oktober 2018, Lokalteil „Quedlinburger HarzBote“, wird von neu geplanten Parkflächen an der Rappbode-Talsperre und einer somit verbundenen Rodung von ca. 9700 Quadratmetern Wald berichtet. Vor allem die „Harzer Naturfreunde“ haben Bedenken und fürchten Umweltschäden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Wurde bei der Planung und Umsetzung der Rekordhängebrücke „Titan RT“ die Ausweisung von Parkflächen berücksichtigt und wenn ja, in welcher Höhe? Die Baugenehmigung für den „Neubau einer Hängebrücke mit Mega-Swing im Bereich der Rappbodetalsperre“ wurde am 03. August 2016 erteilt. Der fachlich zuständige Landkreis Harz hat hierzu berichtet, dass in der Baubeschreibung unter „Sonstige ergänzende Angaben“ auf einen 2011 erteilten Bauvorbescheid verwiesen wurde. In diesem heißt es, dass die Wegstrecken vom öffentlichen Parkplatz zum Startplatz und vom Zielpunkt zur öffentlichen Straße in Wendefurth in Auszügen aus dem Liegenschaftskataster darzustellen und durch dauerhafte Nutzungs- und Gestattungsverträge mit den Eigentümern (LFB, TSB) und anderen Nutzungsberechtigten (URANIA, Vattenfall) vertraglich zu sichern sind. Nach Auskunft der Gemeinde Nordharz wurden diese Auflagen erfüllt. 2 2. Mit welchem Besucheraufkommen hat der Betreiber „Harzdrenalin“ gerechnet und wie stellt es sich tatsächlich dar? Nach Auskunft des Betreibers wurde in Vorberechnungen von etwa 86.000 zusätzlichen Besuchern ausgegangen. Die tatsächlichen Besuche in 2017 sollen die Kalkulation um das 1,8fache überschritten haben. Für 2018 wird seitens des Betreibers mit 500.000 Gesamtbesuchern gerechnet. Folgende Angaben (Stand 06. Juni 2018) wurden vom Betreiber übermittelt: Besucherzahlen Anlagen Harzdrenalin Jahr Anzahl Besucher 2012 5.000 2013 20.000 2014 30.000 2015 35.000 2016 45.000 Besucherzahlen Gesamtstandort Rappbodetalsperre Jahr Anzahl Besucher 2012 280.000 2013 295.000 2014 305.000 2015 310.000 2016 320.000 2017 550.000 3. Handelt es sich bei der geplanten Rodung, um eine ausgewiesene Waldfläche und wo würden Ersatzpflanzungen dafür stattfinden? Im Rahmen eines Waldumwandlungsverfahrens gemäß § 8 des Landeswaldgesetzes Sachsen-Anhalt (LWaldG) werden für die Rodung der ausgewiesenen Waldflächen entsprechende Ersatzmaßnahmen durchgeführt. Ersatzaufforstungen werden unter der Regie des Landesforstbetriebes auf Kosten der Vorhabenträger in der Gemarkung Rübeland vorgenommen. 4. Am „Hotel an der Talsperre“ stehen Parkmöglichkeiten zur Verfügung. Diese können die Besucher und Besucherinnen der Hängebrücke nutzen . Gab es Überlegungen des Betreibers „Harzdrenalin“ den Parkplatz des Hotels und die vorhandene Infratruktur mit zu nutzen und ggf. Kooperationen einzugehen? Hierzu wurde seitens des Betreibers mitgeteilt, dass hinsichtlich der Parkflächen eine Kooperation mit dem besagten Hotel stattfand, sodass auf den Parkplatz des Hotels als Parkplatz P2 auf jeglichen Print- und Onlineprodukten sowie im Rahmen eines später errichteten Park-Leitsystems hingewiesen wurde. Diese Kooperation endete am 03. Oktober 2018. 3 5. In welchem Rahmen wurde das Umweltgutachten in Auftrag gegeben und wann ist mit abschließenden Ergebnissen zu rechnen? Folgende Untersuchungen wurden durchgeführt: - Erfassung geschützter Arten (Flora) im Frühjahrsaspekt, - Erfassung von Habitatbäumen und anderen Lebensstätten im gesamten Geltungsbereich, - Erfassung von Brutvogelarten unter besonderer Berücksichtigung von Arten der Wälder und Waldränder, - Weitere Berücksichtigung von Wanderfalke und Schwarzstorch, sowie Zugund Wasservögeln (Literatur), - Erfassung von Amphibien- und Fledermausarten sowie des Vorkommens der Spanischen Flagge (Euplagia quadripunctaria) im Vorhabengebiet, - Durchführung einer Eingangsbeurteilung der SPA-Verträglichkeit im Bereich des Gebietes DE 4233-303 „Nordöstlicher Unterharz“, - Umweltbericht mit integrierter Berücksichtigung der naturschutzfachlichen Eingriffsregelung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Baugesetzbuch (BauGB) aufgelisteten Umweltbelangen und der in § 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) genannten Schutzgüter. Die abschließenden Ergebnisse werden im Rahmen der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung gemäß §§ 3 Abs. 2 und 4 Abs. 2 BauGB im Zusammenhang mit dem Umweltbericht vorgelegt. 6. Es gibt Hinweise, dass die Heuschreckenart „Braunfleckige Beißschrecke “ (Tessellana tessellata) in der Umgebung des Gebietes (auf dem der Parkplatz vom Betreiber geplant wurde) ansässig ist. Wurde diesem Hinweis nachgegangen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Seitens der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Harz wurde hierzu ausgeführt, dass es sich bei der „Braunfleckigen Beißschrecke“ um eine streng geschützte Art handelt. Die einzigen deutschen Vorkommen seien in Baden-Württemberg im Oberrheingraben zu finden, aus Sachsen-Anhalt sei kein Nachweis bekannt. Die Art besiedele in ihrem Verbreitungsgebiet wärmebegünstigte Trockenrasen. Derartige Habitate seien am Standort des geplanten Parkplatzes mit submontanem Vorwald bzw. Schlagflur nicht vorhanden. Hinsichtlich eines Hinweises auf das Vorkommen dieser Art habe man im Internet ein Foto (in der MZ vom 13. Juli 2018) gefunden, dass von der Talsperre stammen und die konkrete Art zeigen soll. Nach einer Bewertung der Unteren Naturschutzbehörde handelt es sich hierbei allerdings keinesfalls um die behauptete Art, sondern am ehesten um ein Weibchen der häufigen Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera), da sowohl aus Sicht ihrer Gesamtverbreitung als auch ihrer ökologischen Ansprüche ein dauerhaftes Vorkommen im Plangebiet auszuschließen sei. In Betracht käme lediglich eine temporäre Einschleppung, wesentlich wahrscheinlicher sei allerdings eine Falschangabe aufgrund des oben genannten Fotos. 4 7. In näherer Umgebung befindet sich ein Vogelschutzgebiet und ein Trinkwasserschutz- und Einzugsgebiet. In welcher Verhältnismäßigkeit steht eine Flächenversiegelung für rund 240 Parkplätze zu den ausgewiesenen Schutzgebieten? Hinsichtlich der ausgewiesenen Schutzgebiete stellt sich die Sachlage nach Mitteilung der Gemeinde Oberharz am Brocken wie folgt dar: Entlang der dem Plangebiet gegenüberliegenden Uferseite des Stausees der Rappbode-Talsperre erstreckt sich der westliche Ausläufer des 30 km langen EU-Vogelschutzgebietes „Nordöstlicher Unterharz“ (SPA 0019 LSA, DE 4232 401). Für das Vorhaben der Erweiterung des Parkplatzes wird unter anderem eine Vorprüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen von Natura 2000- Schutzgebieten durchgeführt. Deren Ergebnisse werden im Rahmen der nachfolgenden Beteiligung gemäß §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 2 BauGB vorgelegt. Eine Beeinträchtigung der Natura 2000-Schutzgebiete ist nach derzeitigem Stand nicht zu erwarten. Im Südwesten grenzt das Wasserschutzgebiet Rappbode-Talsperre an das Plangebiet. Das Plangebiet befindet sich allerdings außerhalb der Abgrenzung des Wasserschutzgebietes , sodass eine Einwirkung auf die Belange des Schutzgebiets nicht zu befürchten ist. Insbesondere sind keine Schadstoffeinträge aus dem Oberflächenwasser zu erwarten, da das Gelände im Plangebiet nach Nordosten, also vom Schutzgebiet weg, abfällt.