Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3743 18.12.2018 (Ausgegeben am 18.12.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Spielhallen in Sachsen-Anhalt (IX) Kleine Anfrage - KA 7/2121 Vorbemerkung des Fragestellenden: Es wird Bezug genommen auf die Antwort der Landesregierung vom 24. April 2018 (Drs. 7/2785) auf die Kleine Anfrage „Spielhallen in Sachsen-Anhalt (VIII)“. In ihrer Antwort legt die Landesregierung dar, dass mit einer Rücknahme der erteilten rechtswidrigen Genehmigungen „im Laufe des Monats Mai 2018 zu rechnen“ sei. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Frage 1: Wurden die rechtswidrig erteilten Genehmigungen zwischenzeitlich von der Verbandsgemeinde Wethautal zurückgenommen? Wenn ja, mit Wirkung zu welchem Termin und in welchem Umfang? Wenn nein, warum ist die angekündigte Rücknahme nicht erfolgt? Antwort zu Frage 1: Die in der Antwort der Landesregierung vom 24. April 2018 (Drs. 7/2785) in Aussicht gestellten Rücknahmen der Härtefallgenehmigungen wurden durch die Gemeinde Wethautal wider Erwarten nicht erlassen. Vielmehr schloss die Verbandsgemeinde Wethautal entgegen aufsichtsrechtlicher Weisungen mit der Betreiberin der drei Spielhallen angeblich „zur Beilegung der divergierenden Rechtsauffassungen der Vertragsparteien über den Bestand dreier Spielhallenkonzessionen für das Objekt Casino Burgenland GmbH“ eine Vereinbarung , in der sie den Bestand der drei Spielhallenkonzessionen aus dem Bescheid vom 16. Juni 2017 mit der Maßgabe bestätigte, dass die Betriebserlaubnis für die Spielhalle I bis zum 30. Juni 2032 verlängert und die Betriebserlaubnis für die Spiel- 2 halle II bis zum 31. Dezember 2020 und für die Spielhalle III bis zum 31. Dezember 2021 befristet werde. Im Vorfeld hatte die Verbandsgemeinde bereits eine solche Vereinbarung vorgeschlagen und als Gründe hierfür u. a. Vertrauensschutz zugunsten des Betreibers sowie eine Reduzierung bzw. einen Ausschluss möglicher haftungsrechtlicher Risiken infolge einer Rücknahme genannt. Zudem zögen sich bereits einstweilige Rechtsschutzverfahren aufgrund der derzeitigen erheblichen Überlastung der Verwaltungsgerichte über viele Monate hin, während die eigentlichen Hauptsacheverfahren noch erheblich mehr Zeit in Anspruch nehmen würden. Dies hätte unter Umständen zur Folge, dass im Falle von Beschreitungen des Klageweges Rechtssicherheit erst erheblich später als die oben genannten Auslauftermine für die Erlaubnisse für die Spielhallen II und III eintreten würde. Frage 2: Für den Fall, dass die Rücknahme der erteilten rechtswidrigen Genehmigungen durch die Verbandsgemeinde Wethautal noch nicht erfolgt sein sollte: Welche fachaufsichtlichen Maßnahmen wurden in der Angelegenheit gegenüber der Verbandsgemeinde Wethautal ergriffen? Antwort zu Frage 2: Der Burgenlandkreis (BLK) wurde mit Verfügung des Landesverwaltungsamtes (LVwA) vom 13. April 2018 zur Vermeidung weiterer Verzögerungen angewiesen, seinerseits die Verbandsgemeinde Wethautal im Rahmen seiner bestehenden Fachaufsicht zur Fertigung eines Entwurfes der zu erlassenden Rücknahmeverfügungen anzuweisen und dem LVwA einen Sachstandsbericht der Verbandsgemeinde und die Entwürfe der Rücknahmeverfügungen bis zum 4. Mai 2018 zukommen zu lassen. In der vorgenannten Verfügung wurde gegenüber dem BLK zudem angeregt, mit der unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zu verfügenden Rücknahme gleichzeitig die Fortsetzung des Betriebes zu untersagen, um die unberechtigte Weiterführung zu verhindern (§ 15 Abs. 2 Gewerbeordnung), die Untersagungsverfügung ebenfalls für sofort vollziehbar zu erklären und für den Fall der Nichtbeachtung ein entsprechendes Zwangsgeld anzudrohen. Mit Schreiben vom 17. Mai 2018 übersandte der BLK den angeforderten Sachstandsbericht der Verbandsgemeinde Wethautal vom 8. Mai 2018 sowie den Entwurf des Rücknahmebescheides der Verbandsgemeinde. In seinem Bericht vom 17. Mai 2018 führte der BLK aus, dass für die von der Verbandsgemeinde Wethautal mit Bescheid vom 16. Juni 2017 unter Anwendung der Härtefallregelung für alle drei Spielhallen erteilten erneuten Erlaubnisse der Anwendungsbereich des § 11 Abs. 2 Spielhallengesetz Sachsen-Anhalt (SpielhG LSA) überhaupt nicht eröffnet sei, es mithin nicht zur Anwendung von Härtefallreglungen kommen könne und die erteilten Erlaubnisse bei objektiver Betrachtung der Sach- und Rechtslage erkennbar rechtswidrig erteilt worden seien, was ausweislich der diesem Schreiben als Anlage beigefügten Stellungnahme auch von der Verbandsgemeinde Wethautal so gesehen werde. Diese Rechtswidrigkeit habe zur Folge, dass die Erlaubnisse für die Spielhallen II und III und die dazu gehörenden Gebührenbescheide gemäß § 1 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz Sachsen-Anhalt (VwVfG LSA) in Verbindung mit § 48 VwVfG LSA zurückzunehmen wären. 3 Im Falle einer Rücknahme der Erlaubnisse wäre die Kommune jedoch unter Umständen nicht unerheblichen Schadenersatzforderungen seitens des Erlaubnisinhabers ausgesetzt, der auf die Rechtmäßigkeit dieser neu erteilten Erlaubnisse vertraut habe bzw. auch vertrauen durfte. Der neue Alleingesellschafter erwarb die Anteile an der Spielhallen-GmbH in dem Glauben, für alle drei Spielhallen Erlaubnisse für weitere fünf Jahre zu besitzen und habe gegenüber der Verbandsgemeinde wohl bereits angekündigt, im Falle einer Rücknahme der Erlaubnisse für zwei Spielhallen entsprechende Forderungen gegen die Verbandsgemeinde geltend machen zu wollen. Zur Abklärung des weiteren Vorgehens in dieser Angelegenheit habe die Verbandsgemeinde Wethautal um ein Gespräch beim BLK gebeten, welches am 7. Mai 2018 in den Räumen des dort ansässigen Landratsamtes durchgeführt wurde. In diesem Gespräch, an dem auch die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Wethautal , Frau Beckmann, teilnahm, wurde die Sach- und Rechtslage unter Einschluss des mit einer Rücknahme verbundenen Risikos erörtert. Dabei habe sich auch herausgestellt , dass sich die Verbandsgemeinde Wethautal als erlassende Behörde der Rechtswidrigkeit des Bescheides in Bezug auf die Anwendung der Regelungen der Härtefallregelung des § 11 Abs. 2 SpielhG LSA zum Zeitpunkt des Erlasses durchaus bewusst war. Auf Nachfrage wurde dies damit begründet, dass die drei Spielhallen bisher offen gewesen seien und niemand etwas im Hinblick auf eine Schließung unternommen habe, sowie die Spielhallen seitens der Verbandsgemeinde wie Bestandsspielhallen quasi „aktiv geduldet“ worden seien. Auch habe die Verbandsgemeinde einen gewissen Vertrauensschutz gegenüber dem bisherigen Betreiber gesehen . Zur Reduzierung oder gar zum völligen Ausschluss möglicher haftungsrechtlicher Risiken und zur Vermeidung eines oder mehrerer langwieriger Rechtsstreitigkeiten haben die Vertreter der Verbandsgemeinde Wethautal folgenden Vorschlag unterbreitet : „Die Erlaubnis für die Spielhalle I wird auf 15 Jahre verlängert. Die Erlaubnis für die Spielhalle II wird auf den 31.12.2019 und die Erlaubnis für die Spielhalle III auf den 31. Dezember 2020 befristet.“ Der Burgenlandkreis als Fachaufsicht sei sich der rechtlichen Situation um die erneute Erteilung der drei Spielhallenerlaubnisse bewusst. Aufgrund der dargestellten rechtlichen Risiken wurde dem LVwA gleichwohl der Vorschlag der Verbandsgemeinde Wethautal dergestalt modifiziert zur Entscheidung unterbreitet, als dass die Erlaubnis für die Spielhalle I durchaus auf 15 Jahre verlängert werden könne, die Erlaubnis für die Spielhalle II jedoch auf den 30. Juni 2019, mithin zwei Jahre nach deren Erteilung, und die Erlaubnis für die Spielhalle III auf den 30. Juni 2020, mithin drei Jahre nach deren Erteilung, befristet werden solle. Das LVwA wurde für den Fall, dass es dieses aufgezeigte Vorgehen mittragen würde , um kurzfristige Bestätigung gebeten. Sollte das LVwA weiter die sofortige Rücknahme der Erlaubnisse für die Spielhallen II und III fordern, werde seitens der Verbandsgemeinde Wethautal wie auch seitens des Burgenlandkreises um klare und eindeutige schriftliche fachaufsichtsrechtliche Weisung gebeten. Aufgrund seines Berichtes wurde der Burgenlandkreis durch das LVwA mit Weisung vom 25. Mai 2018 erneut aufgefordert, im Rahmen seiner Fachaufsicht gegenüber der Verbandsgemeinde Wethautal darauf hinzuwirken, dass die mit Datum vom 4 16. Juli 2017 offensichtlich und wissentlich rechtswidrig erteilten Erlaubnisse für die Spielhallen II und III unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zurückgenommen werden. Es wurde ausführlich erläutert, dass dem Vorschlag des Burgenlandkreises seitens des LVwA nicht gefolgt werden könne, da dieser bezüglich der Spielhallen II und III nach den beim LVwA vorliegenden Unterlagen jedweder rechtlichen Grundlage entbehre. Soweit die Entscheidung vorliegend mit der Vermeidung von Klagen begründet werde, handele es sich um sachfremde Ermessenserwägungen, die das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Rechtsordnung, insbesondere an der Einhaltung der Ziele des § 1 Glücksspielstaatsvertrag, nicht überwiegen. Gleiches gelte für das private Interesse der Betreiberin an einem weiteren rechtswidrigen Betrieb der Spielhallen II und III. Da dem Bericht des BLK vom 17. Mai 2018 zudem zu entnehmen war, dass sich die Gemeinde Wethautal bereits bei Erteilung der Erlaubnisse am 16. Juni 2017 deren Rechtswidrigkeit bewusst gewesen sei, wies das LVwA den BLK auf die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG LSA hin, die in wenigen Wochen abzulaufen drohte. Ebenso wurde der BLK angewiesen, im Rahmen der bestehenden Fachaufsicht sicherzustellen , dass die Rücknahmen innerhalb dieser Frist gegenüber der Betreiberin der vorbenannten Spielhallen (Casino Burgenland GmbH) wirksam bekanntgegeben werden und - sofern in dieser Sache eine sachgerechte Erfüllung der Aufgaben nach dem Spielhallengesetz durch die zuständige Verbandsgemeinde Wethautal nicht gewährleistet sein sollte - der Landkreis das Verfahren im Rahmen der bestehenden Fachaufsicht an sich zu ziehen habe. Der BLK wies daraufhin die Verbandsgemeinde Wethautal am 6. Juni 2018 schriftlich an, die Weisung des LVwA umgehend umzusetzen, wobei er seine fachaufsichtsrechtliche Unterstützung anbot und forderte eine Kopie des Rücknahmebescheides an. Sowohl der BLK als auch das LVwA gingen daraufhin von der unverzüglichen Umsetzung dieser Rückforderungen durch die Verbandsgemeinde Wethautal aus. Die Gemeinde Wethautal machte gegenüber dem Landkreis von der angebotenen fachaufsichtsrechtlichen Unterstützung bei der Erstellung der erforderlichen Rücknahmebescheide keinen Gebrauch. Entgegen der ergangenen Weisungen hat die Verbandsgemeinde Wethautal dann am 13. Juni 2018 mit der Spielhallenbetreiberin die in der Antwort zu Frage 1 dargestellte Vereinbarung über den Bestand der Spielhallen abgeschlossen und dies dem Landkreis am 18. Juni 2018 mitgeteilt. Aufgrund des Vorgehens der Verbandsgemeinde Wethautal in o. g. Sache erfolgt derzeit (in Zusammenarbeit des LVwA mit dem BLK) die Prüfung eines möglichen rechtlichen Vorgehens gegen die von der Verbandsgemeinde Wethautal abgeschlossenen Vereinbarungen und einer Rücknahme der rechtswidrig erteilten Erlaubnisse trotz des Ablaufs der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG. Die kommunalaufsichtsrechtlichen und fachaufsichtsrechtlichen Prüfungen dauern noch an.