Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3745 18.12.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 18.12.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Ulrich Siegmund (AfD) Physiotherapeutische Ausbildung in Sachsen-Anhalt - Nachfragen Kleine Anfrage - KA 7/2127 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Bildung Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: In welchem Zeitraum müssen seitens der Krankenkassen Prüfungen ärztlicher Verordnungsscheine für Heilmittel erfolgen und in welchem zeitlichen Rahmen sind aus den Prüfungen folgende Regresse berechtigt? Welche Fristen zur Anmeldung von Regressen sind vorgeschrieben? Antwort: Bei der Prüfung von Heilmittel-Verordnungsscheinen sind zwei Bereiche zu unterscheiden ; zum einem die Abrechnungsprüfung nach § 106d SGB V und zum anderen erfolgt eine Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106b SGB V. Grundlage hierfür sind die mit den Physiotherapeutenverbänden geschlossenen Rahmenvereinbarungen nach § 32 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit der jeweils gültigen Heilmittel- Richtlinie und den Rahmenempfehlungen nach § 125 Abs. 1 SGB V. Nach § 302 Abs. 1 SGB V sind die Heilmittelleistungserbringer verpflichtet, den Krankenkassen die Abrechnungen im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern zu übermitteln. Die Rechnungslegung erfolgt je zugelassenen Physiotherapeut für alle Versorgungs-/Abrechnungsfälle monatlich einmal. Die maschinell verwertbaren Daten sind an die von den Krankenkassen benannten Abrechnungsstellen innerhalb von 12 Monaten nach Abschluss der Behandlung zu liefern. 2 Bei Differenzen oder begründeten Beanstandungen der Abrechnungen kann die einzelne Krankenkasse dem Physiotherapeuten die eingereichten Unterlagen oder die Datensätze unbezahlt zur Prüfung bzw. Korrektur zurückgeben. Beanstandungen müssen von den Krankenkassen innerhalb von sechs Monaten nach Rechnungseingang schriftlich geltend gemacht werden. Regresse entstehen hier nicht, da direkte Abrechnungskorrekturen erfolgen. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgt im Rahmen der Auffälligkeitsprüfung (Richtgrößenprüfung ). Wenn der Arzt seine Heilmittel-Richtgröße überschritten hat und diese Überschreitung nicht durch Praxisbesonderheiten erklärt werden kann, erfolgt innerhalb von zwei Jahren nach Ausstellungsjahr der Heilmittel-Verordnung durch den Arzt eine statistische Prüfung durch die Prüfungsstelle Wirtschaftlichkeitsprüfung . Die Verjährungsfrist zur Geltendmachung dieser Ansprüche beträgt vier Jahre ab Kenntnis (§ 45 SGB I). Frage 2: Wie viele Fälle von sogenannten „Scheinfehlern“ auf ärztlichen Verordnungsscheinen wurden in 2015, 2016 und 2017 durch die Krankenkassen bemängelt? Bitte nach Jahren aufführen. Wie viele dieser mutmaßlichen „Scheinfehler“ haben sich nach Prüfung durch die jeweilige Krankenkasse als unbegründet dargestellt ? Bitte für 2015, 2016 und 2017 getrennt aufführen. Antwort: Bei den Abrechnungsprüfungen werden die fehlerhaften Verordnungen zahlenmäßig nicht erfasst, da sie zur Rechnungskorrektur direkt an die Physiotherapeuten /Physiotherapeutinnen zurückgehen. Bei den Wirtschaftlichkeitsprüfungen liegen den befragten Krankenkassen Sachsen- Anhalts keine Zahlen zu „Scheinfehlern" vor. Die Grundlage für die Definition eines Fehlers auf einer Heilmittelverordnung ergibt sich aus den Bestimmungen der Heilmittel -Richtlinie sowie den vertraglichen Regelungen zwischen den Verbänden der Heilmittelerbringer bzw. den Heilmittelerbringern und den Krankenkassen, die keine Aussagen zu „Scheinfehlern“ enthält. Frage 3: Welche Möglichkeiten der Fort- und Weiterbildung haben Lehrkräfte von Physiotherapieschulen u. Ä.? Antwort: Die Ausbildung der Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten erfolgt durch einen vollzeitschulischen Bildungsgang an Berufsfachschulen. Diesen Bildungsgang bieten staatliche Schulen, Schulen in freier Trägerschaft und eine Schule in Verantwortung des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration an. Das Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA) bietet schulfachliche Fortbildungen an, mit denen sowohl fachinhaltliche als auch fachdidaktische Anregungen gegeben werden. Für die Fort- und Weiterbildung werden 3 auch die Angebote der Berufsverbände sowie die Weiterbildungsmöglichkeiten des Universitätsklinikums Halle (Saale) wahrgenommen. Das LISA unterstützt Lehrkräfte bei der Teilnahme an diesen Fortbildungen durch die Genehmigung von Ersatzangeboten gem. RdErl. über die Schule als professionelle Lerngemeinschaft (RdErl. des MK vom 19.11.2012, SVBl. LSA S. 264, zuletzt geändert durch RdErl. vom 4.2.2015, SVBl. LSA S. 19, 43). Sofern Lehrkräfte ohne berufspädagogische Grundqualifikation in der Physiotherapieausbildung tätig sind, können diese an der Weiterbildung „Berufspädagogik für an berufsbildenden Schulen eingesetzte Lehrkräfte“ teilnehmen. In dieser Weiterbildung werden berufspädagogische und rechtliche Grund- sowie methodisch-didaktische Gestaltungskompetenzen entwickelt. Der Bedarf für eine fachliche Weiterbildung für den Bildungsgang „Physiotherapie“ hat sich in den vergangenen Jahren nicht aufgezeigt . Frage 4: Bitte erläutern Sie die Gründe aufgrund derer die praktische Ausbildung von Physiotherapeuten vorwiegend an Kliniken absolviert wird und nicht in ambulant tätigen Praxen? Antwort: Da der Träger des Ausbildungszentrums für Gesundheitsfachberufe das Universitätsklinikum in Halle (Saale) ist, werden die für die praktische Ausbildung gemäß § 1 Absatz 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten (PhysTh- APrV) festgelegten medizinischen Fachgebiete (Anlage 1 zu § 1 Abs. 1) - Chirurgie, - Innere Medizin, - Orthopädie, - Neurologie, - Pädiatrie, - Gynäkologie im Universitätsklinikum Halle (Saale) absolviert. Dies lassen § 9 Masseur- und Physiotherapeutengesetz (MPhG) sowie die PhysTh-APrV ausdrücklich zu. Es ist überdies aufgrund der Trägerschaft des Universitätsklinikums sowie der zu absolvierenden Fachgebiete naheliegend. Es werden aber auch Praktikumseinsätze in Physiotherapiepraxen durchgeführt. Die Ausbildungsinhalte der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten (PhysTh-APrV) wurden seit 1994 nicht verändert. In der wissenschaftlichen Öffentlichkeit wird kritisiert, dass aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse in der Verordnung keinen Eingang gefunden haben und teils überholte Lehrinhalte noch immer Bestandteil der Ausbildung sind, obwohl die Inhalte bspw. bereits aus den Leistungen des Heilmittelkataloges entfernt wurden . 4 Frage 5: Bitte erläutern Sie die Auffassung der Landesregierung bzgl. der Notwendigkeit der Anpassung der PhysTh-APrV an die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse .   Antwort:  Die PhysTh-APrV stammt aus dem Jahr 1994. Seit dem gilt sie von den Inhalten der Ausbildung weitestgehend unverändert. Es gab insofern keine Anpassung an die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die sich in den letzten fast 25 Jahren natürlich weiterentwickelt haben. In den neueren Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen der Gesundheitsfachberufe wurden die Ausbildungsschwerpunkte in Themenbereiche abgebildet. In der Physiotherapie sind noch immer Fächerauflistungen in der Phys Th-APrV enthalten. Hier wird durchaus Handlungsbedarf gesehen. Die Gesetzgebungskompetenz liegt beim Bund. Dieser hat die Notwendigkeit einer Reform erkannt und in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Darin ist verankert, dass die Ausbildung der Gesundheitsfachberufe im Rahmen eines Gesamtkonzeptes neu geordnet und damit gestärkt werden soll. Das Bundesministerium für Gesundheit hat zur Umsetzung dieses Auftrages aus dem Koalitionsvertrag bereits die Arbeit aufgenommen . Die Ergebnisse der Reform bleiben abzuwarten. Frage 6: Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bis dato für eine Anpassung der Ausbildungsinhalte Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten an die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse ergriffen? Antwort: Das Berufsgesetz und die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung des Bundes haben verbindlichen Charakter zur Umsetzung in den Ländern. Die Ausbildungsinhalte sind jedoch z. T. offen formuliert, sodass sie auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse ausgerichtet werden können. Forschungsergebnisse fließen in die physiotherapeutische Ausbildung ein, in dem Lehrkräfte fachinhaltliche Entwicklungen in Theorie und Praxis für die Unterrichtsgestaltung aufgreifen. Die Lehrkraft ist beauftragt sich in Eigenverantwortung fortzubilden. Das Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA) nimmt dabei eine Unterstützungsfunktion für die Fortbildung ein. Die praktische Ausbildung umfasst insgesamt 1600 Stunden. Nach § 125 Abs. 1 SGB V sind alle an der ambulanten Heilmittelversorgung beteiligten Therapeuten in Praxen und Einrichtungen verpflichtet, sich zielgerichtet fortzubilden. Alle Praxisinhaber und fachliche Leiterinnen und Leiter, die eine Zulassung gemäß § 125 SGB V besitzen, können deshalb über die praktische Ausbildung aktuelle Behandlungsmethoden kommunizieren und die Lernenden dafür befähigen. Frage 7: Bitten nennen Sie für 2012, 2013, 2014 und 2015 nach Jahren aufgeschlüsselt die Anzahl der Auszubildenden, die in den jeweiligen Jahren die Ausbildung begonnen haben. Wie viele davon haben die Ausbildung vorzeitig abgebrochen , wie viele Auszubildende haben die Ausbildung aufgrund nicht bestandener Prüfungen erfolglos beendet, wie hoch ist der Anteil der Personen, die nach erfolgreich abgelegter Prüfung nicht im Beruf tätig geworden sind? 5 Antwort: Für Teil 1 der Frage beinhalten die anliegenden Tabellen die Schülerzahlen. Um die Frage nach den nicht bestandenen Prüfungen beantworten zu können, wäre eine Verlaufsstatistik für jede einzelne Schülerin und jeden einzelnen Schüler erforderlich. Auch Aussagen zur Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit wären nur durch individuelle Daten erfassbar. Aufgrund der erforderlichen individuellen Daten ist diese Teilfrage durch die Landesregierung nicht zu beantworten. Ausbildungsanfänger der BFS Physiotherapie 2012 bis 2015 Quelle: Kultusministerium LSA (zum jeweiligen Erhebungsstichtag im November) Schuljahr Insgesamt Öffentliche Träger Freie Träger Universitätsklinik Halle (MS) 2015/16 236 109 127 17 2014/15 212 98 114 30 2013/14 212 94 118 36 2012/13 227 108 119 35 Abgänger (Abgangszeugnis) der BFS Physiotherapie 2012 bis 2015 Quelle: Kultusministerium LSA Schuljahr Insgesamt Öffentliche Träger Freie Träger Universitätsklinik Halle (MS) 2014/15 21 4 17 0 2013/14 24 1 23 0 2012/13 31 6 25 10 2011/12 35 7 28 0 In der Antwort auf die Kleine Anfrage Drs. 7/3451 teilte die Landesregierung mit, dass derzeit 650 Physiotherapeuten im Land ausgebildet werden.