Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3780 02.01.2019 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 03.01.2019) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Kerstin Eisenreich (DIE LINKE) Zunehmende Versandung und beträchtlich fortschreitender Bewuchs im und am Flussbett der Alten Elbe und der Zollelbe in Magdeburg Kleine Anfrage - KA 7/2143 Vorbemerkung der Fragestellenden: Vor dem Hintergrund, dass zukünftige Hochwasserlagen in und um Magdeburg nicht auszuschließen sind, sorgt die zunehmende Versandung und der beträchtlich fortschreitende Bewuchs im und am Flussbett der Alten Elbe und der Zollelbe für wachsendes Unverständnis, insbesondere bei den Anwohner*innen auf dem Magdeburger Werder sowie in den angrenzenden Stadtteilen Brückfeld, Cracau und Prester. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie 1. Welche fachliche Einschätzung trifft die Landesregierung zur beschriebenen Situation? Die Stromelbe und die Alte Elbe oberhalb des Cracauer Wehres sowie die Zollelbe sind Bundeswasserstraßen, deren Unterhaltung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) obliegt. Der Umfang der Unterhaltungsarbeiten in Bundeswasserstraßen beschränkt sich dabei auf den Verkehrszweck. Da der Bereich der Alten Elbe oberhalb des Cracauer Wehres für die gewerbliche Güterschifffahrt hingegen keine Bedeutung mehr besitzt, sieht die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung nicht die Notwendigkeit, die Schiffbarkeit wieder herzustellen. Die Gewährleistung des Hochwasserabflusses hingegen ist davon nicht umfasst. Dies wird ausdrücklich in den Kommentaren zum WaStrG und WHG zu den jeweili- 2 gen Bestimmungen der Gewässerunterhaltung klargestellt. Das Land Sachsen- Anhalt hat deshalb mit Änderung des WG LSA am 16. Dezember 2009 eine Änderung dahingehend vorgenommen, das bei Maßnahmen mit selbstständiger Zweckbestimmung auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft (z. B. Hochwasserschutz) ergänzend die Unterhaltung beim Land liegt. Aufgrund der beschriebenen Situation plant das Land umfangreiche Unterhaltungsmaßnahmen mit dem Ziel des vorsorgenden Hochwasserschutzes. 2. Wer ist für das Entfernen des Bewuchses und den Abbau der entstandenen Sandbänke im Rahmen eines vorsorgenden Hochwasserschutzes verantwortlich und wer hat die Kosten zu übernehmen? Für Maßnahmen des vorsorgenden Hochwasserschutzes in der Alten Elbe ist der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft verantwortlich. Dieser trägt auch die Kosten. 3. Was ist im Rahmen eines vorsorgenden Hochwasserschutzes bisher im und am Flussbett der Alten Elbe und der Zollelbe getan worden? Um dem nach 1990 entstandenen Bewuchs entgegenzuwirken, haben die Experten des damaligen Staatlichen Amtes für Umweltschutz bereits vor dem Hochwasserereignis 2002 entsprechende Untersuchungen zu den Abflussverhältnissen beauftragt. In Auswertung des Hochwasserereignisses vom August 2002 wurden in den Jahren 2005/2006 weitere Untersuchungen zum Abflussgeschehen in der Stromelbe, Alten Elbe und Umflut vorgenommen. Im Abschlussbericht vom Juni 2006 werden Wasserspiegeldifferenzen unter Annahme bestimmter Abflussmengen in der Alten Elbe für verschiedene Modellvarianten mit den Faktoren Brücken, Bewuchseinfluss, Anlandungen und u. a. für ein Idealprofil der Alten Elbe dargestellt. Im Ergebnis wurde festgestellt , dass Veränderungen in der Alte Elbe kaum Einfluss auf den Abfluss in der Stromelbe und im Umflutkanal haben. Dem zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Bewuchs wurde bei großen Hochwasserereignissen eine Wasserstanderhöhung in der Alten Elbe von ca. 20 cm zugeordnet. Da der Bewuchs den Feststofftransport vermindert , wurde die Reduzierung empfohlen. Bezüglich der Anlandungen wurde eine teilweise Entfernung empfohlen, um eine Eigenmobilisierung bei Hochwasserereignissen zu ermöglichen. Auf dieser Basis und in Abstimmung mit der LH Magdeburg hat der LHW Ende 2006/Anfang 2007 im Rahmen der Gewässerunterhaltung Baumfällungen und Rodungen in der Alten Elbe durchgeführt. Auf Antrag des NABU wurden die Arbeiten durch Beschluss des Verwaltungsgerichtes (VG) vorläufig eingestellt. Der LHW hat im Weiteren einen Pflege- und Unterhaltungsplan erstellen lassen, der zum Ziel hatte, das Maximum an Unterhaltungsmaßnahmen zu beschreiben, welches ohne erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebietes durchgeführt werden kann. Die sich daraus ergebenden Arbeiten sowie der sich aus den Schutzzeiträumen ergebende zeitliche Korridor wurden mit Naturschutzbehörden und -verbänden abgestimmt und die Maßnahmen im Winter 2012/13 begonnen. Das Hochwasser im Juni 2013 mit einem bis dato nie gemessenen Wasserstand von 7,47 m am Pegel Magdeburg Strombrücke hat offenbart, dass die Möglichkeiten des 3 operativen Hochwasserschutzes an ihre Grenzen gelangt sind. Der LHW hat deshalb die TU Dresden erneut mit umfangreichen Untersuchungen zur Verbesserung des Abflussverhaltens der Elbe im Stadtgebiet Magdeburg beauftragt. Der aus den Ergebnissen resultierende Untersuchungsbericht 2014/03 der TU Dresden kann auf der Internetseite des LHW eingesehen und heruntergeladen werden. Im Wesentlichen führt der Bericht den Nachweis der Möglichkeiten abflussverbessernder Maßnahmen durch Gehölzentfernung in Alter Elbe und Umflutkanal und quantifiziert diese mit Modellrechnungen . Es kommt aber auch zum Ausdruck, dass die Differenz zwischen einer vollständigen Gehölzentfernung (Szenario 3) und der vollständigen Gehölzentfernung mit Sedimententnahme (Szenario 3S) nicht wie erwartet, deutliche Wasserspiegelabsenkung aufzeigt. Die Differenz von 12 cm wird als gering eingeschätzt. Ausgehend von den Ergebnissen dieser Untersuchungen wird seit 2015 unter Begleitung einer Arbeitsgruppe (AG) ein Unterhaltungsrahmenplan für den Umflutkanal und die Alte Elbe Magdeburg aufgestellt. Der AG unter Leitung des LHW gehören u. a. Vertreter der betroffenen Landkreise und Kommunen (Salzlandkreis, Jerichower Land, Städte Magdeburg und Schönebeck) aber auch Vertreter des Landesverwaltungsamtes und des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt an. Der Unterhaltungsrahmenplan ist fertig gestellt und steht kurz vor der Herstellung des Einvernehmens mit der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde der LH Magdeburg. Der Plan selbst enthält umfangreiche Festlegungen zu Maßnahmen um einen Zustand herzustellen und zu erhalten, der künftig einen ordnungsgemäßen Abfluss auch für Hochwasser in Elbe, Alter Elbe und Umflutkanal sichert. Ein ausreichender Hochwasserschutz wird damit gewährleistet. Bereits während der Datenerfassung und Planung hat sich gezeigt, dass durch Herausnahme s. g. „standortfremder Gehölze“ abflussverbessernde Maßnahmen zu erreichen sind. Die Umsetzung erfolgte bereits 2016 durch die Herausnahme von mehr als 2000 Bäumen aus der Alten Elbe und Elbumflut mit Schwerpunkt in der Alten Elbe . Zum Erhalt dieses Zustandes sind im LHW die erforderlichen Pflegemaßnahmen eingeplant und werden kontinuierlich umgesetzt. Aktuell führt die Bundesanstalt für Wasserbau in Karlsruhe in Zusammenarbeit mit der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung Untersuchungen zum Feststofftransport in der Elbe durch. In diesem Zusammenhang sollen auch Aussagen zu Auswirkungen auf die Alte Elbe in Magdeburg getroffen werden. Maßnahmen zum vorsorgenden Hochwasserschutz in der Zollelbe bedarf es gegenwärtig nicht. 4. Was soll im Rahmen eines vorsorgenden Hochwasserschutzes zu jeweils welchem Zeitpunkt im und am Flussbett der Alten Elbe und der Zollelbe getan werden? Der Unterhaltungsrahmenplan für die Alte Elbe Magdeburg ist untergliedert in Ersteinrichtende Maßnahmen zur Schaffung eines Referenzzustandes und in Wiederkehrende Maßnahmen zum Erhalt des Zustandes. 4 Die Ersteinrichtenden Maßnahmen sollen die bereits durchgeführten Sofortmaßnahmen aus dem Jahr 2016 zur Entfernung standortfremder Gehölze im Bereich Alte Elbe ergänzen, um einen Planreferenzzustand herzustellen. Dieser Planreferenzzustand ist der Ausgangszustand für die wiederkehrenden Maßnahmen im Unterhaltungsrahmenplan . Geplante Ersteinrichtende Maßnahmen Alte Elbe: In folgenden Bereichen sind die Maßnahmen Komplettrodung (Ausnahme: ausgewählte wertvolle Alt-Habitatbäume; Solitärgehölze in einem Radius von ca. 30 m verbleiben ) geplant: entlang des Ostufers Höhe Friedensbrücke (bei km 03+500) bis zur Kanonenbahn (bei km 02+500) im Bereich an der Ostseite der Alten Elbe bei km 04+000 und km 03+200 eine kleinere Fläche Höhe der Friedensbrücke beim Cracauer Wehr (bei km 02+500). Geplante wiederkehrende Maßnahmen auf dafür ermittelten Flächen in der Alten Elbe: U1 Entfernung standortfremder Gehölze und unerwünschter Neophyten U2 Regelmäßige Entfernung/Unterbindung sich entwickelnder Querriegel U3 a Schlegelmahd/Mahd U3 b Optionale Mahd für Hochstaudenfluren U4 Rückschnitt von überhängenden Ästen/Aufastung U5 Mahd auf Sand-, Kies- und Schlammbänken, Rückschnitt von Aufwuchs U6 Deichunterhaltungs- und Pflegemaßnahmen U7 Beseitigung lokaler Abflusshindernisse V1 Schonender Zugang zum Gewässer V2 Boden- und Gewässerschutzmaßnahmen Maßnahmen zum vorsorgenden Hochwasserschutz in der Zollelbe bedarf es gegenwärtig nicht. 5. Mit welchen Kosten ist für das Entfernen des Bewuchses und den Abbau der entstandenen Sandbänke zu rechnen? Der finanzielle Aufwand für die Umsetzung des Unterhaltungsrahmenplans beträgt ca. 3,5 Mio Euro für die ersteinrichtenden Maßnahmen. Die wiederkehrenden Maßnahmen werden jährlich mit ca. 245 - 350 T€ abgeschätzt. Die einmalige und notwendige regelmäßig wiederkehrende Sedimententnahme wurde aufgrund des ungünstigen Nutzen/Kosten-Verhältnisses nicht in den Unterhaltungsrahmenplan aufgenommen, zumal die zusätzliche wasserstandsabsenkende Wirkung im Hochwasserfall sehr gering ausfallen würde. Die Untersuchungen ergaben , dass im Bereich der gesamten Alten Elbe bei einer Länge von ca. 5 km, einer durchschnittlichen Breite der Alten Elbe von ca. 150 m und den gegebenen Sedimenthöhen ein Sedimentvolumen von 500Tm³ - 1 Mio. m³ abzutragen wäre. Die Kosten würden ca. 10 Mio. € betragen. Der Sedimentabtrag wird als nicht nachhaltig eingeschätzt . Die Arbeiten zum Sedimentabtrag in der Alten Elbe wären im Turnus von fünf Jahren ständig zu wiederholen. 5 6. Könnte der durch den Abbau der Sandbänke gewonnene Sand bedenkenlos entsorgt oder möglichweise als Bau- bzw. Verdichtungsmaterial wieder eingesetzt werden? Es wird um eine Antwort mit ausführlicher Begründung gebeten. Derzeit liegen keine aktuellen Untersuchungsergebnisse zur Verwertbarkeit von Sedimenten aus der Alten Elbe vor. Nach derzeitigen Erkenntnissen ist davon auszugehen , dass sie belastet sind (Z1-Z2)1 und somit nicht unbedenklich als Baustoff (Z0)1 verwertet werden können. Aufgrund der Tatsache, dass in Fließgewässern in Abhängigkeit der Fließgeschwindigkeit und weiteren örtlichen Gegebenheiten im Regelfall leichte Sedimente verfrachtet werden und schwere Sedimente sich absetzen, besitzen die abgesetzten Sedimente einen gleichförmigen Kornanteil, der in der Regel auch dadurch eine Verwendung als Baustoff ohne Vorbehandlung (Aufwertung) ausschließt. Das bedeutet, dass die Anforderungen für die Verwendung als Baustoff im Regelfall nicht gegeben sind. 1 Zuordnungswerte gemäß Mitteilung 20 „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen/ Abfällen – Technische Regeln-„ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA)