Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3798 04.01.2019 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 04.01.2019) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Thomas Lippmann (DIE LINKE) Lehrkräftegesundheit II - Ergebnisse der Arbeit der medical airport service GmbH Kleine Anfrage - KA 7/2159 Vorbemerkung des Fragestellenden: Nach der Bekanntmachung des Kultusministeriums vom 20. Dezember 2013 hat das damalige Kultusministerium die medical airport service GmbH mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines Betriebsarztes und der Fachkraft für Arbeitssicherheit beauftragt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Bildung Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Landesregierung: Gemäß DGUV Vorschrift 2 - Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit - auf der Grundlage der §§ 3 und 6 des Gesetzes über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (ASiG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, je Beschäftigtem 0,5 Std/Jahr für die arbeitssicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung zur Verfügung zu stellen. Im Jahr 2013 wurde diese Leistung für die Landesbediensteten an den Schulen in öffentlicher Trägerschaft im Land Sachsen -Anhalt europaweit ausgeschrieben. Der Zuschlag wurde an die Firma medical airport service GmbH erteilt. 2 Frage 1: Besteht diese Beauftragung bis heute fort? Wurde sie ergänzt, präzisiert oder sonst verändert? Wenn ja, welche Veränderungen wurden vorgenommen? Wird die Beauftragung der medical airport service GmbH fortgeführt und wenn ja, wie lange? Antwort: Der am 20. Dezember 2013 geschlossene Vertrag hatte eine Laufzeit von drei Jahren und einer Verlängerungsoption von zwei Jahren. Die Verlängerungsoption wurde mit Änderungsvertrag vom 24. August 2017 genutzt. Der Vertrag endet mit Ablauf des 31. Dezembers 2019. Eine Zusatzvereinbarung vom 17. Juli 2018 beinhaltete eine Auftragserweiterung für die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung gemäß § 10 Abs. 3 Mutterschutzgesetz für schwangere Schülerinnen. Das Land ist verpflichtet, die Aufgabe arbeitssicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung der Landesbediensteten an den in öffentlicher Trägerschaft Schulen im Land Sachsen-Anhalt weiter fortzuführen. Die Fortführung der Leistungen wird im Januar 2019 europaweit ausgeschrieben. Vorbemerkung des Fragestellers zu den Fragen 2 bis 4: Die Antworten auf die Fragen zu den Ziffern 2 bis 4 sollen jeweils die Schuljahre 2013/2014, 2014/2015, 2015/2016, 2016/2017 und 2017/2018 umfassen und dabei jeweils zusätzlich nach den Schulformen entsprechend § 3 Abs. 2 Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (SchulG LSA) differenziert werden. Die Schulform „Berufsschule “ soll dabei nicht weiter aufgegliedert werden, die Schulform „Gemeinschaftsschule “ soll mit der Schulform „Sekundarschule“ zusammengefasst werden. Unter der Schulform „Förderschule“ sollen die Förderschulen für Geistigbehinderte gesondert ausgewiesen werden. Vorbemerkung der Landesregierung zu den Fragen 2 bis 4: Die Beantwortung der Fragen 2 bis 4 für die jeweiligen Schuljahre ist leider nicht möglich, da sich die Jahresberichte der medical airport service GmbH in der Dokumentation auf Kalenderjahre und nicht auf Schuljahre beziehen. Die Differenzierung nach Schulformen entsprechend § 3 Abs. 2 Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (SchulG LSA) wurde vorgenommen. Frage 2: An wie vielen Schulen wurde jeweils eine Gefährdungsbeurteilung der psychologischen Belastungen (pGBU) durchgeführt? An wie vielen Schulen davon wurde wegen ihrer Größe (kleine Schulen) das Workshop-Format angewandt? Antwort: In den Jahren 2013 (Vertragsbeginn 1.11.2013) und 2014 fand zunächst die Konzeptphase statt. Die Konkretisierung der Betreuung wurde in Steuerkreisen ausgearbeitet . Ergebnis dessen wurden das Pflichtenhelft sowie der Leistungskatalog „Präventionsmaßnahmen für Pädagoginnen und Pädagogen in Sachsen-Anhalt“ erstellt. Im Jahr 2015 erfolgte dann im Prozess der Beginn der Pilotierung der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. 3 Die Pilotierung des Verfahrens erfolgte im Schuljahr 2015/2016 an neun Grundschulen , sieben Sekundarschulen, sechs Gymnasien und vier Berufsschulen. Im Jahr 2017 wurde eine Gefährdungsbeurteilung der psychologischen Belastungen (pGBU) an 10 Grundschulen, fünf Sekundarschulen, fünf Gymnasien, einer Berufsschule und einer Förderschule für Geistigbehinderte durchgeführt. Im Jahr 2018 wurde bisher an drei Grundschulen, vier Sekundarschulen, 12 Gymnasien und fünf Berufsschulen eine pGBU durchgeführt. Bisher wurde an keiner Schule das Workshop-Format angewandt. Frage 3: Wie viele Workshops, Coachings, Mediationen und Supervisionen, Fortbildungen oder Gesundheitstage u. Ä. zur Reduzierung von physischen, psychosozialen oder organisatorischen Gefährdungen an Schulen wurden jeweils durchgeführt ? Wie viele waren ausdrücklich auf psychosoziale Gefährdungen gerichtet ? Antwort: Die Jahresberichte beziehen sich in der Dokumentation auf Kalenderjahre, nicht auf Schuljahre. Die Zahlen sind Näherungswerte um eine Anzahl an Veranstaltungen zu nennen, da die Mengenangabe in den Jahresberichten auf der Dokumentation von arbeitsmedizinischen Stunden basiert. Jahr Insgesamt davon für psychosoziale Gefährdungen 2014 71 69 2015 316 273 2016 454 382 2017 364 321 2018* 247 202 * vorläufiger Stand Im Jahr 2013 haben keine Workshops, Coachings, Mediationen und Supervisionen, Fortbildungen oder Gesundheitstage u. Ä. stattgefunden, da die Betreuung durch die Firma medical airport service GmbH erst am 1. November 2013 begann. Frage 4: In wie vielen Fällen wurde das individuelle Sprechstundenangebot zur psychologischen Beratung sowie zur psychosozialen Krisenintervention in den Zentren Magdeburg und Halle jeweils genutzt? Bestehen erhebliche Wartezeiten? Wenn ja, wie hoch waren sie im Durchschnitt? Welche Kapazitätserweiterung wäre nach Auffassung der Landesregierung erforderlich, um eine zeitnahe Beratung bzw. Krisenintervention zu ermöglichen? Antwort: Die Jahresberichte beziehen sich in der Dokumentation auf Kalenderjahre, nicht auf Schuljahre. Die Zahlen sind Näherungswerte, um eine Anzahl an Beratungen zu 4 nennen, da die Mengenangabe in den Jahresberichten auf der Dokumentation von arbeitsmedizinischen Stunden basiert. Die Beratungen durch Ärzte ergeben sich aus den dokumentierten Arztstunden. Jahr Beratungen durch Ärzte Beratungen durch Psychologen 2014 146 - 2015 261 - 2016 470 44 2017 565 66 Im Jahr 2013 wurden keine individuellen Sprechstunden zur psychologischen Beratung angeboten, weil die Betreuung durch die Firma medical airport service GmbH erst am 1. November 2013 begann. Für individuelle Sprechstundenanfragen in Halle und Magdeburg beträgt die Wartezeit maximal zwei Wochen. In den meisten Fällen geht es schneller. Psychologische Beratungen werden in der Regel innerhalb einer Woche terminiert. In Akutfällen möglichst sofort. Vor dem Hintergrund der hier dargestellten Wartezeiten ist eine Erweiterung der Beratungskapazität aus der Sicht der Landesregierung nicht notwendig. Vorbemerkung des Fragestellers zur Frage 5 bis 9: Die nachfolgenden Fragen beziehen sich auf die Nutzung der Ergebnisse und Erkenntnisse , die sich aus der Arbeit der als Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit tätigen medical airport service GmbH - und ggf. weiterer Partner - ergeben, durch die Schulbehörden. Frage 5: In welchen Formen werden die Ergebnisse und Erkenntnisse ausgewertet? Antwort: Im Allgemeinen werden Jahresberichte zur Auswertung der Ergebnisse und Erkenntnisse durch die Firma medical airport service GmbH erstellt. Die Ergebnisse und Erkenntnisse werden unterjährig im Rahmen von Steuerkreisen und Arbeitsschutzausschusssitzungen ausgewertet. Im Bereich der Arbeitssicherheit erfolgt die Auswertung auf der Basis einer „Erstbegehungscheckliste “ sowie einem „Begehungsbericht“. Diese sind geeignete Optionen , den Istzustand des Arbeits- und Gesundheitsschutzes darzustellen. Durch eine gesteuerte Befragung der Schulleitung werden alle Fragen des organisatorischen Arbeitsschutzes angesprochen und mögliche Gefährdungen aufgezeigt. Auf Grundlage der flächendeckenden Begehungen aller Schulformen im Land Sachsen-Anhalt und der daraus resultierenden Ergebnisse und Informationen hat die medical airport service GmbH gemeinsam mit dem Landesschulamt Arbeitspakete initiiert und umgesetzt , die den Schulleitungen behilflich sind, eine rechtssichere Arbeitsschutzorganisation aufzubauen bzw. zu festigen. Im Bereich der pGBU erhält die Schule einen datengeschützten Ergebnisbericht der medical airport service GmbH, auf dessen Grundlage Maßnahmen für die Schule 5 abgeleitet werden können. Die Ergebnisse der pGBU werden schulformbezogen in einem Gesamtbericht zusammengefasst. Dieser wird laufend um neue Daten ergänzt . Frage 6: Welche Schlussfolgerungen wurden bisher in Sonderheit aus den pGBU gezogen ? Sind die Schlussfolgerungen schulformspezifisch? Wenn ja, wo liegen Problem-Schwerpunkte in den einzelnen Schulformen? Sind die Schlussfolgerungen öffentlich und wenn ja, wo sind sie dokumentiert? Antwort: Momentan lässt die Stichprobe dazu noch keine Aussagen zu, weil sie noch nicht repräsentativ genug ist. Frage 7: Wie wird die Gefährdung von Lehrkräften durch Burnout eingeschätzt? Gibt es eine signifikante Differenzierung zwischen den Schulformen und sind Entwicklungstendenzen seit 2013 festzustellen? Wenn ja, welche? Gibt es eine Besonderheit hinsichtlich der Förderschulen für Geistigbehinderte? Antwort: Bisherige Ergebnisse der erfassten Erschöpfungsskala (Burnout) zeigen an, dass ungefähr 29 % der Lehrkräfte hohe Erschöpfungswerte aufweisen. Bedeutsame Unterschiede zwischen den Schulformen ergeben sich bisher keine. Es liegen keine Erkenntnisse über Besonderheiten bzgl. Förderschulen zu diesem Punkt in den Daten vor. Diese Werte decken sich mit Erkenntnissen aus einschlägigen Studien zur Lehrkräftegesundheit .1 Deswegen sind allgemeine Maßnahmen zur Prävention von Erschöpfungszuständen die erste Schlussfolgerung, die aus den bisher vorliegenden Ergebnissen gezogen wurden. Entwicklungen über die Zeit dazu sind nicht festzustellen – die Ergebnisse scheinen sich eher auf einem gewissen Niveau zu stabilisieren. Frage 8: Stehen den Schulbehörden zu den Burnout-Erkrankungen ggf. auch entsprechende Datenerhebungen der Krankenkassen oder anderer zur Verfügung oder gibt es eigene Studien oder Befragungen der Schulbehörden? Sind diese Studien , Befragungen oder Datenerhebungen öffentlich und wenn ja, wo sind sie dokumentiert? Antwort: Dem Landesschulamt stehen keine Daten der Krankenkassen oder anderer zu Burnout -Erkrankungen zur Verfügung. Unter Umständen teilen langzeiterkrankte Pädagogen im Verfahren zum betrieblichen Eingliederungsmanagement vertrauliche Gesundheitsdaten den Fallmanagerinnen mit. In der Jahresauswertung zum betrieb- 1 Schaarschmidt, U. (Hrsg.) (2005). Halbtagsjobber? Psychische Gesundheit im Lehrerberuf – Analyse eines veränderungsbedürftigen Zustandes. Weinheim: Beltz. Schaarschmidt, U. & Kieschke, U. (Hrsg.) (2007). Gerüstet für den Schulalltag. Psychologische Unterstützungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer. Weinheim: Beltz. Schaarschmidt, U. & Fischer, A. W. (2013). Lehrergesundheit fördern – Schulen stärken. Ein Unterstützungsprogramm für Kollegium und Leitung. Weinheim: Beltz. Schaarschmidt, U., Kieschke, U. & Fischer, A. W. (2016). Lehrereignung. Voraussetzungen erkennen, Kompetenzen fördern, Bedingungen gestalten. Stuttgart: Kohlhammer. 6 lichen Eingliederungsmanagement werden anonymisiert häufig auftretende Erkrankungen benannt. Diese Angaben werden nicht veröffentlicht, sondern stehen gemäß Dienstvereinbarung nur den Mitgliedern des BEM Teams zur Verfügung. Im Übrigen dürften diese Angaben auch nicht repräsentativ sein, da betroffene Lehrkräfte nicht verpflichtet sind, sich zu ihrer gesundheitlichen Situation zu äußern. Frage 9: Welche Konsequenzen wurden bzw. werden aus der vom Landesinstitut für Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt (LISA) durchgeführten Lehrkräftebefragung zur Lehrkräftegesundheit gezogen? Gibt es Planungen, Projekte zur Lehrkräftegesundheit und/oder weitere Lehrkräftebefragungen durchzuführen ? Wo wurden die Ergebnisse dieser Lehrkräftebefragung veröffentlicht bzw. wo können diese eingesehen werden? Antwort: Mit Erlass vom 20. Oktober 2011 wurde dem LISA das Projekt „Lehrkräftegesundheit “ übertragen. Dieses Projekt umfasste eine Umfrage innerhalb der Lehrerschaft und des pädagogischen Personals zu deren aktuellen Belastungssituationen. Neben der statistischen Erfassung wurde auch eine Auswertung der Ergebnisse mit möglichen Veränderungsvorschlägen erwartet. Bei dem Projektauftrag handelte es sich jedoch nicht um die generelle Übertragung der Aufgabe „Lehrkräftegesundheit“ mit allen dazugehörenden Bereichen auf das LISA. Die Befragung wurde im November/Dezember 2011 durchgeführt und die Ergebnisse in der Sitzung des zentralen Arbeitsschutzausschusses am 17. Dezember 2013 präsentiert . Die Ergebnisse wurden anschließend der mit der arbeitsmedizinischen und arbeitssicherheitstechnischen Betreuung beauftragten Firma medical airport service GmbH übergeben. Mit Vorstellung der Ergebnisse wurde deutlich, dass die Ergebnisse in ihrer Komplexität nicht verwertbar waren. An den Schulen war durchgängig nur eine relative niedrige Beteiligung zu verzeichnen und die Ergebnisse insoweit nicht durchgängig repräsentativ. Unabhängig davon, hat die medical airport service GmbH die Ergebnisse in ihre Betreuungs- und vor allem Präventionskonzepte aufgenommen . Die Ergebnisse sind zwischenzeitlich durch Gefährdungsbeurteilungen und Gefährdungsbeurteilungen zu den psychischen Belastungen, die an allen Schulen durch die medical aiport service GmbH durchgeführt wurden, aktualisiert. Die Konzepte der medical aiport service GmbH sehen regelmäßige Beratungen der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit an den Schulen für die Bediensteten vor. Präventiv werden dazu den Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeitern Seminare und Schulungen angeboten, um einem ganzheitlichen Ansatz im Sinne von Arbeitsgesundheit zu erreichen.