Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3810 09.01.2019 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Die Anlage ist in Word als Objekt beigefügt und öffnet durch Doppelklick den Acrobat Reader. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 10.01.2019) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Esoterik und Pseudomedizin an Volkshochschulen in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/2187 Vorbemerkung des Fragestellenden: Das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL berichtet in seiner aktuellen Ausgabe über pseudomedizinische und esoterische Bildungsangebote an deutschen Volkshochschulen („Wohin das Qi fließt“, DER SPIEGEL, 34/2018). Dazu untersuchte das Magazin die Angebote von 350 Volkshochschulen auf 33 Verfahren, welche nach einer Einschätzung des Wissenschaftlers Edzard Ernst eint, dass „ihre Wirksamkeit nicht oder nur für kleine Teilbereiche belegt ist; sie vermitteln unwissenschaftliche Medizintheorien und Körperbilder.“ Laut Auswertung des Magazins wird in „fast jedem vierten Volkshochschulkurs aus dem Bereich Gesundheit [...] ein fragwürdiges alternativmedizinisches Verfahren gelehrt“. Selbst wenn Yoga- und Qigongkurse - erfasst waren nur solche, die nicht nur als reine Fitnessangebote angekündigt wurden - ausgenommen werden, ist noch jeder fünfte Kurs betroffen. Auch bei solchen sogenannten alternativmedizinischen Methoden, die nicht mit Nebenwirkungen einhergehen, besteht die erhebliche Gefahr, dass sie als Alternative zu effektiven diagnostischen und wissenschaftlich fundierten Methoden eingesetzt werden und Patientinnen und Patienten zu Schaden kommen. Zudem ist fraglich, warum mit öffentlichen Geldern Bildungsangebote finanziert werden sollten, die wissenschaftlichen Standards nicht genügen, kommerzielle pseudomedizinische Verfahren propagieren und/oder solche ohne spezifischen Nutzen und damit Patientinnen und Patienten desinformieren. Darüber hinaus besteht ein innerer Zusammenhang zwischen esoterischer Szene und Verschwörungsideologien und sogenannten Sekten. Seit Jahren werden diese außerhalb der Wissenschaft stehenden Methoden kritisiert und auch auf ihre Genese im Nationalsozialismus verwiesen (vgl. Arzneimittelkommission der dt. Ärzteschaft in: 2 Deutsches Ärzteblatt 1998; 95: A-800-805 [Heft 14]). Auch in Sachsen-Anhalt werden die Volkshochschulen aus öffentlichen Mitteln, u. a. des Landes, gefördert. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Bildung Vorbemerkung: Im Rahmen seiner Zuarbeit für die Beantwortung der Kleinen Anfrage weist der Landesverband der Volkshochschulen Sachsen-Anhalt e. V. darauf hin, dass der Deutsche Volkshochschul-Verband (DVV) im Vorfeld der Veröffentlichung des SPIEGEL- Artikels die Fragen der Autorin ausführlich beantwortet und ihr die Leitlinien der Gesundheitsbildung an Volkshochschulen und weiteres Grundlagenmaterial schriftlich zur Verfügung gestellt hat. Die wichtigsten Kritikpunkte des Artikels wurden bereits mit allen Landesverbänden der Volkshochschulen besprochen und den ca. 900 Volkshochschulen in der Bundesrepublik kommuniziert. Der DVV hatte eingeräumt, dass es bei den deutschlandweit knapp 195.000 Kursen im Gesundheitsbereich (VHS-Statistik für 2017) vereinzelt inakzeptable Verletzungen der Seriositätsgrenzen gab. Deshalb wurde die SPIEGEL-Berichterstattung zum Anlass genommen, auf noch verlässlichere Qualitätskontrollen hinzuwirken. Viele Volkshochschulen in Sachsen-Anhalt haben sich einem extern auditierten Qualitätssicherungssystem unterzogen und dieses erfolgreich bestanden. Im Bundesarbeitskreis Gesundheit, in dem alle Landesverbände organisiert sind, sowie in der Arbeitsgruppe Gesundheit im Landesverband der Volkshochschule wird regelmäßig beraten, wie sich gesellschaftliche Entwicklungen und Herausforderungen in der Gesundheitsbildung im Programmangebot der Volkshochschulen in Sachsen -Anhalt widerspiegeln können und sollen. Es muss deutlich festgestellt werden, dass der bei weitem überwiegende Teil der gesundheitsbildenden Volkshochschulangebote seriös geplant und durchgeführt wird. Der Landesverband der Volkshochschulen Sachsen-Anhalt e. V. merkt daher an, dass er die Berichterstattung im SPIEGEL in wesentlichen Punkten nicht nachvollziehen kann und die Schlussfolgerungen für überzogen hält. Der öffentliche Auftrag der Volkshochschulen besteht darin, ganz in der Tradition der Aufklärung, erwachsene Teilnehmende zu informieren und zur Auseinandersetzung mit aktuellen, auch kontroversen, Themen anzuregen. Das gilt selbstverständlich auch für die Gesundheitsbildung. Im Vordergrund der Gesundheitsbildung an Volkshochschulen steht die Befähigung des Einzelnen zum selbstbestimmten Handeln und Entscheiden in Gesundheitsfragen sowie zur Übernahme von Verantwortung für die eigene Gesundheitsfürsorge. Gesundheitsbildung muss hierbei alle relevanten Gesundheitsfragen aufgreifen. Zum Bildungsauftrag der Volkshochschulen gehört daher auch die Information der Bevölkerung über „komplementäre“, die klassische Schulmedizin ergänzende Ansätze und Therapien. Auch in diesen Kursen müssen sich die Teilnehmenden darauf verlassen können, dass sie zutreffend und differenziert aufgeklärt werden. Themen, 3 die in Wissenschaft und Gesellschaft kontrovers diskutiert werden, müssen im VHS- Kurs auch kontrovers dargestellt werden. Kursleitungen sind zur Distanz verpflichtet und dürfen persönliche Überzeugungen nicht als objektive Wahrheiten verkünden. Die bundesweiten Qualitätsrichtlinien enthalten grundlegende Hinweise zum Verzicht auf die Vermittlung subjektiver Ansichten sowie auf jedwede Art der Therapie. Diese Grundsätze werden in regelmäßigen Treffen der Arbeitsgruppe Gesundheit im Landesverband der Volkshochschulen diskutiert, aktualisiert und weiterentwickelt. Volkshochschulen in Deutschland, ihre Verbände und Fachgremien, so auch der Landesverband der Volkshochschulen Sachsen-Anhalt e. V., vertreten die grundsätzliche Auffassung, dass der Gesundheitsbildung keine thematischen Einschränkungen auferlegt werden sollten. Es kann also jede Methode im Kurs thematisiert werden, die einen Bezug zur Gesundheitsbildung aufweist, sofern die Darstellung kontroverse wissenschaftliche und erfahrungsorientierte Positionen angemessen berücksichtigt und Versprechen bezüglich einer therapeutischen Wirksamkeit unterlässt. Unter dieser Voraussetzung können die sehr unterschiedlichen Themenstellungen in der Gesundheitsbildung dazu beitragen, das individuelle Gesundheitsbewusstsein der Kursteilnehmenden zu stärken und die Kompetenz und Eigenverantwortung in Fragen der eigenen Gesundheit zu fördern. Frage 1: Wie viele Kurse an Volkshochschulen in Sachsen-Anhalt im Bereich „Gesundheit “ haben in den Jahren 2016, 2017 und 2018 bis heute Verfahren gelehrt, welche wissenschaftlichen Standards und/oder den Regeln der ärztlichen Heilkunst nicht genügen/entsprechen? Bitte aufschlüsseln nach Angebot, Jahr und Volkshochschule. Dazu liegen keine statistischen Erhebungen vor. Frage 2: Wie viele der folgenden Verfahren wurden in den Jahren 2016, 2017 und 2018 bis heute an Volkshochschulen in Sachsen-Anhalt gelehrt? Bitte aufschlüsseln nach Verfahren, Jahr, Anzahl der Kurse und Volkshochschule. Die Verfahren: Akupressur, Akupunktur, Aromatherapie, Ayurvedische Medizin, Ayurvedische Ernährung, Ayurvedische Massage, Bachblüten, Bioenergetik, Chinesische Kräuter, Chiropraktik, Cranio-Sacral-Therapie, Ernährung nach den fünf Elementen , Fünf Tibeter, Homöopathie, Hormon-Yoga, Indian Balance, Jin Shin Jyutsu, Kinesiologie, Klangschalen, Lach-Yoga, Osteopathie, Phytotherapie, Qigong , Reflexzonenmassage, Reiki, Schamanismus, Schröpfen, Schüssler Salze, Shiatsu, Shinrin Yoku, Yoga1. Eine eineindeutige Zuordnung der genannten Verfahren zu Bildungsveranstaltungen ist nicht möglich, da eine derartige statistische Erhebung weder in der Verbundstatistik des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung noch im Berichtswesen der Erwachsenenbildung in Sachsen-Anhalt erfolgt. Kurse zu Qigong und Yoga nur insoweit sie nicht als reine Fitnesskurse angekündigt wurden, sondern auch ein unwissenschaftliches Körperbild vermitteln. 4 Ein Teil der in der Fragestellung genannten Kurse werden im Rahmen des SGB V, § 20 in den Handlungsfeldern der Primärprävention (Bewegung, Entspannung, Ernährung und Suchtprävention) durchgeführt und unterliegen einer gesonderten, bundesweit standardisierten, Qualitätskontrolle. Eine Liste der durch die Zentrale Prüfstelle Prävention anerkannten bundesweiten VHS-Konzepte der Primärprävention ist als Anlage beigefügt (siehe Anlage 1). Eine statistische Erhebung, welche Volkshochschule nach diesen bundesweit standardisierten Kurskonzepten Veranstaltungen anbietet, erfolgt nicht. Ein Teil der in der Fragestellung genannten Themen wird in den Programmen der Volkshochschulen angeboten. Tatsächlich durchgeführte Veranstaltungen werden aber nicht zwangsläufig zur Anerkennung und Förderung nach dem Erwachsenenbildungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt eingereicht. Das Erwachsenenbildungsgesetz sieht hierfür in § 4 Abs. 8 mögliche Ausschlusskriterien von der Förderung von Maßnahmen der Erwachsenenbildung vor. Die statistische Auswertung der Bildungsleistungen für das Jahr 2018 erfolgt im Jahr 2019. Somit liegen für die Bildungsleistungen 2018 noch keine belastbaren Zahlen vor. Frage 3: Wie viele Kurse wurden in den Jahren 2016, 2017 und 2018 bis heute an Volkshochschulen gegeben, welche über die Gefahren sogenannter Alternativmedizin aufgeklärt haben und/oder eine wissenschaftliche Analyse esoterischer und pseudomedizinischer Angebote zum Gegenstand hatten? Bitte aufschlüsseln nach Angebot, Jahr und Volkshochschule. In der Anlage 2 ist die statistische Erhebung der Gesamtleistungen der Volkshochschulen in Sachsen-Anhalt in den einzelnen Programmgebieten über die Jahre 2015, 2016 und 2017, gegliedert nach Anzahl der Veranstaltungen, geleisteten Unterrichtsstunden und Teilnehmenden, dargestellt. Die statistische Auswertung der Unterrichtsleistungen aus dem Jahr 2018 erfolgt im Laufe des Jahres 2019. In den Bildungsveranstaltungen der Volkshochschulen werden nachgefragte Themen jeweils im Rahmen einer Pro-Kontra-Diskussion behandelt. Die Bildungsangebote werden öffentlich ausgeschrieben und stehen jedem Interessenten offen. Jeder Teilnehmende hat die Möglichkeit, sich mit speziellen gesundheitsrelevanten Fragen an den Dozenten/die Dozentin zu wenden. Frage 4: Wie bewertet die Landesregierung esoterische und pseudomedizinische Bildungsangebote an Volkshochschulen mit Blick auf deren satzungsgemäßen steuerbegünstigten Zweck sowie die Förderung durch das Land? Das Erwachsenenbildungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt formuliert in § 2 Absatz 2 den Fördergrundsatz, dass die staatliche Förderung der Erwachsenenbildung das Recht der Einrichtungen oder deren Träger auf Selbstverwaltung, selbstständige 5 Lehrplangestaltung und Auswahl der Leiterinnen und Leiter sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unberührt lässt. Die Volkshochschulen in Sachsen-Anhalt sind, bis auf zwei Ausnahmen, juristisch unselbständige Institutionen und integraler Bestandteil der Verwaltung kommunaler Gebietskörperschaften. Insofern unterliegen sie der kontinuierlichen öffentlichen Kontrolle des jeweiligen Trägers der Volkshochschule. Die beiden Volkshochschulen, die als juristisch eigenständige Einrichtungen in der Form eines Vereins und einer gemeinnützigen GmbH geführt werden, unterliegen einer adäquaten öffentlichen Kontrolle . Sowohl der Gesellschafter der GmbH, als auch die Vorstandsmitglieder des Vereins, sind oder vertreten kommunale Gebietskörperschaften, in deren Aufsichtsführung die Einhaltung satzungsmäßiger Zwecke und Ziele enthalten ist. Wie bereits beschrieben, werden von den Volkshochschulen nicht alle Veranstaltungen zur Förderung durch das Land eingereicht, da das Erwachsenenbildungsgesetz in § 4 Abs. 8 Ausschlusskriterien festlegt (vgl. Antwort zu Frage 2). Die Einhaltung der steuerbegünstigten Zwecke nach der Abgabeordnung von gemeinnützigen Institutionen wird nach Bundesgesetzgebung von den Finanzämtern jeweils drei Jahre rückwirkend überprüft und beschieden. Das Optionsrecht für Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Hinblick auf die Körperschaftssteuerbefreiung (Gemeinnützigkeit für Betriebe gewerblicher Art) läuft zum 31.12.2020 aus. Frage 5: Die Volkshochschule Burgenlandkreis bietet derzeit einen Kurs „Vitalstoffanalyse (ohne Blutentnahme)“ (Kursnummer 18HZ3060C) an. Die Kursbeschreibung führt aus „Mit Hilfe einer computergestützten Analyse können die Teilnehmer einen umfassenden Gesundheitscheck erhalten, über 200 Werte können bestimmt werden. Organe und Zellen des menschlichen Körpers senden elektromagnetische Wellen aus, die Auskunft über die aktuelle Funktion des Organes liefern und mit gesunden gespeicherten Informationen verglichen werden können. Frequenz und Energie der elektromagnetischen Felder werden über einen Handsensor innerhalb von 2 min erfasst und über ein Computerprogramm ausgewertet und verglichen, sodass verlässliche Aussagen über die aktuelle Stoffwechselsituation der Person möglich sind.“ a) Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass es sich hierbei um ein wissenschaftlich anerkanntes Verfahren handelt und wenn ja welche? Sind der Landesregierung dazu wissenschaftliche Studien bekannt und wenn ja, welche? b) Wie bewertet die Landesregierung das dargestellte Verfahren rechtlich, insbesondere mit Blick auf das AMG, HMG, UWG? Sieht die Landesregierung behördlichen Handlungsbedarf und wenn ja, welchen? c) Inwieweit ist der oben genannte Kurs geeignet, den Zweck der Volkshochschulen und die Ziele der Förderung der Volkshochschulen durch Landesmittel zu verwirklichen? d) Welche Gefahren können sich nach Kenntnis der Landesregierung bei Anwendung der genannten Verfahren für erkrankte Patientinnen und Patienten ergeben? 6 Bei dieser Bildungsveranstaltung handelt es sich um einen einzelnen Informationsabend der Volkshochschule zum Thema Vitalstoffanalyse. Die Möglichkeiten und Grenzen der Vitalstoffanalyse sind seit längerem Gegenstand eines allgemeinen medizinischen Fachdiskurses. Die Notwendigkeit, um Möglichkeiten und Grenzen dieser Methoden öffentlich zu diskutieren und zu informieren, ergibt sich z. B. aus dem Angebot der „Deutsche Klinik für Prävention KG“, Hannoversche Str. 24, 31848 Bad Münder, Tel. 05042 - 940690, Internet: https://www.deutscheklinik.de/diagnostik/weitere-medizinischechecks /vitalstoff-analyse.html Ein Rückschluss auf eine aktive Analyse sowie eine medizinische Behandlung o. ä. innerhalb der Infoveranstaltung kann nicht gezogen werden. Eine Kollision mit dem AMG, HMG sowie dem UWG ist aufgrund der Veranstaltungsform nicht zu erkennen. Derartige Informationsveranstaltungen werden i. d. R. auf individuelle Nachfrage von VHS-Teilnehmenden initiiert. Der Informationsabend ist von der Einrichtung selbst als nicht anerkennungsfähig nach dem Erwachsenenbildungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt eingestuft. Frage 6: Die Volkshochschule Magdeburg bietet derzeit einen Kurs „ART-Naturheilung Vortrag“ (Kursnummer C3A022-8) an, bei dem die sogenannte „Tellington Touch Methode“ sowie „Reconnective Healing - Heilungsfrequenzen der Natur erleben“ gelehrt werden. „ART-Naturheilung“ ist zugleich der Name der Praxis der Kursleiterin. Nach Angaben des Reconnection Verband e. V. ermöglicht „Reconnective Healing“ einen „Zugang zu einer tieferen Bewusstseinsebene und damit zur universellen Intelligenz und zu greifbarer Energie, die die gesamte Schöpfung durchzieht.“ a) Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass es sich hierbei um ein wissenschaftlich anerkanntes Verfahren handelt und wenn ja, welche? Sind der Landesregierung dazu wissenschaftliche Studien bekannt und wenn ja, welche? b) Wie bewertet die Landesregierung das dargestellte Verfahren rechtlich, insbesondere mit Blick auf das AMG, HMG, UWG? Sieht die Landesregierung behördlichen Handlungsbedarf und wenn ja, welchen? c) Inwieweit ist der oben genannte Kurs geeignet, den Zweck der Volkshochschulen und die Ziele der Förderung der Volkshochschulen durch Landesmittel zu verwirklichen? d) Welche Gefahren können sich nach Kenntnis der Landesregierung bei Anwendung der genannten Verfahren für erkrankte Patientinnen und Patienten ergeben? e) Sieht die Landesregierung Anzeichen, dass es sich hierbei um eine Werbebzw . Vertriebsveranstaltung einer kommerziellen Anbieterin für die genannten Verfahren handelt? 7 Auch bei diesem Angebot handelt es sich um eine Informationsveranstaltung zu einem nachgefragten Gesundheitsthema, die als Bildungsveranstaltung nicht zur Förderung nach dem Erwachsenenbildungsgesetz eingereicht wird. Aus einer Informationsveranstaltung zu Verfahren, deren Kosten teilweise von Krankenkassen übernommen werden, kann nicht auf eine Werbeveranstaltung mit kommerziellem Interesse geschlossen werden. Eine Dozentin bzw. ein Dozent sollte aber zum Thema aussagefähig und fachlich qualifiziert sein (siehe Vorbemerkung). Frage 7: Die Volkshochschule Halle bietet derzeit einen Kurs „Krampfadern effektiv natürlich entfernen“ (Kursnummer P3H310) an. Die Kursbeschreibung führt aus „Bereits bestehende Krampfadern lassen sich durch eine Behandlung mit hochkonzentrierter Kochsalzlösung sanft und effektiv mit einem natürlichen Wirkstoff entfernen. Eine Operation oder eine Behandlung mit Klebstoffen oder Seifenschaum ist nicht erforderlich.“ Auf der Internetseite der Kursleiterin (Heilpraktikerin) finden sich dazu die Ausführungen „Nach langen Jahren der Stagnation ist das Verfahren in den letzten beiden Jahrzehnten durch die Ärzte Dr. Köster und Dr. Rieger entscheidend weiterentwickelt und verfeinert worden. [...] Damit ist die Behandlung fast nebenwirkungsfrei.“ Dr. Köster und Dr. Rieger haben hierzu das Buch „Krampfadern schonend und natürlich entfernen“ im rechts-esoterischen KOPP-Verlag veröffentlicht. Andere Anbieter listen als Nebenwirkungen u. a. das Absterben von Gewebe (Nekrosen), sowie Eiterung und Abszessbildung sowie Nervenschädigungen auf. a) Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass es sich hierbei um ein wissenschaftlich anerkanntes Verfahren handelt und wenn ja welche? Sind der Landesregierung dazu wissenschaftliche Studien bekannt und wenn ja, welche? b) Wie bewertet die Landesregierung das dargestellte Verfahren rechtlich, insbesondere mit Blick auf das AMG, HMG, UWG? Sieht die Landesregierung behördlichen Handlungsbedarf und welchen? c) Inwieweit ist der oben genannte Kurs geeignet, den Zweck der Volkshochschulen und die Ziele der Förderung der Volkshochschulen durch Landesmittel zu verwirklichen? d) Welche Gefahren können sich nach Kenntnis der Landesregierung bei Anwendung der genannten Verfahren für erkrankte Patientinnen und Patienten ergeben? e) Sieht die Landesregierung Anzeichen, dass es sich hierbei um eine Werbebzw . Vertriebsveranstaltung einer kommerziellen Anbieterin für die genannten Verfahren handelt? Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine Informationsveranstaltung (Einzelveranstaltung ) in Form eines Vortrages mit anschließender Möglichkeit, Fragen zu stellen und zu diskutieren. Eine ärztliche oder therapeutische Behandlung erfolgt in Kursen der Volkshochschulen generell nicht. Anzeichen, dass es sich bei dieser Informationsveranstaltung um eine Werbeveranstaltung mit kommerziellem Interesse handelt, werden nicht gesehen. 8 Ein Rückschluss, dass Autoren, die ein Buch mit dem Titel „Krampfadern schonend und natürlich entfernen“ in einem politisch als rechts eingestuften Verlag veröffentlichen , entsprechende Thesen auch nur ansatzweise in Bildungsveranstaltungen von Volkshochschulen propagiert und vertreten werden, kann nicht gezogen werden. Volkshochschulen haben sich in ihren Satzungen verpflichtet, Bildungsveranstaltungen parteipolitisch unabhängig und weltanschaulich neutral anzubieten. Frage 8: Die Volkshochschule Burgenlandkreis bietet derzeit einen Kurs „Gesichter sprechen Bände“ (Kursnummer 18HW3060A) an. Die Kursbeschreibung führt aus „Mit Hilfe der Psycho-Physiognomik lernen Sie, Charakterzüge, Veranlagungen und Potentiale aus Gesichtern zu lesen. [...] Der psychologische Berater Joachim Krause hat sich seit vielen Jahren auf Antlitz - Analysen spezialisiert und ist einer der wenigen Experten auf seinem Gebiet in Deutschland, der durch Kopfachsen- (Schädel-) Messungen hilfreiche Aussagen über geistige Veranlagungen, kaufmännischen Begabungen, Beziehungen zur Familie, sowie zu Kindern, handwerklichen Begabungen und vieles mehr machen kann.“ Laut Beschreibung werden im Kurs praktische Übungen angeboten. a) Inwieweit ist das in der Kursbeschreibung dargestellte Verfahren aus Schädelvermessungen u. a. auf geistige Veranlagungen zu schließen, nach Kenntnissen der Landesregierung mit Kraniometrie-Verfahren identisch oder vergleichbar, mit welchen im Nationalsozialismus rassistischvölkische Menschenbilder begründet werden sollten? b) Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, dass es sich bei der Psycho- Physiognomik um ein wissenschaftlich anerkanntes Verfahren handelt und wenn ja, welche? Sind der Landesregierung dazu wissenschaftliche Studien bekannt und wenn ja, welche? c) Wie bewertet die Landesregierung das dargestellte Verfahren rechtlich, insbesondere mit Blick auf das AMG, HMG, UWG? Sieht die Landesregierung behördlichen Handlungsbedarf und welchen? d) Inwieweit ist der oben genannte Kurs geeignet, den Zweck der Volkshochschulen und die Ziele der Förderung der Volkshochschulen durch Landesmittel zu verwirklichen? e) Welche Gefahren können sich nach Kenntnis der Landesregierung bei Anwendung der genannten Verfahren für Betroffene ergeben? Diese Informationsveranstaltung wurde auf Anregung und in Kooperation mit einem öffentlichen Arbeitgeber (nicht der Träger der Volkshochschule) durchgeführt. Das Bildungsangebot hat eine staatliche Anerkennung als Fortbildungsveranstaltung erhalten . Ein Rückschluss, dass in dieser Informationsveranstaltung - auch nur ansatzweise - rassistisch-völkische Ansichten und Theorien vermittelt wurden, kann nicht gezogen werden. Oberstes Gebot der Volkshochschule ist, Bildungsinhalte überparteilich und weltanschaulich neutral zu gestalten. Diese Veranstaltung wird ebenfalls nicht nach dem Erwachsenenbildungsgesetz zur Förderung eingereicht. 9 Grundsätzlich liegt die Zulassung oder das Verbot von alternativen - auch kommerziell angebotenen - Behandlungsmethoden in der Kompetenz der Bundesgesetzgebung . In der Praxis angebotene Methoden und Verfahren führen jedoch zu einem Informationsbedarf in der Bevölkerung. Frage 9: Welche Schritte plant die Landesregierung, um sicherzustellen, dass Angebote der Volkshochschulen in Sachsen-Anhalt im Bereich Gesundheit wissenschaftlichen Standards entsprechen und tatsächlich geeignet sind, zur Gesundheitsbildung beizutragen? Grundsätzlich obliegt dem Träger und der Einrichtung gemäß § 2 Abs. 2 Erwachsenenbildungsgesetz das Recht auf selbstständige Lehrplangestaltung und Auswahl der Beschäftigten. Die in der Anfrage benannten konkreten Veranstaltungen einzelner Volkshochschulen im Programmbereich Gesundheit werden nicht nach dem Erwachsenenbildungsgesetz gefördert. Die Landesregierung wird aber zu der Thematik einen Dialog in den öffentlich verantworteten Erwachsenenbildungseinrichtungen des Landes anregen, der die Festlegung von Qualitätskriterien für entsprechende Angebote in der Gesundheitsbildung weiter vorantreibt. Frage 10: Welche spezifischen Beratungsangebote stehen Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen-Anhalt zur Verfügung, um sich über esoterische und pseudomedizinische Verfahren und Behandlungsmethoden und deren Gefahren zu informieren ? Zum öffentlichen Bildungsauftrag gehört es, über gesellschaftliche und medizinische Themen zu informieren und kontrovers zu diskutieren und mit Bürgerinnen und Bürgern darüber ins Gespräch zu kommen (siehe Vorbemerkung). In Sachsen-Anhalt steht im Gesundheitsbereich ein flächendeckendes Netz an medizinischen Einrichtungen zur Verfügung, die Jedem zur Nutzung offenstehen. Bei entsprechender Indikation finden in diesen Einrichtungen eine umfangreiche Anamnese, eine ausgewogene Beratung sowie eine zwischen Arzt und Patient abgestimmte Behandlung, die auch alternativmedizinische Aspekte beinhalten kann, statt. Das Einholen einer zweiten Meinung wird sowohl durch die gesetzlichen Krankenkassen als auch durch die Ärztekammern unterstützt. Im Bereich der seelischen und psychischen Belastungen/Erkrankungen stehen den Bürgerinnen und Bürgern in Sachsen-Anhalt knapp 800 staatlich zugelassene Psychotherapeuten & Heilpraktiker für Psychotherapie mit Beratungs- und Behandlungsangeboten zur Verfügung. In rund 600 Apotheken in Sachsen-Anhalt können sich die Bürgerinnen und Bürger über die als Arzneimittel zugelassenen sowie weitere pharmazeutische Produkte beraten lassen. Liste der durch die Zentrale Prüfstelle Prävention bundesweit zertifizierten Kurse in der Gesundheitsbildung an Volkshochschulen Titel zertifiziert bis Präventionsprinzip Kursbegleitendes Material Hatha-Yoga 29.06.2019 Handlungsfeld Stressmanagement: Präventionsprinzip: Förderung der Entspannung (palliativregeneratives Stressmanagement) • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen Rückhalt – Ganzheitliche Rückenschule 29.06.2019 Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten: Präventionsprinzip: Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch geeignete verhaltens- und gesundheitsorientierte Bewegungsprogramme (Rückenschullizenz) • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen Pilates 29.06.2019 Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten: Präventionsprinzip: Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch geeignete verhaltens- und gesundheitsorientierte Bewegungs-programme • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen Progressive Muskelentspannung 29.06.2019 Handlungsfeld Stressmanagement: Präventionsprinzip: Förderung der Entspannung (palliativregeneratives Stressmanagement) • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen Seite 2 Qigong 29.06.2019 Handlungsfeld Stressmanagement: Präventionsprinzip: Förderung der Entspannung (palliativregeneratives Stressmanagement) • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen offen 26.04.2021 Qigong für Jugendliche 29.06.2019 Handlungsfeld Stressmanagement: Präventionsprinzip: Förderung der Entspannung (palliativregeneratives Stressmanagement) • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen offen Taijiquan 29.06.2019 Handlungsfeld Stressmanagement: Präventionsprinzip: Förderung der Entspannung (palliativregeneratives Stressmanagement) • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen offen Taijiquan für Jugendliche 29.06.2019 Handlungsfeld Stressmanagement: Präventionsprinzip: Förderung der Entspannung (palliativregeneratives Stressmanagement) • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen offen Autogenes Training 18.07.2019 Handlungsfeld Stressmanagement: Präventionsprinzip: Förderung der Entspannung (palliativregeneratives Stressmanagement) • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven • Kursen 26.04.2021 Herz aktiv – Ganzkörpertraining für Herz und Kreislauf 06.01.2020 Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten: Präventionsprinzip: Reduzierung von Bewegungsmangel durch gesundheits-, sportliche Aktivität • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen Seite 3 Beckenbodengymnastik 08.03.2020 Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten: Präventionsprinzip: Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch geeignete verhaltens- und gesundheitsorientierte Bewegungs-programme • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen Aqua-Gymnastik 08.03.2020 Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten: Präventionsprinzip: Reduzierung von Bewegungsmangel durch gesundheits-sportliche Aktivität • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen Fit für den Alltag – Ganzkörperkräftigung 24.05.2020 Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten: Präventionsprinzip: Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch geeignete verhaltens- und gesundheitsorientierte Bewegungs-programme • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen 04.12.2020 Rückenfit 05.07.2020 Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten: Präventionsprinzip: Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch geeignete verhaltens- und gesundheitsorientierte Bewegungsprogramme • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen Ruhepunkte – Stressbewältigung durch Achtsamkeit und Entspannung 07.09.2020 Handlungsfeld Stressmanagement: Präventionsprinzip: Förderung von Stressbewältigungskompetenzen (Multimodales Stressmanagement) • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen Seite 4 Aqua-Fit- Gymnastik (im tiefen Wasser) offen Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten: Präventionsprinzip: Reduzierung von Bewegungsmangel durch gesundheits-sportliche Aktivität • Kursmanual für Kursleitende • Kursmanual für Teilnehmende • Infos/ Voraus-setzungen für die Durchführung von primärpräventiven Kursen 26.04.2021 Darüber hinaus sind weitere Kurskonzeptionen entwickelt und zur Anerkennung bei der Zentralen Prüfstelle Prävention, einem Zusammenschluss der gesetzlichen Krankenversicherungen, eingereicht. Anlage 2: Bildungsangebote der Volkshochschulen im Programmbereich Gesundheit (nach Fachgebieten) UE = Unterrichtseinheiten TN = Teilnehmer*innen d3810_Anlage.pdf Anlage 1 - ZPP Kurskonzepte 2018.pdf Anlage 2 - Statistik.pdf