Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3872 24.01.2019 (Ausgegeben am 24.01.2019) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Christina Buchheim (DIE LINKE) Garagenverkäufe in Kommunen Kleine Anfrage - KA 7/2213 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der Mitteldeutschen Zeitung Köthen vom 19. Dezember 2018 wird berichtet, dass keiner städtische Garagen in Köthen kaufen will. Vorhandene Kaufinteressenten haben ihre Angebote wieder zurückgezogen. Im Amtsblatt der Stadt Köthen Nr. 2/2018 vom 23. Februar 2018 wurde der Verkauf von Garagenstandorten in Köthen öffentlich ausgeschrieben. Im Ausschreibungstext hieß es unter anderem: „3. Veräußert wird an die Bewerber, die je Garagenstandort der Nr. 1 bis 7 das höchste Gebot einreichen. 4. Berücksichtigt werden nur verbindliche Kaufangebote, die in schriftlicher Form (keine E-Mail) bei der Stadt Köthen (Anhalt), Marktstraße 1 - 3, Gebäudeverwaltung z. Hd. Frau Reichert, bis zum 1. April 2018, in einem verschlossenen Umschlag , eingereicht werden.“ Der Stadtrat hat den Verkauf an den Höchstbietenden beschlossen. Zu dem notariellen Kaufvertrag kam es nicht mehr, weil der Höchstbietende vom Kaufvertrag Abstand nahm. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 2 Vorbemerkung der Landesregierung: Wegen der Kürze der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit liegt der Landesregierung keine Stellungnahme der Stadt Köthen zum in Rede stehenden Sachverhalt vor. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Rechtslage? 2. Wie verbindlich sind Angebote auf diese öffentliche Ausschreibung? 3. Welche Rechtsfolgen ergeben sich nach dem erfolgten Rücktritt des Höchstbietenden? Können Schadensersatzansprüche verfolgt werden, wenn die Garagengrundstücke später zu einem geringeren Kaufpreis oder gar nicht veräußert werden? Die Fragen 1 bis 3 werden im Zusammenhang beantwortet: Gemäß § 115 Abs. 1 Kommunalverfassungsgesetz darf eine Kommune Vermögensgegenstände , die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit nicht braucht, in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußern. Darunter ist der Wert zu verstehen, der sich unter vollständiger Ausnutzung aller Möglichkeiten am Markt erzielen lässt (Verkehrswert). Zur Feststellung des Verkehrswertes sollte bei finanziell bedeutenden Grundstücksverkäufen die Gemeinde grundsätzlich ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses für Grundstückswerte oder eines für Grundstücks- oder Gebäudebewertung öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen einholen . Zur Vermeidung unangemessenen Aufwands darf die Gemeinde von der Einholung eines Gutachtens absehen, wenn die zuständigen Gemeindemitarbeiter die Wertermittlung sachverständig nach den Grundsätzen der Wertermittlungsverordnung durchführen können. Der Verkehrswert kann auch durch ein Ausschreibungsverfahren ermittelt werden . Bei der Ausschreibung der Stadt Köthen vom 23. Februar 2018 handelt es sich um reine Grundstücksveräußerungen eines öffentlichen Auftraggebers. Bei einer Grundstücksveräußerung liegt kein entgeltlicher Beschaffungsakt nach § 103 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vor, weil die öffentliche Hand mit der Veräußerung gerade keine Leistung beschafft, sondern vielmehr einen Vermögenswert abstößt (EuGH, Urteil v. 25. März 2010 - Az.: C-451/08; BGH, Urteil v. 22. Februar 2008 - Az.: V ZR 56/07). Wenn kein öffentlicher Auftrag nach § 103 Abs. 1 GWB vorliegt, ist das Vergaberecht nicht anzuwenden und damit besteht keine vergaberechtliche Ausschreibungspflicht nach den Vorschriften des GWB. Auch würden etwaige Schadensersatzfragen und Rechtsfolgen nicht dem Anwendungsbereich des Vergaberechts unterfallen . Die Grundstücksverkäufe stellen auch keine verbotene Beihilfe nach Art. 107 des Vertrages der Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) dar. Sie wurden öffentlich, transparent und diskriminierungsfrei nach den haushaltsrecht- 3 lichen Vorschriften ausgeschrieben und sollten zu Marktbedingungen (höchstes Gebot) erfolgen. Damit fehlt es am Tatbestandsmerkmal der Begünstigung bestimmter Unternehmen (sofern diese als Käufer auftreten). Im Verfahren nach dem GWB wird der Vertragspartner im Wege der Ausschreibung mit Zuschlagserteilung verbindlich ermittelt. Anders ist dies bei einem Ausschreibungsverfahren nach kommunalem Haushaltsrecht. Hier werden Interessenten aufgefordert, Gebote abzugeben (Bieterverfahren). In einem Bieterverfahren kommt den Geboten der Bieter keine verbindliche Wirkung zu, weil die bindende Wirkung erst durch die erforderliche notarielle Beurkundung (§ 311b Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) hergestellt wird (BGH, Urteil vom 22. Februar 2008 - VZR 56/07; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 24. April 2012 - 6 W 149/11). Sofern es in der Folge des Bieterverfahrens nicht zum Abschluss eines notariellen Grundstückskaufvertrages kommt, dürften die Voraussetzungen der §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 BGB auf Schadensersatz nicht vorliegen, weil im Rahmen eines Bieterverfahrens der Verkäufer wegen des nachfolgend erst noch abzuschließenden notariellen Grundstückskaufvertrages regelmäßig nicht darauf vertrauen kann, dass es automatisch zum Abschluss dieses Vertrages kommt. 4. Müsste die Ausschreibung gegebenenfalls rechtssicherer gestaltet werden ? Vor dem Hintergrund des in der Anfrage dargelegten Sachverhalts liegen keine Anhaltspunkte vor, die zu der Annahme führen, dass die haushaltsrechtliche Ausschreibung rechtssicherer gestaltet werden müsste.