Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3873 24.01.2019 (Ausgegeben am 24.01.2019) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Christina Buchheim (DIE LINKE) Derivatgeschäfte der Abwasserzweckverbände und ihre Konsequenzen, Gebührenzahler schützen Kleine Anfrage - KA 7/2214 Vorbemerkung des Fragestellenden: Kommunen und Abwasserzweckverbänden sind spekulative Finanzgeschäfte verboten . Der Landesrechnungshof hat zwischenzeitlich festgestellt, dass in vielen Fällen Verbände durch den Abschluss von Derivatgeschäften gegen das Spekulationsverbot verstießen und sich pflichtwidrig verhielten. Gebührenzahler fürchten nun, für Verluste aus riskanten Zinswetten aufkommen zu müssen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Landesregierung: Der Landesrechnungshof (LRH) hat in jedem bisher geprüften Fall nur Ausgangswerte möglicher entstandener Verluste erfassen können. Für die konkrete Feststellung entstandener finanzieller Schäden aus Derivatgeschäften sowie deren eventueller Auswirkungen auf Gebühren und Entgelte bedarf es einer umfangreichen und zeitintensiven Aufarbeitung durch die betroffenen Verbände selbst. Diese Aufarbeitung ist noch nicht abgeschlossen. Die zuständigen Kommunalaufsichten sind aufgefordert, den Aufarbeitungsprozess zu begleiten. 2 1. Gibt es aus vorgenanntem Sachverhalt strafrechtliche Ermittlungsverfahren ? Wenn ja, gegen wen? Der Entwurf des Berichtes des LRH über die überörtliche Prüfung des Abwasserverbandes Köthen vom 22. August 2018 wurde an die Generalstaatsanwaltschaft zur Prüfung einer möglichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit weitergeleitet . Die zuständige Staatsanwaltschaft hat nach Prüfung des Berichtsentwurfs ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dieses wurde nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt. 2. Inwieweit beteiligen sich das Ministerium für Inneres und Sport und das Justizministerium an der Aufarbeitung der vom Landesrechnungshof getroffenen Feststellungen? Für eine abschließende Aufarbeitung und Bewertung warten die zuständigen Kommunalaufsichtsbehörden grundsätzlich das Vorliegen der schriftlichen Stellungnahme des Geprüften auf den Prüfungsbericht des LRH ab. Erst nach Auswertung der Stellungnahmen der Geprüften durch die zuständigen Kommunalaufsichtsbehörden kann der Sachverhalt abschließend festgestellt werden, auf dessen Grundlagen entsprechende rechtliche Würdigungen durch die zuständigen Behörden erfolgen können. Den endgültigen Prüfungsbericht vom 24. April 2018 hatte der LRH dem Abwasserzweckverband Bad Dürrenberg mit einer Frist zur Stellungnahme bis zum 30. September 2018 übersandt. Der Landesregierung liegt diese noch nicht vor. Dem Abwasserverband Köthen hat der LRH mit Übersendung des Prüfungsberichts vom 17. Oktober 2018 eine Frist zur Stellungnahme bis zum 31. März 2019 eingeräumt. 3. Mit welchen Maßnahmen wird das für Kommunalangelegenheiten zuständige Ministerium den Bürger davor schützen, dass Gebührenzahler für eingetretene Verluste infolge einer nicht zulässigen Einbeziehung von aus spekulativen Tätigkeiten entstandenen Kosten in die Gebührenkalkulationen aufkommen müssen? Die Kommunen und Zweckverbände wurden bereits im Jahr 2008 durch die Rundverfügung 35/08 des Landesverwaltungsamtes darauf hingewiesen, dass Verluste aus derivativen Finanzierungsinstrumenten in keinem Zusammenhang mit dem Betrieb einer Einrichtung und der Leistungserbringung stehen. Das Ministerium für Inneres und Sport hat zudem die aktuell geprüften Zweckverbände in ihren Aufarbeitungsprozessen erneut an die fehlende Gebührenfähigkeit von Derivatkosten erinnert. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen keine abschließenden Erkenntnisse vor, ob und gegebenenfalls inwieweit Verluste aus spekulativen Derivatgeschäften durch Gebühren finanziert worden sind. Kosten aus spekulativen Derivatgeschäften dürfen nach Maßgabe von § 5 Abs. 2, 2a Kommunalabgabengesetz (KAG-LSA) in zukünftige Gebührenkalkulationen nicht eingestellt werden. Für den Fall, 3 dass infolge einer nicht zulässigen Einbeziehung von aus spekulativen Tätigkeiten entstandenen Kosten in die Gebührenkalkulation ein zu hoher Kostenansatz festzustellen ist, wäre zu prüfen, inwieweit innerhalb der laufenden Rechnungsperiode ausnahmsweise diese Kalkulationsperiode abzubrechen und auf Grundlage einer neuen Kalkulation die Gebührensätze mit Wirkung für die Zukunft nach Verkündung der Änderungssatzung zu ändern sind. Anderenfalls sind eventuell eingestellte Kosten aus spekulativen Derivatgeschäften im Rahmen der Nachkalkulation gemäß § 5 Abs. 2b KAG-LSA zu korrigieren. 4. Wie beabsichtigt die Landesregierung, mit möglicherweise rechtswidrigen Gebührenbescheiden umzugehen? Ein rechtswidriger Gebührenbescheid kann gem. § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) KAG-LSA i. V. m. § 130 Abgabenordnung zurückgenommen werden. Bei der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Behörde, die den rechtswidrigen Verwaltungsakt erlassen hat. Die Landesregierung begleitet und überwacht bei möglicherweise rechtswidrigen Gebührenbescheiden das in der Antwort zur Frage 3 beschriebene Verfahren. 5. In der Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage (Drs. 7/2568) wird ausgeführt, dass das Ergebnis der erneuten kommunalaufsichtlichen Prüfung im Hinblick auf den Derivatehandel des Abwasserverbandes Köthen und insbesondere den außergerichtlichen Vergleich des Abwasserverbandes mit der LBBW, noch nicht vorliegt. Mit der Antwort auf meine Kleine Anfrage (Drs. 7/3250) teilte die Landesregierung mit, dass noch immer kein neuer Sachstand vorliegt. Wie verhält es sich jetzt? Es liegt kein neuer Sachstand vor.