Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3936 13.02.2019 (Ausgegeben am 13.02.2019) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Auflösung des Abwasserzweckverbandes (AZV) Bodeniederung Kleine Anfrage - KA 7/2238 Vorbemerkung des Fragestellenden: Nach der bis zum 20. Juli 2017 geltenden Rechtslage galt ein Zweckverband nach seiner Auflösung als fortbestehend, solange der Zweck der Abwicklung dies erforderte . Nach der auf dieser Gesetzeslage ergangenen Rechtsprechung umfasste die Abwicklung sämtliche Handlungen, die zur Beendigung der laufenden Geschäfte einschließlich des Einzugs von Forderungen notwendig sind, so auch die Durchsetzung der vor der Auflösung bereits entstandenen Abgabeansprüche. In der kommunalen Praxis resultierte hieraus ein teilweise sehr langer Abwicklungsprozess mit entsprechend hohen laufenden Abwicklungskosten etwa durch nötige Wirtschaftsprüfungen etc. Bei vom aufgelösten, aber noch in der Abwicklung befindlichen Zweckverband, bewilligten Ratenzahlungen dauerte die Abwicklung solange, bis die letzte Rate gezahlt wurde. Die Aufwendungen für den Abwickler können dabei die noch zu erzielenden Einnahmen um ein Vielfaches übersteigen. Diese Probleme wurden v. a. am Beispiel des AZV Bodeniederung offenbar und auch von dessen Vertretern und Mitgliedsgemeinden in den parlamentarischen Raum getragen. Daraufhin haben die Koalitionsfraktionen im Frühjahr 2017 den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit in den Landtag von Sachsen-Anhalt eingebracht. Durch die Neuregelung sollte eine zeitnahe Abwicklung eines aufgelösten Zweckverbandes erreicht werden. Durch eine sehr zügige Beratung und Beschlussfassung sollte es dem AZV Bodeniederung ermöglicht werden, sich noch zum Jahresende 2017 aufzulösen. Medienberichten zufolge wurde der AZV Bodeniederung weder zum 31. Dezember 2017 noch mit Wirkung zum 31. Dezember 2018 aufgelöst. 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Über welche Informationen verfügt die Landesregierung zu den Gründen, warum der AZV Bodeniederung noch immer nicht aufgelöst wurde? Der Abwasserzweckverband (AZV) Bodeniederung wurde zum 31. Dezember 2010 aufgelöst. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GKG-LSA) gilt der Zweckverband nach seiner Auflösung als fortbestehend, solange und soweit der Zweck der Abwicklung dies erfordert. Die Abwicklung umfasst die Beendigung aller laufenden Geschäfte mit dem Ziel, nach Erfüllung aller Verbindlichkeiten das verbleibende Vermögen oder, falls mit dem Vermögen nicht alle Forderungen von Gläubigern befriedigt werden konnten, die noch bestehenden Verbindlichkeiten auf die ehemaligen Verbandsmitglieder zu verteilen. Mit Beschlüssen vom 17. Oktober 2017, 21. November 2017 und 21. Dezember 2017 hat die Verbandsversammlung des AZV Bodeniederung i. A. auf der Grundlage der mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit vom 12. Juli 2017 eingeführten Abtretungsregelung des § 14 Abs. 4 Satz 2 GKG-LSA noch laufende Forderungen aus Kundenkonten , die vor Auflösung des Zweckverbandes entstanden sind, auf den Wasser- und Abwasserverband (WAZV) Bode-Wipper übertragen. Nach Übertragung der noch bestehenden Forderungen auf den WAZV Bode- Wipper konnte der AZV Bodeniederung i. A. in die letzte Phase der Abwicklung eintreten: die Verteilung des Vermögens des aufgelösten Zweckverbandes nach Maßgabe der gemäß § 14 Abs. 4 Satz 6 GKG-LSA von den Verbandsmitgliedern vereinbarten Regelungen der Verbandssatzung. Nach § 17 der Verbandssatzung sind das Vermögen und die Verbindlichkeiten des aufgelösten Zweckverbandes in einem Auseinandersetzungsvertrag nach dem Verhältnis der Einwohnerzahlen des jeweiligen Verbandsmitgliedes zur Gesamteinwohnerzahl des Verbandes zu verteilen. Die Verbandsmitglieder haben im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nur einen Anspruch auf Wertersatz. Die Übereignung bestimmter Vermögensgegenstände kann nicht verlangt werden. Diesen Vorgaben der Verbandssatzung entsprechen die Beschlüsse der Verbandsversammlung des AZV Bodeniederung i. A. vom 21. November 2017 und vom 21. Dezember 2017 nicht. Die Verbandsversammlung hat entgegen den Verbandssatzungsregelungen die Übertragung von Bankguthaben auf den WAZV Bode-Wipper beschlossen, das aus den in den Jahren 2007 und 2008 entstandenen Schmutzwassergebühren von Kunden resultiert, die keinen Rechtsbehelf gegen Gebührenbescheide eingelegt haben. Bei ihrer Entscheidung zur Übertragung von Restvermögen auf den WAZV Bode-Wipper ist die Verbandsversammlung trotz der Widersprüche, die der Abwickler des AZV Bodeniederung i. A. im Rahmen des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens nach § 16 Abs. 1 GKG-LSA i. V. m. § 65 Abs. 3 Satz 1 des Kommunalverfassungsgesetzes (KVG LSA) eingelegt hatte, verblieben. Vor diesem Hintergrund hatte die Kommunalaufsichtsbehörde die Angelegenheit gemäß § 16 Abs. 1 GKG- 3 LSA i. V. m. § 65 Abs. 3 Satz 5 KVG LSA zu entscheiden. Der Salzlandkreis hat die Beschlüsse der Verbandsversammlung des AZV Bodeniederung i. A. vom 21. November 2017 und 21. Dezember 2017 mit kommunalaufsichtsrechtlicher Verfügung vom 15. Juni 2018 beanstandet. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des AZV Bodeniederung i. A. hat das Landesverwaltungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2018 als unbegründet zurückgewiesen. Die vollständige Abwicklung des AZV Bodeniederung i. A. setzt eine wirksame Verteilung des Vermögens und der Verbindlichkeiten nach Maßgabe des § 17 der Verbandssatzung voraus. Da die Verteilung des Vermögens noch nicht rechtswirksam abgeschlossen ist, gilt der AZV Bodeniederung i. A. kraft Gesetzes als fortbestehend. 2. Welche jährlichen Kosten entstehen durch das Fortbestehen des AZV Bodeniederung ? Der Wirtschaftsplan 2019 des AZV Bodeniederung i. A. weist nach Auskunft des Salzlandkreises für das Jahr 2019 sonstige betriebliche Aufwendungen in Höhe von 58.040 EUR auf, die sich - wie folgt - aufteilen: Aufwendungen für EDV 3.000 EUR Versicherungen 4.000 EUR Aufwandsentschädigung Vorsitzender Verbandsversammlung 1.536 EUR Allgemeine Aufwandsentschädigung 2.304 EUR Porto 200 EUR Öffentliche Bekanntmachungen 2.500 EUR Abschluss- und Prüfungskosten 4.500 EUR Kosten Abwicklung (Bode-Wipper) 25.000 EUR Kosten Abwickler 15.000 EUR Für das Jahr 2020 sind nach Auskunft des Salzlandkreises entsprechend der mittelfristigen Erfolgsplanung Aufwendungen in Höhe von 88.040 EUR eingeplant . 3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung im Wege der Kommunalaufsicht auf eine zeitnahe Auflösung des AZV Bodeniederung hinzuwirken ? Eine vollständige Abwicklung des AZV Bodeniederung i. A. kann erst erfolgen, wenn die streitbefangene Frage der Verteilung des Vermögens, die Gegenstand der Beanstandungsverfügung des Salzlandkreises vom 15. Juni 2018 ist, bestands- bzw. rechtskräftig geklärt ist und der Zweckverband die satzungsgemäße Verteilung seines Vermögens vorgenommen hat. Nach Erkenntnissen der Landesregierung beabsichtigt der AZV Bodeniederung i. A., in der 6. Kalenderwoche 2019 gegen die kommunalaufsichtliche Beanstandungsverfügung des Salzlandkreises in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landesverwaltungsamtes vom 19. Dezember 2018 Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben .