Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/3982 21.02.2019 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 21.02.2019) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Arbeitsplätze in der energetischen Braunkohlenutzung und bei den Erneuerbaren Energien in Sachsen-Anhalt und Entwicklung des Tagebaus Profen Kleine Anfrage - KA 7/2266 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der Antwort der Kleinen Anfrage Drs. 6/237 aus dem Jahr 2011 nennt die Landesregierung 1.546 direkte Arbeitsplätze in der energetischen Braunkohlenutzung in Sachsen-Anhalt bei der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft (Mibrag) zum Stichtag 31. Mai 2011. Zum Stichtag 31. Januar 2016 berichtet die Mibrag von 1.123 direkten Arbeitsplätzen in Sachsen-Anhalt (Drs. 6/4861). In der Mitteldeutschen Zeitung (MZ) vom 25. Juli 2018 nennt Ministerpräsident Reiner Haseloff rund 10.000 Arbeitsplätze, welche „[…] direkt oder indirekt von der Braunkohle und deren Erzeugnissen abhängig“ seien. Der Bundesverband Braunkohle gibt in seiner Information „Daten und Fakten 2017“ zum Ende des Jahres 2017 für Mitteldeutschland eine Beschäftigtenzahl von 2.367 an, wobei nicht deutlich wird, ob die Beschäftigten in der stofflichen Nutzung bei Romonta eingeschlossen sind. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Frage 1: Wie definiert die Landesregierung direkte Arbeitsplätze? Wie definiert die Landesregierung indirekte Arbeitsplätze in Bezug auf die direkten Arbeitsplätze? 2 Die Landesregierung führt keine eigene Definition zu direkten oder indirekten Arbeitsplätzen , sondern greift auf öffentliche bzw. amtliche Zahlen zurück. Hinsichtlich einer Unterscheidung der direkten und indirekten Arbeitsplätze werden zu den indirekten Arbeitsplätzen solche gerechnet, die dadurch entstehen, dass die Aktivitäten in den Tagebauen und den Kraftwerken die Nachfrage nach Gütern oder Dienstleistungen aus anderen Bereichen auslösen. Vielfach wird auch von weiteren induzierten Arbeitsplätzen ausgegangen. Dies sind Arbeitsplätze, die durch die Investitionen und Konsumausgaben der Beschäftigten im Braunkohlensektor entstehen . Im Zusammenhang mit den Beschäftigtenzahlen in der Erneuerbaren-Energien- Branche wird auf die Methodik der GWS-Studie hingewiesen, die regelmäßig durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegeben wird. Frage 2: Wie viele Braunkohlekraftwerke und wie viele Braunkohlestaubfeuerungsanlagen (mit einer Feuerungsleistung von 5 bis 50 MW) gibt es in Sachsen-Anhalt? Bitte für jedes Kraftwerk und für jede Anlage Bezeichnung bzw. Standort (z. B. Schkopau, Dessau, Amsdorf, Wählitz, Deuben, Zeitz, Könnern ...), Betreiberfirma und/oder Eigentümer sowie die installierte Leistung für die elektrische Energie und den Anteil an Wärme angeben. Bitte auch angeben, für welche Zwecke bzw. technologischen Anwendungen und in welchem Umfang die Energie eingesetzt wird (z. B. Prozessdampf für einen Chemiepark mit x Tonnen pro Stunde oder Wärmeversorgung von y Haushalten). Dargestellt sind in den als Anlage beigefügten Tabellen die in Sachsen-Anhalt betriebenen Feuerungsanlagen mit einer Leistung zwischen 5 und 50 MW (nach Nummern 1.1 und 1.2.1 Anhang 1, der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV)), die 2016 im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Berichtspflicht Braunkohle als eingesetzten Brennstoff angegeben haben sowie die entsprechenden Einsatzmengen. Die Tabellen enthalten ferner Feuerungswärmeleistung und elektrische Wirkleistung der Anlagen. Der Anteil an genutzter Wärme und die genauen Einsatzzwecke der Energie sind nicht Teil der Berichtspflichten. Unter Bergaufsicht und damit in die Zuständigkeit des Landesamtes für Geologie und Bergwesen (LAGB) fallen in Sachsen-Anhalt die drei Braunkohlekraftwerke in Amsdorf , Deuben und Wählitz. Frage 3: Wie viele direkte Arbeitsplätze gibt es jeweils in den unter Frage 2 angesprochenen Kraftwerken und Anlagen? Dem LAGB liegen keine Angaben zur Anzahl der direkten bzw. indirekten Arbeitsplätze in den unter Bergaufsicht stehenden Kraftwerken bzw. im Tagebau Profen vor. Gemäß § 9 Unterlagenbergverordnung haben die Unternehmer der Bergbehörde jeweils bis Ende Februar eines Kalenderjahres, bezogen auf den 31. Dezember des 3 Vorjahres, die Zahl aller Beschäftigten zu melden. Zum 31. Dezember 2017 liegen im LAGB für den Braunkohlenbergbau folgende Angaben vor: Unternehmen in Tagebauen über Tage Gesamt Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG) 637 809 1.446 ROMONTA Unternehmensverbund 87 206 793 Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau- Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) 0 16 16 LSA gesamt 724 1.031 1.755 Bezüglich der übrigen Kraftwerke ist die Meldung der Beschäftigtenzahlen nicht Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Berichtspflicht. Frage 4: Wie viele indirekte Arbeitsplätze werden jeweils den unter Frage 2 angesprochenen Kraftwerken und Anlagen zugeschrieben? Auch die indirekten Arbeitsplatzzahlen sind nicht Bestandteil der immissionsschutzrechtlichen Berichtspflicht. Der Braunkohlenverband Deutscher Braunkohlen-Industrie-Verein e. V. (DEBRIV) geht Ende 2017 von weniger als 2.600 direkten Arbeitsplätzen im Braunkohlensektor im mitteldeutschen Revier aus. Nach der Kurzstudie von Arepo Consult mit Stand vom 1. Juli 2017 gehen verschiedene Studien im Auftrag der Industrie von 1,1 bis 2,7 indirekten Arbeitsplätzen bezogen auf die direkten Arbeitsplätze in der Braunkohle aus. Dabei geht der DEBRIV bei der Berechnung der Gesamtarbeitsplätze in der Braunkohlenindustrie von einem Faktor von 2,47 aus, dabei werden sowohl die indirekten als auch die induzierten Effekte zusammengerechnet. Nach der Studie des Instituts für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung gGmbH und der IHU GmbH aus dem Jahr 2015 ergeben sich etwa 3.389 zusätzliche Beschäftigte , die indirekt durch die mitteldeutsche Braunkohlenwirtschaft in der Region einen Arbeitsplatz erhalten. Derartige Berechnungen - bezogen ausschließlich auf die Braunkohlekraftwerke - liegen nicht vor. Frage 5: Wo und für welche Zwecke wird die Kohle aus dem Tagebau Profen eingesetzt ? Abnehmer der im Tagebau Profen geförderten Rohbraunkohle sind das Kraftwerk Schkopau, das Heizkraftwerk Chemnitz, die Anlagen der Südzucker AG bzw. Crop Energies Bioethanol GmbH in Zeitz, die unternehmenseigenen Kraftwerke in Deuben und Wählitz sowie die Veredlungsanlage Deuben der MIBRAG. In den Kraftwer- 4 ken erfolgt der Rohkohleeinsatz zur Elektronenergieerzeugung sowie zur Heizwärme /Prozessdampfbereitstellung für Haushalte und Industriebetriebe. In der Veredlungsanlage Deuben der MIBRAG wird aus der Profener Rohbraunkohle Braunkohlenstaub zur Verwendung in der Zementindustrie erzeugt. Frage 6: Wie viele direkte Arbeitsplätze gehören zum Tagebau Profen? Bitte möglichst nach Arbeitsbereichen (z. B. Verwaltung, Abbaggerung, Rekultivierung ...) angeben . Siehe Antwort zu Frage 3. Frage 7: Wie viele indirekte Arbeitsplätze werden dem Tagebau Profen zugeschrieben? Siehe Antwort zu Frage 3. Frage 8: Wie viele direkte Arbeitsplätze gibt es bei den Erneuerbaren Energien in Sachsen -Anhalt? Die konkreten unternehmensbezogenen Beschäftigtenzahlen liegen der Landesregierung nicht vor. Aus der Studie „Erneuerbar beschäftigt - Umsätze und Beschäftigung durch erneuerbare Energien“, die das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt gemeinsam mit anderen Ländern bei der Agentur für Erneuerbare Energien 2017 in Auftrag gegeben hat, ergeben sich 23.160 Beschäftigte in und durch die Erneuerbaren Energien bezogen auf das Jahr 2015. Berechnungsgrundlage stellt die Methodik nach LEHR von der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH (GWS) dar. Frage 9: Wie viele indirekte Arbeitsplätze werden den Erneuerbaren Energien in Sachsen -Anhalt zugeschrieben? Es wird auf Frage 8 verwiesen. Die zitierte Studie der Agentur für Erneuerbare Energien unterscheidet nicht zwischen direkten und indirekten Arbeitsplätzen. Frage 10: In der Online-Ausgabe der MZ ist am 7. Januar 2019 um 12:56 Uhr zu lesen, dass die Mibrag sieben Millionen Euro zahlt, damit ein von ihr rund 2-kmlanges Straßenstück ersetzt werden kann. Gleichzeitig wird ihre Zahlung als großzügig dargestellt und es heißt: „Im Gegenzug wurde eine Weiterentwicklung des Tagebaus Profen genehmigt.“ Wer hat die Weiterentwicklung genehmigt ? Was ist mit Weiterentwicklung gemeint? Bereits im Rahmenbetriebsplan für den Braunkohlentagebau Profen der MIBRAG vom 29. August 1994 (zugelassen mit Bescheid des Bergamtes Halle vom 22. Dezember 1994) wurde die Notwendigkeit des Rückbaus von Ortsverbindungsstraßen im Bereich des Abbaufeldes Domsen dargestellt und auf eine entsprechende Ersatzlösung außerhalb des Tagebaufeldes verwiesen. Über die derzeit noch bestehende Straßenkombination (Kreis- und Landstraßen) gelangt man, aus Hohenmölsen kom- 5 mend, über das jetzt angeschnittene Abbaufeld Domsen in Richtung Norden nach Lützen und zur BAB A38/Anschlussstelle Lützen. Diese Straßenverbindung wird durch die weitere Abbauentwicklung des Tagebaus voraussichtlich ab etwa 2022/2023 unterbrochen. Die MIBRAG hat dafür Ersatz zu schaffen und dazu offenbar ein gemeinsames Vorgehen mit den Städten Hohenmölsen und Lützen vereinbart, sowie für die Ersatzbeschaffung des aufgrund der Tagebauentwicklung zu devastierenden Straßenanteils einen entsprechenden Eigenanteil erbracht. Die in der MZ vom 7. Januar 2019 enthaltene Aussage zur Genehmigung einer Weiterentwicklung des Tagebaus Profen ist also unzutreffend. Ohne die Schaffung einer Ersatzlösung für die im Abbaufeld Domsen gelegenen Straßenverbindungen wäre allerdings die Fortführung der bereits 1994 geplanten Gewinnungsarbeiten in diesem Teilabschnitt des Tagebaus Profen wegen des Vorrangs der öffentlichen Verkehrsanlagen gemäß § 124 Abs. 3 Bundesberggesetz gefährdet. Frage 11: Die Straße wird auf sechs Kilometer neu gebaut. Soll mit dieser Verbindungsstraße zwischen Hohenmölsen und Lützen auch eine Zufahrt zur geplanten Mineralstoffdeponie Profen Nord geschaffen werden? Es sollen auf dieser Straße 28.000 Lastkraftwagen pro Tag fahren. Auf welcher Grundlage und Annahme wurde diese Prognose von 28.000 LKWs gemacht? Wieso wird der Bau von zwei Brücken erforderlich? Sollen die Brücken ggf. die Verbindung von zwei Tagebaufeldern gewährleisten? Bei der Verbindungsstraße zwischen der L 191, K 2196 und der L 189 handelt es sich um ein kommunales Vorhaben, welches durch die Erweiterung des Tagebaus durch die MIBRAG von dort initiiert ist. Der Bauherr ist die Stadt Hohenmölsen, diese vertritt auch die Belange der beteiligten Stadt Lützen. Das Baurecht wurde über einen Bebauungsplan geschaffen und liegt seit Mai 2016 vor. Mit der Straßenbauverwaltung (Landesstraßenbaubehörde ST, Regionalbereich Süd) sind Abstimmungen über den Umbau von bestehenden Knotenpunkten bzw. die Anlage neuer Knotenpunkte mit den betroffenen Landesstraßen erfolgt. Die beiden in der Anfrage benannten Brückenbauwerke im Zuge der Verbindungsstraße dienen der Querung einer Bahnstrecke und eines Fließgewässers. Die Verbindungsstraße Hohenmölsen-Lützen hat nicht das Ziel, zwei Tagebaufelder zu verbinden . Die benannten 28.000 Lastkraftwagen pro Tag sind nicht nachvollziehbar. So wurden z. B. auf der BAB A 2 zwischen den Anschlussstellen MD-Zentrum und MD- Kannenstieg für das III. Quartal 2018 lediglich rd. 16.000 Fahrzeuge des Schwerverkehres pro Tag ermittelt. Für die Verbindungsstraße wurde eine Verkehrsbelegung von rd. 4.000 Kfz/24h prognostiziert. Kleine Anfrage der Abgeordneten Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN) zur schriftlichen Beantwortung; LT-Drs. KA 7/2266 - „Arbeitsplätze in der energetischen Braunkohlenutzung und bei den Erneuerbaren Energien in Sachsen-Anhalt und Entwicklung des Tagebaus Profen“ ANLAGE zur Antwort zu Frage 2 - 6 - (1) Eigenverbrauch in der Montanwachsproduktion und im Tagebau der ROMONTA GmbH (2) Eigenverbrauch in Tagebauen, Veredlungsanlagen, Werkstätten sowie zur Entwässerung und für den Grubenbahnbetrieb der MIBRAG mbH (3) Der gesamte Prozessdampf wird als Eigenbedarf zur Montanwachsproduktion verwendet. Eine Abgabe an Dritte erfolgt nicht. (4) Versorgung von angeschlossenen Haushalten (5) Versorgung des Veredlungsstandortes Deuben der MIBRAG mbH (6) Versorgung des Industrieparks Webau Genaue Bezeichnung Grubenheizkraftwerk Amsdorf Kraftwerk Deuben Kraftwerk Wählitz Standort Chausseestraße 1, 06317 Seegebiet Mansfelder Land Industriestraße 1, 06682 Teuchern Fabrikstraße 26, 06679 Hohenmölsen Betreiberfirma ROMONTA GmbH MIBRAG mbH MIBRAG mbH Feuerungswärmeleistung 188 MW 300 MW 119 MW Installierte elektrische Leistung (brutto) 56 MW 86 MW 37 MW Einsatz der erzeugten Elektroenergie - Eigenverbrauch im Unternehmen - Abgabe öffentliches Netz 25 % (1) 75 % 64 % (2) 33 % 67 % (2) 33 % Anteil der abgegebenen Wärme von der Bruttowärmeerzeugung 0 % (3) 12 % 19 % Verwendung der abgegebenen Wärme - Wärmeversorgung Fernwärme - Wärmeversorgung Industrie 0 % 0 % 5 % (4) 95 % (5) 82 % (4) 18 % (6) 7 7 Betreiber / Werk Standort Haupt- Einsatzstoff Feuerungs - wärmeleistung [MW] Elektrische Wirkleistung / Netto- Nennleistung [MW] Verwendung / Tätigkeit / Kommentar CropEnergies Bioethanol GmbH 06712 Zeitz Rohbraunkoh-le 130 17,5 Deckung Energiebedarf Bioethanolanlagen mit Prozessdampf und Strom. (Lt. Agora, 2015: Strom/ Wärme 100 GWh/ 700 GWh) Kraftwerk Dessau GmbH 06842 Dessau-Roßlau Rohbraunkohle 200 49 Kraftwerk wird auf Erdgas umgerüstet / Kein Kohleeinsatz mehr ab 2019, (lt. Agora: 2015 Strom/ Wärme : 100 GWh/300 GWh) Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG, Werk Könnern 06420 Könnern Braunkohlen-briketts 149 20,3 Herstellung von Zucker (NACE 1081) (Rübenkampagne, Dicksaftkampagne ) Südzucker AG Mannheim / Ochsenfurt , Werk Zeitz 06712 Zeitz Rohbraunkoh-le 158 23,3 Heizkraftwerk der Anlagen zur Herstellung von Zucker (NACE 1081)