Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/4006 26.02.2019 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 26.02.2019) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Zur zwangsweisen Rückführung (Abschiebung) von Personen ausländischer Herkunft und zur Situation der Abschiebungshaft in Sachsen-Anhalt im zweiten Halbjahr 2017 und im Jahr 2018 Kleine Anfrage - KA 7/2273 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Personen ausländischer Herkunft wurden im zweiten Halbjahr 2017 und im Jahr 2018 aus Sachsen-Anhalt zwangsweise auf welche Art und Weise a) in welches Land zurückgeführt bzw. In das Herkunftsland wurden in der zweiten Hälfte des Jahres 2017 insgesamt 196 Personen zurückgeführt. Im Jahr 2018 handelte es sich um 297 Personen. Alle Rückführungen erfolgten auf dem Luftweg. Die Zielländer können folgender Auflistung entnommen werden: Zielland 2. Halbjahr 2017 2018 Afghanistan - 6 Albanien 28 24 Algerien 1 3 Armenien - 15 2 Aserbaidschan 1 - Benin - 3 Bosnien 26 13 Burkina Faso - 7 China - 1 Dominikanische Republik 1 - Gambia - 3 Georgien - 4 Guinea-Bissau - 3 Indien 3 57 Indonesien - 1 Irak - 1 Iran - 3 Jordanien - 2 Kamerun - 2 Kasachstan - 2 Kosovo 14 13 Marokko - 2 Mazedonien 31 38 Moldau 2 3 Montenegro 2 3 Niger 3 1 Palästina - 1 Philippinen - 1 Rumänien 3 2 Russische Föderation 1 28 Saudi-Arabien 1 1 Serbien 71 28 Thailand - 1 Türkei 4 16 Ukraine 1 1 Vietnam 3 8 Darüber hinaus erfolgten im zweiten Halbjahr 2017 insgesamt 23 Überstellungen in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, in welchem dem Ausländer bereits internationaler Schutz gewährt wurde. Im Jahr 2018 handelte es sich um insgesamt 39 entsprechende Fälle. 3 b) in einen anderen - für das Asylverfahren zuständigen - EU-Staat überstellt ? In der zweiten Hälfte des Jahres 2017 wurden insgesamt 196 Personen (davon 165 auf dem Luftweg und 31 auf dem Landweg) rücküberstellt. Im Jahr 2018 handelte es sich um insgesamt 352 Personen (davon 271 auf dem Luftweg und 81 auf dem Landweg). Die Zielländer können folgender Auflistung entnommen werden: Zielland 2. Halbjahr 2017 2018 Belgien 5 20 Bulgarien 1 1 Dänemark 10 9 Finnland 15 15 Frankreich 30 23 Großbritannien 2 2 Italien 53 108 Kroatien 1 1 Lettland 1 - Litauen 5 7 Malta - 1 Niederlande 6 14 Norwegen 2 24 Österreich 5 39 Polen 28 27 Portugal 2 10 Rumänien 1 3 Schweden 20 18 Schweiz 6 8 Spanien - 17 Tschechische Republik 3 5 2. Wie viele Personen ausländischer Herkunft sind im zweiten Halbjahr 2017 und im Jahr 2018 aus Sachsen-Anhalt nach Androhung der Abschiebung - aber noch im Rahmen der Frist der freiwilligen Ausreise - a) in welche Länder zurückgekehrt bzw. b) in einen anderen - für das Asylverfahren zuständigen - EU-Staat ausgereist ? 4 3. Falls die Beantwortung der Frage 2 aufgrund fehlender statistischer Erfassungen nicht möglich sein sollte: Welche statistischen Angaben zu den in der Frage 2 beschriebenen Personenkreisen liegen der Landesregierung vor? Die Fragen 2.a) und 2.b) und 3 werden zusammenhängend beantwortet. Im zweiten Halbjahr 2017 wurden von den Ausländerbehörden 37 freiwillige Ausreisen noch im Rahmen der entsprechenden Frist in ein Herkunftsland registriert . Im Jahr 2018 beläuft sich die Zahl auf 86 Fälle. Eine einzelfallbezogene Statistik über die Zielländer wird nicht geführt. Von einigen Ausländerbehörden wurden als Zielländer benannt: Afghanistan, Algerien, Armenien, Bosnien und Herzegowina, Indien, Iran, Kosovo, Russische Föderation, Türkei, Ukraine sowie Pakistan. Zu freiwilligen Ausreisen in einen anderen - für das Asylverfahren zuständigen - Mitgliedstaat der Europäischen Union liegen keine Erkenntnisse vor. 4. Wie viele Personen aus Sachsen-Anhalt befanden sich im zweiten Halbjahr 2017 und im Jahr 2018 in Abschiebungshaft in einem anderen Bundesland ? Angaben bitte aufgeschlüsselt nach Abschiebegrund, Ort der Abschiebungshaft und Altersgruppen (bis 16 Jahre, 16 bis 18 Jahre, 18 Jahre und älter) aufführen. Bei Personen unter 18 Jahren bitte zusätzlich eine Aufschlüsselung nach den Kriterien - unbegleiteter Flüchtling, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Haftdauer und Haftgrund - vornehmen. Aus dem Zuständigkeitsbereich sachsen-anhaltischer Ausländerbehörden befanden sich im zweiten Halbjahr 2017 insgesamt 27 und im Jahr 2018 insgesamt 49 Personen in Abschiebungshaft in einem anderen Bundesland. Es handelte sich ausschließlich um Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet hatten. Die gerichtliche Anordnung der Haft erfolgte, da die Betroffenen sich bereits aufenthaltsbeendenden Maßnahmen entzogen hatten und mildere Mittel zur Sicherung der Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht (z. B. Sicherheitsleistung , Meldeauflagen) nicht ausreichend waren. Die Haftorte können der folgenden Aufstellung entnommen werden: 2. Halbjahr 2017 Haftort Personenzahl Büren 1 Hamburg 1 Langenhagen 12 Ingelheim 3 Pforzheim 10 5 2018 Haftort Personenzahl Bremen 6 Büren 1 Eichstätt 2 Erding 2 Hamburg 12 Langenhagen 23 Ingelheim 2 Pforzheim 1 5. Wie viele Personen befanden sich im zweiten Halbjahr 2017 und im Jahr 2018 in Abschiebungshaft, a) weil sie nach dem Stellen ihres Asylantrages in einen anderen, für das Asylverfahren zuständigen EU-Staat überstellt werden? b) nachdem sie durch die Ablehnung ihres Asylantrages vollziehbar ausreisepflichtig wurden? c) nachdem sie aufgrund des Erlasses einer Ausweisungsverfügung vollziehbar ausreisepflichtig wurden? Die Fragen 5.a), 5.b) und 5.c) werden zusammenhängend beantwortet. Die erfragten Angaben können der folgenden Aufstellung entnommen werden: 2. Halbjahr 2017 2018 zu a) 17 33 zu b) 1 8 zu c) 9 8 6. Wie lange befanden sich im zweiten Halbjahr 2017 und im Jahr 2018 Personen aus Sachsen-Anhalt in Abschiebungshaft? Die erfragten Angaben können der folgenden Aufstellung entnommen werden: 2. Halbjahr 2017 2018 bis zu einer Woche 2 10 bis zu einem Monat 16 23 bis zu zwei Monaten 5 11 mehr als zwei Monate 4 5 6 7. In wie vielen Fällen ging einer Abschiebung im zweiten Halbjahr 2017 und im Jahr 2018 eine angeordnete Abschiebehaft voraus und in wie vielen Fällen erfolgte eine Abschiebung ohne vorausgegangene Abschiebehaft? Die Angaben können der folgenden Aufstellung entnommen werden: Jahr Abschiebungen nach Abschiebungshaft Abschiebungen ohne Abschiebungshaft 2. Halbjahr 2017 18 397 2018 37 651 8. In wie vielen Fällen im zweiten Halbjahr 2017 und im Jahr 2018 wurden Personen, die in Abschiebungshaft genommen wurden, aus der Haft entlassen , ohne die Ausreise zu vollziehen? In wie vielen dieser Fälle erfolgte die Entscheidung aufgrund einer Gerichtsentscheidung? Welche weiteren Gründe gab es für eine Haftentlassung? Im zweiten Halbjahr 2017 wurden vier Personen aus der Haft entlassen, ohne dass eine Abschiebung vollzogen wurde. In zwei dieser Fälle erfolgte die Entlassung aufgrund eines Gerichtsbeschlusses. Im Jahr 2018 wurden zehn Personen aus der Haft entlassen, ohne dass eine Abschiebung vollzogen wurde. In sechs dieser Fälle erfolgte die Entlassung aufgrund eines Gerichtsbeschlusses. Darüber hinaus erfolgten im zweiten Halbjahr 2017 und im Jahr 2018 Entlassungen wegen Stornierung des Fluges, fehlender Freigabe durch die Staatsanwaltschaft , Asylantragstellung während der Haft, fehlerhaften Haftbeschlusses und fehlender bundespolizeilicher Sicherheitsbegleitung am Rückführungstag. 9. Wie sind Sammelabschiebungen in Sachsen-Anhalt und gemeinsame Abschiebungen mit anderen Bundesländern organisiert? Welche Stelle entscheidet über Terminierung, Betroffenenkreis, Anerkennung von Abschiebungshindernissen , Anwendung von Zwangsmitteln und Vorgehen bei Sammelabschiebungen? Abschiebungen mittels Sammelcharter folgen grundsätzlich dem gleichen Prozedere wie Abschiebungen im Einzelfall. Die Ausländerbehörden beauftragen im Falle der vollziehbaren Ausreisepflicht das Landesverwaltungsamt (Referat Zentrales Rückkehrmanagement) mit der Vorbereitung und Organisation der Maßnahme. Dazu zählen insbesondere die Beschaffung von Reisedokumenten, die Umsetzung der Anforderungen ggf. vorhandener Rückübernahmeabkommen sowie die Planung und Buchung des Reisemittels. Für Sammelcharter nimmt das Referat Zentrales Rückkehrmanagement Kontakt mit der Bundespolizei auf, die im Rahmen der Amtshilfe tätig wird. Durch die Bundespolizei erfolgt neben der Flugzeugbeschaffung auch die Absicherung und Begleitung der Rückführung vom Start- bis zum Zielflughafen. Die Terminierung erfolgt in Absprache mit der Bundespolizei und sich ggf. beteiligenden Bundesländern und ist abhängig von der Anzahl der anstehenden Abschiebungen. 7 Über die Anwendung unmittelbaren Zwangs entscheiden beim Transfer vom Wohnort zum Flughafen die Landespolizeikräfte. Nach Übergabe der Ausreisepflichtigen am Startflughafen übernehmen die Bundespolizeikräfte die Verantwortung . 10. Trifft es zu, dass in Sachsen-Anhalt lebende Personen aus Afghanistan, die sich im Status der Duldung befinden, seit dem Jahr 2017 vermehrt zur freiwilligen Ausreise aufgefordert werden bzw. eine baldige Abschiebung angedroht wird? Wie viele Personen sind im zweiten Halbjahr 2017 und im Jahr 2018 durch wen zur freiwilligen Ausreise aufgefordert worden? Wie viele Personen sind der Aufforderung nachgekommen? Wie viele Personen sind abgeschoben worden? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat gemäß § 34 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) unabhängig vom Herkunftsstaat nach Ablehnung des Asylantrages eine Abschiebungsandrohung zu erlassen und darin eine Ausreisefrist gemäß § 36 Abs. 1 bzw. § 38 Abs. 1 AsylG zu setzen. Da der freiwilligen Rückkehr Vorrang vor zwangsweisen aufenthaltsbeendenden Maßnahmen einzuräumen ist, finden in den Landesaufnahmeeinrichtungen bzw. in den Ausländerbehörden regelmäßig Beratungsgespräche zu Fördermöglichkeiten einer freiwilligen Rückkehr statt. Eine Fallzahlenerfassung erfolgt insoweit nicht. Der Statistik der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zu Bewilligungen im Rahmen des Bund-Länder-Rückkehrförderprogramms „Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seekers in Germany/Government Assisted Repatriation Programme“ (REAG/GARP) können für das zweite Halbjahr 2017 insgesamt 14 Fälle mit bewilligter Förderung der freiwilligen Ausreise nach Afghanistan entnommen werden. Im Jahr 2018 handelte es sich um fünf Fälle. Wie viele Personen tatsächlich freiwillig ausgereist sind, ist nicht bekannt. Abschiebungen nach Afghanistan fanden im zweiten Halbjahr 2017 nicht statt. Im Jahr 2018 wurden sechs Personen abgeschoben. 11. Wie viele Suizide bzw. Suizidversuche hat es im zweiten Halbjahr 2017 und im Jahr 2018 in Sachsen-Anhalt im Rahmen von Abschiebungen gegeben ? Eine statistische Erfassung der erfragten Angaben erfolgt nicht. In den Ausländerbehörden bekannt sind zwei Fälle aus dem zweiten Halbjahr 2017 und sechs Fälle aus dem Jahr 2018, in denen Suizidversuche angenommen wurden .