Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/4022 28.02.2019 (Ausgegeben am 01.03.2019) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Christina Buchheim (DIE LINKE) Abgeordnete Kerstin Eisenreich (DIE LINKE) Auswirkungen des Urteil des OVG LSA vom 21. August 2018, hier: Az: 4 K 221/15 Kleine Anfrage - KA 7/2284 Vorbemerkung des Fragestellenden: Unter dem Titel „Kläger erleben einen Pyrrhus-Sieg“ berichtete die Mitteldeutsche Zeitung zum Urteil des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt vom 21. August 2018 (Aktenzeichen: 4 K 221/15), dass der Beitragssatz zur Erhebung des Herstellungsbeitrages II fortan mindestens 80 Prozent des nach Satzung üblichen Beitragssatzes für Grundstücksanschlüsse betragen müsse. In dem Artikel heißt es weiter: „Für fast alle Grundstückseigentümer im Bereich des Abwasserverbandes (AV) Köthen, die einen Herstellungsbeitrag entrichtet haben, hat das, was das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg im Jahr 2018 entschieden hat, keine Auswirkungen. Ihre Beitragsbescheide sind rechtskräftig, die gezahlte Summe erhöht sich nicht. Für eine Handvoll Grundbesitzer kann das Urteil allerdings nachhaltige finanzielle Folgen haben - und einen Eigentümer trifft es ganz kalt.“ Der AV Köthen hat in Umsetzung des o. g. OVG-Urteils seine Beitrags- und Gebührensatzung angepasst, sodass statt bisher 89 Cent nun 1,30 Euro pro Quadratmeter genommen wird. Die Verteuerung trifft diejenigen, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen sind. In diesem Fall sind die Beitragsbescheide noch nicht gültig. Sie sind anzupassen, was bedeutet, dass es 46 Prozent teurer wird. Nur wenn diese Klagen vor dem 18. Januar 2019 (1. Geltungstag der neuen Satzung) zurückgezogen wurden , konnte dies vermieden werden, weil dann die alten, günstigeren Bescheide wieder galten. Bei mindestens einer Klage ist das nun nicht mehr möglich, hier hatte es ein Urteil auf Basis des o. g. OVG-Urteils gegeben. Damit kann der Grundstückseigentümer die Klage nicht mehr zurückziehen und muss nun den erhöhten Beitragssatz zahlen. 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Landesregierung: Die vorliegenden Daten basieren auf Informationen der jeweiligen Aufgabenträger der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung an das Landesverwaltungsamt. Nicht in allen Fällen haben diese die zur Beantwortung der Kleinen Anfrage erbetenen Informationen vollumfänglich mitgeteilt. Die vom Fragerecht nach Art. 56 Abs. 4 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt umfasste Verantwortlichkeit der Landesregierung reicht nur soweit, als ihr die Rechtsordnung Informations- und Einwirkungsmöglichkeiten einräumt. Im Bereich der von den Aufgabenträgern der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung wahrgenommenen Selbstverwaltungsaufgaben und der damit einhergehenden Eigenverantwortlichkeit erstreckt sich die Verantwortlichkeit der Landesregierung nur auf die Rechtmäßigkeit des kommunalen Handelns. Im Zuständigkeitsbereich der Rechtsaufsicht können die Landesregierung bzw. die hierfür zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden vom Unterrichtungsrecht nach § 145 Kommunalverfassungsgesetz nur Gebrauch machen, wenn einzelfallbezogene Umstände vorliegen, die objektiv nachvollziehbar geeignet sind, Zweifel an der Rechtmäßigkeit des kommunalen Verhaltens aufkommen zu lassen. Im Hinblick auf die Kleine Anfrage sind derartige Anhaltspunkte nicht gegeben, sodass die Landesregierung kein Unterrichtungsrecht gegenüber den Kommunen besitzt. Darüber hinaus sind präventive, allgemeine oder pauschale Auskunftsverlangen der Rechtsaufsichtsbehörde vom Institut der Rechtsaufsicht nicht gedeckt. 1. Wie werden die Auswirkungen des OVG-Urteils (Aktenzeichen: 4 K 221/15) eingeschätzt, einerseits für die Beitragszahler, andererseits für die Aufgabenträger der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung? Das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt (OVG LSA) vom 21. August 2018 ist nicht rechtskräftig, da Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt wurde. Sollte das Urteil des OVG LSA vom 21. August 2018 rechtskräftig werden, wäre durch die Aufgabenträger der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zu prüfen, ob aufgrund dieser Entscheidung die jeweiligen Beitrags- und Gebührensatzungen anzupassen wären. 2. Wie wird die Umsetzung des besagten Urteils durch den AV Köthen eingeschätzt ? Der Abwasserverband (AV) Köthen hat aufgrund der (nicht rechtskräftigen) Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Halle vom 13. November 2018, die in wesentlichen Punkten die Entscheidung des OVG LSA vom 21. August 2018 aufgreift, seine Satzung über die Erhebung von Beiträgen, Kostenerstattungen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung geändert (Beitrags- und Gebührensatzung ). 3 Der AV Köthen hat auf Grundlage der neuen Beitrags- und Gebührensatzung fünf noch nicht bestandskräftige Bescheide zur Erhebung des Herstellungsbeitrages II erlassen. Die Vorgehensweise des AV Köthen ist kommunalaufsichtlich nicht zu beanstanden . 3. Welche Aufgabenträger der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung Sachsen-Anhalts haben neben dem AV Köthen aufgrund des besagten Urteils ihre Beitrags- und Gebührensatzung in welcher Weise angepasst ? Nach Mitteilung des Landesverwaltungsamtes haben die folgenden Aufgabenträger aufgrund des besagten OVG-Urteils ihre Beitragssatzungen wie folgt angepasst : Aufgabenträger Beitragssatz-alt-in Euro /m2 Beitragssatz-neu-in Euro /m2 Trink- und Abwasserverband Börde (Herstellungsbeitrag II) 2,95 3,90 Wolmirstedter Wasserund Abwasserzweckverband (Herstellungsbeitrag II) 1,30 1,97 Abwasserzweckverband „Eisleben-Süßer See“ (Herstellungsbeitrag II) 1,31 1,46 Stadt Schönebeck (Elbe) Herstellungsbeitrag I Herstellungsbeitrag II 2,77 1,06 4,19 1,64 Der Abwasserzweckverband Westliche Mulde hat seine Beitragskalkulationen für die Erhebung der Herstellungsbeiträge I und II an die jüngste Rechtsprechung des OVG LSA angepasst, die jedoch im Ergebnis zu keiner Änderung der Beitragssätze geführt hat. Die Stadt Schönebeck (Elbe) hat im Zusammenhang mit der Änderung der Herstellungsbeitragssätze I und II den Abwassergebührensatz angepasst, macht jedoch keine Angaben, in welcher Weise dies geschehen ist. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. 4 4. Welche Aufgabenträger der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung Sachsen-Anhalts beabsichtigen neben dem AV Köthen aufgrund des besagten Urteils ihre Beitrags- und Gebührensatzung in welcher Weise anzupassen? Nach Mitteilung des Landesverwaltungsamtes beabsichtigen aufgrund des besagten Urteils folgende Aufgabenträger ihre Beitrags- und Gebührensatzung anzupassen: die Stadt Zeitz, der Wasserverband Burg, der Abwasserzweckverband Wipper-Schlenze, der Wasserverband Südharz, der Abwasserzweckverband „Saalemündung“ und der Wasserverband „Saale-Fuhne-Ziethe“. Auch der Abwasserzweckverband „Eisleben-Süßer See“ und die Stadt Schönebeck (Elbe ) beabsichtigen eine nochmalige Anpassung ihrer Beitrags- und Gebührensatzung . Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. 5. In wie vielen Fällen kam es aufgrund des besagten Urteils bei jeweils welchen Aufgabenträgern der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung Sachsen-Anhalts zu erhöhten Beitragsbescheiden? Nach Mitteilung des Landesverwaltungsamtes kam es aufgrund des besagten OVG-Urteils beim Wolmirstedter Wasser- und Abwasserzweckverband, Trinkund Abwasserverband Börde und Abwasserzweckverband „Eisleben-Süßer See“ zu erhöhten Beitragsbescheiden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. 6. In wie vielen Fällen könnte es aufgrund des besagten Urteils bei jeweils welchen Aufgabenträgern der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung Sachsen-Anhalts zu erhöhten Beitragsbescheiden noch kommen? Nach Mitteilung des Landesverwaltungsamtes könnte es aufgrund des besagten OVG-Urteils beim Trink- und Abwasserzweckverband Vorharz, der Stadt Zeitz, dem Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Ostharz , dem Wasserverband Burg, dem Abwasserzweckverband Wipper- Schlenze, dem Wasserzweckverband „Saale-Fuhne-Ziethe und der Stadt Schönebeck (Elbe) zu erhöhten Beitragsbescheiden kommen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen.