Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/4028 28.02.2019 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 01.03.2019) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Winterdienst und Salzstreuung Kleine Anfrage - KA 7/2295 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Vorbemerkung der Landesregierung: Die Landesregierung ist dem Landtag nur für ihre Amtsführung verantwortlich. Sie ist daher nur in solchen Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen, die außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegen. Diese gegenständliche Begrenzung des Fragerechts folgt aus seiner Funktion als Instrument zur Kontrolle des Regierungshandelns. In dem vom Fragerecht umfassten Verantwortungsbereich der Landesregierung fällt nicht nur das unmittelbar eigene Handeln der Regierung; erfasst wird auch die mittelbare Verwaltung . Allerdings ist der Umfang der Auskunftsverpflichtung in diesem Bereich von den Einwirkungsmöglichkeiten und damit der Verantwortlichkeit der Landesregierung abhängig . Die Verantwortlichkeit der Landesregierung reicht hier nur soweit, wie ihr die Rechtsordnung Informations- und Einwirkungsmöglichkeiten einräumt. Die Fragen zu Landkreisen und kreisfreien Städten betreffen hier ausschließlich Sachverhalte, die von den Kommunen als Selbstverwaltungsaufgaben im Rahmen der ihnen zukommenden verfassungsrechtlichen Organisationshoheit wahrgenommen werden und insoweit ausschließlich der Rechtsaufsicht, nicht aber der Fachaufsicht unterliegen. Im Bereich der von den Kommunen wahrgenommenen Selbstverwaltungsaufgaben und der damit einhergehenden Eigenverantwortlichkeit erstreckt sich die Verantwortlich- 2 keit der Landesregierung nur auf die Rechtmäßigkeit des kommunalen Handelns. Im Zuständigkeitsbereich der Rechtsaufsicht können die Landesregierung bzw. die hierfür zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden vom Unterrichtungsrecht nach § 145 KVG LSA nur Gebrauch machen, wenn einzelfallbezogene Anhaltspunkte für eine bevorstehende oder bereits erfolgte Rechtsverletzung vorliegen, die das geltend gemachte Informationsbedürfnis objektiv nachvollziehbar erscheinen lassen. Im Hinblick auf die Kleine Anfrage sind derartige Anhaltspunkte nicht gegeben. Auch unterfallen die Kommunen mit Blick auf die Fragestellungen keiner allgemeinen Berichtspflicht. Eine Rechtsgrundlage, die die Kommunen zur entsprechenden Datenerhebung verpflichtet , ist nicht vorhanden, sodass die Landesregierung kein Unterrichtungsrecht gegenüber den Kommunen besitzt. Darüber hinaus sind präventive, allgemeine oder pauschale Auskunftsverlangen der Rechtsaufsichtsbehörde vom Institut der Rechtsaufsicht nicht gedeckt. Dies vorangestellt werden Ihre Fragen wie folgt beantwortet: 1. Wie hoch ist die Streumenge von auftauenden Streustoffen (Salze und Solelösungen) im Rahmen des Winterdienstes in Sachsen-Anhalt? Angaben bitte für die Jahre ab 2014 und sowohl für den Betreuungskreis der Landesstraßenbauverwaltung als auch für die kreisfreien Städte und die Landkreise, die ihre Straßen selbst betreuen. Angaben zur Streumenge bitte auch bitte auch für das LSBB-Gebiet und die Landkreise und kreisfreien Städte pro Kilometer ausweisen. Streumengen für den Betreuungsbereich der Landesstraßenbaubehörde (LSBB): Salz (t) Sole (t) t pro km Salz t pro km Sole 2014/2015 34.657,83 9.138,67 4,3 1,1 2015/2016 42.906,65 9.837,05 5,4 1,2 2016/2017 50.679,05 11.013,95 6,4 1,4 2017/2018 42.865,87 12.001,52 5,4 1,5 Für den Zuständigkeitsbereich der Kommunen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen. 2. Inwieweit gibt es a) Schulungen, b) Fachveranstaltungen. c) Informationsmaterial und d) Kontrollen seitens des Landes, um die Vorgabe gemäß § 9 Absatz 4 Straßengesetz Sachsen-Anhalt umzusetzen, die vorschreibt, dass im Rahmen des Winterdienstes „den Erfordernissen des Umweltund Naturschutzes Rechnung zu tragen“ ist? In Sachsen-Anhalt wird bereits bei der Beschaffung auf die Erfordernisse des Umwelt- und Naturschutzes eingegangen. Der Einsatz und die Verwendung des Streumittels orientiert sich für alle in der Baulast der LSBB befindlichen Straßen an den „Hinweisen für die Beschaffung von tauenden und abstumpfenden Streustoffen für den Winterdienst“ (H BeStreu) - Ausgabe 2017. Diese basieren auf der DIN EN 16811 „Winterdienstausrüstung - Enteisungsmittel“. In den H BeStreu, die allen Bereichen der LSBB als Informationsmaterial vorliegen, heißt es, dass die Verwendung von Natriumchlorid im Vergleich zu anderen Taustoffen relativ umweltfreundlich ist. 3 Es wird auf einen verantwortungsvollen Umgang mit Streusalz geachtet. Taumittel kommen nur in der notwendigen Menge zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit zum Einsatz. Weiteres Informationsmaterial sind das „Merkblatt für den Winterdienst auf Straßen“ und die „Praktischen Empfehlungen für ein effektives Räumen und Streuen im Straßenwinterdienst“, Ausgabe 2011. In den jährlichen Unterweisungen wird zusätzlich darauf hingewiesen, dass Streustoffe nur zur Anwendung kommen, wenn es die Witterungsverhältnisse zwingend erfordern. An dem regelmäßig stattfindenden Kolloquium „Straßenbetrieb“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. nehmen Mitarbeiter der LSBB teil. Die Ergebnisse fließen in die jährlichen Unterweisungen ein. Auch nehmen Mitarbeiter der LSBB an den Bund/Länder-Dienstbesprechungen und dem Länderfachausschuss „Straßenbetriebsdienst“ teil. Auch diese Ergebnisse werden bei den jährlichen Unterweisungen ausgewertet. Kontrollen des Landes finden in den Auswertungen der Fahrtenschreiber und den Winterdienstnachweisen (Tagesberichte) des Auswerteprogramms Pro-UI statt. 3. Inwieweit gibt es Empfehlungen bzw. Vorgaben seitens des Landes bzw. der Landesstraßenbaubehörde zur Streudichte von auftauenden Streustoffen? Unabhängig von den oben benannten Regelwerken wird die Streumenge basierend auf der jahrelangen Erfahrung der Mitarbeiter im Winterdienst bei jedem Einsatz nach dem Grundsatz „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ optimiert. Als fachliche Grundlage zur Streudichte dient darüber hinaus das in Sachsen- Anhalt eingeführte Leistungsheft des Straßenbetriebsdienstes mit den dort im Leistungsbereich 5 (Winterdienst) benannten Regelwerken. 4. Inwieweit gibt es Empfehlungen bzw. Vorgaben seitens des Landes bzw. der Landesstraßenbaubehörde zur Verwendung auf auftauenden Streustoffen a) in besonders schutzwürdigen Gebieten bspw. FFH- Gebieten und Wasserschutzgebieten und b) auf neuen Betonflächen? Der Einsatz und die Verwendung des Streumittels orientiert sich für alle in der Zuständigkeit der LSBB befindlichen Straßen an den H BeStreu (siehe auch Antwort zu Frage 2). Gemäß H BeStreu ist auf einen verantwortungsvollen Umgang mit Streusalz zu achten. Taumittel kommen nur in der notwendigen Menge und in für die Verkehrssicherheit relevanten Bereichen zum Einsatz. Darüber hinaus gibt es keine weiteren Empfehlungen bzw. Vorgaben für besonders schutzwürdige Gebiete oder neue Betonflächen. 4 5. Bestehen seitens des Landes bzw. der Landesstraßenbaubehörde Vorgaben für einen differenzierten Winterdienst in dessen Rahmen Straßen bestimmten Räumtypen zugeordnet und damit Räumbereiche priorisiert werden? 5.1 Wenn ja, inwieweit ist diesen unterschiedlichen Räumtypen eine unterschiedliche Verwendung von auftauenden Streustoffen zugeordnet ; wie es beispielsweise im Berliner Straßenreinigungsgesetz normiert ist? In Sachsen-Anhalt gilt entsprechend des Leistungsheftes, Leistungsbereich 5 (Winterdienst), ein unterschiedliches Qualitätsniveau in Abhängigkeit der Witterungsverhältnisse auf Basis der Verkehrsfunktion der entsprechenden Straße (Anforderungsniveau Winterdienst für Außerortsstraßen). Eine unterschiedliche Verwendung von auftauenden Streustoffen auf den dort benannten Außerortsstraßen (Bundesautobahnen bzw. Bundes-, Landesstraßen ) gibt es innerhalb der LSBB nicht. 6. Inwieweit wird neben dem Merkblatt Winterdienst 2010 auch das Maßnahmenpapier „Weiterentwicklung und Optimierung des Winterdienstes. Anforderungen und Maßnahmen“ vom 18. September 2012 vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in Sachsen-Anhalt zur Anwendung gebracht, insbesondere die Maßnahmen zur Optimierung des Winterdienstes? Bezüglich der Maßnahmen zur Optimierung des Winterdienstes werden im benannten Maßnahmenpapier unterschiedliche Aspekte angesprochen. Das erwähnte System zur Erfassung und Prognose von Wetterentwicklung und Straßenzustand wird bereits seit Jahren erfolgreich praktiziert. Über eine Vielzahl von sog. Straßenzustands- und Wetterinformationssystem-Stationen im Land werden entsprechende Daten erfasst. Auf dieser Basis und unter Verwendung der durch den Deutschen Wetterdienst bereitgestellten Wetterinformationen und -prognosen erfolgt innerhalb der Meistereien die Bereitschafts- und Einsatzdisposition. Die im Papier dargestellte automatisierte Streudatenerfassung und -auswertung wurde mit Einführung der Mobilen Datenerfassung seit 2009 ebenfalls umgesetzt . Ein Salzmengenmanagement erfolgt über die kontinuierliche Erfassung der Zugänge (Lieferscheine und Rechnungen) und Abgänge (Tagesberichte) von Tausalz und Sole über Pro-UI. Streurouten werden bereits vor Winterbeginn über die durch die Meistereien zu erstellenden Winterdienstdokumente fest zugewiesen und in Abhängigkeit der Witterungsverhältnisse bedient. Dementsprechend erfolgt in diesem Rahmen die Steuerung der Einsätze von Einzelfahrzeugen durch die Einsatzleitung innerhalb der Meistereien. 5 Lediglich eine kontinuierliche Überwachung der Standorte der Einsatzfahrzeuge scheiterte an datenschutzrechtlichen Bedenken. Aspekte zur Verkehrssteuerung in kritischen Winterdienstsituationen werden einzelfallbezogen entschieden. Eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit erfolgt seitens der LSBB ebenfalls. Jährlich werden entsprechende Pressemitteilungen veröffentlicht. Teilweise erfolgen zudem zusätzliche Termine in den Regionalbereichen, bei denen die Presse über den anstehenden Winterdienst informiert wird. 7. Inwieweit sind die Aufgabenträger des Winterdienstes in Sachsen-Anhalt mit Streumaschinen ausgestattet, die das Aufbringen von Salzlösung ermöglicht ? 7.1 Inwieweit stehen in Sachsen-Anhalt Lösungstanks mit welcher Kapazität zur Verfügung? Bitte Standorte samt Kapazität aufführen. 7.2 Inwieweit stehen in Sachsen-Anhalt Salzlöseanlagen zur Verfügung? 7.3 Inwieweit können durch die Lösungstanks und die Salzlöseanlagen der Einsatz von Salzlösungen zum vorbeugenden Einsatz flächendeckend gewährleistet werden? Bitte Einschätzung für Landkreise und kreisfreie Städte gesondert angeben. Für den Bereich der Kommunen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. In der Zuständigkeit der LSBB wird nach der FS 30-Technologie (Feuchtsalz) gestreut, eine Einführung von FS 100 (Flüssigstreuung) ist momentan nicht vorgesehen. Hinsichtlich einer möglichen Verwendung von FS 100 sei angemerkt, dass diese nur neben der FS 30 präventiv (Reif und leichte Eisglätte) zum Einsatz kommen kann. Der Einsatz von Flüssigstreuung ist, infolge des geringeren Salzgehaltes, auf Temperaturen über ca. -5°C und auf (weitgehend) trockene Straßen beschränkt. Die Einführung der FS 100-Streuung im Bereich der Straßenmeistereien würde einen erheblichen finanziellen Bedarf an Investitionsmitteln erfordern: - Zusätzliche Beschaffung von Fahrzeugen (unter Berücksichtigung der Reichweite bis zum möglichen Nachladen erfordert dies u. U. das Umsteigen von 2- auf 3-achsige LKW), - Geräte (zusätzliche Streuautomaten für FS 100 erforderlich), - Salzlöseanlagen (derzeit wird die Sole für FS 30 geliefert), - Soletanks, - Anpassung an Salzhallen (erhöhter Raumbedarf für die Lagerung von zusätzlichem Streusalz zur Mischung der Sole). 6 Unter Berücksichtigung der Altersstruktur der vorhanden Fahrzeug-/ Gerätetechnik und der bereits aktuell für Ersatzbeschaffung hohe Bedarf an Investitionsmitteln ist eine kurzfristige Einführung von FS 100 nicht realisierbar. Gleichwohl zeigt sich, dass die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit von Salzlöseanlage deutlich zunimmt und sich die Technologien für Wechselbehälter und Streuautomaten weiterentwickeln. Perspektivisch kann daher von einer Steigerung der Wirtschaftlichkeit der FS 100-Technologie ausgegangen werden . Mittelfristig soll der Einsatz auch für Sachsen-Anhalt vorgesehen werden. 8. Bestehen seitens der Landesregierung Strategien zur Senkung der Streumenge von auftauenden Streustoffen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, bitte Strategie mit Zielwerten erläutern. Nein. Die Winterdienststreuung erfolgt durch die Meistereien in einem verantwortungsvollen Maß. Die Mitarbeiter der Straßenmeistereien entscheiden situativ vor Ort, wieviel zu streuen ist, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Eine Reduzierung der Streumengen würde zu einer Gefährdung der Verkehrssicherheit führen. 9. Welche Gemeinden in Sachsen-Anhalt untersagen qua Satzung die Verwendung von auftauenden Streustoffen im Rahmen des Winterdienstes auf Gehwegen? Auf die Vorbemerkung wird verwiesen.